Bildungssenator Ties Rabe: „Die Reform der Lehrerbildung ist ein wichtiger Baustein der Qualitätsentwicklung an Hamburger Schulen, mit dem wir eine Verbesserung des Unterrichts und damit ein leistungsstarkes und gerechtes Schulwesen anstreben.“
Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank: „Guter Unterricht ist das Fundament für gute Bildung. Daher brauchen wir das bestmögliche Studium für unsere angehenden Lehrkräfte. Der gemeinsame Vorschlag von Bildungsbehörde und Wissenschaftsbehörde legt dafür eine zukunftsweisende Grundlage: eine Reform der Studiengänge, die der neuen Schulstruktur Rechnung trägt und Pädagogik und Fachlichkeit stärkt. Lehrerinnen und Lehrer müssen zudem stärker auf Themen wie Inklusion, Integration, Begabtenförderung oder individuelles Lernen vorbereitet werden – das alles vereint das neue Konzept.“
Die Reform ist unter anderem nötig, weil der nur noch in Hamburg angebotene einheitliche Studiengang für Lehrkräfte an Grund-, Haupt- und Realschulen (GHR) nach einem Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) bundesweit seine Anerkennung verlieren wird und nicht mehr zur Hamburger Schulstruktur passt.
Um wissenschaftlich begründete Empfehlungen für die Reform der Lehrerbildung zu erhalten, hatten Wissenschaftsbehörde und Bildungsbehörde eine Kommission aus unabhängigen externen Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft und Bildungsadministration beauftragt, Vorschläge zu entwickeln. Ebenso wurden über 80 Stellungnahmen von Kammern, Verbänden, Interessengruppen, Hochschulen, anderen Behörden und Gremien eingeholt und eine Fachanhörung durchgeführt. Auf der Grundlage dieser Expertisen haben Wissenschafts- und Schulbehörde jetzt ihren Vorschlag entwickelt und werden diese Senat und Bürgerschaft vorlegen.
Lehramt an Grundschulen
Im zukünftig eigenständigen Lehramt an Grundschulen sollen drei Fächer aus dem Fächerkanon der Grundschule studiert werden, zwei davon müssen Deutsch und Mathematik sein. Beide Kernfächer werden dadurch gestärkt, das Studium der Kernfächer wird zudem noch genauer auf die Anforderungen der Grundschule ausgerichtet. Ergänzt wird das Studium um einen „freien Studienanteil“ für individuelle Schwerpunktsetzungen.
Der Senat folgt damit der Empfehlung der Expertenkommission und den KMK-Vorgaben. Es entspricht der gewandelten Schulstruktur in Hamburg und den meisten Ländern. Zugleich legen wissenschaftlich fundierte Expertisen zur Lehrerbildung nahe, dass eine eigenständige professionelle Grundschullehrerausbildung angesichts deutlich veränderter Anforderungen an die Tätigkeit von Grundschullehrkräften von zentraler Bedeutung ist.
Deutsch und Mathematik werden mit dieser Reform gestärkt, denn beide Fächer haben eine allgemeine Erschließungsfunktion für jedes andere Schulfach und alle inner- und außerschulischen Lernprozesse. Die mit diesen Fächern verbundenen Kompetenzen sind der entscheidende Schlüssel für alle weiteren Lernprozesse und letztlich für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Darüber hinaus haben wissenschaftliche Studien nachgewiesen, dass Schülerinnen und Schüler erfolgreicher lernen, wenn ihre Lehrkräfte das Unterrichtsfach umfassend studiert haben. Das Fachstudium führt generell zu besseren Ergebnissen als das Studium eines rudimentären Lernbereichs, wie es bislang möglich war.
Gymnasiallehramt für Gymnasien und Stadtteilschulen
Das Gymnasial-Lehramtsstudium hat sich bewährt und wird künftig zum Regellehramtsstudium für Gymnasien und Stadtteilschulen. Das Studium zielt weiterhin auf eine Lehrbefähigung in zwei Unterrichtsfächern bis zum Abitur. Das Studium bleibt im Kern unverändert, insbesondere soll der hohe Anteil der fachlichen und fachdidaktischen Ausbildung bewahrt bleiben. Die pädagogische Ausbildung soll künftig Schwerpunktsetzungen ermöglichen und besser auf die Aufgaben der Binnendifferenzierung, Begabungsförderung und Inklusion vorbereiten.
Für diesen Schritt gibt es mehrere Gründe: So hat sich der Einsatz von Gymnasiallehrkräften an Stadtteilschulen in der Praxis außerordentlich bewährt. In den letzten Jahren haben Schulleitungen Gymnasiallehrkräfte deutlich bevorzugt eingestellt. Aktuell unterrichten an den Hamburger Stadtteilschulen in den Sekundarstufen I und II fast gleich viele Gymnasiallehrkräfte und GHR-Lehrkräfte.
Gymnasiallehrkräfte können in der Stadtteilschule flexibler eingesetzt werden, denn fast alle Stadtteilschulen haben inzwischen eine eigene Oberstufe, in der GHR-Lehrkräfte anders als Gymnasiallehrkräfte nicht unterrichten dürfen. Gymnasiallehrkräfte können dagegen ihre Schülerinnen und Schüler über einen längeren Zeitraum begleiten und ohne Bruch in die Oberstufe führen. Auch für die Sekundarstufe I hat die besondere fachliche Ausbildung der Gymnasiallehrkräfte eine große Bedeutung. Wissenschaftliche Studien belegen immer wieder die Bedeutung von fachlich gut ausgebildeten Lehrkräften für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler, und zwar in jeder Schulstufe.
Für den Einsatz von Gymnasiallehrkräften spricht auch die Tatsache, dass dieses Lehramt bundesweit die höchsten Bewerberzahlen aufweist. Angesichts der insgesamt zurückgehenden Bewerberzahlen ist es sehr wichtig, dass Hamburgs Schulen auch zukünftig über genügend gut ausgebildete Lehrkräfte verfügen können. Überdies weisen die aktuellen Studiengänge für die beiden Lehrämter für Gymnasien oder für Primar- und Sekundarstufe I bereits jetzt hohe Überschneidungen auf. In der Fachwissenschaft wird die Mehrzahl der Module lehramtsübergreifend angeboten, in der Fachdidaktik finden die Module in der Regel lehramtsunabhängig gemeinsam statt.
Verbesserungen für die Lehrämter für Sonderpädagogik und für berufsbildende Schulen
Das Lehramt für Sonderpädagogik wird beibehalten und fortentwickelt. Wichtig ist dabei die stärkere Ausrichtung der Studieninhalte auf das veränderte Tätigkeitsfeld, das sich nicht nur auf Sonderschulen beschränkt, sondern in wachsendem Maße auch in der Inklusion in allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen liegt. Um den Bildungserfolg ihrer Schüler zu verbessern, sollen angehende Pädagogen künftig ein Unterrichtsfach mit einem klareren fachlichen Zuschnitt studieren.
Um der anhaltenden Mangelsituation in bestimmten Fachrichtungen (insbesondere Elektro-und Metalltechnik) des beruflichen Lehramtes zu begegnen, wird neben dem grundständigen Studium für das Lehramt an berufsbildenden Schulen zusätzlich ein auf einem einschlägigen Bachelor-Abschluss gründendes Master-Studium als Quereinstiegs-Studiengang gegründet.
Qualifizierung zur besseren Binnendifferenzierung, Begabungsförderung und Inklusion in allen Lehrämtern
In allen Lehramtsstudiengängen sollen die angehenden Lehrkräfte besser auf die besonderen Herausforderungen moderner Bildung vorbereitet werden. So sollen sie sich eingehender als bisher mit dem Thema der Binnendifferenzierung befassen, um ihren späteren Unterricht passgenauer auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler abstimmen zu können. Dadurch sollen sowohl die Begabungsförderung als auch die Förderung leistungsstarker und leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler in der Lehrerausbildung einen größeren Stellenwert erhalten. Damit werden zugleich sowohl die Empfehlungen der Expertenkommission aufgegriffen, als auch die Gemeinsame Empfehlung der Hochschulrektoren- und der Kultusministerkonferenz für eine „Lehrerbildung für eine Schule der Vielfalt“ umgesetzt.
Empfehlungen der Expertenkommission, Stellungnahmen und Dokumentation des Diskussionsforums
www.zlh-hamburg.de/entwicklungsvorhaben/reform-der-hamburger-lehrerbildung.html
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