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13. Oktober 2017 „LexM-Tag“ des Instituts für Historische Musikwissenschaft

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Rede der Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt

„LexM-Tag“ des Instituts für Historische Musikwissenschaft: Rede der Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt

Sehr geehrter Herr Prof. Petersen,
sehr geehrter Herr Prof. Huck,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

das Projekt LexM ist mir eine Herzensangelegenheit, denn es bringt – und das ist heute sogar wörtlich zu verstehen – eine Saite zum Klingen, die mich mein gesamtes politisches Leben begleitet.

Ich gehöre zur Generation der nach dem Krieg Geborenen, die noch unter dem unmittelbaren Eindruck der Nachkriegszeit aufgewachsen ist. Schuld und Aufarbeitung, aber auch Scham und Verdrängung: All das waren Themen, die meine Jugend- und Studienzeit und damit mich persönlich sehr geprägt haben. Dieses geschichtliche „Echo“ bildet seit jeher so etwas wie einen Grundton meiner politischen Arbeit.

Wichtige Fragen stellen sich in diesem Zusammenhang immer wieder aufs Neue: Wie gestalten wir als Gesellschaft die Auseinander­setzung mit der historischen Bürde der NS-Zeit?

Wie halten wir die Erinnerung an das epochale Leid dieses finstersten Kapitels der deutschen Geschichte über die Generationen lebendig? Und welchen Beitrag können und müssen Parlamente und staatliche Institutionen dazu leisten? Fragen wie diese haben mich in allen Phasen und Funktionen meines politischen Lebens intensiv beschäftigt – und tun es bis heute.

Es ist meine tiefe Überzeugung, dass die Befassung mit dem historischen Erbe Deutschlands niemals aufhören darf. Das sind wir zu allererst den Opfern nationalsozialistischer Unterdrückung und Verfolgung schuldig. Wir sind es auch unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft schuldig, an deren Grundfesten heute manch rückwärtsgewandte Kräfte wieder rütteln. Mehr denn je fühle ich mich gerade in diesen Tagen bestärkt in meiner Auffassung: Der beste Schutz gegen das Wiedererstarken der Dämonen der Vergangenheit ist eine lebendige, zeitgemäße Erinnerungskultur.

Meine Damen und Herren,
Hamburg hat in dieser Hinsicht in den zurück­liegenden Jahrzehnten Beachtliches zu Wege gebracht. Unsere Stadt verfügt heute über ein dichtes Netz an Gedenkorten und praktiziert eine rege Erinnerungsarbeit. Dazu gehört auch die Begegnung mit Zeitzeugen beziehungsweise deren Nachfahren, die mich persönlich immer ganz besonders bewegt.

Vielfältige Veranstaltungen regen dazu an, sich immer wieder aufs Neue und aus unterschied­lichen Blickwinkeln mit der NS-Zeit zu beschäftigen und die Erinnerung an die Opfer wachzuhalten.

Getragen werden alle diese Aktivitäten von einem breiten politischen Konsens, für den ein wesentlicher Grundstein mit der 1984 beschlossenen „Hamburger Initiative“ gelegt wurde. „Kein Volk kann seiner Geschichte entfliehen. Und nur wer sich der Vergangenheit stellt, wird in der Zukunft stehen“, erklärte der damalige Erste Bürgermeister Klaus von Dohnanyi in jenem Jahr in einer viel beachteten Rede: ein Credo, das nichts von seiner Gültigkeit verloren hat – im Gegenteil.

Aus der Überzeugung heraus, dass unsere Gesellschaft niemals einen Schlussstrich unter ihre politische Geschichte ziehen darf, hat Hamburg es sich zur Aufgabe gemacht, die Vergangenheit auch wissenschaftlich aufzuarbeiten. Mit regionalem Bezug geschieht das etwa in der „Werkstatt der Erinnerung“, die 1989 auf Initiative der Hamburgischen Bürgerschaft an der heutigen „Forschungsstelle für Zeitgeschichte“ ins Leben gerufen wurde.

Zugleich engagiert sich Hamburg auch in überregionalen Projekten der Aufarbeitung. Ein Aushängeschild ist das „Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit“, das vor zwölf Jahren an der Hamburger Universität ins Leben gerufen wurde. Dass Hamburg Heimat dieses so außergewöhnlichen Wissenschaftsprojekts wurde, darf als Ausweis der bereits angesprochenen Haltung unserer Stadt gesehen werden: Hamburg begreift Erinnerungsarbeit als historische Verpflichtung. Auch deshalb habe ich mich vor drei Jahren – damals noch in meiner Eigenschaft als Wissenschaftssenatorin – mit Nachdruck für eine behördliche Mitfinanzierung der letzten Periode dieses Vorhabens eingesetzt.

Mir war es wichtig, LexM den Weg zu einem erfolgreichen Abschluss zu ebnen, denn seinen Wert für die kollektive Erinnerungsarbeit können wir nicht hoch genug schätzen. Erstmals verfügt die Welt mit LexM heute über ein Gedächtnis, das die Erinnerung an das Schicksal von Tausenden Musikschaffenden bewahrt, die durch das NS-Regime verfolgt oder gar ihres Lebens beraubt wurden.

Mit diesem Projekt werden all diese Künstlerinnen und Künstler angemessen gewürdigt und zu Persönlichkeiten der Musikgeschichte: mit ihren individuellen Berufsbildern, mit ihren Biografien und viele von ihnen auch mit ihrem Wirken im Exil – ein Aspekt, der zuvor in der historischen Musikwissenschaft kaum beleuchtet wurde. Dass LexM diese Lücke schließt, ist eines seiner besonderen Verdienste.

Meine Damen und Herren,
die Sprache der Musik ist universell. Sie vermag uns große Freude zu schenken, aber auch überwältigende Gefühle der Trauer und des Verlustes.

Ich werde nie vergessen, wie ergriffen ich einst von der Erstaufführung des Oratoriums „Pempe, Albine und das ewige Leben der Roma und Sinti“ war. Das Werk hat die Verschleppung und Ermordung von Hamburger Roma und Sinti während des Zweiten Weltkriegs zum Thema. Seine musikalische Wucht hat mich damals im Innersten erfasst und angerührt.

Musik setzt tiefe Emotionen frei. Sie berührt uns wie kaum eine andere Kunst. Dass es Frauen und Männern unter der Naziherrschaft versagt war, ihr Talent und ihre Leidenschaft für die Musik zu leben, schmerzt auch heute noch. Welch eine menschliche Tragödie! Und was für ein enormer kultureller Verlust für Deutschland!

Mein umso größerer Dank und Respekt gilt Professor Petersen, seinem Team und allen Beteiligten, die über die Jahre am Aufbau des LexM‑Archivs mitgewirkt haben. Danken möchte ich zudem allen, die hier heute die Erinnerungen an die Musikerinnen und Musiker in Worten und Tönen zum Klingen bringen.

Und Dankeschön sage ich nicht zuletzt Ihnen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, die Sie dem Ganzen Ihr Ohr leihen. Gemeinsam erweisen Sie alle nicht nur den heute hier präsentierten Künstlerinnen und Künstlern eine Ehre, sondern stellvertretend allen Musikschaffenden, die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung wurden. Dafür möchte ich Ihnen, auch im Namen des gesamten Hamburger Senats, meine tiefempfundene Wertschätzung aussprechen!

Danke sehr. 

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