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16. Februar 2017 Landesverbandstag Nord des Bundesverbands der privaten Immobilienwirtschaft

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Rede der Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt

Rede der Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt beim BFW Nord

Sehr geehrter Herr Struck,
sehr geehrte Frau Staatssekretärin Söller-Winkler,
sehr geehrte Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft und des schleswig-holsteinischen Landtags,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich freue mich über die Einladung zu Ihrem Landes­verbandstag und bin gern zu Ihnen gekommen.

Gemeinsam können wir auf ein ereignisreiches Jahr zurückblicken, und es war nicht nur ereignis­reich, sondern auch erfolgreich. Wir haben die sich langfristig eröffnenden Herausforderungen der vergangenen zwölf Monate ebenso gemeistert wie die aus dem aktuellen Geschehen hervor­gegangenen.

In dieser Zeit haben wir Hamburg vorangebracht und wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Insbesondere aber haben wir das Bündnis für das Wohnen in Hamburg erneuert, und das ist eine hervorragende Basis für die Zukunft.

Wir erinnern uns: Vor einem Jahr, als ich zum ersten Mal als Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen bei Ihrem Landesverbandstag zu Gast war, beschäftigten uns die zuvor sprunghaft gestiegenen Flüchtlingszahlen. Wir standen vor der immensen Aufgabe, innerhalb kürzester Zeit nicht nur Erstunterkünfte, sondern für viele Tausend Menschen mit Bleibeperspektive auch dauerhafte Wohnmöglichkeiten zu schaffen – ohne den regulären Wohnungsbau zu vernachlässigen, versteht sich.

Am Ende hat sich die Lage aus deutscher Sicht entspannt, wie wir alle wissen. In Hamburg konnten wir in intensiver Abstimmung mit den Bezirksverwaltungen, aber auch mit den Bürger- und Stadtteilinitiativen kleinere Folgeunterkünfte planen, dezentraler und stärker durchmischt als ursprünglich gedacht.

Dieses Programm für Wohnungen in gutem Standard für Geflüchtete – also unsere „Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen“ – ist zurzeit in vollem Gange. Aus gesellschaftlicher Sicht aber bin ich besonders froh, dass wir Bürgerentscheide sozusagen „pro oder contra Flüchtlinge“ vermeiden konnten. Ausländerfeindlicher Populismus hat bei uns in Hamburg keine Chance, und das ist auch ein Verdienst unserer funktionierenden demokratischen Diskussions- und Streitkultur, bei der die Beteiligten das Terrain des menschlichen Anstands nie verlassen haben.

Neben den tages- und weltpolitisch verursachten Aufgaben haben wir unser Kerngeschäft selbstverständlich nicht vernachlässigt, und das besteht für die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen nach wie vor darin, den Wohnungsbau nach Kräften zu forcieren.

Die zweifellos bedeutsamste Eckmarke stellt sicher unser gemeinsam im Bündnis für das Wohnen formuliertes Ziel der jährlichen Wohnungsbau­genehmigungen dar. Nachdem wir die bisherige Vorgabe von 6.000 Genehmigungen neuer Wohneinheiten bereits um 40 Prozent übertroffen hatten – davon 2.000 sozial geförderte Wohnungen –, haben wir uns nun Baugenehmigungen für 10.000 Wohnungen pro Jahr vorgenommen, davon 3.000 sozial geförderte Wohnungen. Und auch dieses Ziel haben wir bereits 2016 mit einem Rekordergebnis übertroffen.

Allein vergangenes Jahr haben wir mit den Baugenehmigungen die Voraus­setzungen für 12.471 neue Wohneinheiten geschaffen, insgesamt sind es 58.858 seit 2011. Knapp 30.000 neue Wohnungen wurden von 2011 bis 2015 fertiggestellt, 7.351 davon im geförderten Wohnungsbau. Die Gesamtstatistik für 2016 liegt erst im Frühjahr vor, wir wissen aber bereits die Zahl der fertiggestellten öffentlich geförderten Neubau-Wohnungen, nämlich 2.433.

Das freut mich besonders, denn wir wollen nicht nur viele neue Wohnungen in Hamburg schaffen, sondern wir wollen auch, dass sich alle das Wohnen bei uns leisten können – Menschen mit hohen oder durchschnittlichen ebenso wie Menschen mit geringerem Einkommen. Schon immer gibt es in unserer Stadt Wohnlagen ganz unterschiedlichen Charakters, und das macht das Wesen und die Stärke des Standorts Hamburg aus mit lebendigen und vielfältigen Quartieren.

Dass uns das so gut gelingt und wir so große Erfolge im Wohnungsbau erzielen, das ist unser gemeinsamer Erfolg. Ich danke ausdrücklich den im Bundesverband der privaten Immobilien­wirtschaft organisierten Unternehmen, den Bauherren und Investoren für ihr großes Engagement für den Wohnungsbau in Hamburg!

Den BFW Nord zeichnet aus meiner Sicht vor allem die Vielfalt der in ihm vertretenen Investoren­modelle aus: vom Projektentwickler im Eigentums­wohnungsbau bis zum mittelständischen Immobilien­unternehmen in Familienbesitz mit Hunderten oder gar mehreren Tausend Miet­wohnungen, das oft über Generationen hinweg verantwortungsvoll und mit Leidenschaft seinen Bestand pflegt und ausbaut. Diese lebendige Tradition und Verbundenheit mit der Branche und unserer Stadt macht den Geist des BFW Nord aus und gestaltet die Zusammen­arbeit so fruchtbar.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich gleich noch ein Lob loswerden: Wie Sie wissen, hat die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen bei der „Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen“ ein Gutachten zu Baukosten in Hamburg in Auftrag gegeben, um diese wichtige Diskussion auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen. Ein wesentlicher Schritt dabei ist die Erhebung der Baukosten von möglichst vielen Bauvorhaben in Hamburg und über unsere Stadt hinaus.

Wie ich aktuell erfahren habe, ist ein sehr großer Rücklauf der versandten Erhebungsbögen zu verzeichnen: insgesamt 130, davon 105 aus Hamburg. Damit handelt es sich um die größte in diesem Bereich bisher durchgeführte Erhebung. Und die Unternehmen des BFW haben hierzu einen wesentlichen Teil beigetragen, stammen doch 30 Prozent der Bögen von ihnen. Insgesamt umfasst die Erhebung rund 6.200 Wohnungen mit einem Volumen von 1,4 Milliarden Euro.

Dies alles zeigt die Ernsthaftigkeit sowohl der Wohnungswirtschaft, der Bauwirtschaft sowie der Architekten, Transparenz in Bezug auf die Baukosten herzustellen. Für die Unterstützung und die Arbeit des Verbands möchte ich mich sehr herzlich bedanken! Über die weiteren Schritte bleiben wir – nicht zuletzt über die „AG Bezahlbares Wohnen“ im Rahmen des Bündnisses für das Wohnen – selbstverständlich im Austausch.

Für meine Behörde und den Senat kann ich schon jetzt versprechen: Im Engagement für den Wohnungs­bau werden wir auch künftig nicht nachlassen.

Am Bedarf besteht kein Zweifel. 2016 ist die Wohnungs-Leerstands­quote in Hamburg von zuvor 0,7 auf den bundesweit niedrigsten Wert von 0,6 Prozent gefallen, während gleichzeitig unsere Stadt um gut 10.000 Menschen pro Jahr wächst, Flüchtlinge und Asylsuchende noch nicht mitgerechnet.

Hamburgs Bevölkerungswachstum ist kein Unglück, im Gegenteil. Mehr Einwohne­rinnen und Einwohner bedeuten auch mehr Kunden, Konsumenten und Steuerzahler. Wie jedes Land und jede Kommune profitiert Hamburg vom Zuzug, und es versteht sich von selbst, dass unsere Stadt im Gegenzug die Erwartungen der neuen Bürgerinnen und Bürger erfüllen möchte.

Dazu gehören Investitionen in die Infrastruktur – immerhin ist jedes Jahr eine Kleinstadt zusätzlich zu versorgen –, aber auch in Bildung, Kultur, Freizeit- und Erholungsangebote und alles, was der staatlichen Daseinsvorsorge zugerechnet wird.

Das gilt für alle unsere großen Stadtentwicklungs­projekte:

  • die Mitte Altona auf dem ehemaligen Bahngelände, wo gerade die ersten der 1.600 Wohnungen des ersten Bauabschnitts entstehen, überwiegend barrierearm oder sogar barrierefrei
  • die Überdeckelung der A7 mit Platz für 3.200 Wohnungen in naher Zukunft
  • anknüpfend an beide Vorhaben im Westen bald das Holsten-Areal
  • die IBA-Projektgebiete auf den Elbinseln mit dem Potenzial für 5.200 Wohnungen
  • die HafenCity, wo in den kommenden gut zwei Jahrzehnten Raum für 6.000 Wohnungen und 45.000 Arbeitsplätze entwickelt werden soll
  • der künftige neue Stadtteil Oberbillwerder, wo ebenfalls mehrere Tausend Wohnungen entstehen sollen und das Verfahren zur städtebaulichen Masterplanung und Bürgerinformation gerade begonnen hat
  • und die künftigen Neubaugebiete mitten im Grünen in Sandbek-West und am Fischbeker Heidbrook mit Platz für mehr als 3.000 Wohnungen

– um nur einige unserer größten Projekte zu nennen. An all diesen Orten wächst Hamburg: durch Verdichtung, das Schließen von Baulücken und das Erschließen von Konversions­flächen in den inneren Stadtteilen und in den äußeren Lagen durch das Identifizieren neuer, gut angebundener Wohngebiete.

Wird Hamburg nun komplett zubetoniert? Alles andere als das, meine Damen und Herren. Bei aller Dynamik unserer Stadtentwicklung legen wir zugleich größten Wert darauf, dass Hamburg seinen Charakter als grüne, amphibische Stadt behält. Darum verbinden wir den Wohnungsbau immer auch mit einem Ausbau und der Verbesserung der Freizeit- und Grünflächen.

Der Anteil an Landschaftsschutzflächen in Hamburg liegt trotz unserer großen Stadtentwick­lungsprojekte unverändert bei bei rund 20 Prozent der Stadtfläche.

Hamburgs Naturschutzflächen haben von 2015 zu 2016 sogar zugenommen, nämlich auf gut 9 Prozent. Und Hamburgs Grünanlagenbestand ist vergangenes Jahr um 30 Hektar angewachsen.

Ein Vertreter der Hamburger Umweltbehörde brachte es vor einigen Tagen auf den Punkt mit der Feststellung: Hamburg wird immer grüner! Dem schließe ich mich gern an, und gemeinsam sorgen wir dafür, Hamburg schön und lebenswert zu erhalten.

Bei dieser wie bei allen anderen Fragen entscheidend bleibt die partnerschaftliche Grundhaltung des Senats, die auf Dialog und Konsens setzt. Wie viel uns daran liegt, haben zuletzt die lange und geduldig geführten Gespräche zur Neuauflage des Bündnisses für das Wohnen bewiesen.

Dass wir es hier mit dem BFW und auch ganz persönlich mit Ihnen, lieber Herr Struck, mit einem selbstbewussten und durchsetzungsfähigen, kritisch-konstruktiven und immer fairen Gegenüber zu tun hatten und haben, schätze ich ganz außerordentlich. Es gibt Menschen, die sagen, ohne Sönke Strucks Engagement gäbe es kein Bündnis für das Wohnen in Hamburg. Und dass er für den BFW und seine Mitglieder eine Menge erreicht hat, ist ebenfalls kein Geheimnis.

Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich noch auf zwei Punkte zu sprechen kommen, die mir besonders am Herzen liegen.

Der erste sind die vordringlich Wohnungs­suchenden. Schätzungen gehen von mehr als 9.000 anerkannt vordringlich wohnungssuchenden Haushalten in Hamburg aus. Ein Großteil der Betroffenen ist zwar zumindest provisorisch untergebracht. Aber hinter jedem einzelnen „Fall“ – in Anführungsstrichen – steht ein existenzielles Bedürfnis von Menschen auf dringender Suche nach einer angemessenen Wohnung.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber für mich ist diese große Zahl schwer aushaltbar, und ich finde sie auch einer reichen, sozial eingestellten Stadt wie Hamburg unwürdig.

Darum möchte ich dafür werben, auch als Immobilienunternehmer Ihre soziale Verantwortung noch mehr als bisher wahrzunehmen. Wir sind offen für praktikable Vorschläge aus der Immobilienwirtschaft, wie diese drängende Aufgabe gemeinsam am besten zu lösen ist. –

Mein zweites Anliegen ist der frei finanzierte Wohnungsbau in Hinblick auf Normalverdiener. Der Weg, den wir dabei beschreiten wollen, heißt bezahlbarer Wohnungsbau – bezahlbar für die Bauherren und bezahlbar für die späteren Bewohner, die Mieterinnen und Mieter. Der zentrale Ansatz lautet: Typenhäuser, die in einem Bezirk erfolgreich genehmigt wurden, sollen auch in einem anderen umgesetzt werden können.

Ziel ist die nachhaltige Senkung der Baukosten und die Sicherstellung einer frei finanzierten Miete von etwa 8 Euro pro Quadratmeter. Gleichzeitig sollen die Realisierungs­zeiträume von derzeit rund 30 Monaten auf 12 bis 18 Monate reduziert werden.

Damit erschließt sich ein neues, frei finanziertes Segment im Wohnungs­bau zu bezahlbaren Mieten auch im Neubau zwischen dem normalen frei finanzierten und dem öffentlich geförderten Wohnungsbau. Dass dabei weder ästhetisch noch qualitativ Abstriche gemacht werden müssen, davon bin ich überzeugt.

Wir wollen Typenhäuser zunächst mit der SAGA planen und umsetzen und werden die Erfahrungen damit sorgfältig auswerten. Mittelfristig aber zählen wir bei diesem Thema ebenso auf Sie und Ihre unternehmerische Kreativität und Initiative.

Dabei möchten wir mit allen Beteiligten am Markt gleichermaßen zusammenarbeiten – so wie wir auch bei Konzeptausschreibungen keine Rechtsform bevorzugen. Ohne Fairness im Wettbewerb gibt es kein produktives Miteinander.

Meine Damen und Herren,
ich hoffe, es ist deutlich geworden: Wir als Senat tun alles für ein lebens- und liebenswertes Hamburg mit gutem Wohnen für alle, einem denkbar günstigen Investitionsklima und in enger, vertrauensvoller Kooperation mit den Freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen.

Was wir in gemeinsamer Verantwortung schaffen, prägt Hamburgs Gesicht und Charakter für viele Jahre und Jahrzehnte.

Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit!

Vielen Dank.

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