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HafenCity RiverBus Wie der schwimmende Bus nach Hamburg kam

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Der HafenCity RiverBus feiert Geburtstag! Am 16. April 2018 wurde Hamburgs besondere Stadt-Hafen-Rundfahrt zwei Jahre alt. Bis der Bus das erste Mal Elbwasser unter dem Chassis hatte. war es jedoch ein langer Weg, der die Geschäftsführer Fred Franken und Fiete Mahlstedt von Malta über Budapest nach Hamburg führte – und an den Rand der Existenz.

Zwei Jahre HafenCity RiverBus Hamburg

Singapur 1997

Ideen entstammen manchmal den kuriosesten Momenten. So wie die Idee des HafenCity RiverBus. Fred Franken steht 1997 vor einem Hotel in Singapur, dort ist er geschäftlich unterwegs. Als er gerade auf einen Bekannten wartet, rauscht ein militärisches Amphibienfahrzeug, ein altes Kriegsgerät, an ihm vorbei. An Bord 20 grölende Australier mit Wikingerhelmen aus Plastik auf dem Kopf. „Mensch, die fahren bestimmt gleich irgendwo ins Wasser. Das wäre auch etwas Tolles für Hamburg", denkt er sich. Es ist der Moment, in dem die Idee, einen solchen Bus in der Hansestadt zu betreiben, in seinem Kopf gesät wird. Allerdings sollte es rund 15 Jahre dauern, ehe sie keimt.

Fred Franken ist ein stattlicher Mann mit tiefer, sonorer Stimme und Hamburger Snut. Fünf Jahre fuhr der Gründer des HafenCity RiverBus zur See, ist gelernter Schifffahrtskaufmann, besaß ein Unternehmen für Schiffsausrüstung, wohnte in einem schönen Haus im Norden Hamburgs, genoss das Leben ohne Sorgen. Doch von einem Tag auf den anderen war dieses Leben ganz plötzlich vorbei. Eine schwere Krankheit sorgte im Januar 2012 von heute auf morgen dafür, dass Franken vor dem Nichts stand. Er rappelte sich nur langsam wieder auf, aber er kam mit dem Leben davon. Doch seinen alten Job konnte Franken nicht wieder aufnehmen. 

Hamburg 2012

Was nun? Wie sollte es weitergehen, fragte sich der Hamburger Geschäftsmann. Eine Idee, die ihm kam, war Nüsse aus dem Libanon zu importieren. Die würden dort besonders gut schmecken, sagt Franken. „Zum Glück erinnerte ich mich aber wieder an das Amphibienfahrzeug aus Singapur", erzählt er in seinem Büro in der Speicherstadt. Vor dem Speicher Block V am Brooktorkai 16 befindet sich heute die Haltestelle des Amphibienbusses.

Franken kontaktierte seinen alten Freund Jan Peter „Fiete" Mahlstedt, mit dem er heute das Unternehmen führt, und erzählte ihm von der Idee eines schwimmenden Busses in Hamburg. „Fiete ist Kapitän, hat zu dieser Zeit Yachten um die ganze Welt gesteuert, wollte aber wieder zurück nach Hamburg", erzählt Franken. Die beiden trafen sich in der Bar des The George Hotel, dort spielte er seinem Freund ein Video einer amphibischen Stadtrundfahrt vor. Mahlstedt war sofort begeistert von der Idee.

Malta 2012

„Wir sind zuerst ganz naiv an die Geschichte rangegangen, haben uns gedacht, dass wir so ein Fahrzeug schon irgendwo kaufen können", sagt Franken. Wie die beiden allerdings schnell feststellten: „Es gibt solche Fahrzeuge nicht." Schließlich machten die Beiden einen Hersteller auf Malta ausfindig und setzten sich im März 2012 in den Flieger zur Mittelmeer-Insel. Dort trafen sie sich mit dem Inhaber, der mit seinem Team Amphibienbusse herstellte. „Das war allerdings von Anfang an nicht sehr vertrauenserweckend. Wir haben uns ständig in Hotel-Lobbys getroffen, weil es kein Büro gab. Und der Inhaber kam in Jogginghose", erzählt Franken und lacht. „Ständig klingelte sein Telefon. Es war sein Sohn dran, der ihm erzählte, wie viele Busse sie gerade verkauft hätten. Das war ein abgekartetes Spiel." 

Die beiden Geschäftspartner nahmen Abstand vom Kauf und kehrten enttäuscht nach Hamburg zurück. Ein Reinfall war der Trip jedoch nicht, denn der Malteser hatte tatsächlich einen Bus ausgeliefert, nach Budapest, daran erinnerten sie sich. Über das Internet machten sie das ungarische Unternehmen RiverRide ausfindig und kontaktierten die Budapester Kollegen. 

Budapest 2012

Die Reise führte also über Malta nach Ungarn. Dort trafen sie auf Dr. Gabor Galla, der tatsächlich einen Bus aus Malta geordert hatte. „Und der war kompletter Schrott", erzählt Franken. „Gabor hatte davor bereits viel Geld investiert und auch schon eine Rampe in die Donau gebaut. Allerdings hatte er keinen funktionstüchtigen Bus", sagt Franken. Das ganze Fahrzeug musste damals also komplett auseinandergenommen und neu aufgebaut werden, bevor 2010 der Betrieb des RiverRide in Budapest starten konnte. 

Somit wusste Gabor, wie man wirklich alltagstaugliche Amphibienbusse baut. Kurzerhand entschieden sich die „Schwimmbus“-Pioniere, ein gemeinsames Unternehmen zu gründen, die Swimbus Int. Limited. Der Plan war: Der Ungar sollte mit seinem Team den Bus bauen, das Geld kam von Fred Franken und Fiete Mahlstedt. „Gabor sagte, dass er kein Geld mehr in den Bus stecken dürfe. Sonst gebe es Ärger mit seiner Frau", erzählt Franken lachend.

Hamburg 2014

Zwei Jahre dauerte der Bau des Fahrzeugs. Eine Zeit der Zweifel, denn so richtig kannten sich beide Parteien zunächst nicht. „Wir haben uns immer nach dem Zwischenstand erkundigt und wollten gerne Bilder und Zeichnungen sehen. Aber diese kamen nur zögerlich. Gabor hatte wohl Sorge, dass wir seine Baupläne dann einfach selber nutzen. Wir wussten wiederum nicht, was eigentlich gerade genau mit unserem Geld passiert", schildert Franken die Situation. Doch es ging alles glatt, der Bus wurde geliefert. „Heute sind wir enge Freunde. Unsere Frauen fahren sogar zusammen in den Urlaub. Das ist eigentlich schon absurd, wenn man bedenkt, wie wir uns kennengelernt haben."

Mit dem fertigen Fahrzeug ging es zum TÜV. Dort bestand der Bus mit Bravour und erhielt eine Betriebserlaubnis für ganz Europa – zu Land und zu Wasser. Wobei: Bus ist eigentlich nicht die richtige Bezeichnung. Vielmehr ist das Amphibienfahrzeug ein Schiff, das auch auf der Straße fahren kann.

Das Chassis des Amphibienbusses stammt von MAN, auch der Motor, der das Gefährt auf der Straße antreibt. Im Wasser sorgen zwei Jetantriebe für Vortrieb. Dort muss das Fahrzeug von einem Kapitän mit Patent gesteuert werden. Um den RiverBus auf den Straßen Hamburgs manövrieren zu dürfen, braucht dieser wiederum einen Busführerschein.

Billwerder Bucht 2016

Die behördlichen Mühlen mahlen in Deutschland zumeist etwas langsamer, die Hürden sind oft höher, und so dauerte es weitere zwei Jahre, bis die Premierenfahrt näher rückte. „Das war eine schwierige Zeit, denn je länger der Prozess dauerte, umso teurer wurde es für uns", erzählt Franken. „All unser Geld steckte in diesem Projekt. Ich bin am Ende Taxi gefahren, um über die Runden zu kommen." Einen festen Job konnte Franken nicht annehmen, da er wegen des HafenCity RiverBus zeitlich immer flexibel bleiben musste.

Trotz diverser Verzögerungen zieht Franken jedoch ein positives Fazit: „Wir sind in dieser Zeit bei den Behörden und in der Handelskammer auf viele gute und hilfsbereite Leute gestoßen, die sich für das Projekt eingesetzt haben. Uns wurde oft gesagt, dass dieser Bus Hamburg guttun würde. Das hat uns Rückenwind gegeben", erzählt Franken.

Die entscheidende Böe kam schließlich von Fiete Mahlstedt. Die beiden RiverBus-Gründer waren im März 2016 wieder auf einer Testfahrt in der Billwerder Bucht unterwegs. Das Gebiet in Rothenburgsort war auserkoren worden, damit der Bus nicht für zu viel Aufsehen sorgt. Dort konnte das Fahrzeug in Ruhe getestet werden.

Während einer Probefahrt ging dann wieder mal eine E-Mail bei Franken ein. Der Bus müsse noch einer weiteren Prüfung unterzogen werden bis es losgehen kann. Franken las die Mail laut vor. „Jetzt reicht's. Wir haben eine europäische Zulassung für den Bus. Nur hier in Hamburg dürfen wir noch nicht loslegen?!", echauffierte sich Mahlstedt am Steuer. Dann fuhr er in Richtung HafenCity und wollte, dass endlich irgendwer den Bus sieht.

Landungsbrücken 2016

Allerdings war es ein wettertechnisch grausamer Tag, selbst für Hamburger Verhältnisse. Grau, nass, kalt. Kein Mensch trieb sich im Magdeburger Hafen herum. Beide guckten bedröppelt drein.

„Dann weiter zu den Landungsbrücken", sagte Mahlstedt. „Fiete, lass es", entgegnete Franken. Doch Mahlstedt nahm Kurs auf Hamburgs Touristenmeile. Auf dem Weg kam den beiden in ihrem schwimmenden Bus eine Barkasse entgegen. „Die Leute sind fast ausgeflippt, als sie uns sahen und haben unseren schwimmenden Bus fotografiert", erzählt Franken. Einer der Passagiere an Bord der Barkasse schickte das Foto sofort an die Bild-Zeitung.

Die Nachricht über das ungewöhnliche Gefährt im Hafen sprach sich schnell herum. Manchmal ist Hamburg dann doch nur ein Dorf. Auf dem Weg zurück klingelte das Handy. Es war Benoît Surin von der Hamburger Kommunikationsagentur RaikeSchwerdtner, mit dem Franken und Mahlstedt bereits zuvor Kontakt hatten und der an einer Kampagne für den HafenCity RiverBus arbeitete. Er fragte:

„Wo seid ihr?"

„Auf der Elbe."

„Ja, das weiß ich. Wo genau?"

„An den Landungsbrücken."

„Kommt sofort zurück. Hier stehen die Telefone nicht mehr still."

Damit war der HafenCity RiverBus in der Öffentlichkeit angekommen. Zurück in Entenwerder, wo der Bus über eine Rampe ins Wasser und wieder hinausfahren kann, wartete bereits ein Kamerateam der Bild-Zeitung. „Wir waren völlig überfordert in dem Moment. Damit hatten wir nicht gerechnet", gibt Franken zu. So erschien gleich am nächsten Tag eine Geschichte über Hamburgs schwimmenden Bus in der auflagenstärksten Tageszeitung des Landes. Es folgten Anfragen vieler weiterer Zeitungen und Fernsehsender. Der erste schwimmende Bus in Deutschland wurde zur medialen Sensation.

Hamburg 2018

Zwei Jahre ist der HafenCity RiverBus nun unterwegs in Hamburg. Am 16. April 2016 startete die erste Stadtkreuzfahrt, so haben Franken und Mahlstedt ihre Stadtrundfahrt getauft. Seitdem beförderte der Bus rund 90.000 Passagiere. „Es läuft", sagt Franken augenzwinkernd. „Wir haben eine Auslastung von 95 Prozent." Das liegt für Franken vor allem am Verhältnis zwischen Hamburg und dem Wasser. „Es ist positiv bekloppt, wie sehr die Leute Wasser mit Hamburg und Hamburg mit Wasser verknüpfen. Die Leute, die hierher kommen, wollen die Stadt erleben und sie wollen die Elbe erleben, denn ohne Elbe wäre Hamburg nix und ohne Hamburg wäre die Elbe nix", philosophiert Franken rückblickend.

Außerdem zeigt die Tour eine Seite von Hamburg, die die meisten Touristen, vielleicht sogar viele Hamburger, noch nicht kennen. Die Billwerder Bucht ist das Fahrtgebiet des RiverBus geblieben. „Wir brauchen nicht in den Hafen fahren. Da gibt es die Barkassen, die können das viel besser als wir", sagt Franken. Hinzu kommt eine hervorragende Mundpropaganda der Fahrgäste, von denen der RiverBus lebt. 

„Im Nachhinein ist das alles sehr surreal und wie ein Film für mich. Von der Idee zur Realisierung dauerte es vier Jahre und zwischendurch hat uns nur der blanke Überlebenswille angetrieben", resümiert Franken und blickt aus dem Fenster auf die Bushaltestelle vor dem Büro. Dort steht der HafenCity RiverBus, bereit zur Abfahrt. Der Bus ist bis auf den letzten Platz ausgebucht.

Hamburg 2016

Nach seiner Premierenfahrt hält der HafenCity RiverBus am 16. April 2016 wieder am Brooktorkai vor dem Fleetschlösschen. „Was machen wir jetzt, wo die erste Fahrt vorbei ist?", fragt Fiete Mahlstedt seinen Geschäftspartner. „Lass uns auf den Kiez gehen und das feiern. Wir lassen uns richtig volllaufen", antwortet Franken.

Der Plan führt die beiden zunächst in Mahlstedts Wohnung in der Nähe des Fischmarktes. „Komm, ich mach uns erstmal einen Ingwertee zum Runterkommen", sagt Mahlstedt. Beide sinken auf dem Sofa nieder. Sprachlos. Mahlstedt zieht sich eine Decke über den Kopf. „Ich bin völlig fertig, ich geh nach Hause schlafen", sagt Franken, der trotz aller Widrigkeiten soeben die Idee seines Lebens verwirklicht hat. Der Kiez hat die beiden an diesem Abend nicht mehr gesehen. Dafür sehen viele Touristen die Stadt dank des RiverBus aus einer völlig neuen Perspektive.

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