Die Richtlinie des Rates vom 23. April 1990 über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen im geschlossenen System (90/219/EWG), kurz Systemrichtlinie, bildet die Grundlage für den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen im geschlossenen System in der EU. Die ursprüngliche Richtlinie wurde durch die am 26. Oktober 1998 beschlossene geänderte Richtlinie (98/81/EG) novelliert. Diese Richtlinie regelt den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in Laboratorien, Produktionsstätten und anderen von der Umwelt abgeschlossenen Einrichtungen und die Einstufung der GVOs in die Risikogruppen 1 bis 4 entsprechend ihrem zunehmenden Risikopotenzial. Diese Einstufungen regeln die Anforderungen an die Ausrüstung und Sicherheitsmaßnahmen der jeweiligen Einrichtungen.
Die Richtlinie des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (90/220/EWG), kurz Freisetzungsrichtlinie. Diese Richtlinie regelte die Freisetzung, d.h. das zeitlich und räumlich begrenzte Ausbringen von GVOs in die Umwelt, und das Inverkehrbringen, d.h. die kommerzielle Nutzung gentechnisch veränderter Organismen. Seit Oktober 2002 gilt eine wesentlich veränderte EU-Freisetzungsrichtlinie (2001/18/EG). Wesentliche Aspekte in der geänderten Freisetzungsrichtlinie betreffen die verstärkte Berücksichtigung des Schutzes von Mensch und Umwelt, die Sicherung einer Öffentlichkeitsbeteiligung und Erhöhung der Transparenz in Entscheidungsprozessen beim Inverkehrbringen und Freisetzen von GVOs. Die Genehmigung für das Inverkehrbringen von GVOs ist auf 10 Jahre befristet und mit Auflagen versehen, die Wirkung der inverkehrgebrachten Organismen auf die Umwelt in Begleituntersuchungen zu analysieren ("Monitoring"). Die Genehmigung wird in einem EU-weiten Verfahren erteilt. Produkte mit GVOs müssen gekennzeichnet werden. Mit der Freisetzungsrichtlinie wird besonders die Umweltverträglichkeit von GVOs geprüft.
Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel (vom 22.September 2003)
Disee Verordnung regelt die Zulassung und Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebens- und Futtermittel einheitlich in der gesamten EU. Seit dem 18.4.2004 sind diese Bestimmungen verbindlich. Mit dieser Verordnung werden alle gentechnisch veränderten und mit Hilfe der Gentechnik hergestellten Lebensmittel aus dem Regelungsbereich der bis dahin geltenden Novel-Food Verordnung herausgenommen und gemeinsam mit den Futtermitteln behandelt. Unter diese Verordnung fallen solche Lebens- und Futtermittel, die aus GVOs bestehen bzw. diese enthalten oder aus GVOs stammen bzw. daraus hergestellt werden. Die Verordnung gilt nicht für technische Hilfsstoffe und solche Stoffe, die mit GVOs hergestellt werden. Für alle unter diese Verordnung fallenden Stoffe gilt eine strenge Kennzeichnungspflicht, von der nur geringfügige (0,9 %), unbeabsichtigte Beimischungen ausgenommen sind.
Verordnung (EG) Nr. 1830/2003 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 22. September 2003 über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen und über die Rückverfolgbarkeit von aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebensmitteln und Futtermitteln kurz
Kennzeichnungsverordnung. Entsprechend dieser Verordnung sind in allen EU-Ländern alle Lebens- und Futtermittel kennzeichnungspflichtig, bei deren Herstellung GVOs angewendet wurden. Es spielt keine Rolle, ob diese Anwendung im Endprodukt nachweisbar ist oder nicht. Da die Anwendung von GVOs häufig im Produkt nicht mehr nachweisbar ist, wurde das Prinzip der Rückverfolgbarkeit eingeführt, d.h. es müssen geeignete "Rückverfolgbarkeitssysteme" entwickelt werden. Diese Systeme sind Datensammlungen, d.h. schriftliche Unterlagen über jede Produktionsstufe, die dazu dienen sollen, bei Überprüfungen plausibel zu machen, welcher GVO auf welcher Verarbeitungsstufe bei der Produktherstellung eingesetzt wurde.
Für unbeabsichtigte GVO-Beimischungen gibt es Schwellenwerte, bis zu denen keine Kennzeichnung erforderlich ist. Der Schwellenwert für die einzelne Zutat beträgt 0,9 %. Dies gilt jedoch nur für in der EU zugelassene GVOs, bei nicht zugelassenen ist der Grenzwert 0, bei Futtermitteln ist eine unbeabsichtige Beimischung von nicht zugelassenen GVOs bis zu einem Grenzwert von 0,1 % zulässig.
Richtlinie (EU) 2015/412 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG zu der den Mitgliedstaaten eingeräumten Möglichkeit, den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen.
Diese Richtlinie ermöglicht es den europäischen Staaten, den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen auf ihrem Staatsgebiet oder Teilen davon zu untersagen.
Dies geschieht in einem zweistufigen Verfahren. Wenn sich eine gentechnische Pflanze im Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen befindet, kann jeder EU- Staat über die EU Kommission einen Antrag an das beantragende Unternehmen stellen, das eigene Staatsgebiet ganz oder teilweise vom Anbau mit der betreffenden Pflanze auszunehmen. Stimmt der Antragssteller dem nicht zu, dann gibt es in einer zweiten Phase die Möglichkeit, nach Abschluss des Zulassungsverfahrens, dem Antragssteller den Anbau auf dem eigenen Hoheitsgebiet oder Teilen davon aus verschiedenen Gründen zu untersagen. Gründe können umweltpolitische oder agrarpolitische Ziele sowie zwingende Gründe, die die Stadt- und Raumplanung, die Bodennutzung, sozioökonomische Auswirkungen oder die Koexistenz verschiedener Anbauformen und die öffentliche Ordnung in den einzelnen Mitgliedstaaten betreffen.
Nach Inkrafttreten der Richtlinie hat die Bundesrepublik Deutschland, genau wie andere EU-Staaten beantragt, alle 8 zum damaligen Zeitpunkt im Verfahren befindlichen GVO-Sorten für den Anbau im gesamten Bundesgebiet auszunehmen. Diesem Antrag wurde von den Unternehmen nicht widersprochen, sodass zurzeit keine gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland angebaut werden dürfen.
Die Richtlinie muss besonders für den zweiten Weg noch in deutsches Recht umgesetzt werden, es gibt dazu Entwürfe, die das Gentechnikgesetz ändern sollen, jedoch noch keine Einigung zwischen dem Bund und den Ländern.