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 Sämlinge

GewächsNachwuchs

Botanisches Kauderwelsch von Helge Masch

Botanisches Kauderwelsch vom 8. Januar 2020 GewächsNachwuchs - Veredelung

Das neue Jahr startet wie immer mit vielen guten Vorsätzen. Unter anderem auf „edle“ Dinge zu verzichten und etwas kürzer zu treten. Für alle, die bereits im Januar schwach werden, kommt am Aschermittwoch, mit der 40tägigen Fastenzeit der Joker „Zweite Chance“. Nur die Fans edler Früchtchen wie ‘Goldprinz‘, ‘Goldparmäne‘, ‘Gute Luise‘, ‘Ingrid Marie‘ oder ‘Kaiser Alexander‘ freuen sich jetzt zum Jahresbeginn über Ihr Hobby, das “Veredeln“.

Veredelt wird im Pflanzenreich bereits seit der Antike. Die Ziele sind Arbeitsteilung (jeder macht, das was er am besten kann) und der Sortenerhalt (Vermehrung ohne genetische Veränderung).

Für eine Obstbaumveredelung werden benötigt:

  • Edelreiser = Frisch geschnittene, etwa Bleistift dicke Zweige, die noch keine Blütenknospen tragen. Diese edlen Sorten haben meist ungeeignete Wurzeln für ein erfolgreiches Wachstum.
  • Unterlage = Pflanzen, deren Wurzeln in besonderer Weise (z.B. viel oder wenig) Wasser und Nährstoffe der neuen Kooperation zur Verfügung stellen. Dies hat Auswirkungen auf die Größe der Pflanze und die Qualität der Früchte.
  • Werkzeuge = Messer, Veredelungsgummis, Veredelungswachs.

Durch unterschiedliche Schnitt- und Bindetechniken wird die Unterlage mit dem Edelreis zusammengefügt. Die Veredelungspartner müssen immer zur gleichen Gattung gehören. Erfolgreich zusammengewachsen entstehen sogenannte Chimären. Des Weiteren werden Gurken, Kürbisse, Rosen, Kakteen oder Tomatoffeln (eine Pflanze, von der sowohl Tomaten als auch Kartoffeln geerntet werden können) veredelt.

Hierzu passt: GewächsNachwuchs - Aussaat. Dieser Begriff wird dann erklärt, wenn die Fastenzeit beginnt.

Botanisches Kauderwelsch vom 26. Februar 2020 GewächsNachwuchs - Aussaat

Die ersten Forsythien blühen in diesem Jahr schon jetzt im Februar. Der Vorfrühling ist da! Somit ist auch der Zeitpunkt gekommen, an dem die Hormone bei den Gartenfreunden für Übersprunghandlungen im Garten oder auf der Fensterbank sorgen; der Rasen wird schon mal vertikutiert, und die Tomaten werden ausgesät.

In der Tat gehören Kalt- und Frostkeimer jetzt ins Saatbett* um (hoffentlich) im Freien noch eine Nase voll Kälte oder sogar Frost abzubekommen. Dies ist überaus wichtig um die Keimruhe zu brechen. Die Keimruhe schützt die Saat davor, zu einem Zeitpunkt zu keimen, an dem die Wetterbedingungen ein erfolgreiches Wachstum verhindern.

Der Zeitraum für die Aussaat steht in der Regel auf dem Saattütchen. Stehen weder ein beheiztes Gewächshaus noch Frühbeetkästen zur Verfügung, ist der Beginn des letzten Drittels ein guter Zeitpunkt.

Lichtkeimer liegen am liebsten ohne Decke in Ihrem Saatbett. Denn nur, wenn das Saatkorn im Hellen liegt, kann es erfolgreich keimen. Eine Glasscheibe über dem Saatgefäß verhindert hier ein zu schnelles Austrocknen der Saat. Eine zweite Zudecke hingegen suchen sich die Dunkelkeimer. Diese Saatkörner keimen nur, wenn kein Licht in Sicht ist. Eine verhältnismäßig dicke Substratschicht und eine schwarze Folie können hier helfen.

Die „Normalos“, wie ich sie gern nenne, bilden glücklicherweise die größte Gruppe der Pflanzen, die bei uns in Kultur sind. Hier sollte die Saat mit einer gesiebten Erdschicht bedeckt werden, die dem Durchmesser des Saatkorns entspricht.

Das Saatbett der Licht-, Dunkelkeimer und Normalos wird, je nach Heimat der Pflanze, bei 18°C bis 25 °C (einige tropische Pflanzen auch wärmer) aufgestellt. Die Aussaat sollte gut und gleichmäßig feucht gehalten werden, damit die Saat quellen und keimen kann.

Hierzu passt: GewächsNachwuchs - Pikieren. Dieser Begriff wird erklärt, wenn die Saat gekeimt ist, das heißt die Keimblätter sind sichtbar.

* Der Begriff Saatbett bezeichnet einen zur Saat vorbereiteten Ackerboden und wird hier im übertragen Sinn verwendet.

Botanisches Kauderwelsch vom 11. März 2020 GewächsNachwuchs - Pikieren

So unterschiedlich und missverständlich kann die deutsche Sprache sein. Ist eine Person leicht „äußerst pikiert“, dann beschreibt man ihren Gemütszustand als „verärgert und zugleich gereizt“ oder „gekränkt“. Werden Pflanzen pikiert, fühlen sich diese wohl und können ihr Leben entspannt fortsetzen.

Pikieren ist das Vereinzeln der Sämlinge nach der Aussaat.

Dieser Satz definiert im Wesentlichen den Unterschied zwischen Pikieren und pikiert sein, lässt aus botanischer Sicht aber wichtige Informationen unbeachtet.

Bei der Aussaat im Zimmer oder beheizten Gewächshaus passen wir nur die Temperatur an, um ein gutes Keimergebnis zu erzielen. Die Sämlinge erwarten bei der hohen Temperatur jedoch deutlich mehr Licht. Daher recken und strecken sich die Kleinen in die Höhe, bis sie umkippen.

Erinnern wir uns an das Kauderwelschwort vom 19. Februar 2020: Sprossachse. Diese beginnt erst oberhalb der Keimblätter. Unterhalb der Keimblätter befindet sich das Grundorgan Wurzel. Diese wiederum ist nicht dafür ausgelegt, die Pflanzen freischwebend in die Höhe zu heben.

Um das Szenario des Umkippens (Abknicken der Wurzel außerhalb der Erde) zu vermeiden, werden die Sämlinge nicht nur weiter auseinander gesetzt, sondern auch so tief eingepflanzt, dass die Keimblätter die Erde berühren. Nach dem Angießen werden die Pflanzen etwa 3°C bis 5 °C kühler aufgestellt. Um einen erneuten Längenwuchs der Wurzel nach oben zu verhindern.

Hierzu passt: GewächsNachwuchs - Teilung. Dieser Begriff wird im Herbst erklärt, wenn die Freilandstauden eingezogen sind.

Botanisches Kauderwelsch vom 16. September 2020 GewächsNachwuchs - Florenverfälschung

Biodiversität ist heute das Schlagwort im Natur- und Umweltschutz. Die biologische Vielfalt soll und muss erhalten bleiben! Das Aussterben einer Art führt zum weiteren Aussterben von untereinander abhängigen Arten. Es kommt zu einem Dominoeffekt! Ein weiteres Schlagwort ist die Regionalität der Pflanzen, auch diese ist zum Erhalt der Arten wichtig. Allerdings ist die Regionalität im Gegensatz zur Biodiversität nicht sichtbar.

Beispiel: Bei einer bunt blühenden Wiese die voll mit Insekten und Vögeln ist, ist die biologische Vielfalt gut erkennbar. Doch, eine in Norddeutschland wachsende Schafgarbe unterscheidet sich optisch nicht von einer Schafgarbe, die in Süddeutschland wächst. Dennoch sind die beiden Schafgarben genetisch unterschiedlich.

Um diese nicht sichtbare Unterschiedlichkeit zu bewahren, wurde Deutschland in Regionen eingeteilt. Bei der Ansiedlung (Renaturierung) dürfen nur noch Pflanzen aus der gleichen Region verwendet werden, um eine genetische Florenverfälschung zu verhindern.

Sollte der Zustand einer genetischen Übereinstimmung aller Pflanzen einer Art eintreten, sind die Pflanzen kaum noch in der Lage, auf Veränderungen der Umwelt zu reagieren. Pflanzen mit genetischer Übereinstimmung werden auch durch Teilung oder Stecklinge hervorgerufen. Die Gruppen werden als Klon bezeichnet.

Ebenso wachsam müssen wir bei der Pflanzung von unseren Zierpflanzen im Garten sein. Auch hier handelt es sich meistens um gebietsfremde Pflanzen (Neophyten). Also Pflanzen, die in einer anderen Region der Welt heimisch sind. Solange diese Pflanzen sich nicht stark (invasiv) vermehren, geht keine Gefahr von ihnen für die regionale Natur aus. Dieser Zustand kann sich jedoch durch den Klimawandel verändern. Invasive Neophyten, wie der Riesenbärenklau, verdrängen die regionalen Pflanzen und bieten den regionalen Tieren keine oder keine ausreichende Nahrungsgrundlage.

Florenverfälschung ist durch die Globalisierung weltweit zu einem Problem geworden!

Seedbombs (Saatbomben) sind in der Regel gut gemeint und sollen die Stadt bunter machen. Unter dem Blickwinkel der Florenverfälschung kann es aber auch mächtig schief gehen. Daher sollten nur Seedbombs mit regionalem Saatgut aus der Region zum Einsatz kommen!

Botanisches Kauderwelsch vom 11. November 2020 GewächsNachwuchs - Teilung

Heute ist Martinstag! Der Namenstag von Martin von Tours.

Eine Legende berichtet, dass der römische Soldat in einer kalten Nacht einen frierenden Bettler traf. In Ermangelung an Brot und Geld zerteilte er seinen warmen Mantel und gab eine Hälfte dem notleidenden Mann. Aufgrund dieser Legende wurde der 11.11. zum Tag der Hilfsbereitschaft.

Im Botanischen Kauderwelsch wird er zum Tag der Teilung. Denn nicht nur Mantel und Brot können geteilt und verteilt werden, sondern auch viele Gartenstauden.

Die Gründe, eine Staude zu teilen, können vielfältig sein. Bergenien blühen nach der Teilung besser. Andere Stauden werden unansehnlich, weil sie von innen heraus verkahlen. Gartenbesitzer möchten – ganz im Sinn des Martinstages – einen Teil einer schönen Staude an einen anderen Pflanzenfan weitergeben, oder es wurde die Beetfläche vergrößert und jetzt werden weitere Pflanzen benötigt.

Im Gegensatz zu den Sträuchern können Stauden von O bis O (Oktober bis Ostern | analog zur Winterreifenregel) ausgegraben werden und je nach Größe in zwei, drei, vier und mehr Teile gerissen werden. Sollte die persönliche Kraft zum Zerreißen nicht ausreichend sein, kann ein Spaten zum Durchstechen verwendet werden. Auch Martin nutzte ein Schwert zum Zerteilen seines Mantels. Zur besseren Handhabung werden die eingezogenen Triebe abgeschnitten. Immergrüne Stauden werden nicht geschnitten.

Nach erfolgter Teilung werden die Pflanzen-“Teile“ mit Abstand am neuen Standort eingepflanzt und zum Schutz vor Kahlfrösten mit Rindenmulch abgedeckt. Im Herbst ist ein Angießen nicht notwendig, im Frühling schon.

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