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Sonntag, 6.30 Uhr: Am Altonaer Elb-Ponton liegen dutzende kleine Jollen, große Segelschiffe mit weithin sichtbaren Masten und moderne Fischdampfer vertäut. In den kleinen Ruderbooten preisen Elbfischer lautstark Aale, Hechte, Karpfen und Barsche an; Interessenten gehen auf dem Steg von Boot zu Boot und kaufen frischen Fisch für das Mittagsmahl. An den vielen Marktbesuchern vorbei schleppen die letzten Arbeiterkolonnen die Kisten mit den Fängen der Hochseefischer zur Auktionshalle.
So oder so ähnlich kann man sich das Fischmarkt-Treiben am Elbufer um das Jahr 1900 vorstellen. Während auf dem Marktplatz oder direkt von den Booten herunter einzelne Fische an private Abnehmer verkauft wurden, begann in der Auktionshalle pünktlich um sieben Uhr der gewerbliche Handel. Tonnen von Nordseefisch wurden hier in wenigen Stunden versteigert, um anschließend in Pferdefuhrwerken oder mit der Schellfischbahn in die Fischfabriken und Großküchen des Kaiserreichs transportiert zu werden.

Knotenpunkt des Fischhandels
Vier Jahre zuvor war die stattliche Halle im Stil des Ingenieurbaus fertig geworden. Das geräumige Bauwerk wurde dringend benötigt, denn seit Johann Cohrs 1887 die erste Altonaer Fischauktion abgehalten hatte, war die Anzahl der Fischanlandungen stetig gestiegen. Die zunächst nur provisorisch überdachte Auktionsfläche und eine später errichtete Holzhalle waren schnell zu klein geworden. Nun herrschte in der neuen Halle Hochbetrieb. Im Erdgeschoss wurden die Fänge sortiert und für die Versteigerung in Kisten ausgebreitet. Der Auktionator Cohrs ging von einem Verkaufsposten zum nächsten und bot die Waren den Ankäufern feil. Hatte der Meistbietende den Zuschlag bekommen, packten Arbeiter die Fische für den Transport um. Sie wurden mit Eis schichtweise in Reisigkörbe gefüllt. Die leeren Kisten lagerte man bis zur nächsten Auktion auf den zwei Galerien, wo auch die Netzflicker arbeiteten.

Bombenhagel und Abrissbirnen
Den zweiten Weltkrieg überstand die Halle nahezu unbeschadet, bis in die 70er Jahre hinein wurden hier regelmäßig Auktionen abgehalten. Als sich das Zentrum der deutschen Fischindustrie nach Cuxhaven und Bremerhaven verlagerte, gingen die Fischanlandungen allerdings drastisch zurück. Der verbliebene Fischhandel zog einige hundert Meter elbabwärts in einen modernen Großmarkt, die mittlerweile baufällige Auktionshalle sollte abgerissen werden. Doch Bürger aus Altona und St. Pauli engagierten sich für den Erhalt des historischen Bauwerks und so wurde es 1982 vom Senat unter Denkmalschutz gestellt.

Ein Kulturdenkmal als Party-Location
Heute ist die restaurierte Fischauktionshalle jeden Sonntag Treffpunkt für Nachtschwärmer und Partylöwen, die hier bei Musik und Bier ihre St. Pauli-Tour ausklingen lassen oder fröhlich in den Sonntag starten. Seit 1989 wird das Kulturdenkmal an private Veranstalter vermietet, mit dem eigentlichen Fischmarkt hat es also nichts mehr zu tun. Dennoch zeugt das imposante Backsteingebäude mit der charakteristischen Glaskuppel noch immer eindrucksvoll von einer bedeutenden Phase in der Geschichte des Marktes.