Zeitlosigkeit der Gemälde
Die Gegenwart definiert die Zeit, die „jetzt“ genannt wird. Dabei trennt sie Vergangenheit und Zukunft, beginnt jetzt und endet jetzt. Oder? Wie lange dauert die Gegenwart eigentlich? In der Kunst stellt sich diese Frage insbesondere dann, wenn die Inhalte von Kunstwerken einen ikonografischen Status erreicht haben, das heißt, ihre Gegenwart derart treffsicher einfangen, dass die Werke zum Bild ihrer Zeit werden. Zu solchen „Ikonen“ werden Kunstwerke in der Regel erst, wenn sie es an Museumswände geschafft haben und von nun an das Bild ihrer Zeit prägen.
Ein gutes Beispiel dafür ist Pablo Picassos Gemälde „Guernica“, in dem der Maler gleichsam sein individuelle Reaktion auf die Vernichtung des spanischen Dorfes festhielt und das Grauen insgesamt abbildete, welches die Bombenangriffe des Zweiten Weltkrieges über die Welt brachten. Obwohl sowohl die Vernichtung Guernicas als auch der Bombenkrieg mittlerweile der Vergangenheit angehören, ist der Inhalt des Bildes nicht gealtert. Wir – die Betrachter – stehen dem Gräuel gegenüber, empfinden und erleben sie, als passierten sie jetzt.
Gegenseitige Toleranz
Die neue Sammlungspräsentation von Gemälden der Hamburger Kunsthalle ab 1947 stellt sich der Frage nach der Gegenwart und lotet dabei den Bereich zwischen „Jetzt“ und „Ewigkeit“ aus. Zu sehen sind hierbei unter anderem Werke von Francis Bacon, Georg Baselitz, Werner Büttner, Sam Francis, K. O. Götz, Johannes Grützke, Sabrina Haunsperg, Almut Heise, Konrad Klapheck, Willem De Kooning, Hanns Kunitzberger, Maria Lassnig, Richard Lindner, Albert Oehlen, Rosemarie Trockel, Werner Tübke, Cy Twombly, Wols und Haegue Yang.
Bei diesem Auszug aus der Liste der ausgestellten KünstlerInnen dürfte nicht nur eingefleischten Kunstkennern schwanen, dass die BetrachterInnen hier auf sehr unterschiedliche Kunstwerke treffen. Sie entstanden zwar zur gleichen Zeit - und bilden eben diese ab - jedoch aus vollkommen verschiedenen Schulen heraus, in unterschiedlichen kulturpolitischen Kontexten, etc. Es ist also gegenseitige Toleranz gefragt, wenn sich zum Beispiel figurative Malerei der DDR und gebrochene Figuration nach 1945 in Frankreich begegnen, Minimal auf Pop Art trifft, oder gestische Abstraktion neben ironischer Figuration steht.
Weitere Informationen: Kunsthalle Hamburg Ausstellung „Früher war schon immer jetzt“