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Resozialisierung

Justizbehörde

1 Wenn für einen Straftäter oder eine Straftäterin der Termin der Haftentlassung kommt, dann wird er oder sie wieder irgendwo ein Mitglied der Nachbarschaft. Damit die Wiedereingliederung gelingen kann, schreiben wir in Hamburg Resozialisierung ganz groß. Neben dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten soll die Resozialisierung als zweites Ziel des Vollzugs die Gefangenen auf ein straffreies Leben in Freiheit vorbereiten.

2 Erfolgreiche Resozialisierung ist dabei nicht nur gut für ehemalige Häftlinge, sondern sie erhöht auch die Sicherheit für alle Bürgerinnen und Bürger und ist damit gleichzeitig Opferschutz. Mit einem neuen Resozialisierungsgesetz wird in Hamburg künftig ein noch größeres Augenmerk darauf gelegt, Straffälligen zu helfen wieder zurück in die Gesellschaft zu finden. Mit Hilfe eines individuellen Eingliederungsplans und eines Übergangsmanagements bereiten wir alle Inhaftierten bereits sechs Monate vor der Entlassung auf das Leben in Freiheit vor.

3 Damit es am Gefängnistor auf keinen Fall „Auf Wiedersehen“ heißt, wird das Übergangsmanagement auch die ersten sechs Monate in Freiheit weiter mit Rat und Tat zur Seite stehen. Mit der gesetzlichen Verknüpfung von stationären Maßnahmen im Vollzug und ambulanter Hilfe nach der Entlassung ist Hamburg auf dem Gebiet der Resozialisierung Vorreiter in Deutschland.

4 Der Weg zurück in die Gesellschaft beginnt aber selbstverständlich bereits kurz nach der Inhaftierung. Um auf die individuellen Bedürfnisse und Probleme der Häftlinge eingehen zu können, verfügen die Justizvollzugsanstalten über einen großen Instrumentenkasten. Sie nutzen die gesamte Haftzeit, um daran gemeinsam mit dem Insassen oder der Insassin zu arbeiten.

5 In Gruppenbehandlungen geht es vorrangig um soziale Kommunikation, Stressbewältigung, Problemlösung und Wertevermittlung sowie um den Aufbau beziehungsweise die Förderung von Empathie und Selbstreflexion. Mit qualifizierten Beratungs- und Behandlungsangeboten bearbeiten wir innerhalb der Justizvollzugsanstalten auch gesundheitliche Probleme wie Drogen- und Alkoholsucht.

6 Zur Behandlung von Sexual- und Gewaltstraftätern kann eine intensive kriminaltherapeutische Behandlung in der sozialtherapeutischen Anstalt erfolgen. Dies gilt auch für den Bereich der Sicherungsverwahrung, wo der Schwerpunkt in besonderem Maße auf therapeutische Angebote gelegt ist, gewährleistet durch eine externe therapeutische Leitung sowie eine enge Kooperation mit der forensischen Ambulanz am Universitätsklinikum Eppendorf und dem Maßregelvollzug der Asklepios Klinik Nord – Ochsenzoll.

7 Die Situation der Haft kann bei einigen Gefangenen zusätzliche psychische Probleme (zum Beispiel Depression oder emotionale Instabilität) verursachen. Bedienstete im Vollzug sind in der Beobachtung von Verhaltensveränderungen geschult und geben diese an den psychologischen Dienst der Anstalt weiter. Dieser überprüft in Einzelgesprächen mit den Betroffenen, welche weiteren Maßnahmen wichtig sind, um die Krise zu überwinden und weitere Schritte in der Resozialisierung planen zu können.

8 Ein wichtiger Schwerpunkt der Resozialisierung in den Hamburger Justizvollzugsanstalten ist Bildung. Die Angebote sind auf die Bedürfnisse und Eignungen der Gefangenen abgestimmt. Sie beinhalten zum einen vorbereitendende Maßnahmen für spätere Berufsqualifizierungen oder Schulabschlüsse, des Weiteren aber auch eine Reihe an Qualifizierungsbausteinen, die vom Gabelstaplerführerschein oder EDV-Lehrgang bis zur Vollausbildung reichen.

9 Ein weiterer Aspekt der Resozialisierungsarbeit ist die Extremismusprävention. Durch Aus- und Fortbildung werden die Bediensteten der Anstalten für das Thema sensibilisiert. In Kooperation mit der Justizbehörde, den Sicherheitsbehörden und dem Projekt „Legato PräJus" (Islamismusprävention im justiziellen Feld) identifizieren geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Anstalten zunächst Gefangene, die Bezüge zu extremistischen Ideologien aufweisen. Bei Bedarf leiten sie Maßnahmen ein, wozu auch Gruppen- und Einzelgesprächsangebote im Rahmen von Präventionsmaßnahmen zählen.

10 Der schrittweise Übergang in die Freiheit wird von Beginn des Haftantritts erprobt. An den Prüfungen und Planungen der Vollzugslockerungen wirken die verschiedenen in den Anstalten tätigen Berufsgruppen mit, unter anderem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Psychologischen Dienstes, die regelmäßig Stellungnahmen abgeben, inwieweit Gefangene in ihrem allgemeinen Vollzugsverhalten, in Einzelgesprächen, im Arbeitsbereich der JVA und in den Sozialkontakten (Haftbesuche, Telefonkontakte) positive Fortschritte aufzeigen, so dass einzelne Lockerungsstufen befürwortet werden können.

11 Bei den Prüfungen der Lockerungen beachtet die Anstalt stets, inwieweit die Gefangenen sich von kriminellen Handlungen und Einstellungen distanzieren konnten. Die Bewältigung der verschiedenen Lockerungsstufen gibt der und dem Gefangenen die Möglichkeit, sich schrittweise auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten.

12 Folgende Lockerungen sind unter anderem möglich:

13 Ausführung, das heißt stundenweises Verlassen der Anstalt in Begleitung beispielsweise für Arzttermine Ausgang, das heißt stundenweises Verlassen der Anstalt zu einem bestimmten Zweck ohne Aufsicht Freigang, das heißt regelmäßiges Verlassen der Anstalt zum Beispiel zum Arbeiten

14 Der Übergang von Haft in die Freiheit gilt als besonders kritische Phase, da nun die strukturierten Bedingungen der Haft wegfallen und die vor der Entlassungen Stehenden ihr Leben wieder in Eigenverantwortung zu bewältigen haben. Zur Vorbereitung der Entlassung verfügt der Justizvollzug Hamburg mit dem offenen Vollzug in Glasmoor und der Übergangseinrichtung in Bergedorf über Vollzugsformen, in denen der Übergang in Freiheit intensiv vorbereitet werden kann.

15 Um die Gefangenen bei weiteren Herausforderungen wie Wohnungssuche, Behördengänge oder Arbeitssuche zu unterstützen, haben die Justiz- und die Sozialbehörde ein Übergangsmanagement etabliert, das sechs Monate vor Haftentlassung beginnt und nach der Entlassung weitere sechs Monate mit den ehemaligen Gefangenen arbeitet. Möglichen Motivationseinbrüchen und Unsicherheiten seitens der Entlassenen können wir somit zeitnah entgegenwirken, indem sie auch in Freiheit feste Ansprechpartner und -partnerinnen haben. Beim Übergangsmanagement arbeiten die Anstalten, das Fachamt für Straffälligen- und Gerichtshilfe sowie externe Träger, wie etwa Integrationshilfen e.V., innerhalb als auch außerhalb der Gefängnismauern zusammen.

16 Derzeit im Gesetzgebungsverfahren befindet sich ein neues Resozialisierungsgesetz. Die Justizbehörde möchte damit einen rechtlichen Anspruch auf einen Eingliederungsplan gesetzlich verankern, der die Vermittlung in die Regelsysteme sowie die Vermeidung künftiger Straffälligkeit zum Ziel hat. Die rechtliche Festschreibung von Verknüpfungen stationärer Maßnahmen im Vollzug mit ambulanter Hilfe nach der Haftentlassung durch das Übergangsmanagement ist in dieser Form einzigartig in Deutschland.

17 Durch diese Zusammenarbeit stellt der Vollzug den Menschen und seinen Hilfebedarf ins Zentrum. Strafgefangene werden nach der Entlassung nicht alleine gelassen, sondern ihnen steht ein Netzwerk an Unterstützung zur Verfügung. Diese Verknüpfung von stationären und ambulanten Maßnahmen ist entscheidend für Erfolg der Resozialisierung.

18 Neben den staatlichen Angeboten ist das Engagement von Vereinen wie der Straffälligenhilfe oder dem Hamburger Fürsorgeverein eine große Hilfe. Resozialisierung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nur im Zusammenspiel aller Beteiligten gelingen kann. Nicht zuletzt setzt Resozialisierung auch die Einsicht, die Fähigkeit und den Willen des Gefangenen oder der Gefangenen zur Besserung voraus.