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Infoline Sozialhilfe Infoline-Archiv 2015: Arbeitshilfe zu § 23 SGB XII

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Beteiligung der Grundsicherungs- und Sozialdienststellen im Rahmen des Konzeptes der „Clearingstelle Gesundheitsversorgung Ausländer“ ab 01.01.2015 (Gz.: SI 225/507.13-7-7-3-4-5-17). Stand bis 31.05.2015.

Arbeitshilfe zu § 23 SGB XII

1. Einleitung und Ziel

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass für ausländische EU-Bürgerinnen und EU-Bürger, die sich in Deutschland aufhalten, eine Absicherung im Krankheitsfall besteht, insbesondere über eine deutsche gesetzliche oder private Krankenversicherung. In erster Linie benötigen EU-Bürgerinnen und EU-Bürger Unterstützung bei der Durchsetzung des Krankenversicherungsschutzes, da es hier in der Praxis noch Schwierigkeiten bei der tatsächlichen Aufnahme in die Krankenversicherung gibt.

Zu diesem Zweck hat die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) mit der „Clearingstelle Gesundheitsversorgung Ausländer“ (Clearingstelle) und den beiden Kooperationspartnern Diakonisches Werk (Fachstelle Zuwanderung Osteuropa) und Evangelische Auslandsberatung e.V. eine Kooperationsvereinbarung geschlossen (siehe Kooperationsvereinbarung in Anlage 1). Danach berät die Clearingstelle die hilfesuchenden EU-Bürgerinnen und EU-Bürger und nimmt mit diesen bei Vorliegen der Voraussetzungen für einen Krankenversicherungsschutz in Deutschland die Anzeige gegenüber einer Krankenkasse bzw. einem privaten Krankenversicherungsunternehmen vor. Anschließend verweist die Clearingstelle die hilfesuchende Person mit deren Einverständnis an einen der Kooperationspartner, der auf die tatsächliche Realisierung der Absicherung durch eine Krankenversicherung hinwirkt.

Unter Umständen kann jedoch eine ärztliche Behandlung bereits erforderlich sein, bevor diese Absicherung mit Unterstützung eines der Kooperationspartner realisiert werden kann. Bei Vorliegen eines entsprechenden sog. dringenden und unabweisbaren Behandlungsbedarfes verweist die Clearingstelle die hilfesuchende Person daher parallel an die örtlich zuständige Grundsicherungs- und Sozialdienststelle zur Prüfung einer Vorleistung.

Mit dieser Arbeitshilfe soll ein einheitliches Vorgehen bei der Umsetzung dieses Verfahrens sichergestellt werden.

Hinweis:
Diese Arbeitshilfe kommt nicht zur Anwendung, wenn keine Krankenkasse zur Leistung verpflichtet ist oder die hilfesuchende Person originäre Leistungsansprüche nach § 23 SGB XII hat (siehe Ziffer 2.1)!

2. Vorgaben

2.1  Zielgruppe

Die Prüfung einer Vorleistung kommt nur dann in Betracht, wenn eine ausländische EU-Bürgerin bzw. ein ausländischer EU-Bürger mit gewöhnlichem Aufenthalt in Hamburg von der Clearingstelle an die örtliche zuständige Grundsicherungs- und Sozialdienststelle verwiesen worden ist und die Clearingstelle insbesondere zuvor eine umfassende Prüfung der Absicherung im Krankheitsfall und die Anzeige bei einer Krankenkasse vorgenommen hat.

  • Nicht in Betracht kommt eine Vorleistung in folgenden Fällen:
  • Die hilfesuchende Person hat originäre Ansprüche nach § 23 SGB XII.
  •  Die hilfesuchende Person ist der privaten Krankenversicherung (PKV) zuzuordnen (ggf. nach Überprüfung durch einen der Kooperationspartner). In diesen Fällen kann eine originäre Leistungsberechtigung nach § 23 SGB XII in Betracht kommen (s.o.), z.B. wenn noch kein Vertragsabschluss mit der PKV vorliegt.
  •  Die hilfesuchende Person kommt ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach (gegenüber der Grundsicherungs- und Sozialdienststelle und/oder gegenüber den Kooperationspartnern).
  • Sofern für die hilfesuchende Person bereits ein Behandlungsschein nach Kap. 5 SGB XII im Rahmen der Vorleistung (siehe Ziffer 2.5) durch eine Grundsicherungs- und Sozialdienststelle ausgegeben worden ist (= grundsätzlich keine mehrfache Vorleistung). In Zweifelsfällen ist Rücksprache mit der zuständigen Fachbehörde vorzunehmen.

Eine Vorleistung ist hingegen grundsätzlich möglich, wenn ein Anspruch nach § 23 SGB XII nur deswegen ausscheidet,

  • weil eine Krankenkasse als vorrangiger Leistungsträger in Betracht kommt,
  • eine Absicherung über diese jedoch zum Zeitpunkt der Prüfung tatsächlich noch nicht realisiert wurde und
  • ein dringender und unabweisbarer Behandlungsbedarf tatsächlich besteht (siehe Ziffer 2.4).

2.2  Erforderliche Unterlagen

Die örtlich zuständige Grundsicherungs- und Sozialdienststelle erhält vorab von der Clearingstelle per Fax sowie sodann von der hilfesuchenden Person selbst alle relevanten Fallunterlagen (insbesondere die Kopie der erfolgten Anzeige bei einer Krankenkasse bzw. einem privaten Krankenversicherungsunternehmen sowie die Angabe des zuständigen Kooperationspartners).

2.3  Prüfung der Hilfebedürftigkeit

Zunächst prüft die örtlich zuständige Grundsicherungs- und Sozialdienststelle die Voraussetzungen des § 23 SGB XII (siehe Ziffer 2.1).

Insbesondere muss die hilfesuchende Person hilfebedürftig sein. Die Hilfebedürftigkeit entfällt nicht, wenn eine Krankenkasse zur Leistung verpflichtet ist, die Absicherung über diese aber noch nicht realisiert wurde und aufgrund eines dringenden und unabweisbaren Behandlungsbedarfes auch nicht mehr zeitgerecht umgesetzt werden kann (siehe Ziffer 2.1).

Wenn es an der Hilfebe­dürftigkeit mangelt, ist eine Vorleistung seitens des Trägers der Sozialhilfe ausgeschlossen.

2.4. Feststellung des dringenden und unabweisbaren Behandlungsbedarfes

Grundsätzlich nimmt die Clearingstelle die Prüfung vor, ob ein dringender und unabweisbarer Behandlungsbedarf im Einzelfall vorliegt. Stellt die Clearingstelle  einen dringenden und unabweisbaren Behandlungsbedarf im Einzelfall fest, verweist sie die hilfesuchende Person an die örtlich zuständige Grundsicherungs- und Sozialdienststelle.

Die Entscheidung der Clearingstelle lässt eine gesonderte Pflicht zur Überprüfung des drin­genden und unabweisbaren Behandlungsbedarfes durch die örtlich zuständige Grundsiche­rungs- und Sozialdienststelle nicht entfallen, wenn z.B. unschlüssige oder offensichtlich feh­lerhafte Angaben vorliegen. In Zweifelsfällen kann die örtlich zuständige Grundsicherungs- und Sozialdienststelle das Fachamt Gesundheit zur Unterstützung heranziehen.

Ein dringender und unabweisbarer Behandlungsbedarf besteht, wenn 

  • einerseits kein Eilfall im Sinne des § 25 SGB XII vorliegt (siehe Arbeitshilfe zu § 25 SGB XII) und
  • andererseits aufgrund des Gesundheitszustandes der/des Hilfesuchenden mit der Behandlung bis zur abschließenden Klärung der Aufnahme in eine Krankenversicherung nicht abgewartet werden kann.

2.5  Vorleistung durch den Träger der Sozialhilfe

Sofern eine Vorleistung grundsätzlich in Betracht kommt, sendet die örtlich zuständige Grund­sicherungs- und Sozialdienststelle zunächst ein Schreiben an die Krankenkasse (vorab per Fax und anschließend per Einschreiben mit Rückschein). Sie weist darin auf die von der Clearingstelle bereits übermittelte Anzeige hin und fordert die Krankenkasse unter Fristsetzung auf, die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung zu bestätigen bzw. die Zuständigkeit anzuerkennen (siehe Musterschreiben an die Krankenkasse in Anlage 2).

Grundsätzlich ist der Krankenkasse eine sehr kurze Frist zu setzen, insbesondere aufgrund der Dringlichkeit der Behandlung sowie der bereits vorangegangenen Anzeige durch die Clearingstelle. Die Länge der Frist hängt im Einzelfall davon ab, wie dringend der Behandlungsbedarf ist und wieviel Zeit bereits seit der Anzeige durch die Clearingstelle bei der Krankenkasse verstrichen ist. Regelmäßig dürften Fristen zwischen einem und fünf Werktagen angemessen sein.

Erfolgt bis zum Fristablauf keine Bestätigung der Mitgliedschaft bzw. keine Anerkennung der Zuständigkeit durch die Krankenkasse, wird seitens der örtlichen zuständigen Grundsiche­rungs- und Sozialdienststelle von einem vorläufig ungeklärten Versicherungsverhältnis bzw. einer vorläufigen Verneinung der Zuständigkeit durch die Krankenkasse ausgegangen, so dass der Träger der Sozialhilfe nach § 43 SGB I in Vorleistung treten kann. Die örtlich zustän­dige Grundsicherungs- und Sozialdienststelle erteilt der hilfesuchenden Person dann einen Be­handlungsschein im Rahmen von Kap. 5 SGB XII und vermerkt auf dem Behandlungs­schein, dass es sich um eine vorläufige Leistungserbringung nach § 43 SGB I handelt.

2.6  Kostenerstattung

Parallel zur Vorleistung wird die Forderung durch die örtlich zuständige Grundsicherungs- und Sozialdienststelle bei der zuständigen Krankenkasse zur Kostenerstattung nach § 102 ff. SGB X geltend gemacht.

Hierzu erfolgt zunächst eine „Geltendmachung“ des Erstattungsanspruches dem Grunde nach zur Wahrung der Ausschlussfrist nach § 111 SGB X. Die Höhe des Erstattungsbetrages muss noch nicht beziffert werden. Das Erstattungsbegehren ist in jedem Fall schriftlich geltend zu machen und die schriftliche Bestätigung des Eingangs der Anmeldung ist gegenüber der Krankenkasse anzufordern (siehe Musterschreiben in Anlage 3).

Sollte die Bestätigung des Eingangs der Anmeldung durch die Krankenkasse nicht innerhalb von zwei Wochen nach Absendung des o.g. Schreibens erfolgen, ist die Eingangsbestätigung durch die örtlich zuständige Grundsicherungs- und Sozialdienststelle anzumahnen bzw. ggf. das Anmeldeschreiben erneut zu versenden. 

Da die Abrechnung von in Anspruch genommenen Behandlungsscheinen zeitverzögert erfolgt und daher eine konkrete Bezifferung des Kostenerstattungsanspruches nicht sofort möglich ist, ist eine Wiedervorlage einzurichten (bei erstmaliger Einrichtung sollte die Wie­dervorlage in drei Monaten erfolgen, bei erneuter Wiedervorlage weitere drei Monate usw.).

Bei Wiedervorlage erfolgt die Kontaktaufnahme mit der Rechnungsstelle der zuständigen Fachbehörde zur Übermittlung der für die konkrete Bezifferung des Erstattungsanspruches erforderlichen Daten. Hierfür ist eine formlose Nachricht an das Funktionspostfach der Rechnungsstelle unter Angabe des vollständigen Namens und des Geburtsdatums der entsprechenden Person sowie des Gültigkeitszeitraumes des entsprechenden Behandlungsscheines zu versenden.

Eine Fallabgabe an die Rechtsabteilung der zuständigen Fachbehörde erfolgt, sobald eine streitige Auseinandersetzung mit der Krankenkasse über den Kostenerstattungsanspruch vorliegt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Krankenkasse bei der Geltendmachung oder nach der Bezifferung des konkreten Kostenerstattungsanspruches ihre Zuständigkeit verneint bzw. trotz einer Anmahnung (s.o.) keine Reaktion der Krankenkasse erfolgt. Für die Fallabgabe an die Rechtsabteilung der zuständigen Fachbehörde bedarf es einer Sachverhaltsschilderung nebst Angabe des bezifferten Kostenerstattungsanspruches (soweit dies zum Zeitpunkt der Fallabgabe schon möglich ist).

Im Übrigen wird auf die Fachanweisung „Durchführung von Erstattungsverfahren nach §§ 106ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sowie §§ 102ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)“ hingewiesen.

2.7  Informationsaustausch mit den Kooperationspartnern

Die örtlich zuständige Grundsicherungs- und Sozialdienststelle und der jeweilige Kooperationspartner tauschen sich regelmäßig über den aktuellen Stand des Verfahrens aus, insbesondere 

  • wenn die hilfesuchende Person in eine Krankenversicherung aufgenommen wird bzw. eine Krankenversicherung die Mitgliedschaft der hilfesuchenden Person bestätigt
  • oder eine Korrektur der Anzeige bei einer Krankenkasse erfolgt (z.B. Zuständigkeit einer anderen Krankenversicherung).

Im Übrigen ist im Hinblick auf diesen Informationsaustausch zwischen den Kooperations­partnern eine schriftliche Einverständniserklärung der hilfesuchenden Person nicht erforder­lich, weil der Informationsaustausch bereits durch gesetzliche Regelungen erlaubt ist.

3. Berichtswesen

Die für das Controlling benötigten Daten werden von den beteiligten Trägern erhoben. Zudem können Auswertungen durch die Rechnungsstelle der zuständigen Fachbehörde vorgenommen werden. Weitere Daten werden ggf. aus dem Datawarehouse entnommen. Die Grundsicherungs- und Sozialdienststellen berichten unverzüglich, wenn sich außergewöhnliche Entwicklungen abzeichnen.

4. Inkrafttreten

Diese Arbeitshilfe tritt am 01.01.2015 in Kraft.

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