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Sicherheitsbelange überbewertet Hanseatisches Oberlandesgericht ordnet Entlassung von Sicherungsverwahrtem an

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Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) hat entschieden, dass der Sicherungsverwahrte Thomas B. aus der Unterbringung zu entlassen ist. Der 50-jährige B. war unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu vier Jahren und sechs Monaten Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Das Gericht hat beanstandet, dass die Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel zu strenge Sicherheitsanforderungen an die Durchführung einer externen Therapie des Sicherungsverwahrten gestellt habe; soweit die JVA Fuhlsbüttel die Therapie unter den in einer früheren Entscheidung angeordneten Bedingungen für nicht umsetzbar gehalten habe, hätte sie eine Abänderung der gerichtlichen Entscheidung herbeiführen müssen. 

Haftraum Sicherungsverwahrung JVA Fuhlsbüttel Abteilung für Sicherungsverwahrung in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel

OLG Entlassung Sicherungsverwahrter - Sicherheitsbelange überbewertet - Hamburg

Die JVA Fuhlsbüttel wird den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts unverzüglich umsetzen. Alle notwendigen Vorbereitungen für die Entlassung sind bereits getroffen, die Weisungen des gerichtlichen Führungsaufsichtsbeschlusses können sofort umgesetzt werden. B. kann einen Wohnsitz vorweisen. Er befindet sich bereits in therapeutischer Behandlung, die er laut Gericht auch weiterführen muss. Ihm ist ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Vor seiner Entlassung aus der Sicherungsverwahrung wird ihm eine sogenannte elektronische Fußfessel angelegt, mit der sein Aufenthaltsort nachvollzogen werden kann.

Dazu erklärt Justizsenator Dr. Till Steffen: „Die Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel und das Gericht waren sich einig, dass dem Sicherungsverwahrten eine realistische Entlassungsperspektive zu eröffnen war. Beide Seiten waren sich ebenso einig über den Therapiebedarf. Unterschiedliche Auffassungen gab es bei der Abwägung von Resozialisierungsmaßnahmen und Sicherheitsbelangen. Anstalt und Justizbehörde akzeptieren: Soweit sich die JVA Fuhlsbüttel aus Sicherheitsgründen außer Stande sah, die Therapie wie angeordnet umzusetzen, hätte sie eine gerichtliche Entscheidung hierüber einholen müssen.

Ich persönlich bedaure, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung in der Frage nach Resozialisierungsmaßnahmen kommen musste. Eine Therapie ist ein wichtiges Mittel, um gesellschaftlich wieder Fuß zu fassen. Wir müssen im Justizvollzug alles dran setzen, um dies zu ermöglichen. Resozialisierung hat einen hohen Stellenwert, sie ist der beste Schutz vor weiteren Straftaten und muss mit den Anforderungen an Sicherheit in Einklang gebracht werden.

Der Fall zeigt mir, dass wir bei solchen schwierigen Verfahren einen besseren Austausch aller Beteiligten als bisher benötigen, um frühzeitig praktikable Handlungsalternativen anzubieten. Hier wird die Justizbehörde die JVA Fuhlsbüttel bei der Planung und Umsetzung von Resozialisierungsmaßnahmen für Sicherungsverwahrte künftig enger begleiten.“

Hintergrund

Thomas B. wurde 2004 wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und Drogenmissbrauchs zu vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Die Fortdauer der Sicherungsverwahrung wurde regelmäßig von der Strafvollstreckungskammer überprüft.

Am 27. März 2015 entschied das Hanseatische Oberlandesgericht, die Anstalt habe B. innerhalb von vier Wochen außerhalb der Anstalt den Besuch eines von ihm gewählten, bestimmten Psychiaters zu ermöglichen. Bedienstete wurden von den Therapiesitzungen aus-geschlossen. Aufgrund des Fluchtrisikos entschied sich die JVA Fuhlsbüttel diesen Besuch nur zu ermöglichen, wenn sämtliche Fluchtwege abgesichert werden. Eine strikte Überwachung des Umfelds der Praxisräume mit mehreren Bediensteten wurde jedoch vom Psychiater abgelehnt. Das Angebot des Psychiaters, die Sitzungen in der Anstalt durchzuführen, wurde vom Sicherungsverwahrten abgelehnt. 

Um ihm eine Entlassungsperspektive zu ermöglichen, wurden bei B. erste Lockerungsmaßnahmen bewilligt. Bei mehreren Ausführungen konnte er sich erproben und an ein Leben in Freiheit gewöhnen. Die Ausführungen dauerten bis zu drei Stunden, er wurde dabei ungefesselt von einem Bediensteten in Zivil begleitet, befand sich aber ständig „unter Sicht“. Die Ausführungen verliefen beanstandungsfrei.

Bei einer erneuten Befassung am 29. Februar 2016 nahm die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hamburg die beanstandungsfreien Ausführungen zum Anlass, die von der JVA Fuhlsbüttel geforderte strikte Überwachung der externen Therapie in Frage zu stellen. Es entschied, dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Vollzugs vorliegen, da dem Sicherungsverwahrten nicht genug Betreuung angeboten wurde. Gegen diesen Beschluss hat die JVA Fuhlsbüttel Beschwerde erhoben.

Seit März 2016 befindet sich B. in der von ihm gewünschten externen Therapie. Nachdem der Psychiater seine Praxisräume verlegt hatte, war eine Absicherung durch einen einzelnen Bediensteten möglich.

Mit dem aktuellen Beschluss hat das Oberlandesgericht die Sicht der Strafvollstreckungskammer im Ergebnis bestätigt. B. ist aus der Sicherungsverwahrung zu entlassen. Die vom Gericht angeordnete Therapie sei für die JVA Fuhlsbüttel bindend gewesen. Sofern eine Umsetzung aus Sicht der Anstalt nicht möglich gewesen sei, wäre sie verpflichtet gewesen, eine Änderung der gerichtlichen Anordnung herbeizuführen. Die schlichte Unterrichtung der Strafvollstreckungskammer habe nicht ausgereicht. Die Tatsache, dass die geforderte Therapie mittlerweile aufgenommen worden ist, spielte bei der Entscheidung keine Rolle. 

Kontakt

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Dennis Sulzmann

Pressesprecher

Freie und Hansestadt Hamburg
Behörde für Justiz und Verbraucherschutz
Pressestelle
Drehbahn 36
20354 Hamburg
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