Zwischen 1906 und 1912 entstand auf dem Gojenberg in Hamburg-Bergedorf eine der größten und modernsten zeitgenössischen Sternwarten Europas. Modern war sowohl die Anlageform, d.h. die Aufteilung der Instrumente auf einzelne, verstreut liegende Gebäude, modern war aber auch die instrumentelle Ausstattung, die sowohl Instrumente für die klassische Astronomie als auch für die Astrophysik umfasst. Bis heute ist die Hamburger Sternwarte nahezu komplett erhalten. Das gilt für das Sternwartengelände mitsamt der historischen Gebäude und ihrer Ausstattung, ebenso wie für die optischen Geräte und die technischen Details.
Wie kaum eine andere Sternwarte auf der Welt dokumentiert die Hamburger Sternwarte daher die technische, mit der astronomischen Wissenschaft einhergehende Entwicklung der Teleskoptechnik von etwa 1850 bis zur Gegenwart. Die Hamburger Sternwarte stellt für die Zeit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert eine Besonderheit dar, in der Kombination der unterschiedlichen Bedeutungsebenen von moderner Anlageform, repräsentativer Architektur, instrumenteller Ausstattung, Bedeutung für die Forschung und ihres Erhaltungsgrades, die in dieser Kombination einzigartig ist.
Zum Bewerbungsverfahren
Zum 31. Januar 2024 steht die Fortschreibung der deutschen Tentativliste des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (kurz: Welterbekonvention) an. Nur Stätten, die auf dieser Vorschlagsliste verzeichnet sind, können in den kommenden zehn Jahren Anträge auf Eintragung in die UNESCO-Liste des Kultur- und Naturerbes der Welt stellen.
Zur Evaluierung der Vorschläge auf nationaler Ebene wird die Kultusministerkonferenz (KMK) ein international besetztes Expertengremium einrichten und die Länder können max. zwei Vorschläge bis zum 31. Oktober 2021 zur Begutachtung einreichen. Die Auswahl wird dann 2024 an das UNESCO Welterbe Sekretariat gemeldet und gilt ab 2025.
Die Hamburger Sternwarte in Bergedorf wurde auch bei der letzten Fortschreibung der Tentativliste 2012 von Hamburg benannt, von der Kultusministerkonferenz (KMK) auch positiv bewertet, aber nicht für die Tentativliste empfohlen, da es noch Rückfragen gab (Typologie der Nominierung, potentieller serieller Charakter und Vergleichsstudie).
Die Stadt Hamburg hat die Nominierung daraufhin überarbeitet und die Empfehlungen aufgenommen. Ab Herbst 2020 wurde der außergewöhnliche universelle Wert in einer umfangreichen Vergleichsstudie mit über 50 Observatorien in 21 Ländern erneut geprüft und der Nominierungsvorschlag auf dieser Basis neu formuliert.
Als Ergebnis wurde festgestellt, dass das Ensemble der Hamburger Sternwarte mit einem Einzelantrag den außergewöhnlichen Wert für die Wissenschafts- und Astronomiegeschichte in der Übergangszeit von klassischer Astronomie zur Astrophysik vollständig und abschließend darstellt. Im Zentrum der Nominierung stehen das bauliche Ensemble der Anlage mit seiner historisch-technischen Ausstattung und die Bedeutung für die wissenschaftliche Forschung sowie sein herausragender Beitrag zum theoretischen wie technischen Erkenntnisfortschritt.
Am 31.10. 2021 wurde die überarbeitete Bewerbung für die Sternwarte an die KMK übermittelt. 2022 und 2023 wird dann eine Fachkommission die Bewerbungen der 16 Länder bewerten und eine Auswahl vorschlagen. Die dann neu gemeldeten Stätten werden bei dem Sekretariat der Welterbekonvention hinterlegt. Über die Reihenfolge der Nominierungen entscheidet die Kultusministerkonferenz.