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Verkehrsflächen Koloniale Straßennamen in Hamburg

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Umgang mit kolonialen Straßennamen in Hamburg

Hamburg und der deutsche Kolonialismus

Hamburg war als deutsche Metropole und wichtige europäische Hafenstadt ein Zentrum des Kolonialismus. Die Handelsstadt wurde von Kaufleuten und Reedern geprägt, die über die Jahrhunderte Waren wie Zucker, Baumwolle oder Tee in die Stadt importierten, die sie durch ökonomische und ökologische Ausbeutung anderer Kontinente gewonnen hatten. Die Ausbeutung der unterworfenen Gebiete ging mit brutaler Gewalt, massiven Menschenrechtsverletzungen bis hin zu Genoziden einher. 
Hamburg und die umliegenden Gebiete waren auch im transatlantischen Menschenhandel verstrickt. Der Plantagenbesitzer und Menschenhändler Heinrich Carl von Schimmelmann (1724-1782) ist ein frühes Beispiel dafür, wie Dänemark und Hamburg von kolonialen Verhältnissen profitierten, noch bevor Deutschland offiziell Kolonialmacht wurde. Auf Schimmelmanns Plantagen auf dänischen Inseln in der Karibik schufteten 1000 versklavte Menschen unter unmenschlichen Bedingungen. Die Profite machten Schimmelmann reich – und zum Mäzen in Wandsbek und Ahrensburg. Noch heute sind drei Straßen in Hamburg-Wandsbek nach ihm benannt.
Es waren dann ebenfalls hanseatische Kaufleute wie der Hamburger Reeder Adolph Woermann (1847-1911), die Reichskanzler Bismarck davon überzeugten, ihre Besitzungen in Übersee unter deutschen Schutz zu stellen, also Kolonien zu gründen. Bismarck lud 1884/85 zur Afrika-Konferenz nach Berlin, bei der ganz Afrika in europäische Interessensphären aufgeteilt wurde. Während der deutsche Staat nun also die Unterwerfung der Kolonien organisierte und die Ausbeutung absicherte, verdienten Privatunternehmen, viele davon aus Hamburg, am Import von Kautschuk, Kakao oder Sisal, aber ebenso an den neu erschaffenen Märkten. Adolph Woermann verdiente allerdings nicht nur mit dem Verkauf von Waffen und Alkohol in die Kolonien, sondern darüber hinaus auch an den Transporten der Truppen, die im Kolonialkrieg in Deutsch-Südwestafrika kämpften und den Genozid an den Herero und Nama verübten. Auch Woermann findet sich nach wie vor auf Hamburger Stadtplänen: Zwei Straßen sind in Hamburg-Ohlsdorf nach ihm benannt.
Die Spuren der Kolonialgeschichte haben sich im Hamburger Stadtbild niedergeschlagen – nicht nur, aber auch in Straßennamen. Über 120 Straßennamen der Stadt weisen einen kolonialen Bezug auf.

Aufarbeitung des kolonialen Erbes

Die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte ist eine der zentralen geschichtspolitischen Aufgaben unserer Zeit. Nachkommen der Kolonisierten, Black, Indigenous and People of Color (BIPoC) sowie zahlreiche Initiativen und Vereine fordern seit Jahrzehnten eine kritische Beschäftigung mit der Thematik und einen Perspektivwechsel.

Hamburg hat sich 2014 zur Aufarbeitung seiner Kolonialvergangenheit entschieden. Im selben Jahr wurde an der Universität Hamburg die Forschungsstelle "Hamburgs (post-)koloniales Erbe/ Hamburg und die frühe Globalisierung" eingerichtet, die die wissenschaftliche Grundlage für ein gesamtstädtisches Erinnerungskonzept erarbeiten soll. Einzelne Hamburger Museen wie das MARKK oder das Museum der Arbeit haben in den vergangenen Jahren begonnen, die Kolonialgeschichte Hamburgs neu zu repräsentieren und koloniale Provenienzen von Sammlungsobjekten zu erforschen.

Runder Tisch und Beirat „Koloniales Erbe“

Eine Aufarbeitung des kolonialen Erbes und der nötige Perspektivwechsel können nur gelingen, wenn tatsächlich viele verschiedene Perspektiven einbezogen werden. So hat die Behörde für Kultur und Medien einen Runden Tisch einberufen, um die verschiedenen beteiligten Akteur*innen aus Politik, Verwaltung, Institutionen und Zivilgesellschaft in Dialog zu bringen.

Der Senator der Behörde für Kultur und Medien hat 2019 den aus dem Runden Tisch entstandenen Beirat zur Dekolonisierung Hamburgs berufen, um die Prozesse der Stadt zur Dekolonisierung kritisch zu begleiten und zu unterstützen.

 

Das Projekt zu kolonialen Straßennamen im Staatsarchiv

Ein weiteres Element dieses post-kolonialen Erinnerungskonzeptes ist der Umgang mit Verkehrsflächen, die nach kolonial-belasteten Personen oder Orten benannt worden sind. Eine Strategie im Umgang mit diesen Verkehrsflächen wird im Staatsarchiv Hamburg entwickelt.

Auch im Kontext der Verkehrsflächen(um-)benennung sollen die Perspektiven derjenigen Initiativen und BIPoC-Communities eingebunden werden, die Expert*innen in den Bereichen Kolonialismus, Postkolonialismus, Rassismus und De-Kolonisierung der Stadt sind. Ziel ist die Erarbeitung einer gesamtstädtischen Strategie zum Umgang mit kolonialen Straßennamen in Hamburg.

Gutachten zu Hamburger Straßennamen mit kolonialen Bezug

Wissenschaftliches Gutachten zu Emily Ruete

 

Weitere Informationen

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Andere Städte

Freiburg, Düsseldorf und München haben sich bereits mit ihren kolonialen Straßennamen beschäftigt.

  • In Freiburg wurde bereits 2012 eine wissenschaftliche Überprüfung aller ca. 1300 Straßennamen in Auftrag gegeben und auch in Hinblick auf Kolonialbezüge überprüft: Abschlussbericht zur Überprüfung der Freiburger Straßennamen.
  • Die Stadt Düsseldorf hat nach dem Freiburger Vorbild ebenfalls eine Überprüfung eines Großteils ihrer Straßennamen vorgenommen und das Stadtarchiv sowie die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf sowie einen einberufenen Beirat damit beauftragt: Düsseldorfer Abschlussbericht.
  • In der Stadt Hannover wurden Biografien derjenigen Persönlichkeiten geprüft, die in irgendeiner Form in der Stadt geehrt werden, sei es durch Straßennamen, Ehrengräber, Stadtplaketten oder eine Ehrenbürgerschaft. Dabei lag der Fokus auf ihrer Rolle im Nationalsozialismus: Abschlussbericht aus Hannover.
  • Auch München hat 2016 die Überprüfung seiner ca. 6000 Straßennamen in Auftrag gegeben. Darüber hat u.a. die Süddeutsche Zeitung berichtet.
  • In Berlin ist Anfang 2020 ein Modellprojekt zur Dekolonisierung städtischer Erinnerungskultur gestartet, an dem zivilgesellschaftliche Initiativen maßgeblich beteiligt sind.

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