Sehr geehrte Frau Professorin Dauschek,
sehr geehrte Frau Boie,
liebe Nina Kuhn und liebe Seiteneinsteigerinnen,
sehr geehrte Frau Dr. Lemmens,
sehr geehrte Frau Dr. Rawert,
sehr geehrter Herr Professor Kribben,
liebe Gäste,
„Lesen ist ein grenzenloses Abenteuer der Kindheit“.
Schöner und vor allem pointierter als Astrid Lindgren kann man wohl kaum zusammenfassen, warum wir heute Abend hier das Lesen und die Literatur feiern.
Wir eröffnen das Hamburger Lesefest „Seiteneinsteiger“, das in diesem Jahr 15 Jahre alt wird. In der nächsten Woche schießen die „Seiteneinsteigerinnen“ wieder ein Feuerwerk von 200 Veranstaltungen an Schulen und für Familien in den Hamburger Herbsthimmel.
Was vor 15 Jahren als eintägiges Spektakel zum „Tag des Buches“ am 23. April begonnen hat, ist mittlerweile Deutschlands größtes Festival für Kinder- und Jugendliteratur. Genau, das größte deutsche Lesefest für Kinder. Und fast alle Karten sind bereits weg. Respekt!
Ich bin mir sicher, dass Nina Kuhn und ihr Team uns den ganzen Abend lang Döntjes aus 15 Jahren „Seiteneinsteiger“ erzählen könnten. Aber eine berührende Episode aus dem Jahr 2016 habe ich ihnen stibitzt:
Der Besuch von Sally Perel war einer von vielen besonderen Momenten in der Geschichte des „Lesefests“. Denn bei „Seiteneinsteiger“ kommt es seit jeher auf die Gemeinschaft an: Ein Festival dieser Größenordnung ist nicht allein mit städtischer Unterstützung zu wuppen, hier ziehen viele an einem Strang.
Lassen Sie mich stellvertretend den drei Hauptförderern herzlich danken: der Joachim-Herz-Stiftung, der Bodo-Röhr-Stiftung und der Reinhard-Frank-Stiftung. Ihren unermüdlichen Einsatz für das Lesefest kann man nicht genug loben: In der Kulturbehörde wissen wir gut genug Bescheid um das Leid der Anschubfinanzierung: Viele Projekte, die dauerhafte Förderung benötigen, werden nach drei Jahren „abgenabelt“ – und ihr Schicksal steht dann leider oft in den Sternen.
Das Lesefest „Seiteneinsteiger“ kann sich deshalb glücklich schätzen, eine große Anzahl dauerhafter Förderer seit vielen Jahren hinter sich zu wissen.
Kulturförderung ist eben mehr als eine Logozeile am Ende des Plakats: Auch mit Charme alleine kann man Förderer nicht über Jahre bei der Stange halten. Dahinter stecken das Streben nach Perfektion, viel Know-how und Beharrlichkeit – und das Wissen, dass das, was man tut, gut und richtig ist. Die „Seiteneinsteigerinnen“ sind allesamt Überzeugungstäterinnen, deshalb passen sie so gut in unsere Stadt.
Hamburg ist die Hauptstadt des Kinderbuchs – das ist die Botschaft, die das Lesefest „Seiteneinsteiger“ in die Welt hinausträgt. Und das zeigt auch das hiesige Verlagswesen eindeutig: Kinder- und Jugendbuchverlage wie zum Beispiel Carlsen und Oetinger, Jumbo, Atrium Kinderbuch und Rowohlt Rotfuchs bringen Jahr für Jahr nicht nur viele Augen zum Leuchten, sondern auch circa 120 Millionen Euro Umsatz in die Stadt.
Aus den 100 im Jahr 2018 meistverkauften Kinder- und Jugendbücher stammte mehr als die Hälfte aus Hamburger Verlagen.
Wir wissen es alle: Kinder, denen vorgelesen wird, die Bilderbücher anschauen, deren Lesefähigkeiten in der Schule und im Elternhaus gefördert werden, entwickeln sich zu Leserinnen und Lesern. Sie bilden ihre Meinungs- und Kritikfähigkeit, sie üben Toleranz und Offenheit. Im besten Falle macht sie das Lesen zu empathischeren Menschen.
In Hamburg – und das freut mich wirklich sehr – wird bereits viel für die Leseförderung getan. Das Lesefest, aber auch die anderen Projekte des Seiteneinsteiger e.V. wie „BuchStart“, „Gedichte für Wichte“, der Schreibwettbewerb „Klassensätze“, oder auch das mannigfaltige Programm des Kinderbuchhauses; die Veranstaltungen der „Elbautoren“; „Spaß mit Büchern“ und „Gedankenflieger“ im Literaturhaus, das von den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen finanzierte Kinderprogramm des „Harbour Front Literaturfestivals“ und die Leseclubs in den Stadtteilen sind nur einige Initiativen, die Hamburger Kinder jeden Tag an Bücher heranführen.
In der Anfang 2019 veröffentlichten Stavanger-Erklärung haben mehr als 130 Leseforscherinnen und -forscher begründet, warum Papier der beste Träger für das Lesen langer informativer Texte ist. So ersetzt das digitale Lesen nicht den individuellen Lesegenuss, das eigene Tempo und das Versinken in ein Buch. Damit bleibt es essenziell, dass Schulen weiterhin die Lektüre gedruckter Bücher fördern.
Die Leseförderung kann gar nicht früh genug einsetzen, wie es auch die engagierteste unter den Hamburger Autorinnen, die einzigartige Kirsten Boie fordert, von der wir gleich noch mehr hören werden. Ihre „Hamburger Erklärung“ wurde mittlerweile von mehr als 120.000 Unterstützer*innen unterzeichnet und strahlt weit über unsere Stadt hinaus.
Kirsten Boie ist es auch maßgeblich zu verdanken, dass weitere Maßnahmen zur Leseförderung in Hamburg professionalisiert und institutionalisiert werden:
2020 wird – so viel darf ich schon verraten – von der Behörde für Schule und Berufsbildung mit Unterstützung der Behörde für Kultur und Medien und in Kooperation mit zahlreichen namhaften Stiftungen „Buchstart 4½“ aufgesetzt, um so die Leseförderung beim ärztlichen sogenannten „Vorstellungsverfahren der Viereinhalbjährigen“ weiterzuführen.
Wir alle brechen in unserer täglichen Arbeit eine Lanze für das Lesen, für Kinder wie auch für junge Erwachsene. Obwohl die Hamburger Kinder bei der IGLU-Lesestudie zuletzt besser abgeschnitten haben als Mädchen und Jungen in anderen Städten: Zur Ruhe setzen gilt nicht, die Leseförderung muss ein Thema in der Stadt bleiben. Und nicht nur das!
Wie einige von Ihnen wissen, hat die Kulturbehörde 2019 erstmals eine Auszeichnung für „Kinder- und Jugendliteratur“ eingerichtet. Nun ist unter den neustrukturierten und mit 6.000 Euro dotierten „Hamburger Literaturpreisen“ auch die Kategorie Kinder- und Jugendliteratur vertreten. 50 Autorinnen und Autoren haben sich beworben. Anfang November fällt die Entscheidung – und zur Preisverleihung ins Literaturhaus am 2. Dezember möchte ich jetzt schon alle ganz herzlich einladen.
- mit 200 Veranstaltungen pro Festival insgesamt 3.000 Mal Hochspannung und Lesevergnügen,
- 15 von bekannten Zeichnerinnen und Zeichnern zauberhaft illustrierte Plakate,
- vier Carl-Buch-Preise für das schönste Kinderbuchcover,
- zahllose gepackte und geschleppte Kisten,
- jede Menge Luftballons – und 15.000 bis 20.000 Besucher pro Festival. Das macht rund 300.000 Paare leuchtender Kinderaugen.
Es ist den Kindern dieser Stadt ein großes Fest.
Wir sagen Danke und herzlichen Glückwunsch zum 15. Geburtstag dieses wundervollen und wichtigen Festivals.
Und jetzt überlasse ich der großen Astrid Lindgren das letzte Wort. Auf die Frage: „Wie muss ein gutes Kinderbuch sein?“, erwiderte sie einmal einem kleinen Leser:
„Wenn du mich fragst, so könnte ich dir nach reiflicher Überlegung nur antworten: Es muss gut sein“ – genauso wie dieses Lesefest „Seiteneinsteiger“!
Vielen Dank!