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Juli 2006 Anmietung digitaler Funktechnik für die BOS während der Fifa-WM

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Anmietung digitaler Funktechnik für die BOS während der Fifa-WM

Ausgangslage

Für die Dauer der Fußballweltmeisterschaft 2006 sollten den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) in Hamburg ein digitales Funknetz und die dazugehörigen Endgeräte zur Verfügung gestellt werden. Die digitale Funktechnik sollte die vorhandene analoge Funkausstattung ergänzen. Die Nutzung sollte im Zeitraum vom 01.03.2006 bis 14.07.2006 erfolgen.

Weiterhin sollte der Zeitraum angesichts der bevorstehenden Einführung des bundesweit einheitlichen digitalen Sprech- und Datenfunknetzes für die BOS in Deutschland intensiv genutzt werden, um Erfahrungen mit der digitalen Funktechnik aus organisatorischer, taktischer, technischer und finanzieller Sicht zu sammeln. Mit der Durchführung wurde die Projektgruppe BOS-Digitalfunk beauftragt.

Projektbeschreibung

Die Projektleitung lag bei der Projektgruppe BOS-Digitalfunk. Von den Ämtern Feuerwehr und Polizei wurden die entsprechenden Ansprechpartner beteiligt. Die technische Durchführung des Projekts lag auf Auftraggeberseite bei Abteilung für Funktechnik der Polizei. Dort war der Großteil der Arbeiten, wie z.B. die technische Vorbereitung für den Aufbau (Standortertüchtigung), die Unterstützung während des Aufbaus und der Inbetriebnahme, die Programmierung, Verteilung und der Einbau der Endgeräte und des Endgerätezubehörs sowie die Unterstützung beim Abbau des Netzes und der Rückgabe der Endgeräte, durchzuführen.

Taktische Anforderungen an die Funkversorgung

Das Funkversorgungsgebiet sollte den Bereich zwischen Hauptbahnhof, Heiligengeistfeld und FIFA WM-Stadion sowie den Bereich um das Polizeipräsidium herum umfassen. Die Funkversorgungsqualität in diesem Bereich sollte einen Funkbetrieb mit Handsprechfunkgeräten außerhalb von Gebäuden in Körpertrageweise sowie innerhalb des FIFA WM-Stadions ermöglichen.

Es sollten insgesamt mindestens 50 Teilnehmergruppen eingerichtet werden können. Weiterhin sollten Einzelruf, Telefonie sowie DMO-Betrieb ermöglicht werden. Datenübertragung mittels SDS war ebenfalls erforderlich. Eine Zusammenschaltung von Digital- und Analogfunk sollte zumindest über eine manuelle Kopplung durch die Dispatcherplätze ermöglicht werden. Die Anbindung der Leitstellen von Feuerwehr und Polizei sollte lediglich über stationäre Endgeräte erfolgen.

Netzkonzeption

Für das Funknetz wurden fünf Standorte für die Basisstationen benötigt. Als Standorte wurden Gebäude ausgewählt, die bereits von der Polizei als Funkstandorte genutzt werden. Am Polizeipräsidium wurde die zentrale Netzsteuerung und der Administratorplatz untergebracht. Hier erfolgte auch die Anschaltung der Basisstationen.

Der Bestand an Handsprechfunkgeräten betrug während der Fußballweltmeisterschaft 320 (266 MTH 800, 50 MTH 650, 4 MTP 700) statt der anfangs vorgesehenen 150 Geräte.

Projektverlauf

Der Termin der Funktionsprüfung (Abnahme des Netzes) konnte zügig im Februar 2006 erreicht werden. Mit dem sich daran anschließenden Probebetrieb konnte am 10.02.2006 begonnen werden. Der Wirkbetrieb konnte am 31.03.2006 aufgenommen werden.

Systemtechnik

Die Systemtechnik des WM-Netzes lief über den Zeitraum der WM annähernd störungsfrei.

Es konnten keine Telefongespräche von einem Mobiltelefon zu einem digitalen Endgerät aufgebaut werden. Ursächlich hierfür war die Rufnummernbeschränkung im GSM-System (Handy) auf 14 Ziffern. Eine Durchwahl z.B. zum Endgerät 220 mit der Zahlenfolge 0404286xxxxx220 war nicht möglich, da es sich dabei um 15 Ziffern handelte (040 > Hamburg; 4286 > Polizeinetz; xxxxx > Verbindungsport zum Digitalnetz; 220 >Endgerätenummer). Zukünftig könnte durch Verkürzung der xxxxx von derzeit 5 auf 2 bis 3 Ziffern ein Telefonieren vom Mobiltelefon zum digitalen Endgerät ermöglicht werden. In umgekehrter Richtung, vom digitalen Endgerät zum Mobiltelefon, gab es diese Probleme nicht.

Eine Betätigung der Sprechtaste eines digitalen Endgerätes führt in der Systemtechnik zu folgenden Überprüfungen:

  • Teilnehmerdaten,
  • Sendeberechtigungen,
  • Anwesenheitsprüfungen des Zielteilnehmers,
  • Prüfung der zuständigen Basisstation des Zieles,
  • Verfügbarkeit Gruppe/ Teilnehmer (besetzt oder frei).

Diese Maßnahmen in der Systemtechnik führten zunächst beim Verbindungsaufbau zu einer spürbaren Verzögerung der Sprechberechtigung. Hierdurch sind sehr dringende, kurze Warnungen, wie z.B. „Flasche (kommt)!“ nicht verzögerungsfrei absetzbar.

Im laufenden Gespräch führt das Digitalisieren der Sprache zu spürbaren Zeitverzögerungen. Diese Verzögerungen treten ebenso in den öffentlichen Mobiltelefonnetzen beim Telefonieren mit Handys auf und wirken erst störend, wenn der Sprechende sich über ein in seiner Nähe eingeschaltetes Endgerät selbst hört (Nachhall).

Funkversorgung

In dem definierten Funkversorgungsbereich (Innenstadt, Heiligengeistfeld, FIFA WM-Stadion, Alsterdorf) entsprach die Funkversorgung der geforderten Qualität und wurde von den Nutzern abhängig vom Standort mit zufriedenstellend bis sehr gut beurteilt. Teilweise übertraf die Funkversorgung auch die Erwartungen (z.B. Ledertunnel, Innenstadt).

Die durch das digitale Funknetz zur Verfügung gestellte Funknetzkapazität war zu jeder Zeit ausreichend. Es kam zu keinen erkennbaren Engpässen.

Bewertung der Digitalfunkfunktionalitäten

Positive Aspekte

  • Klare Verständigung, gute Stimmerkennung
  • Unterdrückung von Nebengeräuschen
  • Störungsfreier Empfang
  • SDS – Kurzmitteilungen
  • Statusmeldungen
  • Teilnehmerortung über GPS
  • Telefonie
  • Einzelruf an einen Teilnehmer über die Gerätenummer
  • Guter DMO-Betrieb
  • relativ leichte Bedienbarkeit der Geräte
  • vom Mobiltelefon her bekannte Bedienelemente
  • mobile Geräte klein und handlich
  • die Möglichkeit der Auswahl einzelner Gesprächsgruppen und Einzelgespräche

Negative Aspekte

  • Wechselsprechen statt Gegensprechen im Gruppenruf
  • Systembedingte Rufaufbauzeiten
  • Nachhall beim Mithören des eigenen Gesprächs
  • Kein „Anklopfen“ möglich
  • Kein Doppeltasten zur Quittierung möglich
  • In bestimmten Bereichen qualitativ ungenügendes Zubehör
  • SDS – Kurzmitteilungen ohne Zeitbezug
  • Wartezeiten für Digitalfunkgeräte bei der Kopplung Analog/ Digital
  • Die Wartezeit für den Verbindungsaufbau sowie das Abwarten des Quittungssignals nach Ende eines Gesprächs einer anderen Funkstelle erfordert Geduld und Disziplin und ist zunächst gewöhnungsbedürftig
  • Keine Möglichkeit, sich in laufende Gespräche einschalten zu können.

Fazit

  • Das WM-Netz hat einen erheblichen Gewinn an Erfahrungen in technischer, organisatorischer und taktischer Hinsicht gebracht.
  • Der einsatztaktische Gewinn war aufgrund der nicht realisierbaren Anbindung der Leitstellen und des nicht flächendeckenden Funkversorgungsbereichs begrenzt.
  • Die Umstellungsphase von analog auf digital (Migration) erfordert umfangreiche Überlegungen über die Abgrenzung der umzustellenden Dienststellen und ein umfangreiches Akzeptanzmanagement.
  • Qualifizierte technische Begleitung der bundesweiten Einführung des Digitalfunknetzes auf der Anwenderseite ermöglicht eine Begegnung mit dem Lieferanten auf gleicher Augenhöhe. Dies ist kostensparend und von großer Bedeutung für den taktischen Bereich. Dazu ist das Personal, besonders im Funkbereich, durch entsprechende Personalentwicklung zeitgerecht zu qualifizieren.
  • Der Erfahrungsaustausch der Nutzer ist zu intensivieren. Hier liegt auch eine Aufgabe für Ausbildungsstätten von Polizei und Feuerwehr.
  • Die Planung für die Beschaffung der Endgeräte muss auch eine angemessene Zeit für die Prüfung insbesondere der Software der Endgeräte berücksichtigen.
  • Die Anwenderschulung muss praktisch orientiert sein und den Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit der Eigeninitiative (Intranet) geben. Hilfreich ist die Unterweisung in der qualifizierten Fehlerbeschreibung, um die Beseitigung der Fehler anwenderorientiert durchführen zu können.
  • Noch offen ist die Auswirkung der Anbindung des Digitalfunks an die Leitstellen. Hier sind erhebliche Anpassungsnotwendigkeiten zu erwarten.
  • Beim Digitalfunk sind sehr viele Parameter einstellbar. Schwierig ist die Entscheidung, für wen welche Einstellung taktisch sinnvoll ist. Hier sind noch weitere Erfahrungen zu sammeln.

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