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Kooperation der Länder Hamburg, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg wollen die Rechtschreibung verbessern

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Ungewöhnliche Zusammenarbeit der drei Bundesländer startet jetzt in Hamburg: Fortbildungen über Webinare

Die Rechtschreibung der Schülerinnen und Schüler soll besser werden, darin sind sich Kultusministerin Susanne Eisenmann (Baden-Württemberg), Kultusministerin Karin Prien (Schleswig-Holstein) und Schulsenator Ties Rabe (Hamburg) einig. Sie haben deshalb eine ungewöhnliche Zusammenarbeit ihrer drei Bundesländer gestartet: In einer länderübergreifenden Kooperation wollen sie voneinander lernen, miteinander arbeiten, Länderkonzepte entwickeln und gemeinsam handeln. Nach einem Kongress zum Thema Lesen in Berlin und einer Auftaktkonferenz in Norderstedt lud jetzt die Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) gemeinsam mit dem Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) zur Fachtagung "Basiswissen zur Rechtschreibung und zum Rechtschreibunterricht" nach Hamburg ein. 150 Lehrkräfte nahmen an der Hamburger Auftaktkonferenz teil. Geplant ist unter anderem eine Fortbildungsreihe mit „Webinaren“, das sind Seminare, an denen die Lehrkräfte via Internet teilnehmen.

Webinare Rechtschreibung

Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe: "Wer nicht ordentlich Lesen und Schreiben lernt, ist in unserer komplexen Wissensgesellschaft chancenlos. Gerade in Zeiten von elektronischer Kommunikation wird gute Rechtschreibung immer wichtiger. Wir müssen und wir wollen deshalb die Basiskompetenzen stärken. Die besten Bildungsangebote an den weiterführenden Schulen, den Universitäten und in der Berufsausbildung bleiben Kindern und Jugendlichen verschlossen, wenn sie nicht ordentlich lesen und schreiben können. In Hamburg haben wir deshalb bereits 2014 zusätzliche Maßnahmen wie einen verbindlichen Basiswortschatz und regelmäßige Überprüfungen der Rechtschreibleistungen auf den Weg gebracht. Das hat in den letzten Lernstandsuntersuchungen schon erste Früchte getragen. Trotzdem können und müssen wir hier noch besser werden. Deswegen ist es klug, wenn wir nicht in jedem Bundesland das Rad neu erfinden, sondern mit länderübergreifenden Kooperationen Synergien schaffen und nutzen."

Geplant sind unter anderem mehrere Fortbildungsangebote zum Thema Rechtschreibung für Lehrkräfte der drei Bundesländer. Dabei sollen erstmals in Hamburg auch so genannte „Webinare“ zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich um Fortbildungsseminare, an denen die Lehrkräfte über das Internet live teilnehmen können. Vortrag und Wortbeiträge werden live wie ein Film übertragen, die einzelnen Teilnehmenden können von jedem Ort der Welt aus zugeschaltet werden. Auch Nachfragen und Beiträge der Teilnehmenden sollen möglich gemacht werden.

Die Fortbildungen werden mit wissenschaftlicher Unterstützung organisiert. Partner ist das Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, das im Auftrag der Kultusministerkonferenz in allen Bundesländern wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema Lesen und Schreiben im Rahmen der Bund-Länder-Initiative „Bildung durch Sprache und Schrift“ (BiSS) durchgeführt hat. Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek, Direktor des Mercator-Instituts: „Lesen und Schreiben lernen gehört zu den zentralen Entwicklungsaufgaben jedes Grundschulkindes und nimmt daher zu Recht im Unterricht der Grundschule eine herausragende Rolle ein. Denn Lesen und Schreiben sind zugleich Grundlage für das Lernen in allen Fächern; nur wer richtig und flüssig lesen und schreiben kann, hat keine Schwierigkeiten, schriftliche Aufgaben selbstständig zu bewältigen, Textaufgaben in der Mathematik zu verstehen, Arbeitsblätter im Sachunterricht zu bearbeiten oder literarische Texte zu lesen.

Becker-Mrotzek weiter: Die nationalen und internationalen Schulleistungsstudien haben gezeigt, dass rund ein Fünftel der Schülerinnen und Schüler die Grundschule ohne ausreichende Kompetenzen im Bereich Rechtschreibung verlässt. So hat der IQB-Bildungstrend (2016) für die Grundschule gezeigt, dass 22,1 Prozent der Kinder den Mindeststandard im Bereich Orthographie verfehlen. Zudem haben sich die Leistungen der Viertklässler im Bereich Orthographie gegenüber 2011 um 10 Prozentpunkte verschlechtert. Um diese Schüler müssen wir uns besonders kümmern. Welche Ansätze zur Lese- und Schreibförderung wirksam sind – dazu gibt es bereits zahlreiche Erkenntnisse aus der Forschung. Wichtig ist, dass diese Ansätze auch in der Praxis umgesetzt werden. Deswegen gehen wir ebenfalls der Frage nach, warum die Implementation neuer didaktischer Konzepte eine Änderung bewährter Unterrichtspraktiken und Handlungsroutinen in der Schule erfordert.“

Prof. Dr. Josef Keuffer, Direktor Landesinstitut Lehrerbildung Hamburg (LI): "Die Lehrkräfte an Grundschulen müssen noch besser befähigt werden, den Schülerinnen und Schülern die deutsche Orthographie zu vermitteln. Im Rahmen der Hamburger Tagung bekommen Deutschlehrkräfte Gelegenheit, an fünf Webinaren teilzunehmen, die unterschiedliche Bereiche des modernen Rechtschreibunterrichts thematisieren. In den Workshops geht es um die praxisorientierte Vermittlung des aktuellen Forschungsstandes zur Bedeutung der Orthografie für den Schriftspracherwerb. Zusätzlich bieten wir im nächsten Schuljahr schulinterne Lehrerfortbildungen an, die die Inhalte der Webinare aufgreifen und für die Unterrichtsentwicklung im Fach nutzbar machen sollen."

Hamburgs Schülerinnen und Schüler haben sich in den letzten vier Jahren im Bereich der Rechtschreibung im Vergleich zum Bundesdurchschnitt zwar deutlich verbessert. Doch in keinem anderen Kompetenzbereich ist der Rückstand Hamburgs gegenüber dem Bundesdurchschnitt so groß wie in Orthografie. So bilanziert der bundesweite IQB-Bildungstrend 2016, dass in Hamburg über 27 Prozent der Viertklässler nicht den Mindeststandard in Orthografie erreichen. Schulsenator Ties Rabe hat deshalb zahlreiche neue Maßnahmen eingeleitet: 

  • Alle Schülerinnen und Schüler lernen einen Basiswortschatz mit 785 Modellwörtern, mit denen die wichtigsten Regeln der Rechtschreibung gut gelernt werden können.
  • Jährlich wird die Rechtschreibleistung aller Schülerinnen und Schüler mit der Hamburger Schreibprobe (HSP) geprüft.
  • Die Handreichung "Hinweise und Beispiele für den Rechtschreibunterricht" (2014) gibt den Lehrkräften Tipps für den Unterricht.
  • Die Deutsch-Fachleitungen jeder Schule werden in Konferenzen stetig fortgebildet.
  • Der Rechtschreibunterricht wird auf den Landesfachkonferenzen Deutsch aller Schulformen reflektiert. 

Schulsenator Ties Rabe: "Die Maßnahmen haben zu Verbesserungen geführt. Beim Vergleich der Schülerleistungen in Klasse 9 verbesserte sich Hamburg im Vergleich der 16 Bundesländer von Platz 15 auf Platz 14. Doch in den Bereichen "richtig Zuhören" (von Platz 13 auf Platz 9) und "Lesen" (von Platz 14 auf Platz 9) sind wir deutlich besser vorangekommen. Daher sind weitere Maßnahmen erforderlich, die zügig Unterrichtsroutinen verändern. Die Schulbehörde hat bei der Erarbeitung zusätzlicher Maßnahmen eng mit Fachlehrkräften zusammengearbeitet und sich zugleich an den Maßnahmen und Regelungen anderer Bundesländer mit besseren Rechtschreibergebnissen orientiert."

Folgende neue Maßnahmen werden im laufenden Schuljahr erstmals umgesetzt:

  • Musterlehrplan: In dem neuen Musterlehrplan für den Rechtschreibunterricht in der Grundschule wird erstmals genau beschrieben, welche Rechtschreibphänomene in welchen Klassenstufen und welchen Zeitabschnitten unterrichtet werden müssen. Für Rechtschreib-Aufgaben werden den Lehrkräften jahrgangsbezogene Beispiele und Anregungen zur Verfügung gestellt.
  • Mindeststunden: Die Schulbehörde hat festgelegt, dass mindestens ein Sechstel aller Deutschstunden für reinen Rechtschreibunterricht eingesetzt werden sollen. Mindestens ein weiteres Sechstel aller Deutschstunden ist für das Schreiben von Texten einzusetzen. Diese Regelung orientiert sich an Beispielen aus anderen Bundesländern mit guten Rechtschreibleistungen wie zum Beispiel Sachsen. 
  • Besserer Rechtschreibtest: Der bisherige Rechtschreibtest "Hamburger Schreibprobe" wird durch die verbesserte Version "Schnabel" ersetzt. Beide Überprüfungen dienen zur Ermittlung individueller Rechtschreibprobleme. Während allerdings die bisherige Schreibprobe immer dieselben Wörter verwendete und von den Schülern nach kurzer Zeit auswendig gelernt wurde, bietet "Schnabel" eine große Vielfalt und Varianz von Aufgaben. Zudem übernimmt künftig ein Computerprogramm die Auswertung der jährlich rund 60.000 Tests. Zum kostenlosen Download des Tests und weiterer Unterstützungsmaterialien wird eine eigene Website entwickelt.
  • Zwei zusätzliche Rechtschreibung-Klassenarbeiten: Künftig sollen alle Schülerinnen und Schüler der Klassen 3 bis 8 pro Jahr sechs statt der bisherigen vier Deutsch-Klassenarbeiten schreiben. Die beiden zusätzlichen Klassenarbeiten sollen sich ausschließlich mit dem Thema Rechtschreibung befassen. Eine erste Rechtschreib-Klassenarbeit soll bereits in der zweiten Jahreshälfte von Klasse 2 geschrieben werden. Dadurch soll der Rechtschreibunterricht künftig einen deutlich höheren Stellenwert im Deutschunterricht erhalten. Die Zahl der Klassenarbeiten in Deutsch war 2007 in Hamburg auf vier pro Schuljahr reduziert worden, sie lag vorher bei acht, bis 2003 sogar bei zwölf Klassenarbeiten.
  • Korrekturpflicht für Rechtschreibfehler: Ab Klasse drei müssen die Schülerinnen und Schüler die Rechtschreibfehler in allen Deutsch-Klassenarbeiten korrigieren. Diese "Korrekturpflicht" soll dazu beitragen, die Rechtschreibung immer wieder zu üben. Erstmals müssen Korrekturen auch bei Klassenarbeiten in allen anderen Fächern erfolgen, wenn Schülerinnen und Schülern besonders viele Fehler machen.

Rückfragen der Medien:
Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
Frauke König, Redakteurin Stabsstelle Kommunikation
Telefon:  (0221) 470 4758
E-Mail: frauke.koenig@mercator.uni-koeln.de
www.mercator-institut-sprachfoerderung.de


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