Schulsenator Ties Rabe ist vom Erfolg des Programms überzeugt: „Wir haben die Effekte des Trainings wissenschaftlich untersucht und gesehen, dass die Leseflüssigkeit der Schülerinnen und Schüler tatsächlich deutlich stärker zugenommen hat als in Schulen ohne Lesetraining. Nicht zuletzt durch die Ausweitung des Programms seit 2018 hat sich Hamburg in den letzten Vergleichsstudien im Grundschulbereich in die Spitzengruppe aller Bundesländer hochgearbeitet und ist jetzt bis auf Platz 4 vorgerückt. Dieser Erfolg kann sich wirklich sehen lassen! Das heißt aber auch, dass wir jetzt nicht lockerlassen dürfen. In Hamburg gibt es trotz allem noch Aufholbedarf – auch in Sachen Lesekompetenz. Mit dem BiSS-Lesetraining steht dafür ein wirksames und zugleich beliebtes Instrument zur Verfügung. Davon sollten möglichst alle Hamburger Schülerinnen und Schüler profitieren – insbesondere die, die es am nötigsten haben.“
Die teilnehmenden Schulen verpflichten sich zur Einrichtung einer festen Lesezeit von 20 Minuten an vier bis fünf Wochentagen. Dadurch, dass diese Lesezeit fest im Stundenplan verankert wird, ist sie für alle Schülerinnen und Schüler verbindlich. In dieser Zeit lernen die Kinder nach modernen, wissenschaftlich überprüften Methoden das Lesen. Dazu zählen zum Beispiel das „chorische Lesen“, bei dem die Lehrkraft einen Text laut vorliest, während die Klasse leise mitmurmelt, oder das „Tandemlesen“, bei dem ein lesestärkeres Kind zusammen mit einem leseschwächeren Kind liest. Leseschwächere Kinder lernen durch das gemeinsame, gleichzeitige Lesen mit lesestarken Kindern nachweislich sehr viel schneller lesen.
Die Schulen nehmen verpflichtend an Fortbildungen teil und tauschen sich im Rahmen moderierter Austauschgruppen über ihre Erfahrungen aus. Die Entwicklung der Leseflüssigkeit wird zwei Mal pro Jahr verbindlich getestet. Die Schulbehörde stellt die erforderlichen Fortbildungen bereit und unterstützt bei der Testung der Schülerinnen und Schüler. Zusätzlich erhält jede teilnehmende Schule ein Büchergeld in Höhe von 1.000 € pro Jahr und eine Entlastung für die Projektkoordination an den Schulen.
Das sogenannte „BiSS-Lesetraining“ wurde 2012 in Zusammenarbeit von der Bundesregierung und den Bundesländern nach einem Gespräch im Bundeskanzleramt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Schulsenator Ties Rabe, damals Präsident der Kultusministerkonferenz, beschlossen. 2014 startete dann das Projekt im Rahmen des Bund-Ländervorhabens „Bildung durch Sprache und Schrift“ (BiSS) unter der Federführung von Dr. Steffen Gailberger, Professor für Lesedidaktik an der Universität Wuppertal. In Hamburg beteiligten sich in der Pilotphase von 2014 bis 2017 sechs Grundschulen. Ab dem Schuljahr 2018/2019 wurde das Programm dann schrittweise auch auf andere Grundschulen ausgeweitet. Aktuell setzen insgesamt 72 Hamburger Grundschulen das BiSS-Lesetraining um. Durch die aktuelle Ausweitung wird sich die Zahl der teilnehmenden Grundschulen noch einmal fast verdoppeln. Bis zum 1. Februar 2024 werden alle Hamburger Grundschulen mit Sozialindex 1, 2 oder 3 die BiSS-Lesezeit verpflichtend einführen. Ziel des Lesetrainings ist die systematische Steigerung der Leseflüssigkeit also des flüssigen und fehlerfreien Lesens von Worten, Sätzen und Texten. Laut aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen ist das flüssige Lesen eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit Kinder eine umfassende Lesekompetenz aufbauen können.