Was ist eine Mietpreisbegrenzungsverordnung?
Der Bundestag hat gesetzlich geregelt, dass die Miete im Fall einer Neuvermietung der Höhe nach begrenzt werden kann, und zwar grundsätzlich auf 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete.
Die Entscheidung, ob und für welches Gebiet diese Regelung Anwendung findet, hat der Bundestag den Landesregierungen überlassen. Die Entscheidung, ob und für welches Gebiet die Regelung gelten soll, wird in einer Rechtsverordnung getroffen, die in Hamburg der Senat erlässt.
Der Senat hat im Jahr 2015 ganz Hamburg zu einem Gebiet erklärt, in dem die Mietpreisbegrenzung Anwendung finden soll.
Diese sogenannte Mietpreisbremse ist ein wichtiges Instrument, um Mieterinnen und Mieter bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum zu entlasten.
Was hat das Landgericht entschieden?
Ein Mieter hat seinen Vermieter verklagt, weil die vereinbarte Miete höher war, als es die Mietpreisbremse erlaubt. Der Mietvertrag wurde am 1. September 2015 geschlossen. Das Landgericht hat am 14. Juni 2018 entschieden, dass die 2015 erlassene Verordnung des Senats zur Anwendung der Mietpreisbremse an dem Tag, an dem der Mietvertrag geschlossen wurde (dem 1. September 2015) unwirksam war, weil die Begründung zur Verordnung an diesem Tag nicht veröffentlicht war. Die Mietpreisbremse sei deswegen nicht wirksam gewesen und der Mieter habe sich nicht auf sie berufen können. Deswegen war die vereinbarte Miethöhe rechtmäßig.
Der Senat, der keine Partei des Verfahrens war, teilt diese Rechtsauffassung nicht.
Wie wirkt die Entscheidung des Landgerichts?
Die Entscheidung wirkt nur zwischen den Parteien des Gerichtsverfahrens, also zwischen einem Mieter und seinem Vermieter. Es ist damit zu rechnen, dass sich Amtsgerichte in Hamburg und gegebenenfalls andere Kammern des Landgerichts an dieser Entscheidung orientieren werden. Die Entscheidung führt im Ergebnis zu Rechtsunsicherheit für Mieterinnen und Mieter wie auch für Vermieterinnen und Vermieter.
Wann wird die Entscheidung des Landgerichts rechtskräftig?
Die Entscheidung des Landgerichts ist rechtskräftig – kann also nicht mehr von einem anderen Gericht geändert werden – weil das Landgericht ein Rechtsmittel (in diesem Fall die sogenannte Revision zum Bundesgerichtshof) nicht zugelassen hat und auch die Entscheidung, ein Rechtsmittel nicht zuzulassen, in diesem Fall nicht mehr angegriffen werden kann.
Gab es eine Begründung zur Mietpreisbegrenzungsverordnung?
Es gibt eine Begründung zur Mietpreisbegrenzungsverordnung und diese Begründung lag der Willensbildung des Senats bei der Entscheidung über den Erlass der Verordnung zugrunde. Diese Begründung wurde auf Anfrage im Einzelfall herausgegeben. Sie lag auch dem Amtsgericht Hamburg-Altona in der ersten Instanz und nun dem Landgericht Hamburg vor.
Ist die Begründung inhaltlich angezweifelt worden?
Nein, die Begründung ist inhaltlich nicht angezweifelt worden. Sie entspricht inhaltlich den Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg hat in einer Entscheidung (Urteil vom 22.06.2017, Az. 913 C 2/17[1]) ausgeführt, dass die Mietpreisbegrenzungsverordnung wirksam ist und ihre Begründung den Anforderungen der Ermächtigungsgrundlage entspricht.
Was ist das Problem bei der Begründung?
Die Auffassung des Landgerichts, dass die Verordnung unwirksam sei, stützt sich allein darauf, dass die Begründung im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses nicht veröffentlicht war. Eine solche Veröffentlichung sei zwar durch den Bundesgesetzgeber nicht ausdrücklich verlangt worden, sie sei aber trotzdem erforderlich, damit sich die Öffentlichkeit informieren könne. Dass der Senat die Begründung auf Anfrage von Interessierten herausgegeben habe, lässt das Gericht nicht gelten.
Warum hat der Senat die Begründung nicht gleich veröffentlicht? Warum hat der Senat nicht bereits eine neue Verordnung erlassen?
Der Senat hat sich gegen eine Veröffentlichung der Begründung zur Mietpreisbegrenzungsverordnung entschieden, weil es der üblichen Vorgehensweise beim Erlass von Verordnungen entspricht, Begründungen nicht zu veröffentlichen. Anders als Gesetze, die von der Bürgerschaft erlassen werden und bei denen die Gesetzesmaterialien einschließlich der Begründung öffentlich zugänglich sind, werden Verordnungen durch den Senat erlassen und sind der Öffentlichkeit, wie alle Senatsdrucksachen, mit Ausnahme des Vorblatts regelmäßig nicht zugänglich.
Die Ermächtigungsgrundlage § 556d BGB sieht zwar eine Begründungspflicht vor, aber keine Veröffentlichungspflicht. Dies aus gutem Grund, weil das Verfahren zum Erlass einer Verordnung landesrechtlich geregelt ist und dem Bundesgesetzgeber für die Regelung einer solchen Veröffentlichungspflicht die Regelungskompetenz fehlen würde. Entsprechend der Rechtsauffassung des Senats war es Praxis, die Begründung zur Mietpreisbegrenzungsverordnung auf Anfrage herauszugeben. Auch dem Amtsgericht Hamburg-Altona lag im nunmehr vom Landgericht entschiedenen Verfahren die Begründung zur Mietpreisbremse vor.
Der Senat hat auf das Urteils des Amtsgerichts Hamburg-Altona zur Mietpreisbremse, das am 23.5.2017 verkündet wurde, unmittelbar reagiert und die Begründung zur Mietpreisbremse sowohl im Transparenzregister (22.9.2017) als auch auf der offiziellen Internetpräsenz der Stadt Hamburg (www.hamburg.de; 6.6.2017) sowie im Amtlichen Anzeiger veröffentlicht (1.September 2017).
Weiterer Handlungsbedarf bestand aus Sicht des Senats zunächst nicht, zumal das Amtsgericht Hamburg-St. Georg mit Urteil vom 22.06.2017 (Az. 913 C 2/17[2]) entschieden hat, dass die Mietpreisbegrenzungsverordnung wirksam ist und sich auf die auf www.hamburg.de veröffentlichte Begründung bezogen hat.
Was wird der Senat nun tun?
Aufgrund der Entscheidung des Landgerichts Hamburg bewertet der Senat den Handlungsbedarf nunmehr anders. Um größtmögliche Rechtssicherheit auch für alle Hamburger Mieterinnen und Mieter zu schaffen, hat der Senat die Mietpreisbegrenzungsverordnung erneut erlassen, mit Geltung wie zuvor bis zum 30. Juni 2020.
Wann tritt die neue Verordnung in Kraft?
Nach Beschluss durch den Senat muss die Verordnung ausgefertigt und im Hamburgischen Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet werden. Dies kann einige Tage in Anspruch nehmen.
Gilt die neue Verordnung rückwirkend?
Eine neue Verordnung würde nicht rückwirkend gelten. Für Mieterinnen und Mieter, die zwischen dem 1. Juli 2015 (In-Kraft-Treten der alten Verordnung) und einem Neuerlass der Verordnung einen neuen Mietvertrag geschlossen haben, besteht deswegen in Bezug auf die Anwendbarkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung bis zu einer möglichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs in einem anderen Verfahren weiterhin Rechtsunsicherheit.
Was passiert mit Altverfahren?
Für Verfahren, in denen ein Mietvertrag bereits vor In-Kraft-Treten einer möglichen neuen Verordnung geschlossen wurde, besteht weiterhin Rechtsunsicherheit, unabhängig davon, ob sie bereits bei Gericht anhängig sind oder nicht. In Verfahren, in denen ein Gericht bereits rechtskräftig entschieden hat – solche Verfahren sind der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen nicht bekannt – hätte die Entscheidung auch weiterhin Bestand. In Verfahren, in denen die Parteien einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich geschlossen haben, ist die Wirksamkeit dieses Vergleichs jeweils im Einzelfall zu prüfen.
Können Vermieter die Miete nun rückwirkend erhöhen?
Aufgrund des bestehenden Mietvertrages kann die Miete nicht einseitig rückwirkend durch den Vermieter erhöht werden. Denkbar ist eine Anpassung des Mietvertrags auf Grund geänderter Rechtsprechung.
Die Voraussetzungen für eine solche Anpassung sind allerdings hoch. Sie ist möglich, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und einer Partei unter Berücksichtigung der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung das Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden kann.
Dabei kommt es jedoch auf die Vorstellungen der Vertragsparteien im Einzelfall an und auch auf die jeweilige Verhandlungssituation, so dass eine allgemeine Beurteilung nicht möglich ist.
Was tut der Senat noch, um Mieterinnen und Mieter vor hohen Mieten zu schützen?
Der Mieterschutz der Mietpreisbegrenzungsverordnung wird ergänzt von anderen Instrumenten der Wohnungspolitik: So begrenzt die Kappungsgrenzenverordnung die Möglichkeit von Mieterhöhungen im Rahmen von Bestandsmietverträgen. Mittels Erhaltungsverordnungen wird die soziale Zusammensetzung in einzelnen Quartieren oder Stadtteilen geschützt, u.a. durch die Einschränkung einer Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen oder von Bau- und Modernisierungsmaßnahmen.
Der sorgfältig erstellte und weithin anerkannte Mietenspiegel der Stadt Hamburg sorgt ergänzend für Transparenz und Berechenbarkeit am Wohnungsmarkt.
Vervollständigt werden diese Instrumente der Wohnungspolitik durch ein ambitioniertes Neubauprogramm des Senats. Nach wie vor kann eine nachhaltige Entlastung auf dem Wohnungsmarkt nur mit dessen Hilfe erfolgen. Das Wohnungsbauprogramm des Senats sieht vor, mit dem Bündnis für das Wohnen in Hamburg die Voraussetzungen für 10.000 neue Wohnungen pro Jahr, davon 3.000 geförderte Wohnungen, zu schaffen. Diese erfolgreiche kooperative Wohnungspolitik mit dem Bündnis für das Wohnen in Hamburg wird fortgesetzt.