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Partnerregion Chinesisches Leben in Hamburg

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Wer in Hamburg chinesische Atmosphäre erleben will, muss schon genauer suchen und hinschauen. Sicher finden sich problemlos in allen Stadtteilen China-Restaurants, und beim Spaziergang am Elbufer begegnet man oft den riesigen Containerschiffen aus Fernost. Doch im Unterschied zu London, New York, San Francisco oder anderen Hafenmetropolen gibt es in Hamburg kein Chinatown. Gleichwohl gibt es in der Hansestadt einige Orte und Stätten, an denen chinesisches Leben in Hamburg erkennbar wird – ein imaginärer Stadtrundgang.

Chinesisches Leben in Hamburg

Nach dem 2. Weltkrieg gab es zwischen Talstraße und Große Freiheit ein kleines China-Viertel in Hamburg. Nach dem 2. Weltkrieg gab es zwischen Talstraße und Große Freiheit ein kleines China-Viertel in Hamburg.

Sucht man nach den Anfängen chinesischen Lebens in Hamburg, so findet man zunächst nicht mehr als eine bescheidene Gedenktafel in der Schmuckstraße auf St. Pauli. Mitten auf dem Hamburger Kiez, zwischen Talstraße und Großer Freiheit gab es bereits in den zwanziger Jahren ein „Chinesenviertel“. Nach dem Ersten Weltkrieg hatten sich dort einige hundert Chinesen, meist ehemalige Seeleute, niedergelassen, mit kleinen Läden, Wäschereien und Gaststätten im Souterrain. In Altona gehörten die Chinesen zum internationalen Schmelztiegel des bunten Hafenviertels.

Verschwunden – altes "Chinesenviertel" auf St. Pauli

Die Chinesen in Hamburg wurden seinerzeit von der Bevölkerung sehr distanziert als fremdartig oder gar bedrohlich wahrgenommen: Gerüchte von „Opiumhöhlen“ und zwielichtiger „Unterwelt“ kursierten, Polizeiaktionen und rassistische Diskriminierung waren an der Tagesordnung, auch wenn die exotisch fremde Atmosphäre der „Chinesen-Gasse“ manchen St.-Pauli-Flaneur faszinierte. Während des Dritten Reiches gerieten die Hamburger Chinesen zunehmend in den Blick der Behörden, wurden verfolgt, interniert oder ausgewiesen. Am 13. Mai 1944 führte die Gestapo schließlich eine „Chinesenaktion“ durch, bei der 130 chinesische Männer festgenommen, misshandelt und monatelang inhaftiert wurden. Das war das Ende des „Chinesenviertels“ auf St. Pauli.

Das chinesische Seemannsheim

Nur wenige der überlebenden Chinesen kehrten nach Hamburg zurück, darunter auch Chen Shunqing, dessen Familie schon vor dem Krieg in Hamburg gelebt hatte. Sein Vater Chen Chi Ling, ein Seemann aus Ningbo, kam bereits 1915 nach Hamburg und kümmerte sich hier im Auftrag des Norddeutschen Lloyds um die Anwerbung und Betreuung chinesischer Seeleute. Er gründete 1920 in Hamburg einen Matrosenclub, aus dem 1929 der bis heute bestehende Chinesische Verein e.V. Hamburg hervorging. Sein Sohn Chen Shunqing setzte diese Arbeit nach seiner Rückkehr aus Hongkong in den fünfziger Jahren fort und eröffnete 1962 das chinesische Seemannsheim, das fern von St. Pauli unter der bezeichnenden Adresse „Im Winkel“ im bürgerlichen Eppendorf zu finden ist.

Eine gepflegte Villa empfängt dort den Gast, an den Wänden des Treppenhauses hängen Schiffsmotive. Heute leitet Chen Mingjie (Martin) das Haus, der Enkel von Chen Shunqing. Er fuhr selbst als Schiffsingenieur für die Reederei Hamburg Amerika Linie, der späteren Hapag-Lloyd AG, zur See. Sein Bruder Chen Minghao (Michael) ist Ehrenpräsident des Chinesischen Vereins und führte lange das traditionsreiche Hamburger Restaurant „Sagebiels Fährhaus“ in Blankenese.

„Mein Vater hat bei der Standortwahl des Seemannsheims ganz bewusst darauf geachtet, dass seine Landsleute nicht auf St. Pauli ihre Heuer ausgeben, sondern sich hier fern vom Hafen erholen können“, erklärt Martin Chen.

Außenansicht des chinesischen Seemannsheims in Hamburg-Eppendorf. Außenansicht des chinesischen Seemannsheims in Hamburg-Eppendorf.

Für viele chinesische Seeleute, die auf deutschen Schiffen arbeiten, ist die Adresse „Im Winkel“ zur zweiten Heimat geworden. Hier finden sie nicht nur Unterkunft und Verpflegung, sondern können sich mit ihren Landsleuten austauschen und werden umfassend betreut, etwa bei Behördengängen oder mit Deutschkursen.

Das Seemannsheim bietet seinen Mitgliedern bis zu 35 Schlafplätze sowie Aufenthaltsräume und eine kleine Bibliothek.

Chinesischer Friedhof in Ohlsdorf

Wie eng die Familie Chen mit Hamburg verbunden ist, zeigt auch ein Besuch des Ohlsdorfer Friedhofs. Hier hat bereits der Großvater Chen Jilin für den Chinesischen Verein einen chinesischen Friedhof eingerichtet. Dort fanden er selbst und manch anderer Hamburger Chinese ihre letzte Ruhe. Das Gräberfeld Bq 68 findet sich nördlich der Kapelle 13 mit zahlreichen chinesischen Inschriften auf verwitterten Gedenksteinen. Es wird bis heute von den Mitgliedern des Chinesischen Vereins gepflegt. Zum traditionellen chinesischen Totengedenken Qingming im Frühling kommen die Familien hierher, schmücken die Gräber mit Blumen, stellen kleine Reisschälchen und andere Gaben auf und gedenken ihrer Ahnen.

Chinesische Treffpunkte in Hamburg

Heute leben rund 10.000 Menschen chinesischer Abstammung in der Metropolregion. Viele von ihnen arbeiten in den rund 550 hier ansässigen chinesischen Unternehmen, meist in kleinen Handelsfirmen mit drei bis vier Mitarbeitern oder in den Europazentralen von Großkonzernen wie Baosteel, Chinatex und den chinesischen Reedereien.

Ihre Familien schätzen die guten Bildungsangebote der Stadt, vor allem den zweisprachig deutsch-chinesischen Unterricht für ihre Kinder, der im Rahmen eines bundesweit einmaligen Pilotprojekts am Gymnasium Marienthal angeboten wird. Am Wochenende treffen sich die Familien in den vier privat geführten chinesischen Sonntagsschulen, feiern dort ihre Feste und pflegen ihre Sprache und Kultur fern der Heimat. Auch einige christliche Gemeinden, Studentenclubs und ein chinesischer Fußballverein zeigen die Vielfalt der Aktivitäten.

Für China-Interessierte ist der Botanische Garten (Loki-Schmidt-Garten) ein weiterer Anziehungspunkt: Im dortigen China-Garten findet der Besucher eine kleine Pagode inmitten einer chinesisch gestalteten Gartenanlage – mit nach Feng Shui ausgerichteten Wegen und den typischen Pflanzen der Region. Chinesische Heilkräuter sind vor den Toren Hamburgs zu entdecken, in Winsen an der Luhe, wo anlässlich der Landesgartenschau 2006 ein chinesischer Heilkräutergarten angelegt wurde. Und wer überdies auch noch typische chinesische Waren, Lebensmittel, Bücher, Dekorationen und Haushaltsgeräte aus der Volksrepublik einkaufen will, wird beispielsweise in dem von Chinesen geführten Lebensmittelladen Yuanyue fündig. Er liegt mitten im Zentrum der Stadt parallel zu Hamburgs Einkaufsmeile Mönckebergstraße in der Bugenhagenstraße 5. Im Yuanyue kaufen viele in Hamburg lebende Chinesen gern ein, weil sie hier das beste Angebot an original chinesischen Lebensmitteln aus ihrer Heimat finden. Ein Grund mehr also für Chinesen, sich in ihrer Hanbao zu Hause zu fühlen.

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