Begriffserklärungen

Drucken

Walter Brauel

(16.3.1902 Harburg – 2.2.1973)
Lehrer, Konrektor der Bartholdschule, einer Volksschule für Mädchen, Lehrer an der Jungenschule Heimfelder Straße 36
Hoppenstedtstraße 57 (Wohnadresse 1955)

Dr. Hans-Peter de Lorent hat über Walter Brauel ein Portrait verfasst, das in Hans-Peter de Lorents Buch: Täterprofile. Die Verantwortlichen im Hamburger Bildungswesen unterm Hakenkreuz. Band. 3. Hamburg 2019 erschienen und im Infoladen der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg erhältlich ist. Hier der Text:

„Er ist wohl ein Mensch, der in politischen Dingen den Verstand ganz und gar ausgeschaltet hatte.“
Zur Gruppe der jungen Lehrer in Hamburg, 1902 geboren, die eine seminaristische Ausbildung und danach aufgrund der prekären ökonomischen Situation die Schwierigkeit hatte, mit einer festen Anstellung in den Schuldienst zu gelangen, zählte auch Walter Brauel. Aus dieser Gruppe rekrutierten sich viele Anhänger der NSDAP, die den sozialen Versprechungen glaubten und über eine Mitgliedschaft in der NSDAP zum 1.5.1933 sich zumindest materiell abzusichern oder Karriere zu machen hofften. Interessant ist, dass Brauel auch zu denen gehörte, die in den 1950er Jahren wieder auf eine stellvertretende Schulleiterstelle gelangten.
Walter Brauel wurde als Sohn des Lokomotivführers Georg Brauel am 16.3.1902 in Harburg geboren. Er besuchte dort bis Ostern 1916 die Knaben-Mittelschule und bereitete sich danach an der Präparandenanstalt in Gifhorn auf das Lehrerseminar in Lüneburg vor. In Lüneburg bestand er am 28.2.1922 die erste Lehrerprüfung. Aufgrund der angespannten Einstellungssituation im Bereich der Harburger Schulen arbeitete Brauel anschließend in der Harburger Gummiwarenfabrik „Phoenix“ in der Verwaltung und der Kalkulationsabteilung. Danach erhielt Walter Brauel 1925 vertretungsweise eine Lehrerstelle an einer kleinen Hilfsschule im Kreis Harburg.[1]
Die Anstellungssituation blieb schwierig für den Junglehrer Brauel. Er wurde jeweils befristet in unterschiedlichen Schulen beschäftigt und erhielt dabei durchaus positive Zeugnisse. So schrieb Schulrat Voigt über ihn am 25.9.1926:
„Der Lehrer Brauel in Wilhelmsburg hat eine erfreuliche Entwicklung durchgemacht. Er verspricht ein gewissenhafter und fleißiger Lehrer zu werden. Die von ihm geführte Klasse (das zweite Schuljahr) ist außerordentlich gleichmäßig und gut gefördert. Die Kenntnisse im Deutschen, Rechnen, in der Heimatkunde und in der Religion sind erfreulich gute. Die Methode des Lehrers ist leicht fasslich, modern, ohne jedoch extrem zu sein.“[2]
Am 15.10.1928 wurde Walter Brauel an der Volksschule in Asendorf im Kreis Winsen/Luhe hospitiert, mit einem niederschmetternden Ergebnis. Schulrat Reese notierte über Walter Brauel:
„Die Besichtigung galt dem Schulamtsbewerber Brauel. Das Ergebnis musste als mangelhaft bezeichnet werden. Brauel war schlecht vorbereitet; eine schriftliche Vorbereitung lag nicht vor. Die religiöse Besprechung über den zwölfjährigen Jesus im Tempel war dürftig. Die Belehrung über die Verdoppelung der Mitlaute war ungewandt, teils unrichtig. Seit 1. Mai waren zwei Aufsätze angefertigt, aber beide nicht nachgesehen. Der Leseunterricht war nicht genügend. Im Rechnen wusste Brauel nicht einmal, wieviel Abteilungen vorhanden waren. Im Singen war die Stimmbildung ganz vernachlässigt, auch die Tonbildung war ungepflegt. Die Besprechung des Fibelbildes mit der Unterstufe war trocken und ohne festes Ergebnis.“[3] Das verbesserte sicherlich nicht seine Einstellungsmöglichkeiten.
Die Stellensituation änderte sich nicht. In einem Aktenvermerk notierte Schulrat Voigt am 19.2.1929, „dass ich mit dem Antragsteller Brauel bereits persönlich unterhandelt habe. Ich habe ihm eröffnet, dass eine Übernahme in den Schuldienst von Harburg/Wilhelmsburg zur Zeit nicht möglich ist. Freie Stellen sind in Harburg/Wilhelmsburg nicht vorhanden. Ihre Gründung für 1929 ist nicht in Aussicht genommen. Der Antragsteller ist von mir bereits dahin beschieden worden, dass es zweckmäßig für ihn sei, sich in die Liste der hiesigen Bewerber einzutragen. Die Einberufung würde erfolgen, wenn Stellen vorhanden sind und wenn er vom Magistrat oder der Regierung gewählt wird. Eine Sicherheit dafür kann ihm nicht gegeben werden.“[4]
Walter Brauel hatte zumindest seine zweite Lehrerprüfung am 21.3.1927 ablegen können und am 5.7.1929 geheiratet. In den weiteren Jahren war er an verschiedenen einklassigen Schulen im Landkreis Harburg beschäftigt. Eine unerfreuliche und nahezu perspektivlose Situation, die sicherlich dazu beigetragen hat, sich 1933 der NSDAP zuzuwenden. Er trat am 1.5.1933 der NSDAP bei, war gleichzeitig Mitglied im NSLB und im NS-Reichsbund für Leibesübungen sowie in der NSV, in der er die Funktion als Stützpunkts-Amtsleiter innehatte.[5] Dieses Engagement führte immerhin dazu, dass Walter Brauel von dem Harburger NSDAP-Kreisschulrat Karl Himstedt[6] am 9.5.1944 zum Konrektor der Bartholdschule, einer Volksschule für Mädchen in der Woellmerstraße 11 in Harburg, befördert wurde.
Karl Himstedt war langjähriges NSDAP-Mitglied in Harburg und hatte andere Kriterien als seine Vorgänger. Seinen Vorschlag begründete er so:
„Der Lehrer Walter Brauel ist Mitglied der NSDAP seit dem 1. März 1933. Er ist politischer Leiter und Mitglied des Kreisstabes Hamburg VIII. Er war in der Bewegung immer aktiv.
Brauel ist verheiratet. Er hat drei Kinder. Die deutschblütige Abstammung für ihn und seine Ehefrau ist nachgewiesen worden.
Lehrer Brauel war von 1925 bis heute an den verschiedensten Schulen in Harburg und Wilhelmsburg tätig. Er hat auf allen Stufen gearbeitet, mit besonderem Erfolge in den letzten Jahren vor dem Kriege in den Abschlussklassen der Jungenschule Heimfelder Straße 36. Von 1928 bis 1935 war er Lehrer an einklassigen Schulen im Landkreis Harburg. Er hat sich hier als Lehrer und Schulleiter bestens bewährt, sodass er nach seinen dienstlichen Leistungen und Fähigkeiten den vollen Anforderungen des höheren Amtes entspricht. An seiner Fortbildung hat er immer gewissenhaft gearbeitet, besonders ist er in den Leibesübungen tätig gewesen. In meiner Lehrerarbeitsgemeinschaft für Leibeserziehung war er Lehrender. Wie in der Schule so leistete er auch hier vorbildliche und gewissenhafte Arbeit. Zur Zeit steht Lehrer Walter Brauel bei der Wehrmacht, die ihn seit eineinhalb Jahren als Ausbilder eingesetzt hat.“[7]
Aus dem letzten Satz in dem Beförderungsvorschlag wurde deutlich, dass Walter Brauel sich gar nicht in der Schule befand, als er auf eine stellvertretende Schulleiterstelle gesetzt wurde. Ein übliches Verfahren für bewährte Nationalsozialisten, die in Abwesenheit bei der Wehrmacht in ihrem Arbeitsbereich befördert werden sollten. Walter Brauel war seit dem 10.10.1940 bis zum 31.3.1945 bei der Wehrmacht, zuletzt als Leutnant.[8]
Am 27.7.1944 wurde Walter Brauel, immer noch im Krieg, sogar zum Oberschullehrer ernannt.[9]
Nach Ende der NS-Herrschaft erfolgte Walter Brauels Suspendierung am 3.10.1945 mit Schreiben von Senator Landahl.[10]
Walter Brauel legte Einspruch gegen die am 7.11.1945 ausgesprochene Entlassung aus dem Beamtenverhältnis ein und argumentierte:
„Am 1.5.1933 wurde ich Mitglied der NSDAP. Ich habe mich weder durch Wort noch durch Schrift propagandistisch für die NSDAP eingesetzt. Meine Tätigkeit bestand nur darin, dass ich von Oktober 33 bis April 35 im Landkreis Harburg in der NSV Amtsleiter eines Stützpunktes (kleiner als eine Ortsgruppe) war und dort zum Wohle bedürftiger Volksgenossen wirkte.
Ich habe keiner Formation angehört, die im Nürnberger Prozess als Verbrecherorganisation angeklagt ist. Durch meine Mitgliedschaft in der NSDAP habe ich keine persönlichen und finanziellen Vorteile gehabt. Meine Ernennung zum Konrektor am 1.4.1944 kann nicht damit in Zusammenhang gebracht werden, da ich zu diesem Zeitpunkt über drei Jahre im Militärdienst stand und in dieser Zeit die geforderten freiwilligen Mitgliedsbeiträge nicht leistete, und da ich ferner im September 36 vom Kreisgericht der NSDAP wegen körperlicher Züchtigung eines flegelhaften Hitler-Jungen, der der Sohn eines alten Parteigenossen war, aus der Partei und dem Schuldienst entfernt werden sollte und seitdem als schwarzes Schaf nur noch geduldet war.“[11]
Das sah Kreisschulrat Karl Himstedt offenbar anders, der schon seit 1926 NSDAP-Mitglied in Hamburg gewesen war. Leichte Ungereimtheiten gab es auch wegen des Entnazifizierungsfragebogens, in den Brauel zum Beispiel bei SA mit Bleistift „Mitglied der Marine-SA“ eingetragen hatte, sonst nirgendwo erwähnt. Walter Brauel war am 18.7.1946 von Oberschulrat Karl Hoffmann aufgefordert worden, Stellung zu nehmen zu der Aussage von Karl Himstedt anlässlich Brauels Beförderung, dieser sei Politischer Leiter gewesen und Mitglied des Kreisstabes Hamburg VIII.
Walter Brauel antwortete darauf am 5.8.1946:
„Die auf meinem Fragebogen gemachten Angaben entsprechen den Tatsachen und sind lückenlos. Alle Amtsträger der NSV, die Pgs waren, galten als Amtsleiter und waren den Politischen Leitern gleichgestellt ohne jedoch dem Korps der Politischen Leiter anzugehören. Statt der goldenen Rangabzeichen trugen diese solche in Silber. Wie ich Ihnen schon damals persönlich mitteilte, war ich ungefähr ein halbes Jahr 1936 stellvertretender Blockleiter in Hamburg, wurde aber nicht bestätigt, sondern wegen des im Einspruch erwähnten Kriegsgerichtsverfahrens dieses Postens enthoben und nachher nicht mehr eingesetzt. Dem Kreisstabe des Kreises 8 gehörte ich nicht an. Ich habe gelegentlich zur Entlastung meines Bruders, der Kreissportleiter war, die Handballmannschaft des Kreises 8 trainiert und selbst an den Rundenspielen teilgenommen.
Auf Bestreben des damaligen Schulrats Himstedt sollte ich 1938 stellvertretender Kreisschulungsleiter werden und als solcher den Nachwuchs der Politischen Leiter schulen. Da ich aber so schon als Turnlehrer der Knaben-Volksschule Heimfeld des öfteren mit der HJ kollidierte, hat man meiner Ablehnung stattgegeben.“[12]
OSR Karl Hoffmann konnte danach gegenüber dem Berufungsausschuss für die Schulverwaltung feststellen:
„Der Konrektor Walter Brauel ist gleich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in die Partei eingetreten. Nach einer Aktennotiz des damaligen Schulrates ist er Politischer Leiter gewesen und war in der Partei aktiv. Er selbst behauptet, nur ein halbes Jahr lang stellvertretender Blockleiter gewesen zu sein. Als Stützpunktamtsleiter der NSV widmete er sich der sozialen Arbeit. Kollegen, die mit ihm zusammengearbeitet haben, sagen aus, dass er sich in der Schule und im persönlichen Verkehr stets anständig benommen und politisch zurückgehalten habe. Es ist auch sonst nicht bekannt geworden, dass er in der Öffentlichkeit propagandistisch aufgetreten ist. Er ist 1944 zum Konrektor ernannt worden. Ich schlage vor, ihn als Lehrer mit Lehrer-Gehalt zu beschäftigen.“[13]
In einer handschriftlichen Notiz hatte der Beratende Ausschuss vermerkt:
„Herr Brauel war Nazi, auch tätig als solcher, aber in mehr harmloser Weise. Er versah zum Beispiel auch die Lehrerkrankenkasse (im Kriege vertrat ihn seine Frau, was immerhin anerkennenswürdig ist). Es ist wohl ein Mensch, der in politischen Dingen den Verstand ganz und gar ausgeschaltet hatte. Die verschiedenen Daten in Fragebogen und Akten machen eine Entscheidung schwer. Falls die Angaben des Fragebogens zutreffen, wäre folgende Entscheidung als gerecht zu vertreten: Wohl ein Nazi, aber ein anständiger, deshalb Bestätigung als Lehrer, nicht als Konrektor!“[14]
Die offizielle Stellungnahme des Beratenden Ausschusses vom 15.6.1947 fiel dann etwas anders aus:
„Der Konrektor Walter Brauel war zwar Nationalsozialist, zählt aber durchaus zu den harmlosen. Er ist politisch nicht besonders hervorgetreten und charakterlich gut beurteilt. Der Beratende Ausschuss setzt sich für seine Wiedereinstellung als Lehrer in den Schuldienst ein.“[15]
Der Berufungsausschuss 3 urteilte dann am 14.7.1947 in diesem Sinne, stufte ihn in Kategorie IV ein und entschied, ihn als angestellten Volksschullehrer wieder zu beschäftigen und nach einem Jahr dann wieder in das Beamtenverhältnis zu überführen. Nach Eindruck des Ausschusses konnte Brauel als „politisch harmlos angesehen werden und nicht als aktiver Nationalsozialist“. Allerdings: „Immerhin ist Brauel von 1933 bis zum Zusammenbruch Stützpunktleiter in der NSV gewesen. Es scheint deshalb geboten, ihn nicht als Konrektor, sondern nur als Volksschullehrer einzustellen.“[16]
Somit wurde Walter Brauel zum 1.8.1948 wieder als Lehrer der Schule Sinstorf zugeordnet, vorerst als Angestellter, nach einem Jahr wieder im Beamtenverhältnis.
Am 8.12.1953 meldete sich Walter Brauel bei der Schulbehörde und wies darauf hin, dass er zum Personenkreis der unter Art. 131 Grundgesetz fallenden Personen gehöre.[17] Das sogenannte „131er-Gesetz“ besagte, dass alle öffentlich Bediensteten, die beim Entnazifizierungsverfahren nicht als „Hauptschuldige“ oder „Belastete“ eingestuft worden waren, wieder eingestellt werden durften. Nach § 10 durfte jeder Beamte, der zu dem Personenkreis des Art. 131 GG zählte und dienstfähig war, die ihm zustehende Amtsbezeichnung mit dem Zusatz „zur Wiederverwendung (z. Wv.)“ weiter führen. Walter Brauel hatte zwischenzeitlich über Jahre als Konrektor a. D. mit der Schulbehörde kommuniziert.
Am 29.1.1957 war er einstimmig vom Kollegium der Schule Sinstorf als stellvertretender Schulleiter vorgeschlagen und dann von der Behörde tatsächlich zum 31.5.1957 bestätigt worden. Bei der Zusammenlegung beider Schulen in Sinstorf war er dann 1961 wieder ausgeschieden, weil ein älterer Kollege, der an der anderen Schule stellvertretender Schulleiter gewesen war, diese Funktion übernahm. Es wurde Brauel aber bescheinigt, „das Amt gut und erfolgreich geführt zu haben und eine Stütze des Schulleiters gewesen zu sein“.[18]
Nach Ausscheiden dieses anderen Kollegen drei Jahre später, hatte die Schule dann Walter Brauel einstimmig als Stellvertreter gewählt. „Durch den Neubau der Schule ist der Schulleiter stark beansprucht und benötigt Hilfe eines erfahrenen Stellvertreters.“[19]
Walter Brauel wurde dem Kollegium vorgeschlagen, einstimmig gewählt und von der Schulbehörde am 4.11.1964 bestätigt.[20]
So schloss sich ein Kreis, Walter Brauel hatte wieder die Stellvertreterfunktion übernommen, eine Funktion, für die er 1944 schon einmal ernannt worden war, ohne sie auch nur einen Tag ausgefüllt zu haben, weil er sich damals bei der Wehrmacht befand. So versöhnlich kann eine Berufsgeschichte enden. Am 31.3.1967 trat Walter Brauel in den Ruhestand.
Er starb am 2.2.1973.[21]
Text: Hans-Peter de Lorent

Anmerkungen
1 Alle Angaben laut Personalakte Brauel, StA HH, 361-3_ A 1941
2 Bericht vom 25.9.1926, Personalakte a. a. O.
3 Bericht über die Besichtigung vom 15.10.1928, Personalakte a. a. O.
4 Vermerk vom 19.2.1929, Personalakte a. a. O.
5 Entnazifizierungsakte Brauel, StA HH, 221-11_Ed 2552
6 Siehe die Biografie Karl Himstedt in: Hans-Peter de Lorent: Täterprofile Bd. 2, Hamburg 2017, S. 194 ff.
7 Beförderungsvorschlag vom 9.5.1944, Personalakte a. a. O.
8 Personalakte a. a. O.
9 Laut Schreiben vom 15.9.1944, Personalakte a. a. O.
10 Entnazifizierungsakte, a. a. O.
11 Schreiben von Karl Hoffmann an Walter Brauel vom 18.7.1946 und vom 31.7.1946, Entnazifizierungsakte a. a. O.
12 Schreiben von Walter Brauel vom 5.8.1946, Entnazifizierungsakte a. a. O.
13 Schreiben an den Berufungsausschuss von Karl Hoffmann vom 21.11.1946, Entnazifizierungsakte a. a. O.
14 Undatierte Notiz, Entnazifizierungsakte a. a. O.
15 Beratender Ausschuss vom 15.6.1947, Entnazifizierungsakte a. a. O.
16 Entscheidung des Berufungsausschusses vom 14.7.1947, Entnazifizierungsakte a. a. O.
17 Schreiben vom 8.12.1953, Personalakte a. a. O.
18 Vermerk von Oberschulrat Dr. Hattermann vom 2.10.1964, Personalakte a. a. O.
19 Ebd.
20 Personalakte a. a. O.
21 Personalakte a. a. O.
 

Namen

Personensuche

  • (am besten nur Vor- ODER Nachname. Sie können aber auch nach Gebäuden, Firmen, Behörden, Lagern, NS-Orgnaisationen suchen.)

Je nach Suchfeld, können Sie entweder freie Suchbegriffe eingeben oder aus einer Liste auswählen.
Bitte beachten Sie, dass über das Suchfeld "Freier Suchbegriff" nach Übereinstimmungen im Namen, Kurztext und Langtext sowie zugeordneten Schlagwörtern gesucht wird.
 

Geografische Spuren

Meine Straße

Geografisch

 

Schlagwörter und freie Suche

Schlagwörter und Kategorien

Einträge in dieser Datenbank sind verschiedenen Schlagwörtern zugeordnet. Diese sind als Vorschläge zu verstehen. Mehrfachzuordnunegn sind dabei möglich.
Nutzen Sie auch gern die freie Suche. Dabei werden Übereinstimmungen im Namen, Kurztext und Langtext sowie in der Verschlagwortung gesucht.
Die Auswahl eines Schlagwortes überprüft dagegen nur Verknüfungen mit dem Schlagwortregister.

Thematische Suche

  • (z.B. Berufe, Gebäude, spezielle Orte)

Leichte Sprache
Gebärden­sprache
Ich wünsche eine Übersetzung in:

Datenbank online Die Dabeigewesenen

Leichte Sprache
Gebärden­sprache
Ich wünsche eine Übersetzung in:

Von Hamburger NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Zuschauer/innen ... Eine Hamburg Topografie.

NS-Dabeigewesene

Aufsätze

Erklärung zur Datenbank

Stand Januar 2024: 914 Kurzprofile und 332 sonstige Einträge.

Diese Datenbank ist ein Projekt in Fortsetzung (work in progress). Eine Vollständigkeit ist niemals zu erreichen. Sie startete online im Februar 2016 mit rund 520 Profilen und mehr als 200 weiteren Einträgen und wird laufend ergänzt und erweitert werden. Wissenschaftliche Institute, Gedenkstätten, Universitäten und zum Thema forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können gern ihre erarbeiteten Profile in diese Datenbank stellen lassen.

Quellenangaben, die sich auf Webseiten beziehen, sind die zum Zeitpunkt der Recherche gefundenen. Sollten Sie veraltete Links oder Aktualisierungen bzw. Verschiebungen der Inhalte feststellen, freuen wir uns über Hinweise.

Vor etlichen Jahren hat die Landesszentrale für politische Bildung Hamburg die Stolperstein-Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de ermöglicht und gibt seit rund zehn Jahren gemeinsam mit dem Institut für die Geschichte der Deutschen Juden unter der Projektleitung von Dr. Beate Meyer und Dr. Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung die Publikationsreihe „Stolpersteine in Hamburg, biografische Spurensuche“ heraus. Mit dieser Datenbank „Die Dabeigewesenen“ möchte die Landeszentrale für politische Bildung nun den Blick auf diejenigen lenken, die das NS-System stützten und mitmachten. Denn:

Eine Gesellschaft, die sich eine offene und freie Zukunft wünscht,
muss [...] über eine Kultur verfügen, die nicht auf dem Verdrängen
und Vergessen der Vergangenheit beruht.“ (Mario Erdheim Psychoanalytiker) 1)

Diese aktuell immer noch so wichtige Aussage bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt dieser Datenbank. Sie enthält eine Sammlung mit Kurzprofilen über Menschen, die auf unterschiedlichste Weise an den NS-Gewaltverbrechen in Hamburg Anteil hatten, z.B. als Karrierist/innen, Profiteur/innen, Befehlsempfänger/innen, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Täter/innen. Aber auch sogenannte Verstrickte, die z. B. nach durchlittener Gestapo-Folter zum Spitzel wurden. Unter all diesen Dabeigewesenen gab es auch Menschen, die in keiner NS-Organisation Mitglied waren, die aber staatliche Aufträge - zum Beispiel als Künstler oder Architekt - annahmen und so von dem NS-System profitierten, im Gegensatz zu denen, die sich diesem System nicht andienten, deshalb in die Emigration gingen oder in Kauf nahmen, keine Karriere mehr zu machen bzw. kaum noch finanzielle Einnahmen zu haben.

Ebenso wurden solche Personen aufgenommen, die zum Beispiel vor und während der NS-Zeit den Idealen des Heimatschutzes und der Technik-Kritik anhingen und das NS-Regime dadurch unterstützten, indem sie staatliche Aufträge annahmen, die diesen Idealen entsprachen, da das NS-System solche Strömungen für seine Ideologie vereinnahmte.

Für die Datenbank „Die Dabeigewesenen“ wurden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie Medizin, Justiz, Bildung und Forschung, Verwaltung, Kirche, Fürsorge und Wohlfahrt, Literatur, Theater und Kunst, Wirtschaft, Sport, Polizei und parteipolitische Organisationen berücksichtigt.

„denn wir können (…) das ganze Phänomen des Mitmachens und des Ermöglichens, das ja in der NS-Zeit eine genauso große Rolle gespielt hat, wie die Bereitschaft, selbst aktiver Täter vor Ort zu sein - das alles können wir nur verstehen, wenn wir die verschiedenen Facetten der Täterschaft noch viel genauer betrachten, als das bisher geschehen ist." 2)

In vielen Profilen wird der weitverbreitete Enthusiasmus vieler Deutscher für den Nationalsozialismus, gegenüber „seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik, seine Architektur, seine Weltanschauung" 3) etc. deutlich. Und es zeigt sich, dass Menschen das NS-System stützten, indem sie z. B., ohne darüber nachzudenken und ohne zu hinterfragen, bereitwillig moralische und soziale Normen des NS-Staats übernahmen.

Mit Schaffung der „Ausgrenzungsgesellschaft“ war es für die „Mehrheitsgesellschaft“ möglich, u. a. NS-Rassentheorien praktisch umzusetzen.

Diese Erkenntnis ist angesichts heutiger aktueller gesellschafts-politischer Entwicklungen von Bedeutung. In einem Interview zum Thema Fremdenfeindlichkeit bemerkte der Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz auf die Frage, ob aus der Geschichte zu lernen sei. „Wir könnten schon. Wir könnten zum Beispiel lernen, dass der Fremde nicht schuld ist an dem Hass, der ihm widerfährt. Es scheint tatsächlich schwierig zu vermitteln zu sein, dass das Opfer nicht dafür verantwortlich ist, dass es totgeschlagen oder misshandelt wird. Juden werden nicht verfolgt, weil an ihnen etwas ist, was sie zu Opfern macht, sondern weil die Mehrheitsgesellschaft Opfer braucht, und zwar zur eigenen Identitätsstiftung. Zuwanderer, Fremde, Andersgläubige werden ausgegrenzt. Das stärkt das Selbstgefühl der Mehrheit.“ 4)

Mit der Datenbank soll eine Hamburg Topographie der „Dabeigewesenen“ entstehen, um somit konkrete Orte des NS-Geschehens sichtbar zu machen. Deshalb werden auch nur diejenigen Dabeigewesenen aufgenommen, die zwischen 1933 und 1945 in Hamburg mit seinen Grenzen nach 1937 gelebt/gearbeitet haben. Neben Personenprofilen sind auch Adressen von NSDAP-Organisationen und -Einrichtungen zu finden. Darüber hinaus gibt es für einzelne Stadtteile Einträge, die die NS-Aktivitäten im Stadtteil beschreiben. In der Datenbank kann nach Namen, Straßen, Bezirken und Stadtteilen gesucht werden, damit also auch nach den Wohnadressen und/oder Adressen der Arbeitsstätten (soweit recherchierbar). Durch Hinzuziehen der Stolpersteindatenbank (hier sind die Adressen der NS-Opfer aufgenommen, für die bisher Stolpersteine verlegt wurden) und der virtuellen Hamburg-Stadt-Karte (sie verzeichnet die Zwangsarbeiterlager und Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben) wird eindringlich deutlich, wie dicht benachbart Opfer und Dabeigewesene in Hamburg gelebt und gewirkt haben. Mit diesen Informationen ist es immer schwerer, die altbekannte Entschuldigung aufrecht zu erhalten; wir haben doch nichts davon gewusst.

In den vorgestellten Profilen liegt der Fokus auf Handlungen und Einstellungen zum NS-Regime. Privates wird nur erwähnt, wenn es für die Haltung zum NS-Regime von Relevanz ist. Recherchegrundlage für diese Datenbank waren bereits vorhandene wissenschaftliche Veröffentlichungen (z. B. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und dem Institut für Zeitgeschichte), Biographien, Sammelbände und Dissertationen zu Hamburg im Nationalsozialismus, aber auch in diversen Fällen Entnazifizierungsakten und andere Akten und Dokumente, die im Staatsarchiv Hamburg zur Verfügung stehen. Für die Adressenrecherchen wurden die digitalisierten Hamburger Adressbücher von 1933 bis 1943 der Staats- und Universitätsbibliothek genutzt. Trotz größter Sorgfalt beim Zusammentragen der Daten, ist es dennoch möglich, dass Schreibweisen von Namen variieren und Lebensdaten fehlerhaft sind. In den Profilen und den Beschreibungen der Funktionen sowie des „Wirkens“ des Dabeigewesenen konnte nicht komplett auf das NS-Vokabular – der Sprache der Täter – verzichtet werden, dennoch wurde versucht, diesen Anteil gering zu halten und neutralere Umschreibungen zu finden.
Die meisten der aufgeführten Personen wurden schnell nach Kriegsende durch die Entnazifizierungsstellen als entlastet eingestuft, sie mussten sich selten vor Gericht verantworten oder sie wurden aufgrund von Verjährung ihrer Taten nicht juristisch verurteilt. So stellt Can Bozyakali in seiner Dissertation z. B. zum Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht fest, dass auch in Hamburg bis Anfang der 1950er Jahre 63% aller Justizjuristen, die am Sondergericht tätig gewesen waren, wieder in den Justiz-Dienst eingestellt wurden. „[…] anhand dieser Werte [kann] von einer ‚Renazifizierung‘ gesprochen werden.“ 5)

Dr. Rita Bake, Dr. Brigitta Huhnke, Katharina Tenti (Stand: Anfang 2016)

1) Mario Erdheim: „I hab manchmal furchtbare Träume … Man vergißts Gott sei Dank immer glei...“ (Herr Karl), in: Meinrad Ziegler, Waltraut Kannonier-Finster: Österreichisches Gedächtnis. Über Erinnern und Vergessen der NS-Vergangenheit. Wien 1993.
2) Wolfram Wette: Deutschlandfunk-Interview am 20.11.2014, anlässlich seines neuen Buches: „Ehre, wem Ehre gebührt. Täter, Widerständler und Retter - 1933-1945“, Bremen 2015.
3) Raphael Gross: Anständig geblieben. Frankfurt a. M.  2010, S. 17.
4) Wolfgang Benz: „Ich bin schon froh, wenn es nicht schlimmer wird". Der Historiker Wolfgang Benz über die lange Geschichte der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland – und was neu ist an den Pegida-Märschen. Interview: Markus Flohr und Gunter Hofmann, in ZEIT online vom 21. Dezember 2015. www.zeit.de/zeit-geschichte/2015/04/wolfgang-benz-pegida-antisemitismus-fremdenfeindlichkeit
5) Can Bozyakali: Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht: Eine Untersuchung der NS-Sondergerichte unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge, Frankfurt/ Main 2005, S. 235.

rechte spalte

Themenübersicht auf hamburg.de