Begriffserklärungen

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Hermann Lau

(15.10.1882 in Lübeck - 4.2.1964)
Oberstudiendirektor
Wohnadresse: Augustastraße 18 (1940)

„Wir hoffen und glauben, dass Deutschland wieder groß und gewaltig wird.“

Nachdem die Nationalsozialisten den sozialdemokratischen Schulleiter am Christianeum, Robert Grosse, im Laufe des Jahres 1933 als Schulleiter absetzen, wurde Hermann Lau nach Hamburg geholt, der vorher schon als Studiendirektor in Glückstadt gearbeitet hatte. Auch Lau entsprach eigentlich nicht dem Bild eines nationalsozialistischen Aktivisten. Lau trat 1937 in die NSDAP ein, sonst wäre er nicht Schulleiter geblieben und hielt zur 200 Jahrfeier des Christianeum eine Rede, die Adolf Hitler und die „neue Volksordnung“ pries. Indes, es gab Schlimmere, die sein Amt anstrebten. Als am Christianeum eine Gruppe Swing-Jugendlicher aktiv geworden war, wurde eine denunziatorische Kampagne entfacht, der einige nichtnazistische Lehrer und Schulleiter Lau zum Opfer fielen. Nur: Auch wenn sich menschlich üble Nationalsozialisten in den Vordergrund schoben, war Hermann Lau bis zu seiner Ablösung 1942 ein Rädchen im Getriebe.

Hermann Lau wurde am 15.10.1882 in Lübeck als Sohn eines Kaufmanns geboren. Er besuchte dort das Gymnasium Katharineum und machte Ostern 1901 Abitur (1)

Das Studium der Theologie und Philologie absolvierte er in Erlangen, Berlin und Kiel. Am 9.2.1907 promovierte er, Thema: „Die angelsächsische Missionsweise im Zeitalter des Bonifaz." 1908 machte er die Lehramtsprüfung in Lübeck, 1910 war er Seminarkandidat am königlichen Gymnasium in Kiel. 1911 wechselte er dann an das Gymnasium Glückstadt, an dem er 1912 Oberlehrer wurde.

Für den Kriegsdienst wurde Hermann Lau am 20.7.1915 für unabkömmlich erklärt.

Aufschlussreich erscheinen die Gutachten, die seinen Werdegang begleiten. Hermann Lau war offensichtlich ein ambitionierter Mann. 1918 bewarb er sich das erste Mal um eine Direktorenstelle am Lyzeum in Lüdenscheid. Das Kuratorium des Lyzeums bat in Schleswig am 26.8.1918 um Auskunft, ob Lau „nach seinem Auftreten und seinen ganzen Veranlagungen geeignet erscheint, eine höhere Lehranstalt zu leiten, im Lehrkörper die führende Stellung einzunehmen, auch durch Betätigung außerhalb der Schule die Verbindung mit der Bürgerschaft herzustellen." (2)

Und Studiendirektor Krumm, Leiter des königlichen Gymnasiums in Glückstadt, urteilte über Lau, er „würde für die Stellung und Wirkung des Direktors in vieler Beziehung wohl geeignet sein." (3) Durch das „wohl" klang das nicht völlig überzeugt. Im Weiteren ergab sich aber eine sehr positive Beurteilung: „Er ist eine ernste und würdige, wissenschaftliche Persönlichkeit mit ruhigen und angenehmen Umgangsformen. Seine Beziehungen zu dem Direktor und dem Kollegium waren gut. Die Pflichten seines Amtes hat er gewissenhaft erfüllt. In den oberen Klassen hat er sich in seinem Hauptfach als tüchtiger und feiner Lehrer erwiesen, der mit feinem Takt selbstständiges religiöses Leben anzuregen verstand. Auch in den anderen Klassen und Fächern wusste er sich den Schülern anzupassen und ihnen den Stoff gut zum Verständnis zu bringen, auch erwarb er durch seine zu gleicher Zeit bestimmte und freundliche Art deren Vertrauen.“ Und an anderer Stelle hieß es zu seiner Leitungsqualifikation: „Seine wissenschaftliche Tüchtigkeit und umfassende allgemeine Bildung würden ihm die Übersicht auch über das Leben einer andersartigen Schule erleichtern, seine Lebensklugheit und Gewandtheit würden ihm bei der Leitung des Lehrerkollegiums und bei der Herstellung und Aufrechterhaltung einer guten Verbindung mit dem Publikum die richtigen Wege weisen." (4)

Der Karrieresprung nach Lüdenscheid realisiert sich nicht. Aber schon 1924 bewarb Lau sich erfolgreich um die Studiendirektorenstelle des Stadt-Lyzeums in Itzehoe, der Auguste-Viktoria Schule. In der Begründung wurden Laus Leistungen im Unterricht und seine Persönlichkeit sehr positiv gewürdigt: „Studienrat Lau ist eine ernste, würdige Persönlichkeit von reifem Urteil und ruhigen und angemessenen Umgangsformen. Die fachwissenschaftliche wie allgemeine Bildung überragt den Durchschnitt erheblich; er ist ein tüchtiger und zugleich feinsinniger Lehrer, der auf allen Stufen erfolgreich arbeitet, auch in solchen Fächern, für die er keine Fakultas hat, zum Beispiel Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Griechisch. Er weiß trotz hoher Anforderungen die Schüler für sich zu gewinnen und genießt in Folge seiner bestimmten und doch freundlichen Art Vertrauen und Verehrung." (5) Gleichzeitig wurde in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass die Entscheidung für Lau in Itzehoe nicht unumstritten gewesen war. Der bürgerliche Schulausschuss hatte sich für einen leitenden Direktor aus der Provinz Hannover entschieden. „Der sozialistische Magistrat hat dagegen den Studienrat Lau, der auf eine vertrauliche Anregung auch von unseren Anstaltsdezernenten empfohlen worden war, vorgezogen." Gewählt wurde Lau gegen die Stimme des Bürgermeisters bei einer Enthaltung. (6)

Und wenn abschließend vermerkt wurde, dass es sich hier um „eine Machtfrage in dem alten politischen Streit zwischen dem bürgerlichen Schulausschuss und dem sozialistischen Magistrat handelt“, deutete sich an, dass die Arbeit für Hermann Lau nicht ganz einfach werden würde.

Insofern wundert es nicht, dass Lau schon 1927 an sein altes Gymnasium in Glückstadt zurückkehrte, wo er zum Studiendirektor ernannt wurde. Interessant auch, dass es sich die Mitarbeiter des Regierungspräsidenten in Schleswig mit ihrer Begründung für Laus Ernennung nicht schwer machten. Sie legten das Schreiben von 1924 zugrunde und nahmen nur marginale Änderung vor. Neu war die Aussage: „Er ist politisch niemals hervorgetreten, weder in Glückstadt, noch in Itzehoe. Es ist daher auch anzunehmen, dass er mit dem sozialistischen Magistrat in Glückstadt gut auskommen wird.“ (7)

Als Hermann Saß und der Altonaer Stadtrat sich entschieden, in Abstimmung mit dem Oberpräsidenten in Schleswig, am Christianeum den bisherigen Schulleiter Robert Grosse abzulösen, (8) schlug Oberschulrat Dr. Erichsen als Nachfolger Hermann Lau vor. In der Begründung hieß es: „Lau ist eine ernste Persönlichkeit von reifem Urteil und aufrechtem Charakter. Bei seiner umfassenden Bildung ist er auch im Stande, in Fächern zu unterrichten, für die er keine Lehrbefähigung erworben hat; zum Beispiel im Deutschen, in Geschichte und Griechisch. Seit vielen Jahren erteilt Lau auf der Oberstufe mit Liebe und großem Erfolg den griechischen Unterricht." (9)

Seine Leitungsarbeit wurde sehr positiv beurteilt: „Während der Zeit seines Direktorats in Itzehoe und in Glückstadt hat Lau den in ihn gesetzten Erwartungen voll und ganz entsprochen. Er hat es verstanden, durch sein geradezu vorbildliches Pflichtgefühl und seine geistige Überlegenheit sich die Anerkennung seiner Kollegen und durch die stets gerechte Behandlung seiner Schüler auch die Achtung der Elternschaft zu erwerben. Gerade wegen dieser Eigenschaften halte ich ihn für besonders geeignet, auch den schwierigen Verhältnissen an der großen Doppelanstalt in Altona Herr zu werden."

Interessant erscheint, wie Laus politische Haltung eingeschätzt wurde: „Lau gehörte früher der Deutschen Volkspartei an, von 1930 bis zu ihrer Auflösung war er Mitglied der DNVP. Doch ist er niemals politisch irgendwie hervorgetreten. Wenn er beim Ausbruch der nationalen Erhebung nicht sofort in die NSDAP eingetreten ist, so hat er das nicht getan, um nicht als Konjunktur-Politiker zu gelten." Erichsen war offenbar mit dieser Frage konfrontiert worden und kam zu dem Ergebnis: „Wegen dieser Zurückhaltung ist ihm aus nationalsozialistischen Kreisen heraus der Vorwurf der nationalen Unzuverlässigkeit gemacht worden, und es wurde sogar der Antrag gestellt, ihn aus Glückstadt zu versetzen.“ Gegen seine Weiterverwendung als Studiendirektor hatte man allerdings nichts einzuwenden, „weil seine fachliche Eignung und Befähigung außer Frage stehen“ und auch  seine „geschäftliche Amtsführung“ einwandfrei sei. „Ich habe die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seinerzeit eingehend geprüft und bin mit meinen Dezernenten und den Mitgliedern meines politischen Vertrauensausschusses zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Veranlassung vorliegt, gegen Lau etwas zu unternehmen. Ich habe die Überzeugung gewonnen, dass Lau ein ehrlicher und aufrichtiger Mann ist und sich rückhaltlos für den neuen Staat einsetzen wird." (10)

Die Ausgangsvoraussetzungen erschienen also nicht ganz günstig für Hermann Lau. Trotzdem wurde er nach kommissarischer Tätigkeit am Christianeum 1934 bestätigt. Lau hätte den in ihn gesetzten Erwartungen durchaus entsprochen: „Durch seine besonnene und durchaus sachliche Art hat er sich in der kurzen Zeit die Achtung seiner sämtlichen Kollegen erworben. Selbst von tief religiöser Natur, versteht er es, seine Schüler für religiöse Fragen lebhaft zu interessieren. Dies ist ihm von seinen Primanern mehrfach bezeugt worden. Er führt die Anstalt mit Tatkraft und Umsicht und hält auf Zucht, Ordnung und Genauigkeit auch in den kleineren Dienstobliegenheiten; das ist umso mehr anzuerkennen, als es die bisherige Leitung der Schule gerade in diesen Punkten hatte fehlen lassen. Seine Ansprachen bei nationalen Feiern und Gedenktagen wirkten, wie ich erfahren habe, durch ihren Gehalt und ihre Echtheit und hinterließen so bei Lehrern und Schülern stets einen starken Eindruck." (11)

Auch die Gauleitung der NSDAP Schleswig- Holstein hatte gegen Laus Ernennung zum Oberstudiendirektor nichts einzuwenden. (12)

Die Reaktion der Schüler auf Lau war dann auch am Christianeum positiv: „Bewundert habe ich auch unseren ersten Direktor Lic. Dr. Lau, eine vornehme, durchgeistigte Gestalt", schrieb Detlev Stoltenberg (13) und Burkhard Elsner bemerkte, „ich erinnere mich noch gut an den Tag, an dem wir – aus der Volksschule entlassen – vom Christianeum aufgenommen wurden, dessen Gymnasialen Zug wir besuchen sollten. Wir Neulinge und Hunderte von älteren Schülern standen vor dem Eingang im Karree und um den Fahnenmast versammelt, wo der weißhaarige Direktor, der ehrwürdige Lic. Dr. Lau, mit sonorer und deutlich skandierender Stimme seine Ansprache hielt: "Chris-- tianeer! Mir flößte seine Persönlichkeit Respekt und Bewunderung ein. So ein Mann schien mir für diese Schule der richtige Leiter." (14)

Das Christianeum veränderte sich mit der Machtübertragung an die Nationalsozialisten erheblich, wie Ulf Andersen beschrieb: „Ostern 1934 zählte das Christianeum 375 Schüler. Rechtzeitig zum neuen Schuljahr war eine Fahnenstange auf dem Schulhof errichtet worden, an der am 11. April in Gegenwart aller Schüler und Lehrer feierlich die Hakenkreuzfahne gehisst wurde. Schon im August 1933 hatte die Konferenz die Anschaffung einer schwarz-   weiß-roten und einer Hakenkreuzfahne beschlossen, dazu auf Antrag eines eifrigen Assessors ein Hindenburg- und ein Hitler-Bild. Nun hatte das Kollegium ein übriges getan und aus eigenen Mitteln eine Hitlerbüste gestiftet, die zum ersten offiziellen ‚Führergeburtstag‘ am 20. April 1934 in der Aula geweiht wurde. Gleichfalls mit Schuljahresbeginn mußten die Klassenlehrer darangehen, eine gesonderte Statistik über die rassische Zugehörigkeit ihrer Schüler aufzustellen; die Nürnberger Gesetze warfen ihre Schatten voraus. In sogenannten ‚Sippschaftstafeln‘  auf der Rückseite neuer Schülerbogen war für jeden Schüler ein Stammbaum anzulegen, möglichst bis zurück zum Jahre 1800. Erstaunlicherweise sind diese Rubriken in den uns vorliegenden Unterlagen am Christianeum nie ausgefüllt worden. Es genügte offenbar eine Erklärung der Eltern, dass der Sohn ‚arisch‘ sei."(15)

Und auch über die Rolle und Bedeutung Laus schrieb Andersen: „Wenn am Christianeum in den folgenden Jahren trotzdem nicht die Jasager und ‚Märzgefallenen‘ Oberwasser bekamen, so ist das wesentlich dem neuen Direktor Lic. Dr. Hermann Lau zu verdanken, der zu Pfingsten 1934 die Leitung der Schule übernahm. In seinem Wesen von tiefer humanistischer Bildung und entschiedener Religiosität, hat er der Schule bis zu seiner Entlassung in bescheidenem Maße ein eigenes Profil und einen besonderen Freiraum erhalten können.“ (16)

Als es für Beamte 1937 wieder möglich war, NSDAP Mitglied zu werden, trat auch Hermann Lau in die NSDAP ein. Andersen bemerkte dazu: „Direktor Lau wurde im Juni 1937 von Parteidienststellen unter Druck gesetzt, der NSDAP beizutreten. Gesinnungsfreunde im Kollegium bedrängten ihn, diesen Schritt zu vollziehen, um der Schule als Leiter erhalten zu bleiben. Angst und gegenseitiges Misstrauen verbreiteten sich im Kollegium." (17)

Über die Veränderungen in der Lehrerschaft des Christianeums notierte Andersen: „Eine besondere Verunsicherung ging seit 1937 von zwei neuen Lehrern aus. Der eine war SS- Mann seit 1931 und auf dem besten Wege, eine Karriere in dieser Organisation zu machen. Der andere hatte sich ebenfalls seit 1931 in der NSDAP verdient gemacht; wegen seiner frühen Parteimitgliedschaft war er, trotz eines negativen Befähigungsberichtes von Lau, vorzeitig zum Beamten auf Lebenszeit ernannt worden. Später wurde die Vermutung laut, daß beide für den SD gearbeitet hatten. Zu spät erkannten Lau seine Mitstreiter, daß die eigentliche Gefahr jedoch von einem Kollegen ausging, der schon länger an der Schule war und der jahrelang insgeheim alle Äußerungen protokolliert und an die Partei weitergeleitet hatte." (18) Das war der Kunsterzieher Adolf de Bruycker, der noch besonders portraitiert wird. (19)

Getrübt wurde das so positiv gemalte Bild von Hermann Lau aus meiner Sicht durch eine Rede, die Lau zur 200-Jahrfeier des Christianeums am 24.9.1938 hielt, also ein Jahr nach seinem Eintritt in die NSDAP. Lau sagte in seiner Festrede: „Erst der Nationalsozialismus, die politische Tat Adolf Hitlers, schuf durch die Stiftung einer neuen Volksordnung, durch die Zusammenfassung der Volkskraft in einem einzigen politischen Willen, in einer einzigen umspannenden Weltanschauung die notwendigen Voraussetzungen für ein geschlossenes neues System der Jugenderziehung, für eine neue völkische Bildung. Diese neue Erziehung geht bewusst vom Leibe aus und bringt den ursprünglichen Gedanken des griechischen Gymnasion zu neuer Geltung, den Gedanken der harmonischen Ausbildung nach der körperlichen und der seelisch-geistigen Seite." (20)

Es sollen noch drei weitere Abschnitte dieser Rede zitiert werden: „Aber die Wertungen der Leibesübungen ist erst durch die nationalsozialistische Auffassung von einer den Menschen einheitlich erfassenden Erziehung aus dem Zustand der geringeren Einschätzung zur Gleichbewertung gegenüber den wissenschaftlichen Fächern geführt worden. Denn darüber besteht Klarheit, dass die Leibesübungen nicht nur für die körperliche Ertüchtigung, sondern ebenso für Willens- und Charakterbildung wichtigste Arbeit leisten. In dieser Zielsetzung, der Wirkung auf Wille und Charakter, vereinigen sie sich mit den künstlerischen und wissenschaftlichen Fächern. Sie alle haben der Schaffung des neuen deutschen, des nationalsozialistischen Menschen zu dienen und die höhere Schule würde ihre neue Aufgabe nicht erfüllen, wenn sie nicht gerade auch mit den Mitteln des Erkennens und Verstehens ihrer erzieherischen Verpflichtung nachzukommen vermöchte." (21)

An anderer Stelle führte Lau aus: „Nicht etwa nur, weil der Unterricht in den alten Sprachen in eine starke geistige Zucht nimmt und weil die Einsicht in den fremden Sprachbau zu einem vertieften Bewusstsein und einem sicheren Gefühl für die Muttersprache führen soll, sondern weil uns die Beschäftigung mit der Antike hohe völkische Bildungswerte vermittelt, wenn wir auf dem Wege des Rassegedankens an sie herantreten. Die nationalsozialistische Weltanschauung hat, wie wir wissen, dem Ringen um echte Menschenbildung ein neues Hochziel gesetzt: das Vorbild des Menschen nordischer Rasse." (22)

Und zum Schluss, wertschätzend, dass das Christianeum vor zweieinhalb Jahren in ein neues, helles Gebäude umziehen konnte, resümierte Hermann Lau:

„Es hat mit diesem Wechsel auch äußerlich an sich selbst die große Zeitenwende erlebt, die der Nationalsozialismus unserem Volke gebracht hat. Daß es aber diese Schicksalswende auch innerlich in tiefstem und stärkstem Miterleben erfahren hat, davon kündet die schöne Halle unseres Hauses, in der uns das glühende Bekenntnis des Führers entgegenleuchtet: Wir hoffen und glauben, dass Deutschland wieder groß und gewaltig wird. Dieses Bekenntnis, in der Zeit der tiefsten Demütigung Deutschlands gesprochen, dieser unerschütterliche Glaube – wie wunderbar hat er sich in Deutschlands Wiederaufrichtung in seiner neuen Größe, seiner neuen Freiheit und Ehre erfüllt! Wenn aber dieser herzerhebende und mitreißende Glaube an Deutschlands Zukunft bisher die gewaltige Triebkraft im Führer und in seiner Bewegung gewesen ist, dann kann er auch weiterhin im deutschen Geschehen nicht entbehrt, das deutsche Volk und vor allem seine Jugend nicht ohne ihn gedacht werden." (23)

Es fällt schwer, in diesen Worten nicht einen überzeugten Nationalsozialisten zu sehen. Zumindest im Jahre 1938. Und wenn es Anpassung war, wenn man sich das Auditorium vor Augen hält, vornean die Repräsentanten des NS-Staates und der NS-Schulverwaltung: Mit dieser Rede war Hermann Lau zumindest belastet, ein Rädchen im Getriebe gewesen zu sein, wenngleich es sicherlich noch ungleich belastetere Personen gerade auch am Christianeum und an nahezu allen anderen Hamburger Schulen gegeben hat. Und sicherlich hatte Hermann Lau eine menschliche, anständige Grundhaltung, charakterlich ganz anders als sein Nachfolger Paul Dittmer. (24)

Als der bisherige Landesschulrat Willi Schulz durch Krankheit ausfiel,der Ton der Schulverwaltung sich verschärfte  und der Leiter der Gauführerschule in Hamburg, Albert Henze, 1940 als Oberschulrat für die höheren Schulen der starke Mann in der Hamburger Schulverwaltung wurde, geriet insbesondere das Christianeum ins Fadenkreuz:

„In einer seiner ersten Sitzungen mit Schulleitungen referiert Albert Henze über die ‚Verwahrlosung der Jugend‘, die auch eine Anzahl von Schülern der Oberschulen betrifft. Die Schulleiter ‚müssen mit allen Mitteln bestrebt sein, die Schüler (innen) aus der Schule zu entfernen, die durch äußere und innere Haltung zu erkennen geben, dass sie nicht würdig sind, eine höhere Schule zu besuchen.‘" (25)

Damit waren in erster Linie Schüler gemeint, die der sogenannten Swing-Jugend zugerechnet wurden.

Am 21.10.1940 hatte die Gestapo eine mehrere Monate umfassende Aktion gestartet, die zu einer ersten großen Verhaftungswelle gegen die Swing-Jugend führte, die in erster Linie gegen Schülerinnen und Schüler gerichtet war. 63 Jugendliche wurden festgenommen. Offenkundig veranlasste Albert Henze diese Verhaftungen, denn in der genannten Sitzung hatte er als Beispiel für Jugendverwahrlosung und Ausschweifungen Swing-Tänze und englische Platten genannt. Er berichtete von Überfällen auf  HJ-Angehörige durch Jugendliche, die gekennzeichnet seien durch lange Haare, auffallend weiße Schals und Hut im Nacken". (26)

Henze arbeitete in der Kampagne gegen die Swing-Jugend eng mit dem gleichaltrigen SS-Sturmbannführer Karl Hintze zusammen, der verantwortlich war für die Misshandlungen und Einlieferungen von Swing-Jugendlichen in Konzentrationslager. Auf Initiative von Albert Henze fand am 13.12.1941 eine Schulleiterkonferenz unter Vorsitz von Reichsstatthalter Karl Kaufmann statt. Dies zeigte, wie sehr Henze seine Aufgaben in der Schulverwaltung mit dem NSDAP- Apparat verband und war überdies eine massive Kampfansage an eine Jugendbewegung, die als unangepasst eingeschätzt wurde. Gestapomitarbeiter, die zu dieser Schulleiterkonferenz als Referenten eingeladen worden waren, berichteten über Swing-Jugendliche an Hamburger Oberschulen. Die Schulleiter wurden eingeschworen, verdächtige Jugendliche über Henze an die Gestapo-Leitstelle zu melden. Einer dieser Verdächtigten war der 16 -jährige Heiner Fey, Schüler des Christianeums, dessen Schicksal in diesem Buch an anderer Stelle schon beschrieben wurde. (27)

Insgesamt standen etwa 25 Jugendliche, viele davon Schüler des Christianeums, miteinander in Verbindung. (28)

Am 29.6.1942 konnte Henze vor dem Beirat der Schulverwaltung Erfolge präsentieren: „Die Beteiligung von Schülern an der Swing-Bewegung habe nachgelassen, nachdem durch 20-30 Verweisungen von der höheren Schule streng durchgegriffen worden sei. Es sei Vorsorge getroffen worden, dass die Betreffenden auch an den privaten Vorbereitungsanstalten ihre Reifeprüfung nicht ablegen könnten. Die Swing-Bewegung als solche sei jedoch bisher nicht abgeflaut. Es seien daher weiterhin zahlreiche Verhaftungen und Bestrafungen erforderlich geworden." (29)

Der Kampf gegen mögliche Gegner des NS- Regimes beschränkte sich nun nicht auf auffällige Jugendliche, sondern richtete sich auch auf Lehrer und Schulleiter, die Henze nicht als zuverlässig im Sinne des NS- Staates einschätzte. Im Zusammenhang mit dem Kampf gegen die Swing-Jugend, die unter den Schülern auffällig viele Anhänger am Christianeum hatte, richtete Henze sein Augenmerk auf die Schulleitung des Christianeums und Lehrer dieser Schule, die er für die „Verwahrlosung" der Schülerschaft verantwortlich machte.

Am 13. und 16.1.1942 suchte Albert Henze die Schule auf und trug dort eine Anklageschrift vor, die aufgrund einer Untersuchung der Schulverwaltung über die politische Haltung des Schulleiters Hermann Lau und die Studienräte Dr. Walther Gabe, Heinrich Schröder und Karl Wendling erstellt worden war und auf Denunziationen mehrerer Lehrer des Christianeums beruhte. Diese Anklageschrift war eine der Konsequenzen der Schulleiterkonferenz vom 13.12.1941 unter dem Vorsitz des Reichsstatthalters Karl Kaufmann. Die zu einer Gesamtkonferenz zusammengerufenen Lehrer des Christianeums forderte Henze auf, weiteres Belastungsmaterial gegen den wegen politischer Unzuverlässigkeit zu überprüfenden Schulleiter Hermann Lau und die genannten Kollegen vorzubringen. Das Kollegium weigerte sich in der Konferenz, diesem Ansinnen nachzukommen. (30)

Trotzdem wurde Hermann Lau als Schulleiter des Christianeums abgelöst, die Lehrer Gabe und Wendling pensioniert.

Ulf Andersen beschrieb, wie der Schulleiterwechsel am Christianeum vollzogen wurde:

„Als die völlig überraschten Schüler sich nach den Ferien zum Fahnenappell versammelten, stand ein neuer Direktor vor ihnen: Paul Dittmer, bisher Leiter der Schule Armgartstraße , davor Schulrat in Altona. An seiner Linientreue brauchte die Partei nicht zu zweifeln. Er hatte schon vorher bewiesen, dass er mit politisch unzuverlässigen Schülern nicht lange fackelte. Nun hatte er Gelegenheit, mit strammer Gesinnung und massiven Drohungen die ‚Verwahrlosung der Jugend‘ am Christianeum ein für allemal zu beenden. Schon nach wenigen Tagen trat er mit dem Bannführer vor die Schülerschaft, um ihr die Leviten zu lesen. Als abschreckendes Beispiel musste der ‚ehrlose Mischling‘ H. herhalten. Das Christianeum aber wurde mit dem Dienstantritt Dittmers vom Reichserziehungsminister offiziell in den Rang einer ‚besonders bedeutenden Anstalt‘ erhoben. Im Umgang mit dem Kollegium kehrte der Ton von Führerbefehlen in die Schule einen. Ein tiefer Graben, über den es keine Verständigung mehr gab, spaltete die Mehrheit der Lehrer von denen, die den Sturz Laus betrieben hatten." (31) Der Rang einer „besonders bedeutenden Anstalt“ hatte in erster Linie eine Besoldungsverbesserung für Dittmer zur Folge.

Im Kontext des Entnazifizierungsverfahrens von Hermann Lau wurde noch ein Schreiben von Heinrich Schröder eingebracht, das zusätzliche Informationen und eine innere Sicht zu den dargestellten Abläufen bot.

Am 26.8.1942 wurde Hermann Lau als Oberstudiendirektor des Christianeums abgelöst und als Nachfolger für den in den Ruhestand getretenen Schulleiter der Oberschule für Jungen in Blankenese mit der dortigen Leitung beauftragt. (32)

Lau wies dieses „Angebot“ zurück. Am 5.9.1942 stellte er einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand. Oberschulrat Walter Behne beauftragte das Gesundheitsamt Altona am 8.9.1942, eine gutachterliche Äußerung abzugeben, ob Hermann Lau als dienstunfähig anzusehen sei. Um sicher zu gehen, dass die erwünschte Pensionierung auch realisiert werden konnte, ergänzte Behne auf seinem Vermerk handschriftlich: „Der eigentliche Vorgang ist am 12.9.1942 von mir dem Obermedizinalrat Dr. Stuhlmann, Altona, persönlich ausgehändigt."

Und so kam der Obermediziner zu dem gewünschten Ergebnis: „Aufgrund der objektiv nachgewiesenen fortgeschrittenen Alterung und Verbrauchtheit und organischen Leiden sind die von Dr. L. vorgebrachten Beschwerden als vollkommen glaubhaft hinzustellen. Bei der Summe, Schwere und Art dieser Leiden ist nicht anzunehmen, dass durch die beabsichtigt gewesene Kur eine Wiederherstellung der körperlichen und geistigen Kräfte erzielt wird. Es ist vielmehr anzunehmen, dass eine weitere Verschlechterung bei dem Lebensalter des L. eintreten dürfte, so daß die bei Dr. Lau zurzeit vorliegende Dienstunfähigkeit als eine dauernde anzusehen ist und die Inruhestandversetzung wegen überkommener körperlicher und geistiger Schwäche angezeigt ist." (33)

Hermann Lau füllte am 8.2.1946 einen Entnazifizierungsfragebogen aus. Er wohnte noch in Flottbek und gab als Beschäftigung an: „Abhaltung von Kursen in Geschichte und Hebräisch für Theologiestudierende. Neben der NSDAP 1937 war Lau Mitglied in der NSV seit 1934, im NSLB seit dem 14.10.1934, im VDA und dem Reichskolonialbund seit 1940. Zur Parteimitgliedschaft vermerkte er: „Schon 1933 unternahm es die NSDAP, mich wegen Kampfes gegen den nationalsozialistischen Geist aus meinem Amte - ich war damals Direktor am Reformgymnasium in Glückstadt - zu entfernen. Sie stützte sich dabei unter anderem auf einen öffentlichen Vortrag über das Thema ‚Rasse und Bibel’, den ich gegen die nationalsozialistische Rassenlehre gehalten hatte. Und auf den Widerstand, den ich der Werbung für die Hitlerjugend entgegengesetzt hatte. Ich wurde dann 1934 nach Altona an das Christianeum versetzt, hatte aber weiter unter der Bespitzelung und Anfeindung durch die Partei zu leiden. Auch als ich 1937 trotz meiner beim Ortsgruppenleiter vorgebrachten Einwendungen in die Partei hatte eintreten müssen, wurden die Treibereien gegen mich fortgesetzt und endeten damit, dass mir 1942 mein Amt genommen wurde." (34)

Bei früherer politischer Mitgliedschaft gab Lau „keine" an, also weder DVP oder DNVP, wie in einem Schreiben des Oberpräsidenten der Provinz Schleswig Holstein vom 18.9.1934 festgestellt worden war.

Bedeutsam war eine Initiative von Heinrich Schröder an die Schulverwaltung vom 17.5.1945. Schröder, der kurz darauf Oberschulrat für die höheren Schulen werden sollte und bei den Entnazifizierungsverfahren in diesem Bereich eine wichtige Rolle spielte, forderte die Rehabilitierung von Hermann Lau und den ehemaligen Lehrerkollegen am Christianeum Wendling und Gabe. Dabei beschrieb er noch einmal präziser die Vorgänge, so wie sie bisher mit persönlicher Zuordnung nicht bekannt waren:

„Im Winter des Jahres 1941/42 wurde gegen den damaligen Direktor des Christianeums, Herrn Dr. Lau, sowie gegen die Studienräte Wendling, Dr. Gabe, Schröder von der Schulbehörde eine Untersuchung wegen ihrer politischen Haltung eingeleitet, die zurückging auf Anzeigen, die, wie Herr Oberschulrat Henze im Verlauf der Verhandlung mitteilte, von dem Studienrat de Bruycker und den früheren Mitgliedern des Kollegiums, den Studienräten Köhler (SS), Wehrt (Amtswaltern der NSDAP), Oberstudienrat Dr. Trog (SS) (alle anscheinend Mitglieder des SD) erstattet worden waren. Diese Anzeigen waren bei der Gestapo gemacht worden, denn in einer auf Antrag der Gestapo einberufenen Sitzung der Hamburger Schulleiter, die am 13. Dezember 1941 unter dem persönlichen Vorsitz des Reichsstatthalters stattfand, war es der Vertreter der Gestapo gewesen, der diese Anklage vertrat und dem Christianeum den Vorwurf der staatsfeindlichen Haltung machte. Zu welchen Mitteln übrigens die Gestapo griff, um weiteres Belastungsmaterial zu bekommen, möge die Tatsache zeigen, dass der damals 15-jährige (!) Sohn des Unterzeichneten eines Tages ins Stadthaus bestellt wurde zu einem Verhör unter anderem darüber, ob sein Vater ausländische Sender höre, einem Verhör, das in der Akte wieder erwähnt wurde.“ (35)

Schröder beschrieb noch einmal die Lehrerkonferenz am 13.1.1942, auf der Oberschulrat Henze eine Anklageschrift vortrug in Anwesenheit des Denunzianten de Bruycker. „Die Konferenz sei völlig ergebnislos verlaufen: das Kollegium des Christianeums lehnte es einmütig ab, zum Teil in schärfster Form, einer solchen Aufforderung nachzukommen, weiteres Belastungsmaterial gegen die genannten Kollegen vorzulegen. Auch der von der Partei eingesetzte Schulwalter, Studienrat Irps, sowie der Studienrat Schindler, den Herr Henze mehrere Wochen vorher ans Christianeum versetzt hatte zu dem, wie Herr Schindler selbst ausgesagt hat, besonderen Zweck das Kollegium zu ‚überwachen‘, sie wagten nicht, vor diesem Forum die Anklage zu stützen geschweige denn zu erweitern.“

Obwohl die Konferenz ergebnislos verlief, wurden Hermann Lau und die Kollegen Wendling und Gabe versetzt bzw. pensioniert

Was ihn betraf, schrieb Schröder: „Als - um nur ein Beispiel anzuführen - die Primaner nach dem angeblich ‚proenglischen‘ Geschichtsunterricht des Unterzeichneten gefragt wurden, erklärte der damalige Schulführer der HJ-Führer Lucca wörtlich: „Wir würden gern auf jeden anderen Unterricht verzichten, wenn wir dafür bei Herrn Schröder Geschichte haben können."

Somit glaubte Henze, dass Schröder „aus Versehen auf die Liste gekommen“ sein müsste.

Und was den Schulleiter betriaf, stellte Schröder fest: „Herrn Direktor Lau wurde von Herrn Senator Ofterdinger mitgeteilt, dass er nicht mehr das Vertrauen des Gauleiters habe. Da ihm für die Leitung einer anderen Anstalt - er sollte nach Blankenese versetzt werden – dies Vertrauen eigenartigerweise nicht entzogen wurde, so war es offensichtlich, dass bei dieser Entscheidung noch andere Gründe mitspielten. Da das Christianeum gerade damals in den Rang einer besonders bedeutungsvollen Anstalt erhoben wurde, so lag die Vermutung nahe, dass die mit dieser Einstufung verbundenen erhöhten Bezüge des Schulleiters einem besonders ausgewählten Parteigenossen zugutekommen sollten, eine Vermutung, die durch die Ernennung des für die Leitung eines Gymnasiums völlig ungeeigneten Herrn Dittmer prompt bestätigt wurde."

Somit forderte Schröder, Hermann Lau und die beiden Kollegen zu rehabilitieren.

Interessant auch, was Heinrich Schröder zum Denunzianten de Bruycker feststellte: „Mit Herrn de Bruycker, der, wie sich bei der Verhandlung herausstellte, jahrelang Äußerungen einzelner Kollegen aufgeschrieben hatte, um sie dann in einem bestimmten Augenblick der Behörde zu übergeben, haben dann die nicht der Partei angehörigen Mitglieder des Kollegiums im Interesse ihrer persönlichen Sauberkeit jeden weiteren Verkehr abgelehnt und haben dies dem Nachfolger von Herrn Direktor Lau, Herrn Direktor Dittmer, zum Ausdruck gebracht. Dieser erklärte in einer Konferenz ein solches Verhalten für unzulässig und nahm Herrn de Bruycker in Schutz, indem er behauptete, Herr de Bruycker habe im Auftrag des S.D. gehandelt und habe nur seine Pflicht getan. Daß alle anständigen Mitglieder des Kollegiums des Christianeums es in Zukunft ablehnen werden, nicht nur außerdienstlich, sondern auch dienstlich mit Männern an einem Tisch zu sitzen, die sich in dieser Weise in den Dienst des Spitzel- und Denunziantentum der Partei gestellt haben, wird die Schulbehörde verstehen.“ (36)

Alle drei Kollegen wurden rehabilitiert. Karl Wendling war inzwischen verstorben und Walther Gabe wurde 1945 wieder eingestellt. Bei Hermann Lau war es schwieriger. Aufgrund seines Alters (fast 63 Jahre) gab man ihm nicht das Direktorat des Christianeums zurück. Dafür erhielt Lau die Ruhestandsbezüge als Schulleiter „einer besonders bedeutungsvollen Schule“.

Ab 1946 gab Hermann Lau Kurse an der Universität Hamburg. Von 1954 bis 1958 war er noch an der kirchlichen Hochschule tätig. (37)

Hermann Lau starb am 4.2.1964.

Text: Hans-Peter de Lorent

Anmerkungen
1. Alle Angaben nach der Personalakte Hermann Laus, StA HH, 361-3_A 1670
2. Ebd.
3. Schreiben vom 6.9.1918, ebd.
4. Ebd.
5. Entwurf eines Schreibens an das Kultusministerium Berlin vom 16.6.1924, ebd.
6. Ebd.
7. Schreiben vom 22.12.1926, ebd.
8. Siehe Biografie Robert Grosse und: Das Denunzianten-System des Hermann Saß in Altona in diesem Buch.
9. Entwurf vom 27.10.1933, Personalakte Lau, a.a.O.
10. Ebd.
11. Entwurf vom 18.9.1934, ebd.
12. Ebd.
13. Unser Klassenbuch, 12 g Abitur 1950, Erinnerungen an die Zeit im Christianeum 1941-1950, S. 117; Exemplar im Schulmuseum Hamburg.
14. Unser Klassenbuch, a.a.O., S. 65.
15. Ulf Andersen, Das Christianeum während des Dritten Reiches, in: Ulf Andersen (Hrsg.): 250 Jahre Christianeum 1738-1988, Bd. 1 Hamburg 1988, S. 133.
16. Andersen a.a.O., S. 134.
17. Andersen a.a.O., S.147.
18. Ebd.
19. Siehe Biografie de Bruycker.
20. Die Reden von Hermann Lau und dem Schulleiter des Wilhelm-Gymnasiums, Bernhard Lundius sind abgedruckt in: Die 200-Jahr-Feier des Christianeums in Altona. Bericht über die Festtage 23.-25 Sept.1938, S. 6-18. Wiedergegeben auch in Andersen, a.a.O., S. 120 ff. Dass Hermann Lau durchaus auch eingepasst war in das NS- System wird auch deutlich in einem Gutachten, das er über Hermann Trog geschrieben hat, siehe Biografie Trog.
21. Andersen a.a.O., S. 123 f.
22. Andersen a.a.O., S. 124.
23. Andersen a.a.O., S. 125.
24. Siehe Biografie Dittmer.
25. Siehe StA HH, 362-2/21_Nr.2
26. StA HH, 361-2 VI_990 ;Schulverwiesene oder strafversetzte Schüler (sog. Swing- Jugend, 1940-1942). Siehe auch Biografie de Bruycker.
27. Siehe auch die Biografie Albert Henze. Zu Heiner Fey siehe: www.martinguse.de/jugend-kz/mobiografie5.htm
28. StA HH, 361-2 VI_990; Schulverwiesene oder strafversetzte Schüler (sog. Swing- Jugend, 1940-1942).
29. Ebd.
30. Siehe Biografie de Bruycker.
31. Andersen, a.a.O., S.158.
32. Personalakte Lau, a.a.O., Bl.11
33. Amtsärztliches Gutachten vom 17.9.1942, Personalakte Lau, a.a.O., Bl.12
34. Siehe Entnazifizierungsakte Lau, StA HH, 221-11_Ed 10294. Danach blieb Lau NSDAP- Mitglied auch nach seiner Amtsenthebung.
35. Schreiben vom 17.5.1945, in Personalakte Lau, a.a.O.
36. Ebd. Siehe auch die Biografien Dittmer und de Bruycker.
37. Laut Personalakte Lau, a.a.O.
 

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Von Hamburger NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Zuschauer/innen ... Eine Hamburg Topografie.

NS-Dabeigewesene

Aufsätze

Erklärung zur Datenbank

Stand Januar 2024: 914 Kurzprofile und 332 sonstige Einträge.

Diese Datenbank ist ein Projekt in Fortsetzung (work in progress). Eine Vollständigkeit ist niemals zu erreichen. Sie startete online im Februar 2016 mit rund 520 Profilen und mehr als 200 weiteren Einträgen und wird laufend ergänzt und erweitert werden. Wissenschaftliche Institute, Gedenkstätten, Universitäten und zum Thema forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können gern ihre erarbeiteten Profile in diese Datenbank stellen lassen.

Quellenangaben, die sich auf Webseiten beziehen, sind die zum Zeitpunkt der Recherche gefundenen. Sollten Sie veraltete Links oder Aktualisierungen bzw. Verschiebungen der Inhalte feststellen, freuen wir uns über Hinweise.

Vor etlichen Jahren hat die Landesszentrale für politische Bildung Hamburg die Stolperstein-Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de ermöglicht und gibt seit rund zehn Jahren gemeinsam mit dem Institut für die Geschichte der Deutschen Juden unter der Projektleitung von Dr. Beate Meyer und Dr. Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung die Publikationsreihe „Stolpersteine in Hamburg, biografische Spurensuche“ heraus. Mit dieser Datenbank „Die Dabeigewesenen“ möchte die Landeszentrale für politische Bildung nun den Blick auf diejenigen lenken, die das NS-System stützten und mitmachten. Denn:

Eine Gesellschaft, die sich eine offene und freie Zukunft wünscht,
muss [...] über eine Kultur verfügen, die nicht auf dem Verdrängen
und Vergessen der Vergangenheit beruht.“ (Mario Erdheim Psychoanalytiker) 1)

Diese aktuell immer noch so wichtige Aussage bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt dieser Datenbank. Sie enthält eine Sammlung mit Kurzprofilen über Menschen, die auf unterschiedlichste Weise an den NS-Gewaltverbrechen in Hamburg Anteil hatten, z.B. als Karrierist/innen, Profiteur/innen, Befehlsempfänger/innen, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Täter/innen. Aber auch sogenannte Verstrickte, die z. B. nach durchlittener Gestapo-Folter zum Spitzel wurden. Unter all diesen Dabeigewesenen gab es auch Menschen, die in keiner NS-Organisation Mitglied waren, die aber staatliche Aufträge - zum Beispiel als Künstler oder Architekt - annahmen und so von dem NS-System profitierten, im Gegensatz zu denen, die sich diesem System nicht andienten, deshalb in die Emigration gingen oder in Kauf nahmen, keine Karriere mehr zu machen bzw. kaum noch finanzielle Einnahmen zu haben.

Ebenso wurden solche Personen aufgenommen, die zum Beispiel vor und während der NS-Zeit den Idealen des Heimatschutzes und der Technik-Kritik anhingen und das NS-Regime dadurch unterstützten, indem sie staatliche Aufträge annahmen, die diesen Idealen entsprachen, da das NS-System solche Strömungen für seine Ideologie vereinnahmte.

Für die Datenbank „Die Dabeigewesenen“ wurden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie Medizin, Justiz, Bildung und Forschung, Verwaltung, Kirche, Fürsorge und Wohlfahrt, Literatur, Theater und Kunst, Wirtschaft, Sport, Polizei und parteipolitische Organisationen berücksichtigt.

„denn wir können (…) das ganze Phänomen des Mitmachens und des Ermöglichens, das ja in der NS-Zeit eine genauso große Rolle gespielt hat, wie die Bereitschaft, selbst aktiver Täter vor Ort zu sein - das alles können wir nur verstehen, wenn wir die verschiedenen Facetten der Täterschaft noch viel genauer betrachten, als das bisher geschehen ist." 2)

In vielen Profilen wird der weitverbreitete Enthusiasmus vieler Deutscher für den Nationalsozialismus, gegenüber „seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik, seine Architektur, seine Weltanschauung" 3) etc. deutlich. Und es zeigt sich, dass Menschen das NS-System stützten, indem sie z. B., ohne darüber nachzudenken und ohne zu hinterfragen, bereitwillig moralische und soziale Normen des NS-Staats übernahmen.

Mit Schaffung der „Ausgrenzungsgesellschaft“ war es für die „Mehrheitsgesellschaft“ möglich, u. a. NS-Rassentheorien praktisch umzusetzen.

Diese Erkenntnis ist angesichts heutiger aktueller gesellschafts-politischer Entwicklungen von Bedeutung. In einem Interview zum Thema Fremdenfeindlichkeit bemerkte der Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz auf die Frage, ob aus der Geschichte zu lernen sei. „Wir könnten schon. Wir könnten zum Beispiel lernen, dass der Fremde nicht schuld ist an dem Hass, der ihm widerfährt. Es scheint tatsächlich schwierig zu vermitteln zu sein, dass das Opfer nicht dafür verantwortlich ist, dass es totgeschlagen oder misshandelt wird. Juden werden nicht verfolgt, weil an ihnen etwas ist, was sie zu Opfern macht, sondern weil die Mehrheitsgesellschaft Opfer braucht, und zwar zur eigenen Identitätsstiftung. Zuwanderer, Fremde, Andersgläubige werden ausgegrenzt. Das stärkt das Selbstgefühl der Mehrheit.“ 4)

Mit der Datenbank soll eine Hamburg Topographie der „Dabeigewesenen“ entstehen, um somit konkrete Orte des NS-Geschehens sichtbar zu machen. Deshalb werden auch nur diejenigen Dabeigewesenen aufgenommen, die zwischen 1933 und 1945 in Hamburg mit seinen Grenzen nach 1937 gelebt/gearbeitet haben. Neben Personenprofilen sind auch Adressen von NSDAP-Organisationen und -Einrichtungen zu finden. Darüber hinaus gibt es für einzelne Stadtteile Einträge, die die NS-Aktivitäten im Stadtteil beschreiben. In der Datenbank kann nach Namen, Straßen, Bezirken und Stadtteilen gesucht werden, damit also auch nach den Wohnadressen und/oder Adressen der Arbeitsstätten (soweit recherchierbar). Durch Hinzuziehen der Stolpersteindatenbank (hier sind die Adressen der NS-Opfer aufgenommen, für die bisher Stolpersteine verlegt wurden) und der virtuellen Hamburg-Stadt-Karte (sie verzeichnet die Zwangsarbeiterlager und Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben) wird eindringlich deutlich, wie dicht benachbart Opfer und Dabeigewesene in Hamburg gelebt und gewirkt haben. Mit diesen Informationen ist es immer schwerer, die altbekannte Entschuldigung aufrecht zu erhalten; wir haben doch nichts davon gewusst.

In den vorgestellten Profilen liegt der Fokus auf Handlungen und Einstellungen zum NS-Regime. Privates wird nur erwähnt, wenn es für die Haltung zum NS-Regime von Relevanz ist. Recherchegrundlage für diese Datenbank waren bereits vorhandene wissenschaftliche Veröffentlichungen (z. B. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und dem Institut für Zeitgeschichte), Biographien, Sammelbände und Dissertationen zu Hamburg im Nationalsozialismus, aber auch in diversen Fällen Entnazifizierungsakten und andere Akten und Dokumente, die im Staatsarchiv Hamburg zur Verfügung stehen. Für die Adressenrecherchen wurden die digitalisierten Hamburger Adressbücher von 1933 bis 1943 der Staats- und Universitätsbibliothek genutzt. Trotz größter Sorgfalt beim Zusammentragen der Daten, ist es dennoch möglich, dass Schreibweisen von Namen variieren und Lebensdaten fehlerhaft sind. In den Profilen und den Beschreibungen der Funktionen sowie des „Wirkens“ des Dabeigewesenen konnte nicht komplett auf das NS-Vokabular – der Sprache der Täter – verzichtet werden, dennoch wurde versucht, diesen Anteil gering zu halten und neutralere Umschreibungen zu finden.
Die meisten der aufgeführten Personen wurden schnell nach Kriegsende durch die Entnazifizierungsstellen als entlastet eingestuft, sie mussten sich selten vor Gericht verantworten oder sie wurden aufgrund von Verjährung ihrer Taten nicht juristisch verurteilt. So stellt Can Bozyakali in seiner Dissertation z. B. zum Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht fest, dass auch in Hamburg bis Anfang der 1950er Jahre 63% aller Justizjuristen, die am Sondergericht tätig gewesen waren, wieder in den Justiz-Dienst eingestellt wurden. „[…] anhand dieser Werte [kann] von einer ‚Renazifizierung‘ gesprochen werden.“ 5)

Dr. Rita Bake, Dr. Brigitta Huhnke, Katharina Tenti (Stand: Anfang 2016)

1) Mario Erdheim: „I hab manchmal furchtbare Träume … Man vergißts Gott sei Dank immer glei...“ (Herr Karl), in: Meinrad Ziegler, Waltraut Kannonier-Finster: Österreichisches Gedächtnis. Über Erinnern und Vergessen der NS-Vergangenheit. Wien 1993.
2) Wolfram Wette: Deutschlandfunk-Interview am 20.11.2014, anlässlich seines neuen Buches: „Ehre, wem Ehre gebührt. Täter, Widerständler und Retter - 1933-1945“, Bremen 2015.
3) Raphael Gross: Anständig geblieben. Frankfurt a. M.  2010, S. 17.
4) Wolfgang Benz: „Ich bin schon froh, wenn es nicht schlimmer wird". Der Historiker Wolfgang Benz über die lange Geschichte der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland – und was neu ist an den Pegida-Märschen. Interview: Markus Flohr und Gunter Hofmann, in ZEIT online vom 21. Dezember 2015. www.zeit.de/zeit-geschichte/2015/04/wolfgang-benz-pegida-antisemitismus-fremdenfeindlichkeit
5) Can Bozyakali: Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht: Eine Untersuchung der NS-Sondergerichte unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge, Frankfurt/ Main 2005, S. 235.

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