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Willi Heher

(24.11.1897 Hamburg – 26.6.1966)
Schulleiter: Volksschule Wrangelstraße 83, später: Schulleiter der Schule Methfesselstraße , später Schulleiter an der Volksschule für Mädchen am Ratsmühlendamm , Schulrat
Kohlgarten 3 (Wohnadresse 1955)

Dr. Hans-Peter de Lorent hat über Willi Heher ein Portrait verfasst, das in Hans-Peter de Lorents Buch: Täterprofile. Die Verantwortlichen im Hamburger Bildungswesen unterm Hakenkreuz. Band. 3. Hamburg 2019 erschienen und im Infoladen der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg erhältlich ist. Hier der Text:

„Die Stilllegung des NS-Lehrerbundes um die Jahreswende 1942/43 bedeutete, dass der Lehrerschaft das einzige politische Instrument im Kampfe um ihre Belange genommen wurde.“

Als überzeugter Nationalsozialist, zum 1.5.1933 in die NSDAP eingetreten, gleichzeitig Mitglied des NSLB, dort als Kreisamtsleiter tätig, wurde Willi Heher als Schulleiter an die Spitze verschiedener Volksschulen gestellt und während des Krieges als Schulrat in die Schulverwaltung berufen. Er gehörte zu denen, die in ihren Ämtern Kompetenz und kollegiales Verhalten zeigten. Nach Ende der NS-Herrschaft wurde Heher als Politischer Leiter interniert und durchlief ein längeres Entnazifizierungsverfahren. Er erreichte dann aber 1949 die Wiedereinstellung als Lehrer und erhielt nach seiner Pensionierung 1963 das Ruhegehalt eines Schulrates.
Willi Heher wurde am 24.11.1897 in Hamburg geboren. Er besuchte die Seminarschule in der Binderstraße und wechselte 1912 auf das Lehrerseminar. Die Seminarzeit wurde unterbrochen durch die Einberufung zum Kriegsdienst am 10.10.1916. Nach einer Kriegsverletzung bei einer Schlacht südlich von Verdun wurde Heher als Unteroffizier in die Ortskommandantur nach Brüssel abkommandiert, später zum Generalgouvernement Belgien.[1]
Am 22.2.1918 konnte Heher seine 1. Lehrerprüfung ablegen und wurde dann an der Schule Lutterothstraße 80 beschäftigt, wo er bis 1928 unterrichtete, nachdem er am 6.7.1921 auch seine 2. Lehrerprüfung bestanden hatte.[2]
Willi Heher bildete sich weiter und besuchte von 1919 bis 1923 berufsbegleitende Kurse an der Universität Hamburg und wechselte in den Jahren 1925 bis 1927 nach New York, wo er unterrichtete und an der Columbia-Universität studierte.[3]
Am 1.5.1933 trat Heher in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 3.277.835) und wurde im NSLB aktiv, zunächst als Kreiswalter, später als Kreisamtsleiter.[4]
Von daher war es absehbar, dass Willi Heher zu den Personen gehören würde, die im Volksschulbereich als Schulleiter eingesetzt wurden. Heher stand auf der Liste der Schulleiter zum 1.7.1933 und konnte es sich sogar leisten, darauf hinzuweisen, dass die für ihn vorgesehene Schule zu weit von seinem Wohnort entfernt lag. So bekam er die Schulleiterstelle an der Volksschule Wrangelstraße 83, seit dem 1.4.1935 leitete er die Schule Methfesselstraße , zwei Jahre später wurde er Schulleiter an der Volksschule für Mädchen am Ratsmühlendamm .[5]
Wie viele andere spätere Nationalsozialisten auch hatte Willi Heher Ende der 1920er Jahre eine Nebentätigkeit an der Polizeischule wahrgenommen. Er nahm zumindest an dem Reichsparteitag in Nürnberg vom 9. bis zum 16.9.1936 teil, besuchte Kreisamtsleiter-Tagungen des NSLB und teilte der Landesunterrichtsbehörde am 26.11.1941 mit, Kreisbeauftragter für Volkstumsfragen im Kreis Hamburg I geworden zu sein.[6]
Am 8.7.1938 heiratete Willi Heher die Amerikanerin Elli Delfs, mit der er zwei Söhne hatte (1940 und 1943).[7]
Wertschätzung durch die Schulverwaltung und die NSDAP erfuhr Heher auch dadurch, dass er 1934 zum Mittelschullehrer befördert wurde, 1939 zum Rektor, 1941 zum Hauptschulrektor und schließlich kam er am 17.2.1942 als vertretender Schulrat für den Volksschuldienst in die Schulverwaltung, am 1.11.1944 wurde er zum Schulrat befördert.[8]
Auch im NSLB war Heher als Kreisamtsleiter sehr geschätzt. Anlässlich der Gründungsfeier des NSLB bekam er von der Reichsverwaltung in Bayreuth am 3.4.1939 eine Einladung, die nur an acht Hamburger Schulleiter ausgesprochen wurde.[9]
Das Blatt wendete sich mit dem Ende der NS-Herrschaft. Willi Heher wurde verhaftet und in das Internierungslager Eselheide überführt. In dem Spruchverfahren gegen ihn hatte die 3. Spruchkammer des Spruchgerichts Bielefeld in ihrer Sitzung vom 8.10.1947 folgendes Urteil gefällt:
„Der Angeklagte ist als Leiter des Kreisamts für Erzieher nach dem 1. September 1939 Mitglied des Politischen Führerkorps geblieben, in Kenntnis des verbrecherischen Charakters dieser Organisation. Er wird deshalb zu einer Geldstrafe von 4000 Reichsmark, ersatzweise zu einem Tag Gefängnis für je Reichsmark 25 sowie zur Tragung der Verfahrenskosten verurteilt. 3000 Reichsmark der erkannten Geldstrafe werden durch die erlittene Internierungshaft für verbüßt beziehungsweise gezahlt erachtet.“[10]
Während seiner Internierungszeit war Heher am 29.8.1945 mit Schreiben von Schulsenator Heinrich Landahl auf Anordnung der Militärregierung aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden. Dagegen konnte Heher erst nach der Spruchgerichtsentscheidung und seiner Rückkehr nach Hamburg Einspruch einlegen.[11]
Vorher hatte Oberschulrat Fritz Köhne bereits am 15.7.1946 für die Schulverwaltung ein Gutachten über Schulrat Willi Heher geschrieben, in dem es hieß:
„Herr Willi Heher besaß als Lehrer und Schulleiter für das Amt eines Schulrates die erforderlichen fachlichen Voraussetzungen. Er hat daher die Schulaufsicht in dem von ihm verwalteten Kreise mit Einsicht und Sachverstand fleißig und gewissenhaft versehen. Seine Arbeit im Dienste des NS-Lehrerbundes und der Partei galt der Förderung der Schule und des Lehrerstandes. Unsachliche Maßnahmen und persönliche Vorteile sind dabei nicht in Erscheinung getreten; Herr Heher hat sich stets für eine saubere, anständige Lösung schulpolitischer Aufgaben eingesetzt. Der Hitler-Jugend stand er scharf ablehnend gegenüber. Ohne Zweifel ist Herr Willi Heher Nationalsozialist gewesen; er hat aber in seiner geistigen Interessiertheit vor 1933 und seinem längeren Aufenthalt in USA demokratische Gehalte aufgenommen, die ihn vor einer Verengung und Verkrampfung in seinem politischen Urteil bewahrt haben.“[12]
Dieses Gutachten von Fritz Köhne, der nach 1945 weiter in der Schulbehörde für den Volksschulbereich zuständig war, erleichterte das Entnazifizierungsverfahren für Heher. Er legte Einspruch gegen die Entlassung ein und schrieb am 20.2.1948:
„Ich bin der Partei am 1. Mai 1933 beigetreten unter dem Einfluss der damals elementaren Volksstimmung und unter dem Druck der nationalen Not. Ich glaubte, in Hitler einen Staatsmann zu erkennen, dem es gelingen könnte, die drohende Gefahr des Bruderkrieges abzuwenden und gesunde politische und wirtschaftliche Verhältnisse in Deutschland zu schaffen. Ich war überzeugt von der Wahrhaftigkeit seiner Versprechungen.“[13]
Zu seiner Tätigkeit im NS-Lehrerbund schrieb Heher:
„Als an mich die Aufforderung erging, im NS-Lehrerbunde mitzuarbeiten, fand ich mich dazu bereit, weil ich als Beamter glaubte, mich solcher Mitarbeit nicht entziehen zu dürfen, weil ich mich als Schulmann verpflichtet fühlte, in der ständischen Berufsorganisation der deutschen Lehrerschaft mitzuwirken. Ich habe meinen Auftrag von Beginn an als Schulpolitiker, und nicht als Parteipolitiker gesehen. Mein Auftraggeber war der Fachverband, also die Gauleitung des NS Lehrerbundes im Curio-Hause. Da es diese Stelle an einer planvollen und zielsicheren Führung fehlen liess, arbeitete ich in meinem Kreise völlig selbständig.“[14]
Als Ziele und Prinzipien seiner Arbeit nannte Willi Heher:
„Berufswissenschaftliche Arbeit in Ergänzung der Lehrerfortbildung am Pädagogischen Institut, Arbeitsgemeinschaften, Führungen, Vorträge. Soziale Betreuung der Lehrerschaft durch den Ausbau der Abteilung ‚Wirtschaft und Recht‘, Fernhaltung des Einflusses der Hitler-Jugend aus dem Schulleben. Ich habe bei jeder geeigneten Gelegenheit an die Kollegenschaft appelliert, solidarisch zusammen zu stehen und nicht zu resignieren. Wo Standesgenossen von Partei-Instanzen angegriffen wurden, habe ich geholfen oder versucht zu helfen. Nicht Parteizugehörigkeit oder -rang waren für meine Handlungen ausschlaggebend, sondern Persönlichkeitswerte und vor allem der Wille des Einzelnen zum Einsatz für die Schule.“[15]
Im Weiteren machte Willi Heher noch einige Ausführungen über die Lehrerfeindlichkeit der NSDAP:
„Wenn der Kreis Hamburg I der NSDAP als der schulfreundlichste in Hamburg galt, so ist das angesichts der allgemeinen herrschenden schul- und lehrerfeindlichen Tendenz in der Partei wahrscheinlich als Erfolg meiner schulpolitischen Arbeit zu werten. Dass der Ursprung dieser Tendenzen letztlich in der ganz persönlichen Antipathie Hitlers gegen Schule und Lehrer und in der ausgesprochenen Favoriten-Stellung der Hitler-Jugend zu suchen war, trat damals zwar noch nicht in aller Deutlichkeit zutage. Dennoch erforderte es ein hohes Maß von Energie, Beharrlichkeit und Taktik, die Interessen der Schule mit Erfolg zu vertreten. Nur so war es mir möglich, mäßigend auf die Diffamierung des Lehrers und auf die Einflussnahme der Hitler-Jugend auf das Schulleben zu wirken.
Die Diffamierung des Lehrerstandes und die Einflussnahme der Hitler-Jugend auf die Schule nahmen auch dann noch zu, als Hitler im Jahre 1941 durch Geheimbefehl an die Parteileitungen die weitere Verunglimpfung der Lehrerschaft verboten hatte. Um die Jahreswende 1942/43 kam noch die Stilllegung des NS-Lehrerbundes hinzu. Sie erfolgte aufgrund eines völlig unmotivierten Befehls seitens der Reichsleitung der NSDAP, zog die Einziehung des gesamten Vereinsvermögens nach sich und bedeutete nichts weniger, als dass der Lehrerschaft das einzige politische Instrument im Kampfe um ihre Belange genommen und die Schule zum Spielball im politischen Rangstreit gemacht wurde. Diese Vorgänge erschütterten mich so sehr, dass ich 1943 ernstlich den Austritt aus der Partei erwog. Den Austritt aus der Partei habe ich dennoch nicht vollzogen, weil ich darin einen Verrat an der Sache der Schule und des Standes sah, weil ich mich an die von mir abgelegten Eide gebunden fühlte, weil ich meiner Familie nicht zumuten konnte, die sich aus solchem Schritt unweigerlich ergebenden Konsequenzen zu tragen.“[16]
In dieser Weise, aus Sicht der Interessenvertetung der Lehrerschaft, ist selten ein Einspruch gegen die Entlassung aus dem Schuldienst begründet worden.
Zu seiner Unterstützung erhielt Willi Heher vom ehemaligen KLV-Schulbeauftragten, Heinrich Sahrhage, ein Schreiben, in dem es hieß, Willi Heher habe sich mit allen Mitteln dafür eingesetzt, „die kriegsbedingte Aufgabe der Kinderlandverschickung zur Erhaltung von Leben und Gesundheit der Hamburger Kinder in den Jahren 1940/45 ganz im schulischen und nicht im parteipolitischen Sinne zu gestalten, d. h. die Kinder klassenweise mit ihren Lehrkräften und nicht in HJ-Verbänden“ zu verschicken. „Sie haben es in ständigen Auseinandersetzungen mit der Hitlerjugend erreicht, dass die Hauptverantwortung für die Betreuung der verschickten Kinder bei den mitreisenden Lehrkräften verblieb (welche Sie als Schulrat dafür abordneten) und nicht den HJ-Führern übertragen wurde. Unsere gesamte Arbeit der KLV in Hamburg stützte sich jederzeit gut und gerne auf das von Ihnen im Kreise I gegebene Beispiel.“[17]
Hilfreich für Willi Heher war auch ein Zeugnis, das er von englischen Dienststellen erhielt, für die er in seiner Internierungszeit in Eselheide gearbeitet hatte. Darin hieß es:
„Herr Willi Heher war vom 15. Januar 1947 bis zu der am 8. September erfolgten Transferierung dieser Dienststelle als Büroangestellter bei dieser Einheit tätig und wurde mit Büroarbeiten aller Art betraut. Er hat sich in dieser Zeit als fleißiger und gewissenhafter Arbeiter und als besonders vertrauenswürdig erwiesen. Außerdem verfügt er über gute englische Sprachkenntnisse in Wort und Schrift. Er hat einige Jahre in den Vereinigten Staaten verbracht. Seine Dienste können daher allen englischen Dienststellen wärmstens empfohlen werden. Seine Ehefrau ist amerikanische Staatsbürgerin und momentan bei den britischen Behörden beschäftigt.“[18]
Der Beratende Ausschuss entschied am 3.6.1948 in der Zusammensetzung dreier Oberschulräte, Emmy Beckmann, Johannes Schult und Karl Hoffmann:
„Eingehende weitere Ermittlungen haben ergeben, dass Herr Heher sich in seinem Amt als Schulrat bemüht hat, unparteiisch zu urteilen und zu handeln. Er hörte dabei auch abweichende Meinungen und scharfe kritische Äußerungen, die gegen die Hitlerjugend und gegen die NS-Grundsätze gerichtet waren, an, ohne den Vertretern dieser Ansichten irgendwelche Schwierigkeiten zu machen. Auch aus seiner Tätigkeit als Kreiswalter und Kreisamtsleiter im NS-Lehrerbund sind keinerlei Tatsachen bekannt, die gegen ihn sprechen.
Da Herr Heher 1933 in die NSDAP eingetreten ist, muss er in die Kategorie IV eingereiht werden. Für eine leitende Tätigkeit kommt er nicht infrage, da er keine Gewähr für eine demokratische Betätigung bietet. Daher wird vorgeschlagen, ihn mit Befristung als Volksschullehrer im Angestelltenverhältnis zu beschäftigen und nach Ablauf der Frist seine Wiedereinsetzung ins Beamtenverhältnis in Aussicht zu nehmen.“[19]
Willi Heher, der zwischenzeitlich als Wachmann gearbeitet hatte, bekam auch von der Firma, die ihn angestellt hatte, ein sehr positives Gutachten. Der Besitzer der Firma E.M. Hahn schrieb am 12.11.1948:
„Wir würden den Abgang Herrn Hehers als einen kaum ersetzbaren Mitarbeiter zwar bedauern, sehen aber ein, dass seine Tätigkeit bei uns als Wachmann für ihn nur ein befristeter Notbehelf sein kann. Ein Mann mit solchen charakterlichen Qualitäten kann – in seinem Beruf verwendet – unendlich viel beitragen zum Wiederaufbau und es scheint uns unverantwortlich, einen Menschen mit den Fähigkeiten Heher’s seine Zeit als Nachtwächter vertrödeln zu lassen.“[20]
Es entschied dann der Berufungsausschuss 3 unter Vorsitz von Dr. Wilhelm Kiesselbach, Heher mit sofortiger Wirkung im Angestelltenverhältnis wieder als Volksschullehrer einzustellen und ihn nach einem Jahr auch wieder in das Beamtenverhältnis zu überführen.[21]
So geschah es dann auch. Willi Heher fing am 12.1.1949 als Volksschullehrer an der Schule Schwenckestraße 93 an.[22]
Heher bemühte sich im Weiteren, seine alte Besoldung wiederzubekommen, was am 7.1.1955 gelang, als der Hamburg-Block regierte und Professor Hans Wenke Schulsenator war.[23]
Seit 1955 hatte Willi Heher dann einige gesundheitliche Probleme mit vielen Fehlzeiten in der Schule. Er bat darum, zum 31.7.1963 in den Ruhestand zu treten, was ihm auch gewährt wurde. Und er erhielt dann die Versorgungsbezüge eines Schulrates.[24]
Willi Heher starb am 26.6.1966.[25]
Text: Hans-Peter de Lorent

Anmerkungen
1 Alle Angaben laut Personalakte, StA HH, 361-3_A 2188
2 Personalakte a. a. O.
3 Personalakte a. a. O.
4 Entnazifizierungsakte, StA HH, 221-11_X 1099
5 Personalakte a. a. O.
6 Personalakte a. a. O.
7 Personalakte a. a. O.
8 Personalakte a. a. O.
9 Einladung vom 3.4.1939, Personalakte a. a. O.
10 Urteil des Spruchgerichts der dritten Spruchkammer Bielefeld vom 8.10.1947, Entnazifizierungsakte a. a. O.
11 Personalakte a. a. O.
12 Gutachten vom 15.7.1946, Personalakte a. a. O.
13 Einspruch vom 20.2.1948, Entnazifizierungsakte a. a. O.
14 Ebd.
15 Ebd.
16 Ebd.
17 Schreiben vom 6.3.1947, Entnazifizierungsakte a. a. O. Siehe dazu auch die Biografie Heinrich Sahrhage, in: Hans-Peter de Lorent: Täterprofile Bd. 2, Hamburg 2017, S. 284 ff.
18 Schreiben vom 8. September 1947, Entnazifizierungsakte a. a. O.
19 Beratender Ausschuss für die Oberbeamten vom 3.6.1948, Entnazifizierungsakte a. a. O.
20 Schreiben vom 12.11.1948, Entnazifizierungsakte a. a. O.
21 Berufungsausschuss drei vom 15.12.1948, Entnazifizierungsakte a. a. O.
22 Personalakte a. a. O.
23 Personalakte a. a. O. Siehe dazu auch die Biografie Hans Wenke, in: de Lorent 2017, S. 208 ff.
24 Personalakte a. a. O.
25 Personalakte a. a. O.
 

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NS-Dabeigewesene

Aufsätze

Erklärung zur Datenbank

Stand Januar 2024: 914 Kurzprofile und 332 sonstige Einträge.

Diese Datenbank ist ein Projekt in Fortsetzung (work in progress). Eine Vollständigkeit ist niemals zu erreichen. Sie startete online im Februar 2016 mit rund 520 Profilen und mehr als 200 weiteren Einträgen und wird laufend ergänzt und erweitert werden. Wissenschaftliche Institute, Gedenkstätten, Universitäten und zum Thema forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können gern ihre erarbeiteten Profile in diese Datenbank stellen lassen.

Quellenangaben, die sich auf Webseiten beziehen, sind die zum Zeitpunkt der Recherche gefundenen. Sollten Sie veraltete Links oder Aktualisierungen bzw. Verschiebungen der Inhalte feststellen, freuen wir uns über Hinweise.

Vor etlichen Jahren hat die Landesszentrale für politische Bildung Hamburg die Stolperstein-Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de ermöglicht und gibt seit rund zehn Jahren gemeinsam mit dem Institut für die Geschichte der Deutschen Juden unter der Projektleitung von Dr. Beate Meyer und Dr. Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung die Publikationsreihe „Stolpersteine in Hamburg, biografische Spurensuche“ heraus. Mit dieser Datenbank „Die Dabeigewesenen“ möchte die Landeszentrale für politische Bildung nun den Blick auf diejenigen lenken, die das NS-System stützten und mitmachten. Denn:

Eine Gesellschaft, die sich eine offene und freie Zukunft wünscht,
muss [...] über eine Kultur verfügen, die nicht auf dem Verdrängen
und Vergessen der Vergangenheit beruht.“ (Mario Erdheim Psychoanalytiker) 1)

Diese aktuell immer noch so wichtige Aussage bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt dieser Datenbank. Sie enthält eine Sammlung mit Kurzprofilen über Menschen, die auf unterschiedlichste Weise an den NS-Gewaltverbrechen in Hamburg Anteil hatten, z.B. als Karrierist/innen, Profiteur/innen, Befehlsempfänger/innen, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Täter/innen. Aber auch sogenannte Verstrickte, die z. B. nach durchlittener Gestapo-Folter zum Spitzel wurden. Unter all diesen Dabeigewesenen gab es auch Menschen, die in keiner NS-Organisation Mitglied waren, die aber staatliche Aufträge - zum Beispiel als Künstler oder Architekt - annahmen und so von dem NS-System profitierten, im Gegensatz zu denen, die sich diesem System nicht andienten, deshalb in die Emigration gingen oder in Kauf nahmen, keine Karriere mehr zu machen bzw. kaum noch finanzielle Einnahmen zu haben.

Ebenso wurden solche Personen aufgenommen, die zum Beispiel vor und während der NS-Zeit den Idealen des Heimatschutzes und der Technik-Kritik anhingen und das NS-Regime dadurch unterstützten, indem sie staatliche Aufträge annahmen, die diesen Idealen entsprachen, da das NS-System solche Strömungen für seine Ideologie vereinnahmte.

Für die Datenbank „Die Dabeigewesenen“ wurden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie Medizin, Justiz, Bildung und Forschung, Verwaltung, Kirche, Fürsorge und Wohlfahrt, Literatur, Theater und Kunst, Wirtschaft, Sport, Polizei und parteipolitische Organisationen berücksichtigt.

„denn wir können (…) das ganze Phänomen des Mitmachens und des Ermöglichens, das ja in der NS-Zeit eine genauso große Rolle gespielt hat, wie die Bereitschaft, selbst aktiver Täter vor Ort zu sein - das alles können wir nur verstehen, wenn wir die verschiedenen Facetten der Täterschaft noch viel genauer betrachten, als das bisher geschehen ist." 2)

In vielen Profilen wird der weitverbreitete Enthusiasmus vieler Deutscher für den Nationalsozialismus, gegenüber „seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik, seine Architektur, seine Weltanschauung" 3) etc. deutlich. Und es zeigt sich, dass Menschen das NS-System stützten, indem sie z. B., ohne darüber nachzudenken und ohne zu hinterfragen, bereitwillig moralische und soziale Normen des NS-Staats übernahmen.

Mit Schaffung der „Ausgrenzungsgesellschaft“ war es für die „Mehrheitsgesellschaft“ möglich, u. a. NS-Rassentheorien praktisch umzusetzen.

Diese Erkenntnis ist angesichts heutiger aktueller gesellschafts-politischer Entwicklungen von Bedeutung. In einem Interview zum Thema Fremdenfeindlichkeit bemerkte der Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz auf die Frage, ob aus der Geschichte zu lernen sei. „Wir könnten schon. Wir könnten zum Beispiel lernen, dass der Fremde nicht schuld ist an dem Hass, der ihm widerfährt. Es scheint tatsächlich schwierig zu vermitteln zu sein, dass das Opfer nicht dafür verantwortlich ist, dass es totgeschlagen oder misshandelt wird. Juden werden nicht verfolgt, weil an ihnen etwas ist, was sie zu Opfern macht, sondern weil die Mehrheitsgesellschaft Opfer braucht, und zwar zur eigenen Identitätsstiftung. Zuwanderer, Fremde, Andersgläubige werden ausgegrenzt. Das stärkt das Selbstgefühl der Mehrheit.“ 4)

Mit der Datenbank soll eine Hamburg Topographie der „Dabeigewesenen“ entstehen, um somit konkrete Orte des NS-Geschehens sichtbar zu machen. Deshalb werden auch nur diejenigen Dabeigewesenen aufgenommen, die zwischen 1933 und 1945 in Hamburg mit seinen Grenzen nach 1937 gelebt/gearbeitet haben. Neben Personenprofilen sind auch Adressen von NSDAP-Organisationen und -Einrichtungen zu finden. Darüber hinaus gibt es für einzelne Stadtteile Einträge, die die NS-Aktivitäten im Stadtteil beschreiben. In der Datenbank kann nach Namen, Straßen, Bezirken und Stadtteilen gesucht werden, damit also auch nach den Wohnadressen und/oder Adressen der Arbeitsstätten (soweit recherchierbar). Durch Hinzuziehen der Stolpersteindatenbank (hier sind die Adressen der NS-Opfer aufgenommen, für die bisher Stolpersteine verlegt wurden) und der virtuellen Hamburg-Stadt-Karte (sie verzeichnet die Zwangsarbeiterlager und Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben) wird eindringlich deutlich, wie dicht benachbart Opfer und Dabeigewesene in Hamburg gelebt und gewirkt haben. Mit diesen Informationen ist es immer schwerer, die altbekannte Entschuldigung aufrecht zu erhalten; wir haben doch nichts davon gewusst.

In den vorgestellten Profilen liegt der Fokus auf Handlungen und Einstellungen zum NS-Regime. Privates wird nur erwähnt, wenn es für die Haltung zum NS-Regime von Relevanz ist. Recherchegrundlage für diese Datenbank waren bereits vorhandene wissenschaftliche Veröffentlichungen (z. B. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und dem Institut für Zeitgeschichte), Biographien, Sammelbände und Dissertationen zu Hamburg im Nationalsozialismus, aber auch in diversen Fällen Entnazifizierungsakten und andere Akten und Dokumente, die im Staatsarchiv Hamburg zur Verfügung stehen. Für die Adressenrecherchen wurden die digitalisierten Hamburger Adressbücher von 1933 bis 1943 der Staats- und Universitätsbibliothek genutzt. Trotz größter Sorgfalt beim Zusammentragen der Daten, ist es dennoch möglich, dass Schreibweisen von Namen variieren und Lebensdaten fehlerhaft sind. In den Profilen und den Beschreibungen der Funktionen sowie des „Wirkens“ des Dabeigewesenen konnte nicht komplett auf das NS-Vokabular – der Sprache der Täter – verzichtet werden, dennoch wurde versucht, diesen Anteil gering zu halten und neutralere Umschreibungen zu finden.
Die meisten der aufgeführten Personen wurden schnell nach Kriegsende durch die Entnazifizierungsstellen als entlastet eingestuft, sie mussten sich selten vor Gericht verantworten oder sie wurden aufgrund von Verjährung ihrer Taten nicht juristisch verurteilt. So stellt Can Bozyakali in seiner Dissertation z. B. zum Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht fest, dass auch in Hamburg bis Anfang der 1950er Jahre 63% aller Justizjuristen, die am Sondergericht tätig gewesen waren, wieder in den Justiz-Dienst eingestellt wurden. „[…] anhand dieser Werte [kann] von einer ‚Renazifizierung‘ gesprochen werden.“ 5)

Dr. Rita Bake, Dr. Brigitta Huhnke, Katharina Tenti (Stand: Anfang 2016)

1) Mario Erdheim: „I hab manchmal furchtbare Träume … Man vergißts Gott sei Dank immer glei...“ (Herr Karl), in: Meinrad Ziegler, Waltraut Kannonier-Finster: Österreichisches Gedächtnis. Über Erinnern und Vergessen der NS-Vergangenheit. Wien 1993.
2) Wolfram Wette: Deutschlandfunk-Interview am 20.11.2014, anlässlich seines neuen Buches: „Ehre, wem Ehre gebührt. Täter, Widerständler und Retter - 1933-1945“, Bremen 2015.
3) Raphael Gross: Anständig geblieben. Frankfurt a. M.  2010, S. 17.
4) Wolfgang Benz: „Ich bin schon froh, wenn es nicht schlimmer wird". Der Historiker Wolfgang Benz über die lange Geschichte der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland – und was neu ist an den Pegida-Märschen. Interview: Markus Flohr und Gunter Hofmann, in ZEIT online vom 21. Dezember 2015. www.zeit.de/zeit-geschichte/2015/04/wolfgang-benz-pegida-antisemitismus-fremdenfeindlichkeit
5) Can Bozyakali: Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht: Eine Untersuchung der NS-Sondergerichte unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge, Frankfurt/ Main 2005, S. 235.

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