Dokumente

Drucken

Carl Bensel

( Carl Gustav Bensel )
(3. April 1878 Iserlohn - 10. November 1949 Hamburg)
Architekt
Siebenweg 1 (Adresse ab 1945)
Benselweg , benannt 1979 im Stadtteil Allermöhe

Carl Gustav Bensel kam 1878 als ältestes von fünf Kindern in Westfalen zur Welt, sein Vater war als Kaufmann im Eisenwarenhandel tätig. Nach dem Abitur im Frühjahr 1897 begann er ein Architekturstudium an der Königlich Technischen Hochschule zu Berlin in Charlottenburg. Zum Wintersemester 1899/1900 wechselte er an die Königlich Sächsische Technische Hochschule in Dresden. Nach einem Jahr kehrte er nach Berlin zurück und beendete dort Anfang 1902 sein Studium mit dem Diplom.[1] Dieses konnten sich Absolventen einer Technischen Hochschule damals als erstes Staatsexamen anerkennen lassen, wenn sie eine Tätigkeit als Baumeister im staatlichen Bauwesen anstrebten – eine Anstellung, die sowohl ein gutes, von der Baukonjunktur unabhängiges Einkommen als auch ein hohes Renommee mit sich brachte. Diesen Weg schlug Carl Gustav Bensel ein. Er absolvierte nach dem Studium noch eine dreijährige Ausbildung zum Regierungsbaumeister bei der Preußischen Eisenbahndirektion in der damaligen Hamburger Nachbarstadt Altona. 1905 beendete er die Ausbildung mit dem zweiten Staatsexamen. Anschließend stellte ihn die Preußische Eisenbahndirektion fest an. Bensel wechselte von Altona zur Kölner Eisenbahndirektion und wurde Leiter der Eisenbahnhochbauabteilung in Krefeld.[2] In dieser Position entwarf er Bahnhofsbauten in Rheydt und Mönchengladbach im kurz nach der Jahrhundertwende modernen Stil mit „zwanglose(r) Gruppierung der Bauteile, in der nur die Eingangshalle hervorgehoben wurde unter Betonung des Haupteingangs“[3]

Parallel zu seiner Angestelltentätigkeit erhielt Bensel Privataufträge: Ab 1907 entwarf er mehrere Stationsgebäude für die Crefelder Eisenbahn-Gesellschaft sowie Stadtwohnhäuser für zwei Direktoren der Gesellschaft.[4] Mit seinen Backstein-Entwürfen orientierte er sich an der zeitgenössischen Reformarchitekturströmung, die sich vom Historismus abwandte, aber an traditionellen Baumaterialien und Bauweisen festhielt.

Durch Vermittlung seines Schwiegervaters, des damaligen Hamburger Baurats Wilhelm Daniel Vivié (1849–1919), erhielt Bensel 1906 seinen ersten überregionalen Auftrag. Vivié war befreundet mit dem seit 1886 amtierenden Direktor der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichtwark (1852–1914). Dieser wiederum wollte dem Maler Leopold von Kalckreuth (1855–1928) helfen, sich nahe Hamburg einen Landsitz zu errichten. Vivié empfahl dafür seinen Schwiegersohn und so schrieb Lichtwark an Kalckreuth: „Herr Bensel ist ein ,moderner’ Baumeister, der sich verstehen würde, ordentliche Fenster zu machen und auf Stile zu verzichten. Er ist jung und fügt sich Deinen Wünschen. Es ist sein erster selbständiger Bau und da hat er noch eine besondere Freude dran. Schließlich erweist Du Herrn Vivié einen Dienst (…).“[5]

1910 schied Bensel auf eigenen Wunsch aus dem Staatsdienst aus und eröffnete in Düsseldorf ein eigenes Architekturbüro, da er inzwischen mit einem ausreichenden Einkommen als Freiberufler rechnete. Er trug nun den Titel „Regierungsbaurat a.D.“. Noch im ersten Jahr seiner Selbstständigkeit gewann er den Wettbewerb um den Neubau eines Geschäftshauses des Hamburger Textilunternehmens Rappolt & Söhne [6] in der Mönckebergstraße , Ecke Barkhof . Der Auftraggeber realisierte allerdings nicht Bensels Entwurf, sondern den des Architekten Fritz Höger, weil er stärker dem Hamburger Heimatschutzstil entsprach.[7] Mit seinem Wettbewerbserfolg hatte Bensel jedoch in Hamburg auf sich aufmerksam gemacht. 1911 und 1912 beauftragte ihn der Architekt und Immobilienunternehmer Franz Albert Bach (1865–1935), die Fassaden für drei von ihm errichtete neue Kontorhäuser in der Mönckebergstraße zu entwerfen („Rolandhaus“, „Südseehaus“ und „Levantehaus“). Ebenfalls 1912 beauftragte der Karstadt-Konzern Bach und Bensel mit dem Bau der neuen Hamburger Karstadt-Filiale in der Mönckebergstraße . Der Architekt und Architekturhistoriker Jan Lubitz konstatierte 2016, dass „die architektonische Entwicklung des Hamburger Citybildungsprozesses“ durch Bensels Bauten an der Mönckebergstraße „entscheidende Impulse“ erhalten hätte.[8] Mit seinen Kontohausentwürfen könnte Bensel zudem als „führender Protagonist der Reformarchitektur“ in Hamburg gelten.[9] An der Bebauung des sogenannten Kontohausviertels in der südlichen Hamburger Altstadt ab 1920 war er allerdings nicht mehr beteiligt.

1913 verlegte Bensel sein Büro von Düsseldorf nach Hamburg. Mit seiner fünfköpfigen Familie bezog er ein Haus am Leinpfad 25, in direkter Alsternähe. Noch im selben Jahr beauftragte ihn Franz Rappolt, einer der Inhaber von Rappolt & Söhne, für ihn im Leinpfad 58 ein Wohnhaus zu entwerfen – vermutlich als Ausgleich, so Lubitz, für den an Höger vergebenen Auftrag an der Mönckebergstraße .[10] Außerdem entwarf Bensel 1913 für die Hamburger Holzhändler J. W. A. Peters & Sohn ein Kontorhaus in der Bugenhagenstraße , einer kleinen Parallelstraße zur Mönckebergstraße . In dem Gebäude richtete Bensel auch sein Büro ein. 1914 gewann er zudem den Wettbewerb für die Gestaltung des Heizkraftwerks Tiefstack im Südosten von Hamburg. Es wurde trotz des im August 1914 beginnenden Ersten Weltkriegs bis 1917 fertiggestellt. Anders sah es mit dem Entwurf aus, mit dem er ebenfalls 1914 den Wettbewerb für einen Erweiterungsbau der Hamburger Kunsthalle gewann. Kriegsbedingt wurde das Projekt nicht realisiert.

Unmittelbar mit Beginn des Ersten Weltkriegs im August 1914 wurde Bensel als Soldat eingezogen. Er war seit 1904 Offizier des Deutschen Heeres und wurde als Hauptmann der Reserve bei der Feldartillerie in den Regimentern 77 und 68 eingesetzt.[11] Unter anderem war er in Südosteuropa stationiert und fungierte auf dem Balkan und in Rumänien als Kontaktoffizier zu alliierten türkischen Truppen.[12] Zugleich hatte er die Funktion eines Offiziersehrenrichters inne.[13] Nach Kriegsende 1918 zog Bensel im Jahr darauf mit seiner Familie aus der Villa in der Innenstadt in einen aus dem frühen 19. Jahrhundert stammenden Bauernhof im Elbvorort Rissen. Er nannte ihn nach seiner Ehefrau „Mariannenhof“.[14]

Vermutlich auf Empfehlung seines früheren Auftraggebers Franz Bach trat Bensel 1919 in die Freimaurerloge Pelikan ein.[15] 1922 hielt er vor seinen Logenbrüdern einen langen Vortrag, in dem er ihnen schilderte, wie es seiner Meinung nach möglich sein könnte, „aus den Grundgedanken deutscher f. [Freimaurerei, d. Verf.] den Weg zu einem innerlichen und äußerlichen Aufbau deutscher Kultur zu finden“ – unter anderem mittels „Persönlichkeitsbildung durch Religion und Nationalerziehung“ und die „Erneuerung des deutschen Wesen aus der Tiefe her“. Auch wandte er sich in dem Vortrag gegen den seiner Meinung nach herrschenden Materialismus, gegen ein „Leben ohne Ideale“ und äußerte die Überzeugung, dass es „auf die Bildung einer Treue haltenden Führergemeinde für unser Volk“ ankäme.[16] Wie sich seine Vorstellungen konkret umsetzen ließen, beschrieb er allerdings nicht und verlor sich im Vagen.

In den frühen 1920er-Jahren errichtete Bensel mehrere Einfamilienhäuser für vermögende Hamburger Unternehmer. Um 1924 entwarf er zudem ein Logenhaus in Blankenese, das jedoch nicht realisiert wurde. Im selben Jahr eröffnete er zusammen mit dem Architekten Peter Johannes, genannt Johann, Kamps (1890-1943) eine Bürogemeinschaft. Mit Unterbrechungen war Kamps bereits seit 1909 als Mitarbeiter für Bensel tätig gewesen und ihm auch nach Hamburg gefolgt.[17] In der Folge entwarfen Bensel & Kamps Privat- und Geschosswohnhäuser; unter anderem gewannen sie 1926 zusammen mit den Architekten Block & Hochfeld den von der gewerkschaftseigenen Gemeinnützigen Kleinwohnungsbaugesellschaft GKB (Vorläuferin der Neuen Heimat) ausgeschriebenen Wettbewerb für neue Geschosswohnbauten in Barmbek und auf der Veddel. Die beiden Entwürfe, die sie für den 1924/25 durchgeführten Wettbewerb um ein Messehaus in Hamburg eingereicht hatten, waren dagegen nicht berücksichtigt worden.

1928 gründeten Bensel & Kamps zusammen mit den Architekten Karl Schneider, Paul Frank und dem Büro Block & Hochfeld die Wohnungsbaugesellschaft Rationell. Sie erhielt noch im selben Jahr von der Reichsforschungsgesellschaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen den Auftrag, in Hamburg zwei Siedlungen zur Erprobung neuartiger Bauweisen zu entwerfen. Als Standorte wählten die Architekten die Stadtteile Winterhude und Fuhlsbüttel. Seit 1926 erhielt das Büro zudem Aufträge für katholische Kirchenbauten, was sich nach und nach zu ihrem wichtigsten wirtschaftlichen Standbein entwickelte:[18] 1926/27 errichteten Bensel & Kamps die St.-Franziskus-Kirche in Dulsberg, 1928/29 die St. Paulus-Kirche in Billstedt und 1929/30 die St.-Paulus-Augustinus-Kirche in Othmarschen sowie im selben Jahr die evangelische Heilig-Geist-Kirche im schleswig-holsteinischen Wohltorf. Private Reisen hatten Bensel seit seiner Schulzeit immer wieder nach Griechenland geführt; dort wurde er seit 1926 ebenfalls beruflich tätig. Er erhielt den Auftrag, in Athen ein Krankenhaus für das Rote Kreuz zu bauen, 1928/29 errichtete er, ebenfalls in Athen, ein Gebäude für die Deutsche Schule und von 1930 bis 1934 einen Kirchenbau mit Pfarrhaus für die dortige deutsche evangelische Gemeinde.

Neben seiner Arbeit als Architekt engagierte sich Bensel berufsständisch. Bereits 1919, fast direkt nach Kriegsende, war er in die Ortsgruppe Hamburg- Altona des Bundes Deutscher Architekten (BDA) eingetreten, eine berufsständische Vereinigung freiberuflich tätiger Architekten.[19] 1925 wählte ihn der BDA-Landesbezirk Norden, der damals rund 150 Mitglieder hatte, zu seinem Vorsitzenden. Die Geschäftsstelle des Landesbezirks befand sich seit jenem Jahr auf derselben Etage des Bürohauses Bugenhagenstraße 5 wie Bensels Büro.[20] Als BDA-Funktionär beteiligte sich Bensel in den folgenden Jahren an Diskussionen und Tagungen zur zeitgenössischen Architektur. 1927 beispielsweise hielt er auf dem Bundestag des BDA in Hamburg anlässlich einer vom BDA organisierten Ausstellung „Neues Bauen und Neues Wohnen“ einen Vortrag unter dem Titel „Neue Baukunst als Ausdruck neuer Zeit“.[21] Sowohl durch seine Entwürfe als auch durch seine theoretischen Ausführungen befand sich Bensel, so Lubitz, „gegen Mitte der der 1920er-Jahre auf der Höhe der architektonischen Entwicklung“ und zählte „zu den führenden Vertretern beim Durchbruch des Neuen Bauens in Deutschland“.[22]

Um die vielen Aufträge bewältigen zu können, nahmen Bensel & Kamps 1929 den Architekten Heinrich Amsinck (1892–1968) als Partner hinzu. Er hatte vorher bereits als freier Mitarbeiter für sie gearbeitet. Amsinck war durch seine Mitgliedschaft im Polo Club in Klein-Flottbek – für den er 1927/28 auch das Vereinsgebäude entworfen hatte – in den Elbvororten bestens vernetzt. Das Büro trug nun den Namen Bensel, Kamps & Amsinck. Im selben Jahr ließ sich Bensel in den Bundesvorstand des BdA wählen. 1931 schied er wieder aus, als der Vorstand auf drei Personen verkleinert wurde. Durch die Weltwirtschaftskrise ab 1929 verschlechterte sich die Auftragslage von Bensel, Kamps & Amsinck deutlich. Da die kommunalen Wohnungsbauprogramme eingestellt wurden, erhielten sie immer weniger Bauaufträge.

Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 passte sich Carl Bensel politisch den neuen Verhältnissen an. Er trat in die NSDAP ein, wurde Mitglied in der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) und im Sommer 1933 eines SS-Reitersturms.[23]

Die NSV war nach der Deutschen Arbeitsfront (DAF) die zweitgrößte Massenorganisationen der NSDAP. Ihre Tätigkeitsfelder erstreckten sich vor allem auf die Jugend-, Mütter- und Säuglingsfürsorge sowie auf das „Winterhilfswerk“ und ihre Aufgabe bestand darin, so ihr Leiter Erich Hilgenfeldt, „die Gesundheitsführung des deutschen Volkes zu übernehmen und ihm rassehygienisches Denken und Handeln beizubringen“.[24] Ebenfalls von Hilgenfeldt stammt der Satz: „Völlig verfehlt ist es, Barmherzigkeit zu üben an einem Menschen, der Nation und Menschheit nichts mehr zu geben hat. Wir haben barmherzig zu sein mit dem starken, gesunden Menschen.“[25] Wegen ihrer ideologiefern erschienenen sozialen Aktivitäten, so der Historiker Mario Wenzel, „trug die NSV zum Erhalt des NS-Regimes, zur Stabilisierung der ,inneren Front’ bei“.[26]

Zu seiner Mitgliedschaft im SS-Reitersturm schrieb Bensel rückwirkend 1946 im Rahmen seines Entnazifizierungsverfahrens: „Ich war Mitglied des Flottbeker Reitervereins. Diesen Reiterverein suchte im Sommer 1933 die S.S. für sich zu Reitsportzwecken zu gewinnen in Bezug auf die Einrichtungen (Reithalle, Jagdgelände, Pferdematerial) und auf die Mitglieder mit eigenen Pferden. Das gelang der S.S. – Ich wurde auch Mitglied des neu gebildeten Reitersturms und Mitglied der Partei.“[27] Das von Bensel beschriebene Vorgehen der SS bestätigt generell die Historikerin Nele Maya Fahnenbruck und ergänzt: „Der ,vornehme‘ Reitsport passte […] mit all seinen Facetten und nicht zuletzt dank seiner militärischen Prägung zu den anfänglich strengen ideologischen Vorgaben der SS.“[28] Um möglichst viele Reiter für die SS zu gewinnen, setzte Heinrich Himmler, Reichsführer SS, sogar die ab Mai 1933 geltende Aufnahmesperre für seine Organisation aus.[29] Die Reiter-SS war ein wesentlicher Bestandteil der SS, „ein nach besonderen Gesichtspunkten ausgewählter Verband deutscher nordisch-bestimmter Männer“, so der Journalist Gunter d’Alquen (1910-1998), SS-Mitglied ab 1931 und ab 1935 Herausgeber der SS-Zeitschrift „Das Schwarze Korps“, 1939 in seiner Schrift „Die SS. Geschichte, Aufgabe und Organisation der Schutzstaffel der NSDAP“.[30] In Hamburg begann die SS 1933 mit dem Aufbau der Reiterstandarte 4, die vier Reiterstürme umfasste. Bensel dürfte zum SS-Reitersturm 2 „ Altona“ gehört haben, da Flottbek 1933 Teil der damals noch selbstständigen preußischen Stadt Altona war.

Welches, auch karrierefördernde, Netzwerk aus Reitsportlern, die zugleich SS-Mitglieder waren, in Hamburg bestand, führt Fahnenbruck ebenfalls detailliert aus.[31] Zum 1928 gegründeten Flottbeker Reiterverein[32] zählte beispielsweise SS-Gruppenführer (ab 1936 Obergruppenführer) Werner Lorenz (1892–1974): „Er gehörte zum engsten Umfeld von Reitsportler Fritz Haerlin (1897–1975), SS-Hauptsturmführer und Direktor des Hotels ,Vier Jahreszeiten’. (…) Der prominente Akteur des hamburgischen Pferdesportnetzwerks, Mitglied u.a. im Flottbeker Reiterverein und im Hamburger Schleppjagd-Verein, pflegte enge Freundschaften zu anderen erfolgreichen (SS-)Reitern der 1930er-Jahre“, so Fahnenbruck.[33] Im Hotel Vier Jahreszeiten wiederum veranstaltet der Flottbeker Reiterverein Bälle und Jubiläumsfeiern.

NSDAP-Mitglied wurde Bensel noch kurz vor Beginn der vorübergehenden Mitgliedersperre zum 1. Mai 1933 (Mitgliedsnummer 3038512.[34] Das Kreisgericht Altona schloss ihn allerdings Anfang 1936 wieder aus der Partei aus. Damit begann ein langwieriges Verfahren, dass sich bis 1940 hinzog:

Am 21.10.1935 wandte sich der Leiter der NSDAP-Ortsgruppe Altona-Rissen, Gustav Hinsch, an die Kreisleitung der NSDAP Altona mit der Bitte, gegen Carl Gustav Bensel ein Verfahren einzuleiten. Bensel hätte in dem Fragebogen, den er 1933 bei seiner Aufnahme in die NSDAP standardmäßig ausfüllen musste, bei der Frage nach einer Logenzugehörigkeit „wissentlich eine falsche Angabe“ gemacht. Tatsächlich sei er von 1919 bis 1922 im „Pelikan Hamburg“ gewesen und hätte dort den III. Grad bekleidet.[35] Auf Nachfrage der Kreisleitung konkretisierte Hinsch am 28.10.1935 in einem weiteren Schreiben, Bensel hätte die Frage „Waren Sie früher Mitglied in einer Freimaurerloge?“ durch einen Strich verneint.[36] Hinsch fügte außerdem hinzu: „B. ist in meinen Augen ein ausgesprochener Beziehungsmensch und ich kann mir nur schwer vorstellen, dass er als Regierungs- und Kirchenbaumeister freiwillig auf die vielen finanziellen Vorteile verzichtet haben soll, die die Freimaurerei ihren Brr. (sic!) bot.“[37] Er beendete das Schreiben mit dem Satz: „Insbesondere besteht bei B. der Verdacht, dass er, so wie ihm der Bau der Rissener Kirche übertragen ist, er auch bei anderen staatlichen oder kirchlichen Behörden als Pg. unverdient berücksichtigt werden könnte.“[38]

Der Altonaer NSDAP-Kreisleiter Heinrich Piwitt ersuchte daraufhin am 5.12.1935 das NSDAP-Kreisgericht Altona, „gegen den Parteigenossen Bensel ein Parteigerichtsverfahren zu eröffnen.“[39] Nach einer Vernehmung Bensels am 10.1.1936[40] setzte das Kreisgericht für den 5.2.1936 eine Hauptverhandlung an, in dessen Folge es ihn am 17.2.1936 aus der NSDAP ausschloss. Begründung: Bensel hätte 1933 den bei der Aufnahme in die NSDAP auszufüllenden Fragebogen „wissentlich falsch ausgefüllt“, indem er die Frage „Waren Sie früher Mitglied in einer Freimaurerloge?“ durch einen Strich verneinte.[41] Am 21.9.1935 dagegen hätte er in einer eidesstattlichen Erklärung dieselbe Frage mit Ja beantwortet und mit ausführlicheren Erklärungen über seine frühere Zugehörigkeit zu einer Freimauerloge ergänzt, darunter mit der Angabe, in der entsprechenden Loge (Pelikan) den III. Grad erreicht zu haben.[42] Der Beschluss ging an das Gaugericht Schleswig- Holstein als nächsthöhere Instanz, an Bensel selbst, an die NSDAP-Kreisleitung Altona und an die NSDAP-Ortsgruppe Altona-Rissen. Umgehend legte Bensel gegen das Urteil beim Gaugericht Schleswig- Holstein mit einer sechsseitigen Begründung Beschwerde ein, und wiederholte seine Erklärung aus der Hauptverhandlung, die Frage sei ihm 1933 „unwesentlich“ erschienen. Außerdem würde ein Strich nicht automatisch eine Verneinung bedeuten. Er erläuterte weiterhin, „dass seine Tätigkeit in der Loge 1920-23 […] rein im Streben nach Schaffung einer nationalen und sozialen Gemeinde innerhalb des Freimaurerkreises“ gelegen hätte. Auch glaubte er, „in der Loge die Plattform zur Aussprache zu finden, wo sich Menschen wiederum erheben zu einem nationalen Ethos und zu nationaler Erhebung gegen den Ungeist der Zeit.“[43] Als Beweis legte er seinem Brief den 17-seitigen Vortrag bei, den er 1922 vor seinen damaligen Logenbrüdern gehalten hatte. Dieser Vortrag, so Bensel, sei ein Beleg dafür, wie früh ihn „Gedanken bewegten, die heute für unser Vaterland eine Rolle spielen, nationale und soziale Ideen. Stärker und umfassender klarer lebe ich durch den Nationalsozialismus heute mit solchen Gedanken, deren Anfang ich vor 14 Jahren an falscher Stelle umzusetzen versuchte. Die nationalsozialistische Bewegung kämpft gegen kleinliche Urteile und zeichnet sich durch freie, überlegene und grosszügige Haltungen aus (Göbbels (sic!)).“ Abschließend appellierte er an das Oberste Parteigericht, seine Worte als die Worte eines Mannes zu werten, „der aus Ehre um seine Ehre kämpft“.[44] Das Gaugericht wies die Beschwerde am 27.4.1936 zurück und bezog sich bei seiner Bestätigung auf § 4 Abs. 2b der NSDAP-Satzung von 1926: Bensel hätte durch die „bewußt falsche Ausfüllung des Fragebogens in erheblicher Weise den Bestrebungen der Partei zuwidergehandelt“.[45]

Daraufhin legte Bensel am 8.5.1936 mit einem weiteren ausführlichen Schreiben Beschwerde bei der nächsthöheren Instanz ein, dem Obersten Parteigericht in München. In dem Schreiben distanzierte er sich deutlich von den Freimaurern, indem er sich der Formulierung des NSDAP-Reichsleiters und obersten Parteirichters Walter Buch anschloss: ,Die NSDAP hat aus den Erfahrungen und den Dingen, durch die sie seit der Machtübernahme Einblick in das undeutsche Wesen der Freimaurerei gewonnen hat, die Lehre gezogen, den Worten von Freimaurern ebensowenig zu trauen, (sic!) wie jüdischen Versicherungen.“[46] Buch war bereits seit 1927 für Säuberungsaktionen innerhalb der NSDAP zuständig, Antisemit durch und durch[47] – und ein alter Bekannter der Familie Bensel.[48] Das Oberste Parteigericht der NSDAP schloss sich in seiner Sitzung vom 19.11.1936 dem Urteil des Parteigerichts Schleswig- Holstein an und bestätigte Bensels Ausschluss.[49] Es erklärte zudem: „Bei der Stellung und dem Bildungsgrade des Angeschuldigten ist das Oberste Parteigericht überzeugt, daß sich dieser der Tragweite der von ihm unterschriebenen Erklärungen bewußt gewesen ist, somit diese falschen Angaben bewußt gemacht hat.“[50]

Mehr als zwei Jahre später, Ende Dezember 1938 , wandte sich Bensels Sohn Carl Wilhelm (1910–1945) unter Betonung der persönlichen Bekanntschaft an Walter Buch.[51] Mit einer ausführlichen Darstellung des Falls bat er ihn um Rat angesichts des Parteiausschlusses des Vaters. Es antwortete ihm Richter Wilhelm von Wnuck aus dem Zentralamtes des Obersten Parteigerichts, und teilte ihm mit, dass Bensel rechtskräftig aus der Partei entfernt sei und die einzige Möglichkeit, wieder Mitglied zu werden, darin bestünde, über das Oberste Parteigericht ein Gnadengesuch an die Kanzlei des Führers zu stellen.[52] Diesem Hinweis folgte Bensel. Sein Gnadengesuch erreichte Ende November 1939 über das Oberste Gaugericht die Kanzlei des Führers der NSDAP, Amt für Gnadensachen – begleitet von einem Schreiben des Zentralamts des Obersten Gaugerichts mit folgender Information: „Bei der Bearbeitung des Gnadengesuches ist jetzt durch das Sicherheitshauptamt festgestellt worden, daß Bensel den V. Grad erreicht, das Amt als II. Logenmeister bekleidet und erst am 10.3.1926 aus der Loge ausgetreten sei. Das Oberste Parteigericht stellt sich daher mit Gauleiter und Gaugericht gegen das Gesuch.“[53] Der Chef der Kanzlei des Führers der NSDAP, Philipp Bouhler, lehnte „im Auftrage des Führers“ in einem Schreiben an Bensel vom 25.1.1940 das Gnadengesuch ab.[54]

Beruflich konzentrierten sich Bensel, Kamps & Amsinck in der NS-Zeit auf Sakralbauten. 1933/34 errichteten sie die Heilig-Kreuz-Kirche in Hamburg-Volksdorf, 1935 die Kirche zur Heiligen Familie in Langenhorn, 1935/36 die Johannes-Kirche in Rissen und 1937/38 die St.-Theresien-Kirche in Altona-Altstadt. Außerdem bauten sie Kirchen in Husum und Georgsmarienhütte bei Osnabrück. Vier Wettbewerbseinreichungen (Nordhorn, Röckwitz, Bremen, Ahrensburg) wurden nicht umgesetzt. Hinzu kamen Entwürfe für Einfamilienhäuser, überwiegend in den Elbvororten und überwiegend im niederdeutschen Landhausstil mit ausladenden Reetdächern gehalten. Beispiele dafür sind das Haus Ernst in Blankenese (1934), das die Architekturzeitschrift „Moderne Bauformen“ 1935 als ein „kraftvolles Beispiel selbständigen nordischen Wohnhausbaus“ lobte,[55] das Haus Völker in Nienstedten (1935/36), Bensels eigenes Wohnhaus in Blankenese, dass er 1936/37 für sich, seine zweite Frau und die gemeinsamen Kinder baute, sowie das Haus Haus Rump in Othmarschen (1936/37). Entwürfe, die, so Lubitz, Bensels „Anpassungsbereitschaft“ an die „gewandelten baukünstlerischen Rahmenbedingungen“ widerspiegelten, die „schon vor der nationalsozialistischen Machtergreifung in Bensels Bauten und in seinen schriftlichen Äußerungen deutlich ausgeprägt gewesen ist“.[56]

Da Bensel bei Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 bereits 61 Jahre alt war, wurde er ebenso wie Johann Kamps nicht als Soldat eingezogen. Heinrich Amsinck meldete sich freiwillig.[57] Die private Bauwirtschaft kam durch den Krieg zum Erliegen, weshalb sich Bensel um Aufträge Konstanty Gutschows bemühte, den der Hamburger Gauleiter Karl Kaufmann 1939 zum „Architekten des Elbufers“ ernannt hatte. Im Dezember 1939 wurde Bensels Büro tatsächlich von Gutschow bedacht. Er sorgte auch dafür, dass Bensel im Frühjahr 1940 am Wettbewerb für die „Hansische Universität“ teilnehmen konnte, die in Klein-Flottbek entstehen sollte (jedoch nicht realisiert wurde). Zeitgleich errichtete Bensels Büro Neubauten für die Nervenklinik des Universitätskrankenhauses Eppendorf – vermutlich, so Lubitz, ebenfalls durch Vermittlung Gutschows.[58] Nachdem Kaufmann Gutschow 1941 zum „Architekten für die Neugestaltung der Hansestadt Hamburg“ ernannt hatte, der den Umbau Hamburgs zur „Führerstadt“ planen sollte, vergab Gutschow erneut auch Planungsaufträge an Bensel, Kamps & Amsinck. In seiner zusätzlichen Funktion ab Mai 1941 als Leiter des Amts für kriegswichtigen Einsatz beauftragte er das Büro zudem mit der Betreuung dreier Bunkerneubauten. Ab 1943 gingen die Aufträge an das Büro Bensel, Kamps & Amsinck jedoch zurück – auch weil sie trotz der vorherigen Aufträge nicht zu Gutschows engerem Architektenkreis gehörten. Zu dieser Entwicklung der Auftragslage passen Bensels Angaben seines jährlichen Einkommens („Honorar aus freiem Beruf als Architekt und Mietwert des eigenen Hauses“) zwischen 1933 und 1944, die er in seinem Entnazifizierungsfragebogen von Mai 1946 machte. Danach verdiente er von 1939 bis 1943 am meisten (durchschnittlich rund 10.500 RM im Jahr).[59]

1942 schied Heinrich Amsinck aus der Bürogemeinschaft aus. Ende 1943 starb Johann Kamps an den Folgen von Verletzungen durch die Bombardierungen im Sommer 1943 in Hamburg. Bensel führte das Büro allein weiter, stellte den Bürobetrieb jedoch zunächst ein. Ab 1944 erhielt er von der Hamburger Bauverwaltung Aufträge für den Wiederaufbau von Gebäuden, die bis über das Kriegsende im Mai 1945 hinaus andauerten. Im Juli 1945 versuchte Bensel zusammen mit den Architekten Heinrich Bomhoff, Erich Elingius, Gerhard Langmaack, Werner Kallmorgen und Carl Schümann eine Nachfolgeorganisation des früheren BDA aufzubauen, den „Bund Deutscher Architekten – Bund Freier Architekten der Hansestadt Hamburg“ (kurz darauf nur noch Bund Hamburger Architekten, BHA, genannt). Zeitgleich hatte sich ein anderer Architektenkreis gebildet. Er stellte inhaltlich dieselben Forderungen, zu seinen Führungspersonen gehörten jedoch keine ehemaligen NSDAP-Mitglieder[60] und er wurde unterstützt von dem damaligen Zweiten Bürgermeister Adolph Schönfelder, SPD. Dieser Kreis setzte sich durch und gründete den BDA Hamburg neu, ein Teil der BHA-Gruppe wurde dort Mitglied.[61] Bensel gab sein Büro in der Bugenhagenstraße angesichts der weiterhin schlechten Auftragslage auf und arbeitete nun in seinem Privathaus in Blankenese.

Im Rahmen seines Entnazifizierungsverfahrens ab 1946 wurde Bensel mit seiner politischen Orientierung in der NS-Zeit und seinem Parteiausschluss konfrontiert. So wie er nach dem Ausschluss über Jahre immer wieder seine Nähe zum Nationalsozialismus, seine „nationale und soziale“ Gesinnung betonte und sich geradezu verzweifelt bemühte, wieder Mitglied der NSDAP zu werden, so versuchte er nun, den Ausschluss aus der NSDAP als Zeichen seiner Distanz zum Regime darzustellen. Zu seiner SS-Mitgliedschaft führte er im Rahmen des Entnazifizierungsverfahrens aus, das er bereits im Laufe des Jahres 1934 erkannt hätte, „dass der Reitersturm weniger sportlichen Zwecken dienen sollte als politischen Einflüssen Wege zu ebnen. Da ich zugleich erfuhr, dass die parteipolitischen Ziele sich mit meiner Weltanschauung nicht vereinbaren liessen, beschloss ich, mich von allem zu lösen. Ich trat zuerst aus dem Reitersturm aus. Das war etwa Anfang 1935.“[62] “ Weiter schrieb er, und bezog sich nun auch auf seine damalige Haltung zum Nationalsozialismus: „Dieser Austritt aus dem Reitersturm und meine sehr offen geäußerten abfälligen Bemerkungen über Nationalsozialismus u. seine Politik wurden Anlass für die Ortsgruppe [gemeint ist die NSDAP-Ortsgruppe Rissen-Altona, d. Verf.], gegen mich vorzugehen. Man fand einen Vorwand in meinem Fragebogen, wo ich einen Strich hinter einer Frage gemacht hatte, die ich nach Parteiauffassung mit Ja hätte beantworten müssen, einen Vorwand, der zum Grund eines Ausschluss-Verfahrens gemacht wurde. Am 17.2.36 bin ich ausgeschlossen. Das Urteil ist am 24.4.36 bestätigt. Wesentlich sind die Sätze im Urteil, dass ich ‚dem Grundgedanken des Nationalsozialismus ganz fremd gegenüberstehe‘ und ‚in erheblicher Weise den Bestrebungen der Partei zuwidergehandelt‘ habe. - Hier schauen die wahren Beweggründe meines Ausschlusses durch. Seit 1936 war ich entschlossener und offener Gegner der Partei und als solcher bekannt.“[63] Dabei verschwieg Bensel, dass er zu der Zeit bereits nachdrücklich gegen seinen Parteiausschluss gekämpft hatte.

Der Internationale Militärgerichtshof ordnete die Reiter-SS trotz ihrer Zugehörigkeit zur Allgemeinen SS für den Nürnberger Prozess gegen die NS-Hauptkriegsverbrecher ab Herbst 1945 nicht als verbrecherische Organisation ein. Er schloss sie vielmehr als „reiterliche und turniersportliche Gruppierung“ aus dem Prozess aus. Auf dieser Basis entwickelte sich der Mythos vom unpolitischen Reiter, auf dem auch Bensels Rechtfertigungsversuch basiert, den Fahnenbruck, wie oben ausgeführt, jedoch umfassend widerlegt.

Bensels Anpassungsfähigkeit an das NS-System im Bereich der Architektur ordnet Lubitz zusammenfassend ein: „Die niederdeutschen Landhäuser mit ihren architektonisch dominanten Reetdächern, die in dieser Zeit in den Hamburger Elbvororten nach Entwürfen von Carl Gustav Bensel und anderen Architekten entstehen, sind zwar sicherlich durchaus qualitätvolle Beispiele für eine wiederaufgenommene Tradition der Heimatschutz-Bewegung. Ebenso dokumentieren sie aber auch das Bestreben der Architekten, sich in die ,Blut und Boden’-Ideologie der Nationalsozialisten einzufügen. Auch die ähnlich gelagerten Kirchenbauten des Büros Bensel, Kamps & Amsinck zeigen diese Anpassungsbereitschaft. Inwiefern dafür das durchaus repressive politische Klima mit der Zwangsmitgliedschaft in der Reichskammer der bildenden Künste oder eher die Bereitschaft zum Mittragen eines gewandelten architektonischen Werteverständnisses ausschlaggebend war, lässt sich nicht zweifelsfrei bestimmen. Gleichwohl kann das Büro Bensel, Kamps & Amsinck, das in der Weimarer Republik immerhin zu den führenden Hamburger Vertretern des Neuen Bauens gehört hatte, mit ihren für private Bauherren entworfenen Projekten durch dieses Demonstrieren von Anpassungsbereitschaft sicherstellen, dass sie ihre Architektentätigkeit auch während des ,Dritten Reichs’ weiterführen können.“[64]

Diese Anpassung an die NS-Ideologie, um beruflich keine Nachteile und damit finanziell keine Einbußen erleiden zu müssen, beschränkte sich allerdings nicht nur auf die Architektur. Bensel war vor allem auch politisch anpassungsfähig. Das Entwerfen von Gebäuden im Sinne der „Blut und Boden“-Ideologie der Nationalsozialisten ist das eine. Der Eintritt in NSDAP und SS sowie das hartnäckige Bemühen, nach dem Ausschluss wieder in die NSDAP aufgenommen zu werden, ist das andere. Denn damit (und durch das Zahlen entsprechender Mitgliedsbeiträge) stabilisierte Bensel aktiv das nationalsozialistische Unrechtsregime.

Der im Entnazifizierungsverfahren für Bensel zuständige „gewerbliche Fachausschuss 11a für die Ausschaltung von Nationalsozialisten“ ließ sich von ihm Anfang Juli 1946 das Urteil „mit Begründung“ zuschicken, dass zu seinem Ausschluss aus der NSDAP geführt hatte.[65] Bensel reichte daraufhin den Beschluss des NSDAP-Kreisgerichts Altona sowie den Beschluss des NSDAP-Gaugerichts Schleswig Holstein ein; nicht aber seine ausführlich begründete Beschwerde gegen den Parteiausschluss. Rund vier Wochen später empfahl der beratende Ausschuss, Bensel als politisch „unobjectionable“ [„unverdächtig“] einzustufen. Dieser Einstufung stimmte der gewerbliche Fachausschuss 11a zu. Die britische Militärregierung in Hamburg entschied abschließend im Sinne beider Ausschüsse.[66]

Text: Frauke Steinhäuser

Quellen:
1 Jan Lubitz, Geformter Raum. Die Hamburger Architekten Bensel, Kamps & Amsinck, München/Hamburg, 2016, S. 29 f.
2 ebd., S. 33 f.
3 Lutz-Henning Meyer, 150 Jahre Eisenbahnen im Rheinland, Köln, 1898, S. 191 f., zit. nach Lubitz, Geformter Raum, S. 33.
4 Lubitz, Geformter Raum, S. 42.
5 Brief von Alfred Lichtwark an Leopold von Kalckreuth vom 25.8.1906, zit. nach Lubitz, Geformter Raum, S. 45.
6 ebd., S. 58 f.; zur Firma Rappolt & Söhne vgl. Björn Eggert, Franz Max Rappolt, in: www.stolpersteine-hamburg.de/index.php?MAIN_ID=7&BIO_ID=1756 (Zugriff 15.4.2019).
7 Lubitz, Geformter Raum, S. 59 f.
8 ebd., S. 67.
9 ebd., S. 75.
10 ebd., S. 74.
11 BArch Berlin, R 9361-I/5896 Sammlung Berlin Document Center (BDC), Personenbezogene Unterlagen der NSDAP, Oberstes Parteigericht, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2094.
12 Angaben nach Auskünften von Martin Bensel am 23./24.11.2005 an Jan Lubitz, zit. nach Lubitz, Geformter Raum, S. 81.
13 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2094.
14 Lubitz, Geformter Raum, S. 89.
15 ebd. u. Staatsarchiv Hamburg (StaH) 221-11 Staatskommissar für Entnazifizierung und Kategorisierung I(B) 1661.
16 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2148–2180.
17 Lubitz, Geformter Raum, S.103.
18 ebd., S. 125.
19 vgl. die Einträge in die Branchenverzeichnisse der Hamburger Adressbücher 1919 u. 1920: 1919 war Bensel noch nicht als BdA-Mitglied verzeichnet, 1920 findet sich im Abschnitt V, „Vereine“, S. 90, unter „Bund Deutscher Architekten“ der Hinweis: „Geschäftsstelle: Geschäftsf. Architekt Reg.-Baumeister a.D. C.G. Bensel, Bugenhagenstr. 5“
20 Hamburger Adressbuch, 1925.
21 Roland Jaeger, Ausdruck einer neuen Zeit, in: Ausgang offen. Moderne mit Zukunft? Programmheft zum Hamburger Architektursommer 2019, Hamburg, 2019, S. 18.
22 Lubitz, Geformter Raum, S. 112.
23 StaH 221-11 Staatskommissar für Entnazifizierung und Kategorisierung I(B) 1661.
24 Mario Wenzel, Die NSDAP, ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände. Ein Überblick, in: Wolfgang Benz (Hrsg.), Wie wurde man Parteigenosse? Die NSDAP und ihre Mitglieder, Frankfurt a.M., 2009, S. 19–38, hier S. 33.
25 Völkischer Beobachter, 21. Oktober 1934, zit. n. Ernst Klee, Das Personen-Lexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Lizenzausg., Koblenz, 2011, S. 255.
26 Wenzel, Die NSDAP, hier S. 34.
27 StaH 221-11 Staatskommissar für Entnazifizierung und Kategorisierung I(B) 1661.
28 Nele Maya Fahnenbruck, „…reitet für Deutschland“: Pferdesport und Nationalsozialismus im Nationalsozialismus, Göttingen, 2013, , zugl. Diss. Univ. Hamburg, 2013, S. 249 f.
29 Berno Bahro, Der SS-Sport. Organisation, Funktion, Bedeutung, Paderborn, 2013, S. 234 (zugl. Diss., Univ. Potsdam, 2012).
30 Gunter d’Alquen, Die SS. Geschichte, Aufgaben und Organisation der Schutzstaffel der NSDAP, Berlin,, 1939, S. 9, zit. nach Fahnenbruck, „…reitet für Deutschland“, S. 248.
31 ebd., S. 251–258.
32 Norddeutscher & Flottbeker Reiterverein, „Historie“, nfr-hamburg.de/index.php?id=20 (Zugriff 25.6.2019).
33 Fahnenbruck, „…reitet für Deutschland“, S. 254.
34 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2028.
35 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2092.
36 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2090.
37 ebd.
38 ebd.
39 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2086.
40 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2104.
41 StaH 221-11 Staatskommissar für Entnazifizierung und Kategorisierung I(B) 1661.
42 ebd. u. BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2124–2136.
43 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2142–2147.
44 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2148–2180.
45 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2194.
46 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2022–2026.
47 Buch, Walter, in: Ernst Klee, Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Lizenzausg., Koblenz, 2011, S. 79 f.
48 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2036–2042.
49 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2028–2030.
50 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2030.
51 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2036–2042.
52 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2050.
53 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2062.
54 BArch Berlin, R 9361-I/5896, V-SCHH-209/1936, Bensel, Gustav, S. 2070.
55 Herbert Hoffmann, Besuch in Hamburg, in: Moderne Bauformen. Monatshefte für Architektur und Raumkunst, Stuttgart, H. 11, 1935, S. 584, zit. nach: Lubitz, Geformter Raum, S. 184.
56 Lubitz, Geformter Raum, S. 185 f.
57 ebd.
58 Lubitz, Geformter Raum, S. 198.
59 StaH 221-11 Staatskommissar für Entnazifizierung und Kategorisierung I(B) 1661.
60 Axel Schildt, Aufbaugeist und Grabenkämpfe zur Gründung des Bundes Deutscher Architekten (BDA) in Hamburg nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, Bd. 73, 1987, S. 151–169, hier S. 158 (Schildt zitiert hier eine Aussage des Architekten Carl Karpinski in der BHA-Sitzung vom 7.8.1945. Karpinski sympathisierte vorübergehend mit dem BHA, forderte aber, dass auch die BHA-Leitung nur aus Männern bestehen sollte, die nicht der NSDAP nahegestanden hätten. Karpinski wurde dann im September 1946 erster Nachkriegs-BDA-Vorsitzender, saß für die SPD von 1946 bis 1957 in der Hamburgischen Bürgerschaft und war mit der zwischen 1946 und 1953 sowie von 1957 bis 1961 amtierenden Senatorin der Jugendbehörde Paula Karpinski verheiratet.)
61 ebd.
62 StaH 221-11 Staatskommissar für Entnazifizierung und Kategorisierung I(B) 1661.
63 ebd.
64 Lubitz, Geformter Raum, S. 195 f.
65 StaH 221-11 Staatskommissar für Entnazifizierung und Kategorisierung I(B) 1661.
66 ebd.
 

Namen

Personensuche

  • (am besten nur Vor- ODER Nachname. Sie können aber auch nach Gebäuden, Firmen, Behörden, Lagern, NS-Orgnaisationen suchen.)

Je nach Suchfeld, können Sie entweder freie Suchbegriffe eingeben oder aus einer Liste auswählen.
Bitte beachten Sie, dass über das Suchfeld "Freier Suchbegriff" nach Übereinstimmungen im Namen, Kurztext und Langtext sowie zugeordneten Schlagwörtern gesucht wird.
 

Geografische Spuren

Meine Straße

Geografisch

 

Schlagwörter und freie Suche

Schlagwörter und Kategorien

Einträge in dieser Datenbank sind verschiedenen Schlagwörtern zugeordnet. Diese sind als Vorschläge zu verstehen. Mehrfachzuordnunegn sind dabei möglich.
Nutzen Sie auch gern die freie Suche. Dabei werden Übereinstimmungen im Namen, Kurztext und Langtext sowie in der Verschlagwortung gesucht.
Die Auswahl eines Schlagwortes überprüft dagegen nur Verknüfungen mit dem Schlagwortregister.

Thematische Suche

  • (z.B. Berufe, Gebäude, spezielle Orte)

Leichte Sprache
Gebärden­sprache
Ich wünsche eine Übersetzung in:

Datenbank online Die Dabeigewesenen

Leichte Sprache
Gebärden­sprache
Ich wünsche eine Übersetzung in:

Von Hamburger NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Zuschauer/innen ... Eine Hamburg Topografie.

NS-Dabeigewesene

Aufsätze

Erklärung zur Datenbank

Stand Januar 2024: 914 Kurzprofile und 332 sonstige Einträge.

Diese Datenbank ist ein Projekt in Fortsetzung (work in progress). Eine Vollständigkeit ist niemals zu erreichen. Sie startete online im Februar 2016 mit rund 520 Profilen und mehr als 200 weiteren Einträgen und wird laufend ergänzt und erweitert werden. Wissenschaftliche Institute, Gedenkstätten, Universitäten und zum Thema forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können gern ihre erarbeiteten Profile in diese Datenbank stellen lassen.

Quellenangaben, die sich auf Webseiten beziehen, sind die zum Zeitpunkt der Recherche gefundenen. Sollten Sie veraltete Links oder Aktualisierungen bzw. Verschiebungen der Inhalte feststellen, freuen wir uns über Hinweise.

Vor etlichen Jahren hat die Landesszentrale für politische Bildung Hamburg die Stolperstein-Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de ermöglicht und gibt seit rund zehn Jahren gemeinsam mit dem Institut für die Geschichte der Deutschen Juden unter der Projektleitung von Dr. Beate Meyer und Dr. Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung die Publikationsreihe „Stolpersteine in Hamburg, biografische Spurensuche“ heraus. Mit dieser Datenbank „Die Dabeigewesenen“ möchte die Landeszentrale für politische Bildung nun den Blick auf diejenigen lenken, die das NS-System stützten und mitmachten. Denn:

Eine Gesellschaft, die sich eine offene und freie Zukunft wünscht,
muss [...] über eine Kultur verfügen, die nicht auf dem Verdrängen
und Vergessen der Vergangenheit beruht.“ (Mario Erdheim Psychoanalytiker) 1)

Diese aktuell immer noch so wichtige Aussage bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt dieser Datenbank. Sie enthält eine Sammlung mit Kurzprofilen über Menschen, die auf unterschiedlichste Weise an den NS-Gewaltverbrechen in Hamburg Anteil hatten, z.B. als Karrierist/innen, Profiteur/innen, Befehlsempfänger/innen, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Täter/innen. Aber auch sogenannte Verstrickte, die z. B. nach durchlittener Gestapo-Folter zum Spitzel wurden. Unter all diesen Dabeigewesenen gab es auch Menschen, die in keiner NS-Organisation Mitglied waren, die aber staatliche Aufträge - zum Beispiel als Künstler oder Architekt - annahmen und so von dem NS-System profitierten, im Gegensatz zu denen, die sich diesem System nicht andienten, deshalb in die Emigration gingen oder in Kauf nahmen, keine Karriere mehr zu machen bzw. kaum noch finanzielle Einnahmen zu haben.

Ebenso wurden solche Personen aufgenommen, die zum Beispiel vor und während der NS-Zeit den Idealen des Heimatschutzes und der Technik-Kritik anhingen und das NS-Regime dadurch unterstützten, indem sie staatliche Aufträge annahmen, die diesen Idealen entsprachen, da das NS-System solche Strömungen für seine Ideologie vereinnahmte.

Für die Datenbank „Die Dabeigewesenen“ wurden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie Medizin, Justiz, Bildung und Forschung, Verwaltung, Kirche, Fürsorge und Wohlfahrt, Literatur, Theater und Kunst, Wirtschaft, Sport, Polizei und parteipolitische Organisationen berücksichtigt.

„denn wir können (…) das ganze Phänomen des Mitmachens und des Ermöglichens, das ja in der NS-Zeit eine genauso große Rolle gespielt hat, wie die Bereitschaft, selbst aktiver Täter vor Ort zu sein - das alles können wir nur verstehen, wenn wir die verschiedenen Facetten der Täterschaft noch viel genauer betrachten, als das bisher geschehen ist." 2)

In vielen Profilen wird der weitverbreitete Enthusiasmus vieler Deutscher für den Nationalsozialismus, gegenüber „seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik, seine Architektur, seine Weltanschauung" 3) etc. deutlich. Und es zeigt sich, dass Menschen das NS-System stützten, indem sie z. B., ohne darüber nachzudenken und ohne zu hinterfragen, bereitwillig moralische und soziale Normen des NS-Staats übernahmen.

Mit Schaffung der „Ausgrenzungsgesellschaft“ war es für die „Mehrheitsgesellschaft“ möglich, u. a. NS-Rassentheorien praktisch umzusetzen.

Diese Erkenntnis ist angesichts heutiger aktueller gesellschafts-politischer Entwicklungen von Bedeutung. In einem Interview zum Thema Fremdenfeindlichkeit bemerkte der Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz auf die Frage, ob aus der Geschichte zu lernen sei. „Wir könnten schon. Wir könnten zum Beispiel lernen, dass der Fremde nicht schuld ist an dem Hass, der ihm widerfährt. Es scheint tatsächlich schwierig zu vermitteln zu sein, dass das Opfer nicht dafür verantwortlich ist, dass es totgeschlagen oder misshandelt wird. Juden werden nicht verfolgt, weil an ihnen etwas ist, was sie zu Opfern macht, sondern weil die Mehrheitsgesellschaft Opfer braucht, und zwar zur eigenen Identitätsstiftung. Zuwanderer, Fremde, Andersgläubige werden ausgegrenzt. Das stärkt das Selbstgefühl der Mehrheit.“ 4)

Mit der Datenbank soll eine Hamburg Topographie der „Dabeigewesenen“ entstehen, um somit konkrete Orte des NS-Geschehens sichtbar zu machen. Deshalb werden auch nur diejenigen Dabeigewesenen aufgenommen, die zwischen 1933 und 1945 in Hamburg mit seinen Grenzen nach 1937 gelebt/gearbeitet haben. Neben Personenprofilen sind auch Adressen von NSDAP-Organisationen und -Einrichtungen zu finden. Darüber hinaus gibt es für einzelne Stadtteile Einträge, die die NS-Aktivitäten im Stadtteil beschreiben. In der Datenbank kann nach Namen, Straßen, Bezirken und Stadtteilen gesucht werden, damit also auch nach den Wohnadressen und/oder Adressen der Arbeitsstätten (soweit recherchierbar). Durch Hinzuziehen der Stolpersteindatenbank (hier sind die Adressen der NS-Opfer aufgenommen, für die bisher Stolpersteine verlegt wurden) und der virtuellen Hamburg-Stadt-Karte (sie verzeichnet die Zwangsarbeiterlager und Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben) wird eindringlich deutlich, wie dicht benachbart Opfer und Dabeigewesene in Hamburg gelebt und gewirkt haben. Mit diesen Informationen ist es immer schwerer, die altbekannte Entschuldigung aufrecht zu erhalten; wir haben doch nichts davon gewusst.

In den vorgestellten Profilen liegt der Fokus auf Handlungen und Einstellungen zum NS-Regime. Privates wird nur erwähnt, wenn es für die Haltung zum NS-Regime von Relevanz ist. Recherchegrundlage für diese Datenbank waren bereits vorhandene wissenschaftliche Veröffentlichungen (z. B. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und dem Institut für Zeitgeschichte), Biographien, Sammelbände und Dissertationen zu Hamburg im Nationalsozialismus, aber auch in diversen Fällen Entnazifizierungsakten und andere Akten und Dokumente, die im Staatsarchiv Hamburg zur Verfügung stehen. Für die Adressenrecherchen wurden die digitalisierten Hamburger Adressbücher von 1933 bis 1943 der Staats- und Universitätsbibliothek genutzt. Trotz größter Sorgfalt beim Zusammentragen der Daten, ist es dennoch möglich, dass Schreibweisen von Namen variieren und Lebensdaten fehlerhaft sind. In den Profilen und den Beschreibungen der Funktionen sowie des „Wirkens“ des Dabeigewesenen konnte nicht komplett auf das NS-Vokabular – der Sprache der Täter – verzichtet werden, dennoch wurde versucht, diesen Anteil gering zu halten und neutralere Umschreibungen zu finden.
Die meisten der aufgeführten Personen wurden schnell nach Kriegsende durch die Entnazifizierungsstellen als entlastet eingestuft, sie mussten sich selten vor Gericht verantworten oder sie wurden aufgrund von Verjährung ihrer Taten nicht juristisch verurteilt. So stellt Can Bozyakali in seiner Dissertation z. B. zum Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht fest, dass auch in Hamburg bis Anfang der 1950er Jahre 63% aller Justizjuristen, die am Sondergericht tätig gewesen waren, wieder in den Justiz-Dienst eingestellt wurden. „[…] anhand dieser Werte [kann] von einer ‚Renazifizierung‘ gesprochen werden.“ 5)

Dr. Rita Bake, Dr. Brigitta Huhnke, Katharina Tenti (Stand: Anfang 2016)

1) Mario Erdheim: „I hab manchmal furchtbare Träume … Man vergißts Gott sei Dank immer glei...“ (Herr Karl), in: Meinrad Ziegler, Waltraut Kannonier-Finster: Österreichisches Gedächtnis. Über Erinnern und Vergessen der NS-Vergangenheit. Wien 1993.
2) Wolfram Wette: Deutschlandfunk-Interview am 20.11.2014, anlässlich seines neuen Buches: „Ehre, wem Ehre gebührt. Täter, Widerständler und Retter - 1933-1945“, Bremen 2015.
3) Raphael Gross: Anständig geblieben. Frankfurt a. M.  2010, S. 17.
4) Wolfgang Benz: „Ich bin schon froh, wenn es nicht schlimmer wird". Der Historiker Wolfgang Benz über die lange Geschichte der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland – und was neu ist an den Pegida-Märschen. Interview: Markus Flohr und Gunter Hofmann, in ZEIT online vom 21. Dezember 2015. www.zeit.de/zeit-geschichte/2015/04/wolfgang-benz-pegida-antisemitismus-fremdenfeindlichkeit
5) Can Bozyakali: Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht: Eine Untersuchung der NS-Sondergerichte unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge, Frankfurt/ Main 2005, S. 235.

rechte spalte

Themenübersicht auf hamburg.de