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Udo Lohse

(26.10.1872 Elberfeld – 15.10.1940 Jena)
Oberschulrat für das Berufsschulwesen
Immenhof 19 (Wohnadresse 1933)
Tesdorpstraße 4 (Wirkungsstätte)

Dr. Hans-Peter de Lorenz verfasste dieses Profil für sein Buch: Täterprofile Band 2.

Eine wichtige leitende Person im Hamburger Schulwesen war Prof. Udo Lohse, über den bisher relativ wenig bekannt war. Lohse war am 1.10.1919 als Gewerbeschulinspektor nach Hamburg gekommen, wurde 1922 zum Oberschulrat für das Berufsschulwesen befördert. Er kam in den bewegten Anfangszeiten der Weimarer Republik und war der Verantwortliche für die Berufsschulen in der NS-Zeit bis 1936. Der Übergang schien für ihn nicht kompliziert gewesen zu sein. Nach eigenen Angaben war er seit Anfang Mai 1933 Mitglied der Deutschnationalen Front und wurde förderndes Mitglied der SS.

Udo Lohse wurde am 26.10.1872 in Elberfeld als Sohn des Zivilingenieurs Albert Lohse geboren. Er besuchte das Gymnasium in Elberfeld, studierte nach der Reifeprüfung 1893 an der technischen Hochschule Hannover Maschinenbau und bestand die erste Staatsprüfung für das Maschinenbaufach am 15.5.1900. Gleichzeitig hatte er die Lokomotivführerprüfung erfolgreich abgelegt. Anschließend arbeitete er als Regierungsbauführer bei der Eisenbahndirektion in Elberfeld und in der Industrie. Ab 1903 war Udo Lohse an der Maschinenbauschule Einbeck für die Fächer Technologie als Lehrer tätig, Maschinenbau und Dampfmaschinenkunde. 1905 erlangte er den Grad eines Diplomingenieurs an der technischen Hochschule in Dresden, nachdem er eine Diplomarbeit zu einem Maschinenbauthema mit Erfolg eingereicht hatte.1

Nach weiterer Tätigkeit an den Maschinenbauschulen in Aachen und Stettin, wurde er am 20.11.1914 zum Professor ernannt. Am 1.12.1914 ging Udo Lohse als Direktor der Maschinenbau- und Hütten schule nach Gleiwitz, wo „er unter den schwierigen Kriegsverhältnissen erfolgreich wirkte und sich vor allem durch Einrichtung von Lernwerkstätten für Kriegsverletzte bleibende Verdienste erwarb, die im Juli 1918 durch Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes anerkannt wurden“.2

Seit dem 1.1.1918 war Udo Lohse als Regierungs- und Gewerbeschulrat in Köln und Aachen tätig. Seine große Mobilität zeigte er dann erneut, als er sich schon ein halbes Jahr später in Hamburg für die ausgeschriebene Stelle eines Gewerbeschulinspektors interessierte. In dem Verfahren für die Stelle, auf die sich 31 Personen beworben hatten, schrieb der bisherige Schulrat Professor Thomae an Lohse: „Über die Stellung ist folgendes zu sagen. Ich übe bis jetzt die Schulaufsicht allein aus, d. h. schon vielfach nur auf dem Papier, da ich durch die Verwaltungsgeschäfte der Behörde fast ganz beansprucht werde. Schon der seit 1916 bestehenden Beaufsichtigung der gewerblichen Privatschulen war ich kaum noch gewachsen, unser neues Fortbildungsschulgesetz, das auch die Ungelernten und die Mädchen, auch die Beschäftigungslosen, dem Schulzwang unterwirft, werde ich nicht durchführen können, wenn ich nicht entlastet werde. Daher beantragte ich einen zweiten Schulrat, der im wesentlichen Aufsichtstätigkeit ausüben, mich aber auch, wenn nötig, in den Verwaltungsgeschäften unterstützen sollte. Er sollte mir nachgeordnet sein, wie dies auch bei einem Schulrat der Oberschulbehörde im höheren Schulwesen der Fall ist, damit die Einheit der Verwaltung gewahrt würde. Der Senat beantragte auch den Schulrat, die Bürgerschaft beschloss aber die Amtsbezeichnung ‚Gewerbeschulinspektor‘, damit nicht ein Auseinanderfallen in getrennte Schulgebiete stattfände, wie sich dies bei der Oberschulbehörde zwischen höheren Schulen und Volksschulen vollzogen habe. Da ich nicht Techniker bin, wird der Gewerbeschulinspektor vor allem die mittleren technischen Fachschulen (Kunstgewerbeschule, Baugewerkschule, technische Staatslehranstalten) und den Zeichenunterricht der Fortbildungsschulen zu beaufsichtigen haben und ferner wird er mir das Privatschulwesen abnehmen müssen. Seine Stellung zu mir würde etwa der des Landesgewerberats zum Dezernenten des Ministeriums vergleichbar sein, mit dem Unterschied, daß er dem Vorsitzenden der Behörde unmittelbar Vortrag hält, wie dies auch mit meinem juristischen Hilfsarbeiter der Fall ist. Ich muß nur als der Verantwortliche über alles unterrichtet sein.“3

Eine klare Arbeitsbeschreibung und Erwartungshaltung, von der sich Udo Lohse nicht abschrecken ließ. Er bewarb sich und wurde ausgewählt. Im Protokoll der Behörde für das Gewerbe- und Fortbildungswesen vom 3.9.1919 wurde festgehalten: „Herr Schulrat Prof. Dr. Thomae legt 31 Bewerbungen um die von der Bürgerschaft am 20. Juni 1919 genehmigte Stelle eines Gewerbeschulinspektors vor. Von diesen kommen 28 nicht in Betracht, da die Bewerber entweder nicht Diplomingenieure sind oder zu geringe Schul- oder Aufsichtspraxis haben.“4

Lohse erwies sich unter jedem Aspekt als der Geeignetste und wurde zum 1.10.1919 berufen. Am 24.3.1920 beschloss der Hamburger Senat die Amtsbezeichnung Schulrat für seine Tätigkeit. 1922 wurde er nach Ausscheiden von Prof. Thomae als sein Nachfolger Oberschulrat für das Berufsschulwesen.5

Udo Lohse war seit 1904 mit Martha Hausmann verheiratet, einer Tochter des in Hannover lebenden bekannten Landschaftsmaler Gustav Hausmann. Lohses Schwager war Hermann Löns. Mit seiner Frau Martha hatte Lohse eine 1905 geborene Tochter.

Politisch war Udo Lohse offenbar deutschnational, konservativ. In dem von ihm ausgefüllten Fragebogen vom 20.2.1935 gab er an, Mitglied der Deutsch Nationalen Front zu sein, der NSV und dem Reichsluftschutzbund anzugehören, ebenso dem Reichsbund der Deutschen Beamten, dem Verein hamburgischer Staatsbeamte, dem NS-Bund Deutsche Technik. Darüber hinaus war Lohse seit 1933/34 förderndes Mitglied der SS. Der NSDAP gehörte er nicht an.6

Auf die konkrete Arbeit von Udo Lohse in der Weimarer Republik werde ich nicht im Detail eingehen. Lohse war sicherlich an der Änderung des Fortbildungsschulpflichtgesetzes federführend beteiligt, das 1926 den Arbeitgebern und Eltern „eine Meldepflicht der berufsschulpflichtigen Jugend auferlegte und bei Verstoß gegen die Fortbildungsschulpflicht Geldstrafen bis zu 10.000 Mark und im Unvermögensfalle eine Haft bis zu zehn Tagen in Aussicht“ stellte.7

„Etliche Verstöße gegen das Gesetz wurden aufgedeckt und Strafverfahren durchgeführt. Die Berufsschulbehörde richtete demzufolge 1931 eine Dienststelle ‚Schülerkontrolle‘ mit Sitz im Museum für Kunst und Gewerbe ein. Ihre Aufgabe bestand darin, alle berufsschulpflichtigen Jugendlichen anhand einer Gesamtschülerkartei zu erfassen und den Berufsschulbesuch zu kontrollieren. Auch in anderen Ländern Deutschlands kamen von behördlicher Seite Beschwerden darüber, dass die Berufsschulpflicht nicht in gesetzlich vorgegebener Weise eingehalten wurde. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und des Risikos des Arbeitsplatzverlustes zogen Jugendliche und Eltern die ununterbrochene Arbeit im Betrieb dem Besuch einer Berufsschule vor.“8

Udo Lohse blieb seiner beruflichen Herkunft und seinem Fachstudium auch verbunden, als er in Lehr- und Verwaltungstätigkeit aufging. „Während seiner Lehrtätigkeit benutzte Professor Lohse seine Mußestunden zu schriftstellerischen Arbeiten auf verschiedenen Gebieten des Maschinenbaus und des Gießereiwesens“, schrieb die Zeitschrift „Die Gießerei“, deren Mitarbeiter Udo Lohse zeitlebens war.9 Sein nebentätiges Engagement war offenbar umfangreich und spezialisiert: „1917 wurde er in den Vorstand des Vereins Deutscher Gießereifachleute berufen, dem er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand angehörte. Sein Ruf als Sachverständiger auf dem Gebiet des Gießereimaschinenbaus und seine Tätigkeit in den entsprechenden Ausschüssen der Fachvereine veranlaßte den Verein Deutscher Eisengießereien, ihm die Vorbereitung und Leitung der 1923 in Hamburg veranstalteten Gießereifachausstellung zu übertragen. Die hierzu erforderlichen umfangreichen und großzügigen Arbeiten waren nicht nur von sachlichem Erfolg gekrönt, sondern sie führten dazu, daß die zur Mitarbeit herangezogenen Hamburger Fachgenossen sich unter Lohses Führung zur Nordwestdeutschen Gruppe des Vereins deutscher Gießereifachleute zusammenschlossen, deren Vorsitz er bis zu seinem Fortgang aus Hamburg innehatte. Die Gruppe ehrte ihn in Anerkennung seiner großen Verdienste durch Ernennung zum Ehrenmitglied. 1924 konnte Lohse mit staatlicher Unterstützung eine Studienreise nach den Vereinigten Staaten von Amerika machen. Die dort gewonnenen Erfahrungen auf dem Gießereigebiet hat er in der Fachpresse und in einem Werk über amerikanisches Gießereiwesen niedergelegt.“10

So spezialisiert dies klang, waren es möglicherweise für die spätere Kriegsverwendung wichtige Erkenntnisse.

Die Machtübertragung an die Nationalsozialisten 1933 markierte auch für den Berufsschulbereich einen tiefen Einschnitt. „Die im Laufe der 1920er Jahre weit gediehene und gegen Repressionen verteidigte Politik der Selbstverwaltung und der Beiräte innerhalb der Berufsschulbehörde wurde mit Beginn des Nationalsozialismus vollständig zunichte gemacht. Am 31. Mai 1933 wurde zunächst die Hochschulbehörde aufgehoben und in die neue ‚Landesunterrichtsbehörde‘ eingegliedert. Diese bestand nun aus drei Abteilungen Verwaltung, Schulwesen und Hochschulwesen. Das Berufs- und Fachschulwesen wurde in die Abteilung Schulwesen integriert. Zu den wesentlichen Anfangsaufgaben der Schulverwaltung in der NS-Diktatur gehörte der Personalwechsel. Die 27 Schulleiter der staatlichen Berufsschulen wurden bis auf drei ausgewechselt. Aktive Nationalsozialisten wurden in höhere Positionen der Verwaltung befördert oder zu Funktionsträgern ernannt. Weitere Aufgaben der Behörde für das Schulwesen waren die ‚Gleichschaltung‘ der rechtlichen Bestimmungen des Berufsschulwesens, die ‚Straffung‘ der berufsschulischen Organisationen und die ‚planvolle Bewirtschaftung‘ der einzelnen Schulen.“11

Welche konkrete Rolle Udo Lohse dabei spielte, ist nicht überliefert, aber mit Sicherheit war er als der verantwortliche Oberschulrat für diesen Bereich intensiv an der Umgestaltung beteiligt. Lohse blieb noch bis 1936 im Dienst der Behörde und wurde am 31.3.1936, im 64. Lebensjahr pensioniert.12

Die Bilanz der ersten Jahre des Berufsschulwesens unterm Hakenkreuz, für die auch der Oberschulrat für diesen Bereich die Verantwortung trug, fiel nicht positiv aus. So resümierte die Festschrift zum 150-jährigen Jubiläum der staatlichen berufsbildenden Schulen in Hamburg: „Die nationalsozialistische Diktatur war in jeder Hinsicht ein Rückschlag für das bis 1933 etablierte staatliche berufsbildende Schulwesen Hamburgs. Schülerinnen und Schüler wurden aufgrund ihrer ‚Rasse‘ diskriminiert und der Unterricht für ungelernte Jugendliche und ‚Hilfsschülerinnen und Hilfsschüler‘ wieder abgebaut. Auch die Berufsschulpflicht konnte immer weniger eingehalten werden und die Lehrzeit wurde in einigen Berufen gekürzt. Allgemeine Bildung und selbständiges Denken wurden durch ideologische Indoktrination ersetzt, die akademische Lehrerbildung abgebaut, Lernmaterialien gekürzt oder für Kriegszwecke verwandt und Schulgebäude zerstört.“13

Udo Lohse schied im völligen Einvernehmen. Über den Pensionszeitpunkt ­hinaus blieb er noch zwei Monate in Hamburg weiter beschäftigt. Nach seiner Pensionierung zog Udo Lohse mit seiner Frau nach Jena, wo auch die Schwägerin Lisa Hausmann-Löns wohnte. Aus Jena schrieb Udo Lohse an den Senator für Kulturangelegenheiten, Wilhelm von Allwörden, der zu diesem Zeitpunkt auch für den Bildungsbereich zuständig war: „Leider war es mir nicht möglich, mich vor meinem Fortgang von Hamburg von Ihnen persönlich zu verabschieden, der Sie noch Rekonvaleszent waren. Ich habe aber das Bedürfnis, Ihnen wenigstens auf diesem Wege aufrichtig zu danken für das Wohlwollen, mit dem Sie mir während der Zeit, in der ich unter ihrer Oberleitung bei der LUB arbeiten durfte, stets entgegengekommen sind. Ich habe immer das Empfinden gehabt, daß Sie mein restloses Bemühen, meine Arbeit im Sinne des Dritten Reiches zur Auswirkung zu bringen, verstanden und anerkannten. Möge mein Nachfolger im Amt sich desselben Vertrauens seiner Mitarbeiter und Vorgesetzten erfreuen, wie es mir in so reichem Maße zuteil geworden ist, was in den mich sehr ehrenden Abschiedsworten von Herrn Präsident Witt und in den vielen Zeichen der Anhänglichkeit und Wertschätzung der Beamten der Behörde und der Lehrerschaft Ausdruck erhielt. Darf ich Ihnen, Herr Senator, meine besten Wünsche für restlose Genesung übermitteln, die ich mit ergebensten Ostergrüßen verbinde. Mit Heil Hitler bin ich Ihr sehr ergebener Lohse.“14

Hier war jemand in völligem Einvernehmen und mit dem Ziel, „meine Arbeit im Sinne des Dritten Reiches zur Auswirkung zu bringen“ aus Hamburg geschieden.

Udo Lohse starb am 15.10.1940 in Jena.

Seine Fachzeitschrift „Die Gießerei“ schrieb in ihrem Nachruf: „Auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand blieb Prof. Lohse nicht müßig: Er betätigte sich vor allem weiter als Mitarbeiter unserer Zeitschrift, für die er neben dem Gesamtgebiet des Gießereimaschinenbaus im besonderen die Entwicklung des amerikanischen Gießereiwesens bearbeitete. Aber nicht nur um den hervorragenden Wissenschaftler und Fachmann, auch um den Menschen Udo Lohse trauern viele Freunde aus den Gießereikreisen; sein gerader aufrichtiger Charakter und sein liebenswürdiges vornehmes Wesen sicherten ihm die Zuneigung aller derer, die mit ihm je in Berührung kamen; sie alle werden den ebenso zuverlässigen wie schlichten Menschen schmerzlich vermissen und sein Andenken stets in Ehren halten.“15

Die Landesunterrichtsbehörde würdigte Prof. Udo Lohse mit einem eigenen Nachruf, in dem es hieß:

„Der Aufbau des Berufs-Fachschulwesens der Stadt Hamburg nach dem Weltkrieg und die Reorganisation dieses Schulwesens nach dem Umbruch ist zu einem großen Teil seinem Mitwirken zu verdanken. Neben seinen beruflichen Arbeiten nahm er auch an den Bestrebungen des VDI regen Anteil. In seinem Wirken an leitender Stelle des Hamburgischen Schulwesens bleibt er seinen Lehrern als verständnisvoller Vorgesetzter, seinen näheren Mitarbeitern als charaktervoller Mensch und guter Kamerad in bestem Andenken. Nach dem Ausbruch des Krieges von 1939 hat er sich in treuer Pflichterfüllung dem Vaterland mit seiner Arbeit wieder zur Verfügung gestellt. Hamburg und insbesondere die hamburgischen Schulen haben mit seinem Hinscheiden viel verloren.“16

Am 12.11.1940 wandte sich Udo Lohses Schwägerin, Lisa Hausmann-Löns aus Jena an Karl Witt, den Präsidenten der Landesunterrichtsbehörde. Lisa Hausmann-Löns schrieb an Karl Witt, von dem sie wusste, dass er mit Udo Lohse schon seit 1922 bekannt war. Karl Witt hatte seit 1922 als Lehrer im Hamburger Berufsschuldienst gearbeitet und war seit 1922 Mitglied der Berufsschul-Lehrerkammer und seit 1931 als deutschnationaler Abgeordneter in der Hamburgischen Bürgerschaft auch Vertreter in der Landesunterrichtsbehörde. Während dieser längeren Bekanntschaft hatte sich ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Udo Lohse und Karl Witt entwickelt.17

Lisa Hausmann-Löns wies Witt auf den besorgniserregenden Gesundheitszustand ihrer Schwester, der Witwe von Udo Lohse hin, die nun auch viele „Bankangelegenheiten zu ordnen hätte und feststellen musste, dass kein Gehalt überwiesen worden ist“.18

Die Schwägerin schrieb auch, dass ihre Schwester in den letzten drei Jahren „den erbittertsten Kampf gegen den Tod“ hätte führen müssen, die Jahre nach der Pensionierung waren offenbar auch für Udo Lohse nicht einfach gewesen.

Die Fragen wurden von Stadtinspektor E. Sanck, der früher ein enger Mitarbeiter Lohses gewesen war, mit den besten Empfehlungen von Senator Witt beantwortet.

In der Personalakte Udo Lohses ist auch der Entnazifizierungsfragebogen seiner Witwe Martha Lohse vom 7.1. 1946 enthalten. Sie gab an, in keiner einzigen NS-Organisation gewesen zu sein, vor 1933 in der DDP.19

Das könnte mit der Einstellung ihrer Schwester, Lisa Hausmann-Löns, korrespondieren, die als intellektuelle Journalistin und Frauenrechtlerin bezeichnet wurde. Lisa Hausmann-Löns war seit 1902 mit Hermann Löns verheiratet, von dem sie sich 1911 trennte, aber nicht scheiden ließ. Hermann Löns hatte sich 1914 freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet und starb bereits am 26.9.1914 in der Schlacht bei Loivre.20

In der Romanbiografie von Heinrich Thies: „Mein Herz gib wieder her: Lisa und Hermann Löns“, in der sich der Autor eng an den biografischen Fakten orientiert, wird beschrieben, wie beide sich in der Redaktion der „Hannoverschen Zeitung“ kennengelernt hatten und wie sie sich entzweiten, unter anderem, weil Hermann Löns den Krieg idealisierte, während seine Frau Pazifistin war.21

Udo Lohses Witwe (geb. am 3.7.1878) starb am 11.8.1960.22

Das Profil ist nachzulesen in Hans-Peter de Lorents Buch: Täterprofile, Band 2. Hamburg 2017. Das Buch ist erhältlich in der Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg.

Anmerkungen
1 Alle Angaben laut Personalakte Prof. Udo Lohse, StA HH, 361-3_A 1117, darin auch ein handgeschriebener Lebenslauf vom 6.8.1919 für seine Bewerbung in Hamburg.
2 Aus dem Nachruf, in: „Die Gießerei“, Zeitschrift für das gesamte Gießereiwesen, Heft 24/1940, S. 490.
3 Schreiben von Prof. Thomae an Udo Lohse vom 19.8.1919, Personalakte a.a.O.
4 Auszug aus dem Protokoll der Behörde für das Gewerbe- und Fortbildungswesen, Personalakte a.a.O.
5 Alle Angaben laut Personalakte a.a.O.
6 Personalakte a.a.O.
7 150 Jahre staatliche berufsbildende Schulen in Hamburg, Festschrift, Hamburg 2015, S. 19.
8 Ebd.
9 Nachruf in „Die Gießerei“, a.a.O.
10 Ebd.
11 Festschrift 2015, a.a.O., S. 17.
12 Personalakte a.a.O.
13 Festschrift a.a.O., S. 21.
14 Schreiben vom 7.4.1936, Personalakte a.a.O.
15 Nachruf in „Die Gießerei“, a.a.O.
16 Nachruf der Landesunterrichtsbehörde in Kopie in Lohses Personalakte, a.a.O.
17 Siehe die Biografie von Karl Witt, in: Hans-Peter de Lorent: Täterprofile Bd. 1, Hamburg 2016, S. 88ff.
18 Schreiben vom 12.11.1940, Personalakte a.a.O.
19 Personalakte a.a.O.
20 Angaben laut: https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Löns
21 Heinrich Thies: „Mein Herz gib wieder her: Lisa und Hermann Löns“, Springe 2016.
22 Personalakte a.a.O.
 

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Von Hamburger NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Zuschauer/innen ... Eine Hamburg Topografie.

NS-Dabeigewesene

Aufsätze

Erklärung zur Datenbank

Stand Januar 2024: 914 Kurzprofile und 332 sonstige Einträge.

Diese Datenbank ist ein Projekt in Fortsetzung (work in progress). Eine Vollständigkeit ist niemals zu erreichen. Sie startete online im Februar 2016 mit rund 520 Profilen und mehr als 200 weiteren Einträgen und wird laufend ergänzt und erweitert werden. Wissenschaftliche Institute, Gedenkstätten, Universitäten und zum Thema forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können gern ihre erarbeiteten Profile in diese Datenbank stellen lassen.

Quellenangaben, die sich auf Webseiten beziehen, sind die zum Zeitpunkt der Recherche gefundenen. Sollten Sie veraltete Links oder Aktualisierungen bzw. Verschiebungen der Inhalte feststellen, freuen wir uns über Hinweise.

Vor etlichen Jahren hat die Landesszentrale für politische Bildung Hamburg die Stolperstein-Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de ermöglicht und gibt seit rund zehn Jahren gemeinsam mit dem Institut für die Geschichte der Deutschen Juden unter der Projektleitung von Dr. Beate Meyer und Dr. Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung die Publikationsreihe „Stolpersteine in Hamburg, biografische Spurensuche“ heraus. Mit dieser Datenbank „Die Dabeigewesenen“ möchte die Landeszentrale für politische Bildung nun den Blick auf diejenigen lenken, die das NS-System stützten und mitmachten. Denn:

Eine Gesellschaft, die sich eine offene und freie Zukunft wünscht,
muss [...] über eine Kultur verfügen, die nicht auf dem Verdrängen
und Vergessen der Vergangenheit beruht.“ (Mario Erdheim Psychoanalytiker) 1)

Diese aktuell immer noch so wichtige Aussage bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt dieser Datenbank. Sie enthält eine Sammlung mit Kurzprofilen über Menschen, die auf unterschiedlichste Weise an den NS-Gewaltverbrechen in Hamburg Anteil hatten, z.B. als Karrierist/innen, Profiteur/innen, Befehlsempfänger/innen, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Täter/innen. Aber auch sogenannte Verstrickte, die z. B. nach durchlittener Gestapo-Folter zum Spitzel wurden. Unter all diesen Dabeigewesenen gab es auch Menschen, die in keiner NS-Organisation Mitglied waren, die aber staatliche Aufträge - zum Beispiel als Künstler oder Architekt - annahmen und so von dem NS-System profitierten, im Gegensatz zu denen, die sich diesem System nicht andienten, deshalb in die Emigration gingen oder in Kauf nahmen, keine Karriere mehr zu machen bzw. kaum noch finanzielle Einnahmen zu haben.

Ebenso wurden solche Personen aufgenommen, die zum Beispiel vor und während der NS-Zeit den Idealen des Heimatschutzes und der Technik-Kritik anhingen und das NS-Regime dadurch unterstützten, indem sie staatliche Aufträge annahmen, die diesen Idealen entsprachen, da das NS-System solche Strömungen für seine Ideologie vereinnahmte.

Für die Datenbank „Die Dabeigewesenen“ wurden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie Medizin, Justiz, Bildung und Forschung, Verwaltung, Kirche, Fürsorge und Wohlfahrt, Literatur, Theater und Kunst, Wirtschaft, Sport, Polizei und parteipolitische Organisationen berücksichtigt.

„denn wir können (…) das ganze Phänomen des Mitmachens und des Ermöglichens, das ja in der NS-Zeit eine genauso große Rolle gespielt hat, wie die Bereitschaft, selbst aktiver Täter vor Ort zu sein - das alles können wir nur verstehen, wenn wir die verschiedenen Facetten der Täterschaft noch viel genauer betrachten, als das bisher geschehen ist." 2)

In vielen Profilen wird der weitverbreitete Enthusiasmus vieler Deutscher für den Nationalsozialismus, gegenüber „seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik, seine Architektur, seine Weltanschauung" 3) etc. deutlich. Und es zeigt sich, dass Menschen das NS-System stützten, indem sie z. B., ohne darüber nachzudenken und ohne zu hinterfragen, bereitwillig moralische und soziale Normen des NS-Staats übernahmen.

Mit Schaffung der „Ausgrenzungsgesellschaft“ war es für die „Mehrheitsgesellschaft“ möglich, u. a. NS-Rassentheorien praktisch umzusetzen.

Diese Erkenntnis ist angesichts heutiger aktueller gesellschafts-politischer Entwicklungen von Bedeutung. In einem Interview zum Thema Fremdenfeindlichkeit bemerkte der Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz auf die Frage, ob aus der Geschichte zu lernen sei. „Wir könnten schon. Wir könnten zum Beispiel lernen, dass der Fremde nicht schuld ist an dem Hass, der ihm widerfährt. Es scheint tatsächlich schwierig zu vermitteln zu sein, dass das Opfer nicht dafür verantwortlich ist, dass es totgeschlagen oder misshandelt wird. Juden werden nicht verfolgt, weil an ihnen etwas ist, was sie zu Opfern macht, sondern weil die Mehrheitsgesellschaft Opfer braucht, und zwar zur eigenen Identitätsstiftung. Zuwanderer, Fremde, Andersgläubige werden ausgegrenzt. Das stärkt das Selbstgefühl der Mehrheit.“ 4)

Mit der Datenbank soll eine Hamburg Topographie der „Dabeigewesenen“ entstehen, um somit konkrete Orte des NS-Geschehens sichtbar zu machen. Deshalb werden auch nur diejenigen Dabeigewesenen aufgenommen, die zwischen 1933 und 1945 in Hamburg mit seinen Grenzen nach 1937 gelebt/gearbeitet haben. Neben Personenprofilen sind auch Adressen von NSDAP-Organisationen und -Einrichtungen zu finden. Darüber hinaus gibt es für einzelne Stadtteile Einträge, die die NS-Aktivitäten im Stadtteil beschreiben. In der Datenbank kann nach Namen, Straßen, Bezirken und Stadtteilen gesucht werden, damit also auch nach den Wohnadressen und/oder Adressen der Arbeitsstätten (soweit recherchierbar). Durch Hinzuziehen der Stolpersteindatenbank (hier sind die Adressen der NS-Opfer aufgenommen, für die bisher Stolpersteine verlegt wurden) und der virtuellen Hamburg-Stadt-Karte (sie verzeichnet die Zwangsarbeiterlager und Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben) wird eindringlich deutlich, wie dicht benachbart Opfer und Dabeigewesene in Hamburg gelebt und gewirkt haben. Mit diesen Informationen ist es immer schwerer, die altbekannte Entschuldigung aufrecht zu erhalten; wir haben doch nichts davon gewusst.

In den vorgestellten Profilen liegt der Fokus auf Handlungen und Einstellungen zum NS-Regime. Privates wird nur erwähnt, wenn es für die Haltung zum NS-Regime von Relevanz ist. Recherchegrundlage für diese Datenbank waren bereits vorhandene wissenschaftliche Veröffentlichungen (z. B. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und dem Institut für Zeitgeschichte), Biographien, Sammelbände und Dissertationen zu Hamburg im Nationalsozialismus, aber auch in diversen Fällen Entnazifizierungsakten und andere Akten und Dokumente, die im Staatsarchiv Hamburg zur Verfügung stehen. Für die Adressenrecherchen wurden die digitalisierten Hamburger Adressbücher von 1933 bis 1943 der Staats- und Universitätsbibliothek genutzt. Trotz größter Sorgfalt beim Zusammentragen der Daten, ist es dennoch möglich, dass Schreibweisen von Namen variieren und Lebensdaten fehlerhaft sind. In den Profilen und den Beschreibungen der Funktionen sowie des „Wirkens“ des Dabeigewesenen konnte nicht komplett auf das NS-Vokabular – der Sprache der Täter – verzichtet werden, dennoch wurde versucht, diesen Anteil gering zu halten und neutralere Umschreibungen zu finden.
Die meisten der aufgeführten Personen wurden schnell nach Kriegsende durch die Entnazifizierungsstellen als entlastet eingestuft, sie mussten sich selten vor Gericht verantworten oder sie wurden aufgrund von Verjährung ihrer Taten nicht juristisch verurteilt. So stellt Can Bozyakali in seiner Dissertation z. B. zum Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht fest, dass auch in Hamburg bis Anfang der 1950er Jahre 63% aller Justizjuristen, die am Sondergericht tätig gewesen waren, wieder in den Justiz-Dienst eingestellt wurden. „[…] anhand dieser Werte [kann] von einer ‚Renazifizierung‘ gesprochen werden.“ 5)

Dr. Rita Bake, Dr. Brigitta Huhnke, Katharina Tenti (Stand: Anfang 2016)

1) Mario Erdheim: „I hab manchmal furchtbare Träume … Man vergißts Gott sei Dank immer glei...“ (Herr Karl), in: Meinrad Ziegler, Waltraut Kannonier-Finster: Österreichisches Gedächtnis. Über Erinnern und Vergessen der NS-Vergangenheit. Wien 1993.
2) Wolfram Wette: Deutschlandfunk-Interview am 20.11.2014, anlässlich seines neuen Buches: „Ehre, wem Ehre gebührt. Täter, Widerständler und Retter - 1933-1945“, Bremen 2015.
3) Raphael Gross: Anständig geblieben. Frankfurt a. M.  2010, S. 17.
4) Wolfgang Benz: „Ich bin schon froh, wenn es nicht schlimmer wird". Der Historiker Wolfgang Benz über die lange Geschichte der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland – und was neu ist an den Pegida-Märschen. Interview: Markus Flohr und Gunter Hofmann, in ZEIT online vom 21. Dezember 2015. www.zeit.de/zeit-geschichte/2015/04/wolfgang-benz-pegida-antisemitismus-fremdenfeindlichkeit
5) Can Bozyakali: Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht: Eine Untersuchung der NS-Sondergerichte unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge, Frankfurt/ Main 2005, S. 235.

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