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Herbert Bieber

(4.3.1904 St. Petersburg – 18.1.1988)
Lehrer am Matthias-Claudius-Gymnasium
Dorotheestraße 9 (Wohnadresse, 1943)

Dr. Hans-Peter de Lorent hat das Portrait über Herbert Bieber verfasst und in seinem Buch „Täterprofile Band 2“ veröffentlicht.

„Wir sind die junge Lehrerschar, dem Führer treu ergeben.
Wir fragen nicht, was früher war, wir sind ein neues Leben.
Wir kämpfen nur für Volk und Staat, im Dienst an deutscher Jugend.
Uns kümmert nicht Geburt und Grad. Hier gilt die Männertugend.
1

Herbert Bieber gehörte zu den jungen Propagandisten im NSLB, die insbesondere die Zusammenarbeit mit der Hitlerjugend suchten. Schon 1931 in die NSDAP eingetreten war er offensichtlich ein leidenschaftlicher naturwissenschaftlicher Lehrer, eng mit der NS-Ideologie verbunden, aber ohne größeres Charisma für leitende Funktionen im Hamburger Schulwesen. Er profilierte sich als Gausachbearbeiter für den naturwissenschaftlichen Unterricht im NSLB und als Chronist für die Hamburger Lehrerzeitung (HLZ). Nach der NS-Zeit gelangte er nicht sofort wieder in den Hamburger Schuldienst. Später, 1953, kehrte er zurück an das Matthias-Claudius-Gymnasium, leitete dessen Ehemaligen-Verein und schrieb einige Artikel über die Hamburger Schulgeschichte, mit erkennbaren Schwierigkeiten, sich über die NS-Zeit zu äußern.

Herbert Bieber war am 4.3.1904 in Sankt Petersburg geboren, wo sein Vater Rudolf Bieber zu der Zeit als Kaufmann arbeitete. In Hamburg besuchte er bis Ostern 1913 eine private Vorschule (Grundschule) und wechselte danach auf das Matthias-Claudius-Gymnasium, an dem er 1922 die Reifeprüfung bestand.2

Anschließend studierte Bieber Mathematik und Physik in Marburg und Göttingen, promovierte 1927, wechselte zum Referendariat an das Gymnasium zum Grauen Kloster und zum Helmholtz-Realgymnasium nach Berlin, wo er 1929 das erste Staatsexamen ablegte.3 Danach ging Herbert Bieber zum 1.4.1929 an die private Wichernschule und arbeitete dort bis zum Übertritt in den Staatsdienst 1938. Die letzten Jahre an der Wichernschule fungierte Bieber als stellvertretender Schulleiter und war damit der Vorgänger von Dr. Hans Reimers, der später noch eine Rolle in Biebers Berufsleben spielen sollte.4

Herbert Bieber war schon früh politisch aktiv. Mit 27 Jahren trat er am 1.12. 1931 in die NSDAP ein, 1932 in den NSLB, außerdem in die NSV und in den NS Altherrenbund. Im NSLB fungierte er als Gausachbearbeiter für die naturwissenschaftlichen Fächer sowie zeitweise als Presseverantwortlicher, er schrieb regelmäßig Artikel für die HLZ und wirkte als Chronist von Veranstaltungen. In der NSDAP hatte er in Wandsbek das Amt des Kreisschulungsleiters übernommen.5

Wegen seiner früheren NSLB-Mitgliedschaft überrascht die Aussage von Uwe Schmidt, dass Bieber 1933 im Hamburger Philologenverein zum 2. Vorsitzenden gewählt wurde, mit Karl Züge, dem neuen 1. Vorsitzenden in der Nachfolge von Theodor Mühe. Somit hatte Herbert Bieber vermutlich dafür geworben, den Philologenverein ebenfalls in den NSLB zu überführen.6

In der HLZ versuchte Herbert Bieber in fast schwärmerischer Weise ein Bild zu zeichnen, dass nach der „nationalen Revolution“ ein ganz anderes Zusammenleben an den höheren Schulen zwischen Schülern und jungen Lehrern entstanden sei:
„Aber die große Veränderung, die sich durch die bündische Bewegung und durch die Hitler-Jugend zwischen Schülern und Junglehrern vollzogen hat, ist noch nicht in das öffentliche Bewußtsein übergegangen. Wann kommt endlich der Film, der uns die wirkliche Entwicklung der heutigen Primaner zeigt? Z. B. wie wir in den Jahren des Kampfes einmal 7 Stunden – Lehrer und Schüler auf engstem Raume – bei Sagebiel gestanden haben, um Adolf Hitler zu hören, wie ein andermal die Klasse unter Führung ihres Lehrers von der Schule nach der Lokstedter Rennbahn hinausfuhr, wo der Führer am 23. April 1932, dem Tage vor der Preußen Wahl, zu hunderttausend sprach, dann die großen Tage des Frühjahrs 1933 und endlich den 25. Februar 1934, an welchem Lehrer und Schüler gemeinsam auf den Führer vereidigt wurden. Diese Erlebnisse haben uns das Bewußtsein unserer öffentlichen Verantwortung in der Bewegung so tief ins Herz gebrannt, daß zwischen uns keine Pennälerromantik mehr möglich ist. Niemals allerdings darf sich ein Lehrer vergessen und die besondere Ehre eines Hitlerjugendführers antasten, indem er ihn als Pennäler behandelt. Niemals wieder dürfen Lehrer versuchen, wie es mir selbst als Junge gegangen ist, einen Schüler zum Verrat an seinen Kameraden zu stiften; gerade dieses Verfahren wird ja auch von Adolf Hitler in seinem Buche besonders gegeißelt.“7

 Herbert Bieber war ein beseelter Nationalsozialist. An anderer Stelle hatte er gereimt:
„Wir sind die junge Lehrerschar, dem Führer treu ergeben.
Wir fragen nicht, was früher war, wir sind ein neues Leben.
Wir kämpfen nur für Volk und Staat, im Dienst an deutscher Jugend.
Uns kümmert nicht Geburt und Grad. Hier gilt die Männertugend.“8

Der damals 30-jährige Herbert Bieber, der schon in der von den Nationalsozialisten „Kampfzeit“ genannten Phase der vehementen Agitation von und für Adolf Hitler und seine Bewegung mit Schülern gemeinsame Sache machte und dem „Führer“ huldigte, versuchte zu einem Zeitpunkt für die Hitlerjugend eine Lanze zu brechen, als andere Lehrer an höheren Schulen und insbesondere deren Schulleiter sich zunehmend über die Einflussnahme der Hitlerjugend auf die Schule beklagten. Somit wird Bieber eher eine Minderheitenposition in der Lehrerschaft vertreten haben, wenn auch mit Leidenschaft:
„Die öffentliche Verantwortung die die HJ trägt, unterscheidet sich grundlegend von den höheren Bünden, aus denen man nach Belieben austrat, ja die man selbst beliebig gründete. Wir Älteren haben unsere Jugend und unsere Ausbildungszeit in diesem grundsätzlich individualistischen Zeitalter erfahren, wir sind zur NSDAP aufgrund freier Entscheidung als Einzelkämpfer gestoßen. Die Jugend aber wächst in den neuen Staat als in eine natürliche Lebensordnung. Darum klagen diese Jungen nicht, wenn sie einmal beim Gebietsaufmarsch zwei Nächte lang nicht zum Schlafen kommen, weil sie in der Organisationsleitung sitzen; gibt es doch keine schönere Erinnerung als die an erfolgreiche Arbeit.“9

Herbert Bieber war beseelt davon, wie sich die Jugend in die NS-Bewegung hineingefunden hatte:
„Den tiefsten Sinn dieses Aufbruches der Jugend hat der preußische Ministerialrat Haupt in einer Rede zur Eröffnung des ersten Schulungstages für Kameradschaftshäuser ausgesprochen, indem er sagte: ‚Vor kurzem schrieb die Pariser jüdische Zeitung ‚Das Tagebuch‘: ‚Der Urwald rückt an.‘ Das soll eine Verhöhnung des Nationalsozialismus sein, aber ich möchte im Rahmen des interessanten (im Gegensatz zum langweiligen) Nationalsozialismus diesen Ausdruck anerkennen. So muß Westeuropa es sehen. Das ist für Westeuropa der Urwald, das sind die germanischen Barbaren. Der Mutterboden, der Urwald brach in unserem deutschen Urvolk in Zeiten der Gefahr immer wieder durch. Heute, wo sich die westeuropäische Zivilisation durch die ganze Welt hindurchgefressen hat, da wagt es das deutsche Volk, zum Urwald zurückzukehren.‘ – Die Lebensform im Urwald ist das Feldlager. Der urtümliche Drang nach dem Männerbund ist aus der Verschüttung wieder auferstanden und treibt die Jugend mit Macht in die HJ, SA, in die Arbeitslager und Kameradschaftshäuser. Der Aufstand gegen die Stadt ist in vollem Gange.“10

Herbert Bieber begab sich in seiner weiteren Argumentation in eine nicht ungefährliche Gegenposition zu der „älteren Lehrerschaft“ und konnte das, weil er als NSDAP-Mitglied seit 1931 als „alter Kämpfer“ angesehen werden musste:
„In der HJ führt der Junge ein Feldlagerleben, mag es sich auch äußerlich in der Stadt abspielen. Da aber, wie wir gesehen haben, die Schule zutiefst der Stadt verwandt ist, so kann die Jugend mit der heutigen Schule keinen Frieden schließen, sondern sie befindet sich auf absehbare Zeit hinaus noch im Angriff. Denn das Bildungsideal der bisherigen höheren Schule und der älteren Lehrerschaft ist noch immer der wissenschaftlich gebildete, kontemplative Mensch, aber nicht der politische Soldat, der nur das gerne lernt, was er als Waffe brauchen kann.“11

Noch zwei Beispiele, die zeigen, wie stark Herbert Bieber Adolf Hitler verehrte:
„Welches Erziehungsziel stellen wir denn nun heute auf? Der Nationalsozialismus ist von Adolf Hitler geschaffen, also sehen wir uns den Führer an, und der Mensch, den wir erstreben, steht lebendig vor uns. Trotz seiner ungeheuren Arbeitsenergie ist Adolf Hitler kein betriebsamer Politiker, wie sie die Weimarer Republik hervorbrachte. Adolf Hitler ist in seinem Lebensgrunde ein tief religiöser Mensch. Wenige Tage nach dem Antritt seines Kanzleramtes sagte er zu dem späteren Reichsbischof Müller: ‚Es ist mir immer noch wie ein Wunder Gottes.‘ Und niemals werden wir das Gebet vergessen, mit dem er seine große Rede am 1. Mai 1933 auf dem Tempelhofer Felde schloß. Doch trotz seiner religiösen Grundhaltung und trotz seiner persönlichen Einfachheit ist er ein Künstler in der vollendeten Beherrschung aller technischen Mittel. Man muss in dem Buche von Dr. Dietrich ‚Mit Hitler in die Macht‘ die atemberaubenden Schilderungen seiner Propagandazüge zu den großen Wahlschlachten 1932 lesen, wir erinnern uns ferner des 27. August 1933, an dem er morgens am Tannenberg denkmal und abends auf dem Niederwald zu den Saardeutschen sprach, man male sich endlich das Ereignis vom 25. Februar 1934 richtig aus, als zwei Millionen politische Leiter und HJ-Führer auf ein Kommando stillstanden und vereidigt wurden; dann vermißt man erst wirklich, daß Adolf Hitler als erster den Rundfunk in das politische Leben einbezogen und dadurch auch eine neue Form des außenpolitischen Verkehrs geschaffen hat, indem er sich unmittelbar an die fremden Völker wendet.“12 Hier schwärmte ein glühender Anhänger.

An anderer Stelle berichtete Herbert Bieber in der HLZ von einer Arbeitsversammlung, auf der die Gegensätze zwischen HJ und NSLB deutlich geworden waren:
„Als Ergebnis des Abends kann man feststellen: der Typ des Jungen, den wir – HJ und NSLB – erstreben, ist derselbe: Der geweckte stahlharte Junge, der jedes Hindernis nimmt, weil er gelernt hat, seine gesammelte geistige und körperliche Kraft in disziplinierter Weise einzusetzen. Zur Erziehung solcher Jungen ist es nötig, ihnen klare Pflichten zu zeigen und sie nicht zwischen drei Autoritäten hin- und herzuzerren. ‚Wenn wir uns doch erst mal die Zeit unserer Jungen teilen könnten’, sagte ein Schulleiter, aber das ist zu wenig. Wir gehören als Nationalsozialisten alle zusammen, mahnte uns der Führer in Nürnberg deutlich genug. – Über die Wege, auf denen HJ und NSLB gemeinsam vorgehen, wird hoffentlich schon in Kürze weiteres berichtet werden können.“13

Herbert Bieber schrieb zahlreiche Beiträge für die HLZ, auch größere Aufsätze, die es auf die HLZ-Titelseite brachten, wie etwa: „Die Naturwissenschaft im Dienste der weltanschaulichen Erziehung“.

Er begann dabei mit folgender Problembeschreibung:
„Der Führer schreibt in ‚Mein Kampf‘ auf Seite 469: ‚Es liegt im Zuge unserer heutigen materialisierten Zeit, daß unsere wissenschaftliche Ausbildung sich immer mehr den nur realen Fächern zuwendet, also der Mathematik, Physik, Chemie, usw. So nötig dies für eine Zeit auch ist, in welcher Technik und Chemie regieren und deren wenigstens äußerlich sichtbarste Merkmale im täglichen Leben sie darstellen, so gefährlich ist es aber auch, wenn die allgemeine Bildung einer Nation immer ausschließlicher darauf eingestellt wird. Diese muß im Gegenteil stets eine ideale sein.‘ Aus dem harten Urteil, das der Führer hier zwischen den Zeilen über die Naturwissenschaft fällt, entstanden in der Zeit der Machtergreifung Vorschläge, nach denen die Naturwissenschaften mit Ausnahme der Biologie, für die allgemeinbildende Schule fast völlig abgelehnt und an Fachschulen verwiesen wurden. Heute, nach der Verkündung des neuen Vierjahresplanes, wird die ungeheure Bedeutung der Naturwissenschaft wieder allgemein zugegeben. Trotzdem genügt es nicht, daß die Naturwissenschaft als ein notwendiges Mittel etwa zur Landesverteidigung anerkannt wird, sondern auch sie hat hohe Aufgaben bei der weltanschaulichen Erziehung unserer Jugend zu erfüllen, wie wir zeigen wollen.“14

Herbert Bieber hatte sich im NSLB und der NSDAP profiliert. Er war „alter Kämpfer“, Kreisschulungsleiter der NSDAP in Wandsbek, stellvertretender Schulleiter der privaten Wichernschule und bemühte sich in einem Schreiben an OSR Wilhelm Oberdörffer um die Aufnahme auf die Anwärterliste für den Hamburger Schuldienst.15

Am 1.4.1938 wurde Herbert Bieber in den Staatsdienst übernommen und an der Oberschule für Jungen Rahlstedt eingesetzt sowie seine Beförderung zum Studienrat vorgeschlagen. In dem Ernennungsvorschlag hieß es ganz offen: „Dr. Bieber wird jetzt zur Beförderung vorgeschlagen, weil er seit Dezember 1931 Mitglied der NSDAP ist.“16 Mit alten Parteigenossen wurde großzügig umgegangen. Am 5.6.1941 notierte die Personalabteilung, daß „die Dienstzeiten von Herbert Bieber in der NSDAP bis zum 30.1.1933 auf sein Besoldungsdienstalter angerechnet würden.“17

Herbert Bieber verfügte offenbar in dieser Zeit über ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein. In einem Fall wurde in der Schulverwaltung geprüft, ob Bieber „sich nicht so ungehörig“ verhalten habe, dass „dagegen etwas zu unternehmen“ sei. Bieber hatte einen Brief an das Gesundheitsamt Wandsbek geschickt, über den sich der Arzt des Gesundheitsamtes bei der Schulverwaltung beschwert hatte. Bieber war zu einer ärztlichen Untersuchung aufgefordert worden und antwortete:
„Ist diese Untersuchung tatsächlich nötig? Ich bin am 22.2.1938 von Ihnen selbst zwecks Erlangung eines Ehestandsdarlehens untersucht worden; ich bin zum zweiten Male am 4.7.1938 von Herrn Dr. Reuß im Gesundheitsamt Besenbinderhof zwecks Anstellung als Studienrat untersucht worden. In beiden Fällen wurde ich als völlig gesund bezeichnet. Weshalb ich nun wieder untersucht werden soll, ist mir einfach unerfindlich. Wenn aber das Gesundheitsamt über so viel Zeit verfügt, daß es einen von ihm selbst bereits zweimal als gesund befundenen jungen Mann im gleichen Jahre ein drittes Mal zu untersuchen wünscht, so bitte ich wenigstens auf meine und meiner Kollegen vollbesetzte Arbeitszeit insofern Rücksicht zu nehmen, als Sie mir eine Zeit nach 15 Uhr geben, so daß ich ohne Beeinträchtigung des Unterrichts von Rahlstedt nach Wandsbek kommen kann. Halten Sie nicht auch mal in Rahlstedt Sprechzeit ab?

Entschuldigen Sie diesen offenen Brief, aber ich erinnere mich noch sehr gut an unsere angeregte Unterhaltung anläßlich meiner Untersuchung und Sie tun mir wirklich leid heute. Ich denke also, Sie erwarten mich erst einmal am Dienstag nicht. Heil Hitler! Ihr Dr. Bieber.“18

Der Sachbearbeiter in der Schulverwaltung, der das Schreiben auf „Ungehörigkeit prüfen“ sollte, war zu dem Ergebnis gekommen: „Das Erstaunen des Dr. B., der nach dem Gutachten vom 4.7. ‚sehr gute Allgemeinkonstitution‘ besitzt, (und von dem am 28.7. ein neues Gutachten angefordert wurde), ist daher zum mindesten verständlich, meiner Auffassung nach auch der Brief verzeihlich.“19

Am 4.4.1938 heiratete Herbert Bieber Anita Renneberg, mit der er zwei Kinder bekam.20 Am 3.5.1940 wurde Herbert Bieber zur Wehrmacht eingezogen, seinen Dienst während des Krieges leistete er „im Wetterdienst, wo er seine physikalischen Kenntnisse nutzen und vermehren konnte“.21

Am 20.6.1945 wurde Herbert Bieber im Auftrag der britischen Militärregierung entlassen. Über die unmittelbare Zeit danach gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Möglicherweise war Herbert Bieber interniert worden wegen seiner Funktion als Kreisschulungsleiter und seiner Tätigkeit im NSLB. Dies ist daraus zu schließen, dass das Entnazifizierungsverfahren von Herbert Bieber erst 1947 betrieben wurde. Der Fachausschuss 6b stellte am 15.7.1947 fest:
„Mit Rücksicht auf die schwere politische Belastung hält der Fachausschuss in Übereinstimmung mit dem Beratenden Ausschuss Dr. B. als Lehrer nicht tragbar. Er wird in Kategorie III eingestuft.“22

Der Beratende Ausschuss hatte am 24.6.1947 geurteilt:
„Wir haben durch Unterhaltung mit ihm und Studium der Unterlagen den Eindruck gewonnen, dass er wohl einer echten Umkehr, einer definitiven Abwendung vom Nationalsozialismus fähig ist. Wir glauben dass er dann wertvolle pädagogische Arbeit leisten wird. Die Schwere seiner Belastung lässt im Augenblick noch keine Bestätigung zu. Der Ausschuss empfiehlt, seinen Fall in einigen Jahren erneut zu überprüfen.“23

Herbert Bieber musste die Zeit durch eine Tätigkeit als Bauhilfsarbeiter bei der Trümmerbeseitigung überbrücken. Die Baufirma Emil Dilger aus Wandsbek bestätigte ihm am 1.3.1948, dass er ein Jahr lang „in jeder Hinsicht seine Pflicht getan hat, bis ihn Krankheit zwang, aus dem Bausektor auszuscheiden, um eine leichtere Tätigkeit zu übernehmen“. Und weiter: „Ich habe ihn als einen ruhigen und besonnenen Mann kennengelernt, der wegen seiner sachlichen Haltung und seiner Kameradschaftlichkeit bei allen Mitarbeitern des Betriebes beliebt war.“24 Herbert Bieber erhielt zwei Leumundszeugnisse von Personen, die in diesem Kontext einen guten Ruf besaßen und insbesondere für die Schulverwaltung wichtige Akteure waren. Dr. Wilhelm Oberdörffer, der Oberschulrat für die höheren Schulen gewesen war, bevor er 1941 aus unterschiedlich interpretierten Gründern aus der Schulverwaltung ausschied, der nach 1945 ähnlich wie Fritz Köhne zahlreiche „Persilscheine“ ausstellte25, verwandte sich auch für Herbert Bieber:
„Herr Dr. Bieber gehörte zu den wenigen Lehrern an höheren Schulen in Hamburg, die bereits vor 1933 der NSDAP beigetreten und in ihr rege tätig gewesen waren. Es steht für mich außer Zweifel, daß Herr Dr. Bieber sich der Bewegung aus idealer Begeisterung ohne eigennützige Beweggründe angeschlossen hat. Er hat seine politische Überzeugung stets ehrlich und offen zu erkennen gegeben und im Lehrerbund und in den Gliederungen der Partei längere Zeit tatkräftig mitgearbeitet. Dabei hatte er seine Obliegenheiten in der Wichernschule nicht vernachlässigt, sondern alle seine Pflichten dort pünktlich und zuverlässig erfüllt. Die Aufgaben an der Wichernschule unter der Leitung des verstorbenen Oberstudiendirektors Ackermann26 haben ihn von jeher gereizt, und er hat keine Mühe und Opfer gescheut, um die Schule, die immer schon für sorgfältig überlegte pädagogische Versuche weiten Spielraum ließ, vor allem auf seinem Fachgebiet der Physik mit auszubauen und auch gegenüber Anfeindungen aus Kreisen der NSDAP erfolgreich zu schützen.

Ebenso zweifelsfrei ist, daß Herr Dr. Bieber nach Erziehung und aus innerer Überzeugung fest auf dem Boden des Christentums stand und sich in dieser Hinsicht auch nicht zu Kompromissen bereitfand. Schließlich muss hervorgehoben werden, dass Herr Dr. Bieber aus seiner Eigenschaft als alter Parteigenosse und tätiger Mitarbeiter in der Partei keinerlei Nutzen in seinem beruflichen Fortkommen gehabt hat. Zusammenfassend möchte ich sagen, daß Herr Dr. Bieber ein sehr befähigter, wissenschaftlich bestens fundierter Lehrer und begeisterter Jugenderzieher war und auch charakterlich insofern Anerkennung verdient, daß er zwar in seinem Idealismus einen falschen politischen Weg eingeschlagen, aber später doch in klarer Erkenntnis der Zusammenhänge und der Entwicklung, die die Partei nahm, sich von tätiger Mitarbeit immer mehr zurückgezogen hat. Unter Berücksichtigung der nicht zu bestreitenden menschlichen und beruflichen Vorzüge, die Herrn Dr. Bieber eigen sind, wäre ihm eine milde politische Beurteilung seiner Persönlichkeit mit der Aussicht auf Wiedereinstellung in den Schuldienst zu wünschen.“27

Als hilfreich für Herbert Bieber erwies sich zudem, dass mittlerweile ein ehemaliger Kollege aus seiner Tätigkeit an der Wichernschule während der NS-Zeit, als Bieber dort stellvertretender Schulleiter war, nunmehr in der Hamburger Schulbehörde Verantwortung hatte. Hans Reimers, der aus meiner Sicht ebenfalls erheblich NS-belastet war, aber erstaunlicherweise nach 1945 von Schulsenator Landahl zu dessen persönlichem Referenten gemacht worden war und Karriere machte28, ebnete offenbar den Weg für Herbert Bieber. Zunächst gab Hans Reimers am 7.3.1949 eine Erklärung zugunsten von Herbert Bieber ab:

„1. Ich kenne Herrn Dr. Bieber aus der Zeit seiner Tätigkeit in der Wichernschule. Wir haben gemeinsam an dieser Schule gearbeitet, und zwar ab Oktober 1936 bis zu seiner Versetzung an eine Staatsschule. Herr Dr. Bieber hat während dieser Zeit niemals irgendwelche politische Einflußnahme auf irgend ein Mitglied des Kollegiums genommen. Seine ganze Arbeit war rein fachlicher Natur.

2. Herr Dr. Bieber stand meines Wissens durchaus auf dem Boden des Christentums. Bei der Frage der regelmäßigen Morgenandachten, die zwischen Schule und Internat Rauhes Haus zu regeln war, nahm er eine vermittelnde Stellung ein. Die Schulleitung wollte nach 1933 meines Wissens die Andachten einstellen; Herr Dr. Bieber setzte sich dafür ein, dass die Internatsjungen auch weiterhin regelmäßig ihre Morgenandacht hatten.“29 Hans Reimers hatte von dem Weggang des stellvertretenden Schulleiters Biebers profitiert, er übernahm danach diese Leitungsfunktion an der Wichernschule.

Bieber wurde erst 1949 als Angestellter wieder in den Schuldienst übernommen. Bis dahin war er bei der Vollkorn-Spezialbäckerei Walter Jüngst in Rahlstedt beschäftigt.30 Der Nachruf im Mitteilungsblatt des Ehemaligen-Vereins ging großzügig mit dieser Lebensphase um: „Während der Wirren der Nachkriegszeit blieb Dr. Bieber durch den Verein der Ehemaligen immer seiner alten Schule verbunden, bis er Ostern 1953 als Lehrer hierher zurückkehrte.“31

Der Berufungsausschuss zur Entnazifizierung hatte Herbert Bieber am 9.3.1949 in Kategorie IV eingruppiert, seiner Einstellung als Studienrat zugestimmt, mit der Einschränkung, ihn bis zum 1.1.1952 im Angestelltenverhältnis zu beschäftigen. Bieber nahm dann am 20.4.1949 (skurriler Weise am Geburtstag der nicht mehr lebenden Person, die von Bieber einmal sehr verehrt worden war) seinen Dienst an der Oberschule für Mädchen am Lerchenfeld wieder auf. Zum 1.4.1951 wurde Bieber an die Walddörfer-Schule versetzt. Zwischenzeitlich hatte der Leitende Ausschuss zum Abschluss der Entnazifizierung Herbert Bieber mit Wirkung vom 1.8.1952 in Kategorie V überführt, was als „echte Entnazifizierungsentscheidung“ galt. Oberschulrat Hans Reimers wies Bieber dann am 1.4.1953 wieder dem Matthias-Claudius-Gymnasium zu.32

Reimers schrieb Bieber: „Von Herrn Schulrat Hoffmann erfahre ich, daß Sie nun doch nicht an eine Schule gekommen sind, die für Ihre Wohnung günstig liegt. Er sagte mir zwar, daß Sie sich mit einer Tätigkeit an der Meerweinstraße einverstanden erklärt haben; ich bedaure aber doch, daß damit Ihre Wünsche nicht voll haben erfüllt werden können. Vielleicht liegt es doch daran, daß die Entscheidung in Ihrem Falle so spät gefallen ist. Ich möchte Ihnen persönlich für Ihre freundliche Bereitwilligkeit, eine einjährige Tätigkeit außerhalb der Wissenschaftlichen Oberschule zu übernehmen, herzlich danken. Ich glaube, daß Sie dadurch der Walddörferschule bei der Planung für das neue Schuljahr sehr geholfen haben. Mit herzlichen Grüßen für Sie und Ihre Frau Gemahlin bin ich Ihr Reimers.“33

Kurz darauf wandte sich Herbert Bieber noch einmal am 29.5.1952 an Hans Reimers mit der Bitte, ihn doch möglichst bald in das Beamtenverhältnis zu übernehmen: „In ernster Sorge wende ich mich heute unmittelbar an Sie. Ich halte mich aber diesmal dazu für berechtigt, weil wir alte Kollegen sind und Sie daher wissen, daß ich in den 23 Jahren meines Hamburger Schuldienstes noch niemals der Behörde mit übermäßig vielen Be- und Gesuchen lästig gefallen bin, einerlei welche Richtung am Ruder war.“34

Herbert Bieber benötigte die Festanstellung, weil er damit eine günstigere Finanzierung für einen Hausbau mit einem zuteilungsreifen Bausparvertrag in Anspruch nehmen konnte. Dem Kollegen konnte geholfen werden, einen Monat später wurde ihm eine freie Studienratsstelle zugewiesen, am 2.7.1952 erhielt er die von Bürgermeister Max Brauer unterschriebene Verbeamtungs-Urkunde.35

Am Matthias-Claudius-Gymnasium (MCG) nahm Herbert Bieber seine Arbeit mit großem Engagement wieder auf und widmete sich insbesondere der Tätigkeit im Ehemaligen-Verein der Schule, seit 1957 als Vorsitzender und Herausgeber des Mitteilungsblattes. Bieber war Chronist der Schulgeschichte, so für die Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum der 1872 gegründeten Schule. Darin gab es auch einen kurzen Abschnitt über die Zeit von 1930 bis 1945, ein sensibles Anliegen für jemanden mit der politischen Vergangenheit von Herbert Bieber. Bemerkenswert schmal hatte Bieber über das Jahr 1933 notiert:
„Inzwischen war schweres Gewölk am politischen Himmel aufgezogen. Hitler war seit dem 30. Januar 1933 deutscher Reichskanzler, und die Hand der Nationalsozialisten wurde bald in jeder Schule, ja in jeder Familie spürbar. Niemand der Nachgeborenen kann sich diese Zeit vorstellen; höchstens das Leben in der DDR erinnert entfernt daran. Die Lehrer blieben zwar im wesentlichen dieselben, aber oft nicht die gleichen wie vorher. Mancher der vor dem berühmten 30. Januar Hitler in Grund und Boden verdammt hatte, konnte nun nicht schnell genug eine braune Uniform – auf eigene Kosten – anziehen.“36

Ein Beispiel dafür, warum die Involvierten aus dieser Zeit nicht die besten und geeignetsten Berichterstatter waren. Schwierigkeiten bereitete dem Chronisten Herbert Bieber aber nicht so sehr die NS-Zeit, sondern eher die jüngere Schulgeschichte:
„Im Frühjahr 1969 hatte die von den Studenten ausgehende Unruhe (man denke an den Schahbesuch in Berlin 1967 und an den Tod des Studenten Ohnesorg) auch die Hamburger Schüler erfaßt. Im Mai 1969 kam es stellenweise zu Schülerstreiks und mehr oder weniger geordneten Umzügen von Schülern während der Vormittagszeit. Ein solcher Haufen erschien eines Morgens mit lauten Rufen auch auf dem Hof des MCG, fand aber kaum Resonanz, und nur ganz wenige unserer Schüler schlossen sich dem Zuge an. Unsere Jungen blieben immer zugänglich, als wir damals ruhig mit ihnen diskutierten. Daß die Schule ein Ort ernster, wissenschaftlicher Ausbildung sei, wurde von niemandem bestritten, und daß man wegen der natürlichen Faulheit der Menschen Klassenarbeiten und Prüfungen nicht entbehren kann, gaben sie auch zu. So blieben eigentlich nur ein paar Äußerlichkeiten übrig, in denen die Lehrerkonferenz den Wünschen der Schüler nachgab: Die Oberklassen dürfen in den Pausen in ihren Räumen und im Altgebäude bleiben und dürfen außerdem auf dem Hof an der Witthöfftstraße rauchen. Diese Dinge trugen schnell zur Beruhigung der Gemüter bei. Trotzdem hat sich das Verhältnis der jungen Leute zu ihrer Schule verändert. Seit 1970 finden keine Entlassungsfeiern mehr statt, weil die Mehrheit der Abiturienten sie damals ablehnte. ‚Solche Feiern täuschen nur eine heile Schule in einer heilen Welt vor.‘“37

Es gab Zeiten, da hatte Herbert Bieber mehr Empathie für die Schuljugend gezeigt. Aber da gab es auch keine „Haufen in mehr oder weniger geordneten Umzügen“, da waren die Reihen noch fest geschlossen gewesen.

Die dienstlichen Beurteilungen über die Arbeit Herbert Biebers waren äußerst positiv. Am 28.4.1961 schrieb Schulleiter Werner Rockel:
„Herr Dr. Bieber besitzt auf fachlichem Gebiet überdurchschnittliche Kenntnisse. Er begnügt sich nicht mit dem, was er einmal studiert hat, sondern ist unermüdlich bemüht, wissenschaftlich den Stand zu erreichen, den die moderne Forschung in seinen Fachgebieten erfordert. Abgesehen davon, daß er als sehr rühriges Mitglied der mathematischen Gesellschaft tätig ist, besucht er Vorträge und Praktika, um jederzeit in der Lage zu sein, seinen Schülern ein lebendiges Wissen zu vermitteln. Zu seinen fachlichen Fähigkeiten tritt eine ausgeprägte pädagogische Begabung. Sein Unterricht wird so in allen Unterrichtsstufen fruchtbar. Es ist ihm jedoch nicht genug, den Schülern Kenntnisse und Erkenntnisse beizubringen, sondern es kommt ihm letzten Endes darauf an, pädagogisch zu wirken und den Schülern ein väterlicher Freund zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, opfert er viel Zeit. Als pädagogische Persönlichkeit arbeitete Herr Dr. Bieber auch in der Ausbildung des Lehrernachwuchses. Jeder Referendar kann sich glücklich schätzen, Herrn Dr. Bieber als Anleiter gehabt zu haben. Herrn Dr. Bieber zeichnet eine natürliche Bescheidenheit aus. Nie drängt er sich vor. Sein hervorstechendes Merkmal ist der Wille, einer guten Sache zu dienen. So gehört er zu den Menschen, die jede Arbeit, die über den Rahmen der Dienstpflichten hinausgeht, mit Freuden übernehmen. So ist es kein Wunder, daß er im Kreise seiner Mitarbeiter auf Hochachtung und Vertrauen stößt. Im Kollegium hört man auf sein Wort.“37

Am 1.8.1961 wurde Herbert Bieber zum Oberstudienrat befördert.38 Mit einer ähnlichen Begründung erreichte Schulleiter Rockel, dass die Schulverwaltung Herbert Bieber für seine Arbeit in der Lehrerausbildung am 1.7.1965 eine Stellenzulage (A14Z) gewährte, da alle A15-Stellen zu diesem Zeitpunkt besetzt waren.39

Herbert Bieber blieb emsig und aktiv, insbesondere in der Ehemaligen-Arbeit des MCG und auch in dem Deutschen Verein zur Förderung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichtes, dessen Tagungen er seit 1930 besuchte.40

Bieber hatte noch ein anderes Hobby. Er reiste mit seiner Frau viel „in die SBZ, nach Berlin, Magdeburg, Leipzig und Dresden – überall haben wir Verwandte“. In einem kuriosen Schreiben vom 18.4.1963 fragte er bei der Schulbehörde an: „Ich habe die Absicht, mit meiner Frau und meinen beiden Kindern im eigenen Volkswagen hinzufahren, und zwar diesmal nur nach Hoppegarten. Ich bitte um Mitteilung, ob gegen die Reise, die etwa vom 1. bis 4. Juni 1963 geplant ist, seitens der Schulbehörde Bedenken bestehen.“41 Der daraufhin von einem Sachbearbeiter für Oberschulrat Hans Wegner erstellte Vermerk war ebenso bemerkenswert:
„Herr Dr. Bieber wurde bei dieser Gelegenheit von mir noch darauf hingewiesen, sich in der SBZ so zu verhalten, um mit den dort geltenden Gesetzen nicht in Konflikt zu geraten. Herr Dr. Bieber wurde weiter mitgeteilt, daß er bei einer durch Fahrlässigkeit verursachten Festnahme damit rechnen müsse, daß sein Gehalt gesperrt würde. Herr Dr. B. teilte mir daraufhin mit, daß er schon mehrmals in der SBZ gewesen wäre und bisher keine Schwierigkeiten gehabt hätte. Er kenne auch die dort geltenden Gesetze genau.“42

Im März 1969 trat Bieber in den Ruhestand, übernahm danach bis 1973 noch 10–16 stündige Lehraufträge und blieb weiter ehrenamtlich aktiv.43

Er starb am 18.1.1988.44

Das Buch „Täterprofile, Band 2, Hamburg 2017“ ist erhältlich in der Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg.

Anmerkungen
1 Gedichtet von Herbert Bieber, Lehrer an der Wichernschule, 1934, siehe: BArch, NS 12_1416.
2 Personalakte Herbert Bieber, StA HH, 361-3_A 2819.
3 Personalakte a.a.O.
4 Alle Daten laut Personalakte, a.a.O.
5 Alle Daten laut Personalakte, a.a.O.
6 Uwe Schmidt: Aktiv für das Gymnasium, Hamburg 1999, S. 320.
7 Herbert Bieber: Höhere Schule und Hitlerjugend, HLZ 23/1934, S. 361.
8 BArch, NS 12_1416.
9 Herbert Bieber: Höhere Schule und Hitlerjugend, HLZ 23/1934, S. 361.
10 Ebd.
11 Ebd.
12 Ebd.
13 Herbert Bieber: Eine Zusammenkunft zwischen HJ-Führern und Amtswaltern des NSLB, HLZ 36/37-1934, S. 544.
14 Herbert Bieber: Die Naturwissenschaft im Dienste der weltanschaulichen Erziehung, HLZ 49/50-1936, S. 457.
15 Schreiben vom 2.10.1936, Personalakte a.a.O.
16 Ernennungsvorschlag vom 12.8.1938, Personalakte a.a.O.
17 Personalakte a.a.O.
18 Personalakte a.a.O.
19 Personalakte a.a.O.
20 Personalakte a.a.O.
21 So Arnulf Egert in seinem Nachruf über Herbert Bieber im Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des MCG, Folge 39, das Herr Egert mir freundlicherweise zur Verfügung stellte.
22 Entnazifizierungsakte Herbert Bieber, StA HH, 221-11_Z 6547.
23 Votum vom 24.6.1947, Entnazifizierungsakte a.a.O.
24 Entnazifizierungsakte a.a.O.
25 Siehe die Biografie Wilhelm Oberdörffer, in: Hans-Peter de Lorent: Täterprofile Bd. 1, Hamburg 2016, S. 528ff.
26 Siehe die Biografie Richard Ackermann in diesem Band.
27 Erklärung von Wilhelm Oberdörffer vom 4.2.1948, Entnazifizierungsakte a.a.O.
28 Siehe die Biografie Hans Reimers in diesem Buch.
29 Erklärung vom 7.3.1949, Entnazifizierungsakte a.a.O.
30 Personalakte a.a.O.
31 Mitteilungsblatt des Vereins der Freunde und Förderer des MCG, Folge 39, a.a.O.
32 Personalakte a.a.O.
33 Schreiben vom 19.4.1952, Personalakte a.a.O.
34 Schreiben vom 29.5.1952, Personalakte a.a.O.
35 Personalakte a.a.O.
36 100 Jahre Matthias-Claudius-Gymnasium. 1872–1972, Festschrift, Hamburg 1972, S. 13.
37 100 Jahre Matthias-Claudius-Gymnasium. 1872–1972, Festschrift, Hamburg 1972, S. 30.
38 Gutachten vom 28.4.1961, Personalakte a.a.O.
39 Personalakte a.a.O.
40 Schreiben vom 1.3.1961, Personalakte a.a.O.
41 Schreiben vom 18.4.1963, Personalakte a.a.O.
42 Vermerk vom 3.5.1963, Personalakte a.a.O.
43 Personalakte a.a.O.
44 Personalakte a.a.O.
 

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Von Hamburger NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Zuschauer/innen ... Eine Hamburg Topografie.

NS-Dabeigewesene

Aufsätze

Erklärung zur Datenbank

Stand Januar 2024: 914 Kurzprofile und 332 sonstige Einträge.

Diese Datenbank ist ein Projekt in Fortsetzung (work in progress). Eine Vollständigkeit ist niemals zu erreichen. Sie startete online im Februar 2016 mit rund 520 Profilen und mehr als 200 weiteren Einträgen und wird laufend ergänzt und erweitert werden. Wissenschaftliche Institute, Gedenkstätten, Universitäten und zum Thema forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können gern ihre erarbeiteten Profile in diese Datenbank stellen lassen.

Quellenangaben, die sich auf Webseiten beziehen, sind die zum Zeitpunkt der Recherche gefundenen. Sollten Sie veraltete Links oder Aktualisierungen bzw. Verschiebungen der Inhalte feststellen, freuen wir uns über Hinweise.

Vor etlichen Jahren hat die Landesszentrale für politische Bildung Hamburg die Stolperstein-Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de ermöglicht und gibt seit rund zehn Jahren gemeinsam mit dem Institut für die Geschichte der Deutschen Juden unter der Projektleitung von Dr. Beate Meyer und Dr. Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung die Publikationsreihe „Stolpersteine in Hamburg, biografische Spurensuche“ heraus. Mit dieser Datenbank „Die Dabeigewesenen“ möchte die Landeszentrale für politische Bildung nun den Blick auf diejenigen lenken, die das NS-System stützten und mitmachten. Denn:

Eine Gesellschaft, die sich eine offene und freie Zukunft wünscht,
muss [...] über eine Kultur verfügen, die nicht auf dem Verdrängen
und Vergessen der Vergangenheit beruht.“ (Mario Erdheim Psychoanalytiker) 1)

Diese aktuell immer noch so wichtige Aussage bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt dieser Datenbank. Sie enthält eine Sammlung mit Kurzprofilen über Menschen, die auf unterschiedlichste Weise an den NS-Gewaltverbrechen in Hamburg Anteil hatten, z.B. als Karrierist/innen, Profiteur/innen, Befehlsempfänger/innen, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Täter/innen. Aber auch sogenannte Verstrickte, die z. B. nach durchlittener Gestapo-Folter zum Spitzel wurden. Unter all diesen Dabeigewesenen gab es auch Menschen, die in keiner NS-Organisation Mitglied waren, die aber staatliche Aufträge - zum Beispiel als Künstler oder Architekt - annahmen und so von dem NS-System profitierten, im Gegensatz zu denen, die sich diesem System nicht andienten, deshalb in die Emigration gingen oder in Kauf nahmen, keine Karriere mehr zu machen bzw. kaum noch finanzielle Einnahmen zu haben.

Ebenso wurden solche Personen aufgenommen, die zum Beispiel vor und während der NS-Zeit den Idealen des Heimatschutzes und der Technik-Kritik anhingen und das NS-Regime dadurch unterstützten, indem sie staatliche Aufträge annahmen, die diesen Idealen entsprachen, da das NS-System solche Strömungen für seine Ideologie vereinnahmte.

Für die Datenbank „Die Dabeigewesenen“ wurden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie Medizin, Justiz, Bildung und Forschung, Verwaltung, Kirche, Fürsorge und Wohlfahrt, Literatur, Theater und Kunst, Wirtschaft, Sport, Polizei und parteipolitische Organisationen berücksichtigt.

„denn wir können (…) das ganze Phänomen des Mitmachens und des Ermöglichens, das ja in der NS-Zeit eine genauso große Rolle gespielt hat, wie die Bereitschaft, selbst aktiver Täter vor Ort zu sein - das alles können wir nur verstehen, wenn wir die verschiedenen Facetten der Täterschaft noch viel genauer betrachten, als das bisher geschehen ist." 2)

In vielen Profilen wird der weitverbreitete Enthusiasmus vieler Deutscher für den Nationalsozialismus, gegenüber „seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik, seine Architektur, seine Weltanschauung" 3) etc. deutlich. Und es zeigt sich, dass Menschen das NS-System stützten, indem sie z. B., ohne darüber nachzudenken und ohne zu hinterfragen, bereitwillig moralische und soziale Normen des NS-Staats übernahmen.

Mit Schaffung der „Ausgrenzungsgesellschaft“ war es für die „Mehrheitsgesellschaft“ möglich, u. a. NS-Rassentheorien praktisch umzusetzen.

Diese Erkenntnis ist angesichts heutiger aktueller gesellschafts-politischer Entwicklungen von Bedeutung. In einem Interview zum Thema Fremdenfeindlichkeit bemerkte der Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz auf die Frage, ob aus der Geschichte zu lernen sei. „Wir könnten schon. Wir könnten zum Beispiel lernen, dass der Fremde nicht schuld ist an dem Hass, der ihm widerfährt. Es scheint tatsächlich schwierig zu vermitteln zu sein, dass das Opfer nicht dafür verantwortlich ist, dass es totgeschlagen oder misshandelt wird. Juden werden nicht verfolgt, weil an ihnen etwas ist, was sie zu Opfern macht, sondern weil die Mehrheitsgesellschaft Opfer braucht, und zwar zur eigenen Identitätsstiftung. Zuwanderer, Fremde, Andersgläubige werden ausgegrenzt. Das stärkt das Selbstgefühl der Mehrheit.“ 4)

Mit der Datenbank soll eine Hamburg Topographie der „Dabeigewesenen“ entstehen, um somit konkrete Orte des NS-Geschehens sichtbar zu machen. Deshalb werden auch nur diejenigen Dabeigewesenen aufgenommen, die zwischen 1933 und 1945 in Hamburg mit seinen Grenzen nach 1937 gelebt/gearbeitet haben. Neben Personenprofilen sind auch Adressen von NSDAP-Organisationen und -Einrichtungen zu finden. Darüber hinaus gibt es für einzelne Stadtteile Einträge, die die NS-Aktivitäten im Stadtteil beschreiben. In der Datenbank kann nach Namen, Straßen, Bezirken und Stadtteilen gesucht werden, damit also auch nach den Wohnadressen und/oder Adressen der Arbeitsstätten (soweit recherchierbar). Durch Hinzuziehen der Stolpersteindatenbank (hier sind die Adressen der NS-Opfer aufgenommen, für die bisher Stolpersteine verlegt wurden) und der virtuellen Hamburg-Stadt-Karte (sie verzeichnet die Zwangsarbeiterlager und Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben) wird eindringlich deutlich, wie dicht benachbart Opfer und Dabeigewesene in Hamburg gelebt und gewirkt haben. Mit diesen Informationen ist es immer schwerer, die altbekannte Entschuldigung aufrecht zu erhalten; wir haben doch nichts davon gewusst.

In den vorgestellten Profilen liegt der Fokus auf Handlungen und Einstellungen zum NS-Regime. Privates wird nur erwähnt, wenn es für die Haltung zum NS-Regime von Relevanz ist. Recherchegrundlage für diese Datenbank waren bereits vorhandene wissenschaftliche Veröffentlichungen (z. B. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und dem Institut für Zeitgeschichte), Biographien, Sammelbände und Dissertationen zu Hamburg im Nationalsozialismus, aber auch in diversen Fällen Entnazifizierungsakten und andere Akten und Dokumente, die im Staatsarchiv Hamburg zur Verfügung stehen. Für die Adressenrecherchen wurden die digitalisierten Hamburger Adressbücher von 1933 bis 1943 der Staats- und Universitätsbibliothek genutzt. Trotz größter Sorgfalt beim Zusammentragen der Daten, ist es dennoch möglich, dass Schreibweisen von Namen variieren und Lebensdaten fehlerhaft sind. In den Profilen und den Beschreibungen der Funktionen sowie des „Wirkens“ des Dabeigewesenen konnte nicht komplett auf das NS-Vokabular – der Sprache der Täter – verzichtet werden, dennoch wurde versucht, diesen Anteil gering zu halten und neutralere Umschreibungen zu finden.
Die meisten der aufgeführten Personen wurden schnell nach Kriegsende durch die Entnazifizierungsstellen als entlastet eingestuft, sie mussten sich selten vor Gericht verantworten oder sie wurden aufgrund von Verjährung ihrer Taten nicht juristisch verurteilt. So stellt Can Bozyakali in seiner Dissertation z. B. zum Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht fest, dass auch in Hamburg bis Anfang der 1950er Jahre 63% aller Justizjuristen, die am Sondergericht tätig gewesen waren, wieder in den Justiz-Dienst eingestellt wurden. „[…] anhand dieser Werte [kann] von einer ‚Renazifizierung‘ gesprochen werden.“ 5)

Dr. Rita Bake, Dr. Brigitta Huhnke, Katharina Tenti (Stand: Anfang 2016)

1) Mario Erdheim: „I hab manchmal furchtbare Träume … Man vergißts Gott sei Dank immer glei...“ (Herr Karl), in: Meinrad Ziegler, Waltraut Kannonier-Finster: Österreichisches Gedächtnis. Über Erinnern und Vergessen der NS-Vergangenheit. Wien 1993.
2) Wolfram Wette: Deutschlandfunk-Interview am 20.11.2014, anlässlich seines neuen Buches: „Ehre, wem Ehre gebührt. Täter, Widerständler und Retter - 1933-1945“, Bremen 2015.
3) Raphael Gross: Anständig geblieben. Frankfurt a. M.  2010, S. 17.
4) Wolfgang Benz: „Ich bin schon froh, wenn es nicht schlimmer wird". Der Historiker Wolfgang Benz über die lange Geschichte der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland – und was neu ist an den Pegida-Märschen. Interview: Markus Flohr und Gunter Hofmann, in ZEIT online vom 21. Dezember 2015. www.zeit.de/zeit-geschichte/2015/04/wolfgang-benz-pegida-antisemitismus-fremdenfeindlichkeit
5) Can Bozyakali: Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht: Eine Untersuchung der NS-Sondergerichte unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge, Frankfurt/ Main 2005, S. 235.

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