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Heinrich Geffert

(19.5.1887 Himbergen – 13.3.1987 Hamburg)
Lehrer, Gausachbearbeiter für den Deutschunterricht, Professor an der Hochschule für Lehrerbildung, Leiter der Lehrerinnenbildungsanstalt
Holunderweg 21 (Wohnadresse 1950)

Dr. Hans-Peter de Lorent hat über Heinrich Geffert ein Portrait verfasst, das in Hans-Peter de Lorents Buch: Täterprofile. Die Verantwortlichen im Hamburger Bildungswesen unterm Hakenkreuz. Band. 3. Hamburg 2019 erschienen und im Infoladen der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg erhältlich ist. Hier der Text:  

„Er ist ein freundlicher, friedfertiger, hilfsbereiter Mensch, dem jeder Machtwille fehlt; der gewalttätige Nationalsozialismus ist seinem gütigen Wesen völlig fremd geblieben.“
Eine wichtige Person in der Hamburger Schulgeschichte war Heinrich Geffert, dessen Rolle bisher noch nicht wirklich erkannt und gewürdigt worden sind. Er war es, der 1933 eine wichtige Vermittlungsfunktion wahrnahm, als die reformpädagogische Volksschullehrer-Gewerkschaft, die „Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schulen und Erziehungswesens“ gleichgeschaltet und mit all ihren Werten und Einrichtungen von dem NSLB geschluckt werden sollte. Heinrich Geffert war zusammen mit dem zukünftigen starken Mann im Hamburger NSLB, Willi Schulz, im selben Lehrerseminar ausgebildet worden. Geffert vermittelte ein Gespräch zwischen dem seinerzeitigen Vorsitzenden der „Gesellschaft der Freunde“ und Willi Schulz und wurde selbst nach der Gleichschaltung, bei der das Curio-Haus und die sozialen Kassen noch für eine Reihe von Jahren „gerettet“ werden konnten, für das Jahr 1933 Schriftleiter der Hamburger Lehrerzeitung (HLZ). Er war in der Lehrerbildung tätig, bekam eine Professur und leitete eine Lehrerbildungsanstalt. Geffert wurde die Gnade eines langen Lebens zuteil. Er starb 1987 mit fast 100 Jahren.
Heinrich Geffert wurde am 19.5.1887 als Sohn des Häuslers Johann Heinrich Geffert und seiner Ehefrau Dorothee in Himbergen, in der heutigen Göhrde, geboren. Als Häusler bezeichnete man früher Kleinstbauern mit eigenem Haus, aber nur wenig Grundbesitz. Er besuchte die dortige Volksschule und wechselte mit 14 Jahren in die Präparandenanstalt Lüneburg und 1904 auf das königliche Lehrerseminar zu Lüneburg, das er am 15.6.1907 mit der ersten Lehrerprüfung verließ.[1]
Der gleichaltrige Willi Schulz, in Bergen, Kreis Lüchow, geboren, war von der Präparandenanstalt bis zur Prüfung im Lehrerseminar in Lüneburg mit Geffert befreundet.[2] Das sollte später für die Hamburger Bildungsgeschichte noch relevant werden.
Nach der ersten Lehrerprüfung 1907 meldete sich Heinrich Geffert, um die Ausbildung als Einjährig-Freiwilliger im Füsilier-Regiment 73 in Hannover zu absolvieren. Danach arbeitete er ein halbes Jahr an einer preußischen Landschule, um dann 1909 in den Hamburger Volksschullehrerdienst einzutreten. An der Schule Borsteler Chaussee 127/129 machte er seine zweite Lehrerprüfung, um dann am 1.3.1909 als Hilfslehrer beschäftigt zu werden. Seit dem 1.10.1911 war er fest angestellter Volksschullehrer in Hamburg. 1919 wechselte er an die von Carl Götze geleitete Versuchsschule Telemannstraße und später an die Mädchenschule Kielortallee 20, an der er bis 1926 tätig war.[3]
Unterbrochen wurde dies durch den Kriegsdienst von September 1914 bis November 1918, bei dem er nach eigenen Angaben „vor allem an den Kämpfen in Flandern teilnahm“.[4]
In seinem Lebenslauf wies Heinrich Geffert darauf hin, dass er „mehrere Jahre als freiwilliger Mitarbeiter in der Dichter-Gedächtnis-Stiftung in Hamburg-Borstel tätig“ gewesen war und dort „eine Auswahl aus den Schriften Alfons Paquets herausgegeben“ hatte.[5] Alfons Paquet (1881–1944) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller gewesen, der als Kuratoriumssekretär in Frankfurt a. M. jahrelang den Goethe-Preis überreichte. Er galt als „Pazifist im NS-Staat“ und war als Reise-Schriftsteller bekannt geworden.[6]
Nach dem Krieg arbeitete Heinrich Geffert weiter als Volksschullehrer und studierte parallel dazu elf Semester an der Hamburgischen Universität, „vorwiegend auf den Gebieten der Pädagogik und Psychologie, daneben auch auf dem der neuen deutschen Literatur“.[7]
Als seine akademischen Lehrer nannte er in seinem Lebenslauf u. a. die Professoren Conrad Borchling, Gustaf Deuchler, Ernst Cassirer, William Stern und Peter Petersen.[8] Im Kontext der von Heinrich Geffert im Sommer 1926 abgegebenen Doktorarbeit würdigte er insbesondere seinen Doktorvater, Prof. Gustaf Deuchler[9], „der mir bei der vorliegenden Arbeit mit Rat und Tat zur Seite stand.“
Thema der Doktorarbeit von Heinrich Geffert: „Das Bildungsideal im Werk Hermann Hesses.“[10]
Deuchler war einer der führenden Erziehungswissenschaftler und Lehrerbildner in den 1920er Jahren, der 1923 das erste Ordinariat für Erziehungswissenschaft an der Universität in Hamburg übernommen hatte. Einer der ersten Hochschulassistenten bei Deuchler war Peter Petersen gewesen, der aber kurz darauf bereits einen Ruf als Ordinarius nach Jena erhalten hatte. Später war auch Willi Schulz auf einer Stelle als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bei Gustaf Deuchler beschäftigt, der schon 1924/25 für erziehungswissenschaftliche und psychologische Studien aus seiner Landschullehrerstelle beurlaubt gewesen war.[11] Somit hatte sich die langjährige Freundschaft zwischen Geffert und Willi Schulz in diesem Kontext noch einmal revitalisiert.
Heinrich Gefferts Prüfer am 31.7.1926 waren Gustaf Deuchler für Erziehungswissenschaft und William Stern für Psychologie gewesen. Deuchler hatte außerdem auch noch die Lateinprüfung abgenommen. Beide Professoren bezeichneten Gefferts Arbeit als „sehr lobenswert“. Stern schrieb: „Der Kandidat zeigte eine gute Beherrschung der vielseitigen Themen und wusste das Wesentliche der Theorie verständlich herauszuarbeiten.“[12]
Am 2.3.1927 wurde Heinrich Geffert die Urkunde zum Dr. phil. überreicht. Vorher hatte er am 1.10.1926 eine Stelle als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Institut für Lehrerfortbildung erhalten. Am 1.8.1927 wurde er zum Wissenschaftlichen Rat befördert und nahm daneben einen Lehrauftrag an der Universität Hamburg im Rahmen der Lehrerbildung an. Auch hier war er von Gustaf Deuchler gefördert und berufen worden.[13]
Wie dynamisch die Zeit war, geht auch daraus hervor, dass Gustaf Deuchler 1932 in die NSDAP eintrat und deutliche Ambitionen zeigte, 1933, bei der Machtübertragung an die Nationalsozialisten eine führende Stelle zu übernehmen. Sein Ziel war es gewesen, Schulsenator zu werden, was ihm aber nicht gelang, wohl auch, weil er „von gefürchteter Streitsucht und eigenwilligen Charakters war“.[14] Deuchler blieb Hochschullehrer und trat an der Universität Hamburg in SA-Uniform auf.
Währenddessen musste Gefferts anderer Prüfer, der Begründer der Differenziellen Psychologie und über die deutschen Grenzen hinaus bekannte Psychologieprofessor William Stern, 1933 emigrieren, um sich vor der einsetzenden Judenverfolgung in Sicherheit zu bringen.[15]
Heinrich Geffert zeigte sich als ein intensiver Mitarbeiter in der „Gesellschaft der Freunde“, schrieb einige Aufsätze in der „Hamburger Lehrerzeitung“ und veröffentlichte Bücher zur deutschen Spracherziehung, u. a. mit Schulrat Gustav Schmidt ein „Arbeitsbuch für den Unterricht in der deutschen Sprache“.[16]
In der HLZ wurde anlässlich seines 80. Geburtstages 1967 seine Arbeit in jener Zeit so beschrieben:
„Er hielt Verbindung mit einem großen Kreise führender Wissenschaftler in seinem Gebiete der muttersprachlichen Erziehung. Geffert ist ein gewissenhafter Stilist, in allem zielsicher und konsequent, auch im Umgang mit Menschen, empfindlich aber verbindlich, ohne jemand zu enttäuschen. In der ‚Gesellschaft der Freunde‘ leitet er die Arbeitsgemeinschaft für den Deutschunterricht und zieht sie heran bei der Bearbeitung seines Übungsbuches für die Hamburger Schulen im Verlag der ‚Gesellschaft der Freunde‘.“[17]
Bedeutsamer sicherlich, was über die Rolle von Heinrich Geffert 1933 geschrieben wurde.
„Größer ist sein Verdienst, das er sich in dem wilden ersten Vierteljahre 1933 als Retter in der Not erwarb; er sah und wies den Weg, wie die ‚Gesellschaft‘ mit allen ihren Werten, Vereinshaus, Bücherei, Kassen, vor drohenden und befürchteten unberechenbaren Angriffen bewahrt werden könnte, wenn man Wilhelm Schulz zum Vorsitzenden machte. Wilhelm Schulz (17. März 1887 bis 7. Januar 1947) war bereits einmal Delegierter der ‚Gesellschaft‘ auf einer deutschen Lehrerversammlung gewesen und treues Mitglied des Vereins, dazu Assistent bei Professor Deuchler, somit der Lehrerschaft nicht ganz unbekannt; in der NS-Partei hatte er Autorität aufgrund seiner Parteinummer. Geffert führte eine vertrauliche Aussprache zwischen dem Vorsitzenden der ‚Gesellschaft‘, Gustav Küchler und Schulz herbei. So verlief dann die Gleichschaltung, freilich mit Zähneknirschen, aber ohne Meuterei: Schulz wurde Vorsitzender (und bald darauf Landesschulrat; ihm war es gelungen, Fritz Köhne gegen starke Widerstände in seinem Amt als Schulrat zu halten, um die alte pädagogische Linie nach Möglichkeit zu wahren). Die Übereignungen konnten auf besinnlichere Tage verschoben und unter Wahrung einiger Hamburger Vorrechte verhandelt werden. Der Faden, an dem damals das Geschick der ‚Gesellschaft‘ hing, war dünn; von den dreien, die ihn spannten, lebt nur noch Heinrich Geffert; ihm gebührt noch unser großer Dank!“[18]
Ich habe in der Biografie Willi Schulz[19] den komplizierten Prozess beschrieben, in dem sich der NSLB in Hamburg befand. Der NSLB war in Hamburg am 28.5.1931 von fünf NSDAP-Mitgliedern gegründet worden. Unter ihnen Albert Mansfeld[20], der 1933 zu einem engen Verbündeten von Willi Schulz wurde. Bei der Machtübertragung an die Nationalsozialisten in Hamburg am 5.3.1933 bestand der NSLB aus wenig mehr als 100 Personen. Die Führung im NSLB hatte zu diesem Zeitpunkt eine kleine Gruppe „Alter Kämpfer“, die zwar wortradikal aber einigermaßen orientierungslos war und denen man nicht zutrauen konnte, den Prozess der Gleichschaltung der reformpädagogisch ausgerichteten ‚Gesellschaft der Freunde‘ zu realisieren. Ihr Leiter war Hinrich von der Lieth.[20]
Die Berufung von Willi Schulz zum Oberschulrat und einige Monate darauf zum Landesschulrat soll folgendermaßen erfolgt sein: Der spätere Reichsstatthalter der NSDAP in Hamburg, Karl Kaufmann, hatte vor der Machtübernahme auf einer Parteiversammlung der NSDAP in Geesthacht, 1932, eine propagandistische Rede gehalten. Diese Versammlung war auch von Willi Schulz besucht worden, der als Landschullehrer in Geesthacht arbeitete. Schulz machte sich nach der Versammlung mit Kaufmann bekannt und lud ihn zu sich nach Hause zu Kaffee und Kuchen ein. Schulz trat daraufhin am 1.8.1932 in die NSDAP und in den NSLB ein.[21]
Als nach der Machtübernahme die NS-Verantwortlichen nicht wussten, wen sie mit der Leitung des Schulwesens beauftragen sollten, erinnerte sich Kaufmann an Schulz, „der ihm außer seinen politischen Ansichten als ‚nordischer‘ Typ aufgefallen war“. Kurz darauf sei Schulz berufen worden.[22]
Soweit die in der „Gesellschaft“ kolportierte Geschichtsschreibung.
Neben personellen Engpässen gab es bei dem NSDAP-Gauleiter Kaufmann aber durchaus ein handfestes politisches Kalkül: Schulz schien ihm aufgrund seines Alters und seiner Erfahrung der geeignete Mann zu sein, der die Zerstrittenheit und die Machtkämpfe innerhalb des bis 1933 unbedeutenden NSLB beenden sollte. Und diese Funktion nahm Schulz, unterstützt von Albert Mansfeld, durchaus erfolgreich wahr. Die bisherige NSLB-Führung, politisch eher orientierungslos und persönlich zerstritten, wurde abgelöst. Und aufgrund seiner „Gesellschafts“-Biografie schien Schulz der geeignete Mann zu sein, die bisherigen Lehrerorganisationen gleichzuschalten.[23] Die Rolle, die Heinrich Geffert dabei spielte, ist bisher nie so deutlich dargestellt worden.
Geffert selbst war bereit, nach der Gleichschaltung der „Gesellschaft der Freunde“[24] eine wichtige Funktion zu übernehmen. Mit der Ausgabe Nummer 19 vom 13.5.1933 fungierte Heinrich Geffert als Schriftleiter der „Hamburger Lehrerzeitung“ bis zum Ende des Jahres 1933. Auffällig ist, dass in der Phase seiner Schriftleitung zunehmend pädagogische Themen und solche der Lehrerbildung in Aufsätzen behandelt wurden, daneben freilich auch Beiträge, die den Gleichschaltungsprozess und die Neuausrichtung des Hamburger Schulwesens beschrieben. Geffert war, aufgrund seiner Verbindung zu Willi Schulz, Teil dieses Prozesses, in moderierender Funktion. Wobei er in der HLZ selbst selten über den Veränderungsprozess schrieb. Geffert unternahm dann den Versuch, das Neue mit dem Alten zu verbinden, wobei sich schon nach kurzer Zeit erweisen sollte, wie rigoros die Nationalsozialisten ihre Grundpositionen durchsetzten. Am neuen Schulgesetz versuchte Geffert hervorzuheben, was durch die Abschaffung der Selbstverwaltung und die Durchsetzung des Führerprinzips ganz anders exekutiert wurde:
„Während das Gesetz über die Verwaltung der Schulen vom 12. April 1920 das Schwergewicht auf die gemeinsame Arbeit in der Schule und die gemeinsame Schulverwaltung legte – wobei dem einzelnen Lehrer weitgehende Freiheiten zugestanden wurden –, hebt das neue Gesetz vor allem die Funktion des Schulleiters hervor. Nach dem neuen Gesetz, das das Ende der Selbstverwaltung bedeutet, wird der Schulleiter von der Landesunterrichtsbehörde bestellt. Nach welchen Grundsätzen die Auswahl der Schulleiter erfolgen soll, darüber äußerte sich vor kurzem Herr Senator Witt vor Pressevertretern. Er begründete zunächst, weshalb man das rektorale System nicht wiederhergestellt habe, und führte aus, dass nach der akademischen Vorbildung der Volksschullehrer die alte Rektorprüfung hinfällig geworden sei. Man wolle kein neues Examen schaffen, mit dem ein neuer Titel und ein höheres Gehalt verbunden wären. In Zukunft seien für die Bestellung des Schulleiters neben der Staatsgesinnung wissenschaftliche und schulpraktische Befähigung maßgebend. Diesen Ausführungen des Präses der Landesunterrichtsbehörde kann die hamburgische Lehrerschaft aus voller Überzeugung zustimmen, mit dem Hinweis freilich, dass die Staatsgesinnung sich nicht lediglich in einem äußeren Bekenntnis, sondern vor allem in einer vorbildlich deutschen Gesamthaltung der Persönlichkeit zeigen müsse. An die wissenschaftliche und berufliche Fähigkeit der Schulleiter, die künftig das Recht und die Pflicht der Einsichtnahme in den Unterricht haben werden, stellt die Lehrerschaft die gleichen Ansprüche wie die Behörde, und sie wünscht, dass es gelingen möge, Schulleiter zu berufen, die diesen Anforderungen genügen. Dem Lehrkörper steht nach § 4 des Gesetzes das Recht der Mitberatung und Unterstützung des Schulleiters zu. Hoffen wir, dass der Schulleiter recht viel Gebrauch von dieser Bestimmung macht, damit sich feste Formen der Zusammenarbeit in den Kollegien herausbilden!“[25]
Hier zeigten sich Illusionen und eine gewisse Naivität. Das wird für Geffert auch der Grund gewesen sein, mit Ende des Jahres 1933 die Schriftleitung der HLZ abzugeben. Wobei es auch einen äußeren Druck gab. Die Gruppe der „alten Kämpfer“ im NSLB führte einen hartnäckigen Kampf gegen Willi Schulz, der seit 1934 nicht nur als Gauamtsleiter des NSLB, sondern auch als Landesschulrat fungierte. Sie zogen vor das Parteigericht der NSDAP, um ein Ausschlussverfahren gegen Willi Schulz zu erreichen. Ich habe das ausführlich in den Biografien Guido Höller[26], Heinrich Hehn[27] und Erwin Gottsleben[28] dargestellt. Immer wieder wurde in den Schriftsätzen auch die HLZ als Beleg dafür angeführt, dass Willi Schulz nicht genügend dagegen einschritt, dass der alte „marxistische Genitivverein“, wie die „Gesellschaft der Freunde“ von den unzufriedenen NSLB-Kämpen genannt wurde, immer noch ein Leben im NSLB führte. So schrieb man an das Oberste Parteigericht der NSDAP:
„Nach der Gleichschaltung des Genitivvereins, zu dessen 1. Vorsitzenden Pg. Schulz ernannt worden war, blieb die Hamburger Lehrerzeitung in den Händen dieses marxistisch verseuchten Lehrervereins, anstatt sich im nationalsozialistischen Sinn umzugestalten. Infolgedessen wurden einzelne Posten neu besetzt und zwar mit aktiven Mitgliedern des Genitivvereins.“[29]
Es wurde kritisiert, dass die jetzigen Verantwortlichen für die HLZ „weltanschaulich durchaus dem roten System verpflichtet waren“, die HLZ „früher ihre Judenfreundlichkeit unverhüllt“ gezeigt habe und „nach der Gleichschaltung nur noch wirtschaftlich verhüllt durch Zulassung bezahlter jüdischer Geschäftsanzeigen in großer Zahl und Aufmachung“ praktiziere.[30]
Über Heinrich Geffert wurde geschrieben:
„Dr. Geffert sowohl wie Dr. Fehring gehören dem Hamburger Lehrerfortbildungsinstitut an, das eine Neugründung des niedergerungenen Systems ist und das bis heute trotz des Widerstands nationalsozialistischer Kreise einen Teil des alten Lehrkörpers sich bewahrt hat. Beide haben sich noch im Januar 33 für die Arbeitsausschüsse des rot gesinnten Genitivvereins zur Verfügung gestellt und sind in der Hauptversammlung einige Tage später in den Lesebuchausschuss gewählt worden, der nicht nur die Auswahl des Lesestoffs pazifistisch beschnitten hatte, sondern auch dem Kind als Künstler – diesem bolschewistischen Lehrbegriff – durch Aufnahme kindlicher Einzel- und Massenschöpfungen Anerkennung geben wollte. Dr. Geffert hatte sich außerdem durch die Förderung des Goethebuchs von Alfons Paquet, das Goethe in die Durchschnitt smenschen einzureihen versuchte und das zu Ostern 32 unter Androhung einer Disziplinarstrafe an die abgehenden Volksschüler verteilt werden musste, schwer gegen das deutsche Volkstum versündigt. Die HLZ verstieß darum unter seiner Leitung und gar nicht selten heftig gegen nationalsozialistisches Denken und Empfinden.“[31]
Das Ausschlussverfahren vor dem Obersten Parteigericht richtete sich gegen Willi Schulz. Hier sollte belegt werden, dass Schulz es nicht schaffte, rigoros für nationalsozialistische Prinzipien einzutreten.
Auf der anderen Seite war Heinrich Geffert durchaus an der Umgestaltung des Hamburger Bildungswesens beteiligt. So hatte er die Funktion des Gausachbearbeiters für den Deutschunterricht übernommen[32] und an den „Grundsätzen zu einem Bildungsplanung für die hamburgische Volksschule“ mitgearbeitet.[33] Sie bildeten die Grundlage für die neu aufgelegten Lernbücher für den Volksschulunterricht.
„Für den ein Drittel des Textes umfassenden Regionalteil der Hamburger Lesebücher trafen der für die Volksschulen zuständige Oberschulrat Albert Mansfeld und der als Dozent im Institut für Lehrerfortbildung tätige Heinrich Geffert die Auswahl, die für das fünfte und sechste Schuljahr erstmalig 1935 herausgebracht wurde. Zu zwei Dritteln waren die Texte reichseinheitlich gleich. Sie zielten auf die Erziehung zum Nationalsozialismus, auf Rassenlehre, Heimatverbundenheit, Wehrbereitschaft, ,Volksgemeinschaft‘ und Hitler-Verehrung und waren von Autoren verfasst, die der nationalsozialistischen Bewegung zutiefst verbunden waren.“[34]
Dies war der schulpolitische und inhaltliche Zusammenhang, in den sich Heinrich Geffert begeben hatte.
Geffert war durch die Gleichschaltung seit 1933 Mitglied des NSLB und der NSV, aber zu diesem Zeitpunkt nicht Mitglied der NSDAP geworden.[35]
Am 1.5.1937 trat Heinrich Geffert in die NSDAP ein.[36] Wer zu diesem Zeitpunkt seine Schulleiterfunktion oder eine Karriere in der Lehrerbildung oder Lehrerfortbildung nicht gefährden wollte, kam um diesen Schritt nicht herum. Dass Geffert in der NSDAP umstritten war, zeigen zwei politische Gutachten, die eingeholt worden waren, als er der Partei beitreten wollte. So schrieb August Roock, Schulleiter der Schule Borsteler Chaussee 129, über ihn ein parteiinternes Dossier:
„Vor Ausbruch des Weltkrieges war Dr. Geffert Lehrer an der Schule Borsteler Chaussee . Er versah seinen Dienst unter dem nationalen Rektor zu dessen größter Zufriedenheit. Als jedoch der Krieg ausbrach und Dr. G. dann einberufen wurde, um dem Vaterlande gegenüber seine Pflicht zu erfüllen, wie es sich für jeden deutschen Mann und für einen Jugenderzieher ganz besonders gehörte, da benahm er sich sehr kläglich und seine pazifistische Gesinnung kam zum Durchbruch. Nach dem Kriege (über seine Tätigkeit im Felde weiß ich nichts) war er wieder an der Schule in Groß-Borstel tätig. Durch die Novemberrevolte hatte auch in dieser Schule die marxistisch-pazifistische Weltanschauung Einzug gehalten. Der Lehrkörper war teils-teils, nationalen Lehrkräften standen solche mit marxistischer Auffassung gegenüber. Konflikte konnten in diesem Lehrkörper nicht ausbleiben. Dr. Geffert erklärte nun in einer Konferenz, dass dies Kollegium nicht zusammenpasse. Es sei nur ein Konglomerat, Einigkeit werde doch nie erzielt und er ziehe daraus die Konsequenzen. Er ging dann an die von dem marxistischen Lehrer C. Götze (dem späteren Oberschulrat) geleitete Versuchsschule. Mit Götze hatte Dr. G. schon während seiner Tätigkeit an der Borsteler Schule engen Umgang. Später studierte Dr. Geffert und kam als wissenschaftlicher Rat an das Institut für Lehrerfortbildung, wo er noch heute tätig ist.
Über seine jetzige politische Gesinnung kann ich schlecht etwas sagen. Aber folgende Beobachtungen mögen das Bild aufhellen. Wenn er auch als Mitglied der NSV monatlich 1,50 Reichsmark und außerdem zur Sommerspende den gleichen Betrag zahlt, er bei Sammlungen und Kartenverkauf niemals Schwierigkeiten macht, so vermisse ich seine positive Mitarbeit. Sollte durch seinen Beruf diese nicht gut möglich sein, so könnte er doch immerhin seine nationalsozialistische Gesinnung frei nach außen bekunden. Begegnet er mir auf der Straße, in der Bahn oder sonstwo, so grüßt er mich stets recht freundlich und liebenswürdig durch schüchternes Heben des angewinkelten rechten Armes und Nicken des Kopfes mit zaghaftem Heil Hitler! Volksgenossen grüßt er ebenfalls freundlich und liebenswürdig durch Ziehen des Hutes mit Guten Morgen oder Guten Tag. Diese Art ist typisch für ihn. Nur keine Konflikte oder Reibereien, er will mit jedem halten und mit keinem verderben. Gerade das, was unbedingt nötig ist, Kämpfernatur, die ist er m. E. absolut nicht.“[37]
Handschriftlich war auf diesem Gutachten vermerkt: „Dr. G. saß in den Arbeitsausschüssen der durchaus linksgerichteten ‚Ges. d. Freunde‘ (Genitiv-Verein) und gehörte zum engeren Kreis der sozialdemokratischen Abgeordneten und Leiter der Organisation, Götze, Ballerstaedt, Zelck.“[38]
Und in einem Schreiben des Gaupersonalamtes vom 1.3.1937 hieß es:
„Volksgenosse Dr. G. war vor der Machtübernahme nirgends parteipolitisch registriert. Ihn politisch uninteressiert zu bezeichnen, kann bei seiner engeren Zusammenarbeit mit den marxistischen Leitern der Gesellschaft wohl kaum ernsthaft behauptet werden. An dem Fleiß und den Kenntnissen des Vg. G. ist übrigens nicht im geringsten gezweifelt worden.
Eine positive Mitarbeit des Dr. G. wird hier gänzlich vermisst. Er hat Versammlungen der NSDAP innerhalb der Ortsgruppe nie besucht. Er arbeitet auch in keiner Gliederung der NSDAP innerhalb der Ortsgruppe. Er ist lediglich Mitglied des NSLB und der NSV.“[39]
Auch diese Stellungnahme ist offenbar vom Rektor aus Groß-Borstel, August Roock, verfasst worden. Am Ende beschreibt er noch einmal, dass Heinrich Geffert offensichtlich zu vermeiden suchte, mit „Heil Hitler“ zu grüßen: „Es scheint ihm der deutsche Gruß also recht schwer zu fallen und unangenehm zu sein.“[40]
Dennoch wurde Heinrich Geffert in die NSDAP aufgenommen, sicherlich ­hatte auch Willi Schulz darauf Einfluss nehmen können.
Beruflich war dies förderlich, am 1.3.1939 wurde Heinrich Geffert zum Professor an der Hochschule für Lehrerbildung ernannt.[41]
Als es in den Zeiten des Krieges durch die Einziehung vieler Lehrer zur Wehrmacht zu Engpässen in der Lehrerversorgung kam, wurden Maßnahmen beschlossen, Lehrerbildungsanstalten (LBA) zu bilden. „An der bereits 1941 gegründeten LBA I in der Armgartstraße wurden im Oktober 1942 165 Mädchen und 61 Jungen, zusammen also 226 junge Menschen, zu Volksschullehrerinnen und -lehrern ausgebildet. Von den im Herbst 1942 neu eintretenden 25 Jungen kamen 21 aus Volksschulen und vier aus Mittel- und Oberschulen. Es überwog hier mit 186 Schülern die Altersgruppe der 16- bis 18-jährigen. Nur drei neu aufgenommene Jungen waren 14 Jahre alt. Demgegenüber wurden zur gleichen Zeit an der 1942 entstandenen LBA II in der Felix-Dahn-Straße unter der Leitung von Prof. Heinrich Geffert nur 13 Jungen und 286 Mädchen, die jüngsten 14, die ältesten 22 Jahre alt, unterrichtet. Außer ihm und seiner Stellvertreterin Prof. Sophie Barrelet42 gehörten dem Lehrerkollegium zwölf Lehrerinnen und zehn Lehrer an. Nur sieben von ihnen hatten die Ausbildung zum Volksschullehrer durchlaufen.“[43]
Für diese neue Aufgabe wurde Heinrich Geffert am 1.8.1944 zum Oberstudiendirektor ernannt. In der Begründung, vom Reichsstatthalter in Hamburg, Karl Kaufmann, am 28.1.1944 an den Reichsminister für Wissenschaftserziehung und Volksbildung geschickt, wurde deutlich, dass diese Beförderung innerhalb der Partei nicht unstrittig war:
„An meinem Vorschlag, Professor Dr. Heinrich Geffert zum Oberstudiendirektor an der Lehrerinnenbildungsanstalt zu ernennen, halte ich fest. Es ist zwar richtig, dass Professor Dr. Geffert keine ausgesprochenen Führereigenschaften besitzt. Er verfügt aber über eine sehr gute schulpraktische Erfahrung und über bedeutende pädagogische Fähigkeiten. Seine fachlichen Leistungen sind durchaus schöpferisch. Er ist seit Jahren an der Schaffung des Reichslesebuchs beteiligt. Es trifft nicht zu, dass ihm die erforderliche Begeisterungsfähigkeit fehlt. Ebenso steht die Tatsache, dass er sich dem Anstaltsleben vollständig fernhält, mit den Gegebenheiten im Widerspruch. Er wird auch keineswegs von den Schülerinnen als Persönlichkeit abgelehnt. Seine vornehme Gesinnung, großes Können und tiefgreifendes menschliches Verständnis sichern ihm vielmehr die Achtung der Schüler.“[44]
Heinrich Geffert war umstritten, wurde dennoch befördert zu einem Zeitpunkt, wo der mit ihm befreundete Willi Schulz aus Krankheitsgründen als Landesschulrat schon ausgeschieden war. Die Ernennungsurkunde wurde am 14.9.1944 im Führer-Hauptquartier ausgestellt.[45]
Nach Ende der NS-Herrschaft sah es anders aus. Mit Schreiben vom 8.6.1945 wurde Heinrich Geffert seines Amtes als Leiter der Lehrerinnenbildungsanstalt II enthoben.[46] Dagegen legte er am 12.6.1945 Einspruch ein. Darin schrieb er u. a.:
„Meine verschiedenen Ämter verdanke ich nicht der Parteizugehörigkeit, sondern eigener Arbeit. Ich habe die erforderlichen Prüfungen abgelegt, mich in meinen Ämtern bewährt und durch Veröffentlichungen, die nicht nur in Hamburg, sondern auch im Reich bekannt sind, bewiesen, dass ich zur Führung dieser Ämter befähigt war. Ich bin Deutscher, sehe aber die Sendung des Deutschtums nicht auf kriegerischem, sondern auf kulturellem Gebiet, und wenn ich auch im Jahre 1937 zwangsweise in die NSDAP eintreten musste, so erblicke ich doch im Nationalsozialismus nicht die Ausprägung deutschen Wesens.“[47]
Heinrich Geffert gab an, dass bei der Zerstörung seiner Wohnung im Sommer 1943 wesentliche Unterlagen verbrannt seien, er aber als Zeugen Oberschulrat Fritz Köhne und Schulrat Gustav Schmidt benennen könne. Schmidt unterschrieb als Zeuge auch Gefferts Entnazifizierungsfragebogen.[48]
Zu seiner weltanschaulichen und politischen Haltung schrieb Geffert, in seinem Elternhaus in christlich-sozialem Sinne erzogen worden und niemals aus der Kirche ausgetreten zu sein. Die Entwicklung seiner Weltanschauung und seines pädagogischen Denkens sei sehr stark von Schulmännern in der „Gesellschaft der Freunde“ geprägt worden, „die das pädagogische Leben Hamburgs“ bestimmten.[49]
In enger Freundschaft sei er dem sozialdemokratischen Reformpädagogen und Oberschulrat Carl Götze verbunden gewesen und dem Weltreisenden und Schriftsteller Dr. Alfons Paquet, „über den ich mehrfach geschrieben habe, und seinem demokratischen Ideal treu geblieben bin, auch als die nationalsozialistische Presse ihn totschwieg“. Auch der Dichter Hermann Hesse, über dessen Bildungsideal Geffert seine Doktorarbeit verfasst hatte, sei ebenfalls von den Nationalsozialisten angegriffen worden. Er sei niemals einer Partei beigetreten, weil er sich „die Freiheit des Denkens sichern wollte“. Bis 1937 habe er an keiner Parteiversammlung in seiner Ortsgruppe teilgenommen, „war lediglich im NS-Lehrerbund in meinem Fach (Deutsch) tätig. Als jedoch die Lehrerbildung aus der Universität in die Hochschule für Lehrerbildung verlegt wurde, legte mir der damalige stellvertretende Leiter der Hochschule nahe, die Parteizugehörigkeit zu erwerben. Da ich bereits große Schwierigkeiten mit meiner Ortsgruppe hatte, tat ich, um nicht mein Amt zu verlieren, den schweren Schritt und ließ mich durch den NSLB anmelden. Die Ortsgruppe lehnte mich aber ab, da die Gutachten über mich im Sinne des Nationalsozialismus politisch negativ lauteten.“[50]
Im Januar 1938 sei gegen ihn ein Kreisgerichtsverfahren eröffnet worden. „Man warf mir, als einem Beamten der Systemzeit, meine pazifistische Haltung vor und meine Beziehungen zu sozialdemokratischen Schulräten und Schriftstellern (Hesse, Paquet). Erst als zwei Vorgesetzte sich für mich verbürgten, wurde ich unter der Bedingung aufgenommen, mich als Blockleiter zu bewähren. Ich war dann kommissarischer Blockleiter von 1938 bis 1943. Als Blockleiter habe ich meine vornehmste Aufgabe in der Betreuung wirtschaftlich schwacher Volksgenossen gesehen.“[51]
Zu seiner Tätigkeit als Schriftleiter der HLZ von Mai bis Dezember 1933 erklärte er, er habe diese Aufgabe übernommen, „um zu verhindern, dass radikale Nationalsozialisten sich des Blattes bemächtigten. Da die Zeitung im wesentlichen für den nicht nationalsozialistischen Teil der Hamburger Lehrerschaft bestimmt war, ließ ich bewährte Schulmänner zu Worte kommen, lehnte Hetzartikel ab und eröffnete sogar Diskussionen über Parteidogmen. Die Angriffe mehrten sich; die schwersten Beschuldigungen erhob der bekannte nationalsozialistische Erziehungswissenschaftler Ernst Krieck gegen mich in seinem Artikel: ‚Achtung – sie kommen!‘ (Volk im Werden, Jahrgang 1933). Ich wurde daraufhin gezwungen, die Schriftleitung niederzulegen und sie einem Nationalsozialisten zu übergeben.“[52]
In seiner Tätigkeit als Leiter der Lehrerinnenbildungsanstalt habe Heinrich Geffert immer wieder Probleme mit dem BDM gehabt, dessen Einfluss er „möglichst ausgeschaltet“ habe. „In meiner Anstalt herrschte der Geist der Duldsamkeit. Es ist in meiner Gegenwart kein Hetzwort gegen das Judentum oder gegen die Kirche gefallen.“[53]
Heinrich Geffert bat darum, weiterhin in der Lehrerbildung oder Lehrerfortbildung verwendet zu werden.
In der Folgezeit bekam Geffert eine große Zahl von Leumundszeugnissen, die ihm viele bedeutende, langjährige Demokraten und Reformpädagogen ausstellten.
So erklärte der ehemalige Landesschulrat, Prof. Ludwig Doermer:
„Nach der Machtübernahme der Nazis im Jahr 1933 hat Dr. Geffert mich aufgesucht, um mich zu fragen, wie er sich verhalten sollte, ob er seine Arbeit in der Lehrerbildung weiterführen oder niederlegen sollte. Ich habe ihm damals gesagt, dass er so jung sei, dass er seine Arbeiten nicht abbrechen dürfe und dass es mir wünschenswert erschiene, dass möglichst viele auf demokratischem Boden stehende Schulmänner auch unter der neuen Regierung an der Förderung von Erziehung und Unterricht mitarbeiteten, damit nicht alles zerstört würde, was wir in jahrelanger Arbeit mühsam aufgebaut hatten. Diese Auffassung war falsch, wie sich bald herausstellte. Dr. Geffert ist wegen seines Umganges mit dem sozialistischen Oberschulrat des Volksschulwesens, Carl Götze, und mit dem Unterzeichneten von den Nazis jahrelang verfolgt und seelisch misshandelt worden, bis er endlich im Jahre 1937 in die Partei hineingezwungen worden war. Aber auch dann haben die Anfeindungen wegen seiner demokratischen Gesinnung noch nicht aufgehört. Geffert ist ein feinsinniger Pädagoge und Gelehrter, ein Mann, der der Politik ganz fern steht und den ich nur ungern als Mitarbeiter bei der künftigen Lehrerbildung vermissen würde.“[54]
Absehbar war, dass Schulrat Gustav Schmidt, der von den Nazis aus der Schulverwaltung entfernt wurde, weil er nicht bereit war der NSDAP beizutreten, sich für Geffert verwendete. Dies war zu erwarten, weil beide schon in der Weimarer Zeit sehr eng im Bereich des Deutschunterrichts zusammengearbeitet und publiziert hatten. Gustav Schmidt konnte Heinrich Geffert aber auch besonders gut beurteilen, weil er ihn aus nächster Nähe kannte. Er schrieb im Namen der Hamburger Schulverwaltung am 15.7.1946:
„Vorauszuschicken ist, dass G. Leiter der LBA in Hamburg war und dass alle Mitglieder dieser Anstalt von der Militärregierung besonders scharf beurteilt worden sind, viel schärfer als die Lehrer an Volks- und höheren Schulen. Zugrunde lag eine Anordnung, dass kein Mitglied der Partei wieder irgendwie in der Lehrerbildung tätig sein dürfe. Diese in die Zukunft abzielende Bestimmung wurde von der Militärregierung nun auch nach rückwärts auf die Lehrer der ehemaligen Lehrerbildungsanstalten angewandt. Es wurden sehr viele entlassen, die politisch nur gering belastet waren, weil die Militärregierung ohne weiteres annahm, sie sollten auch in Zukunft wieder in der Lehrerbildung tätig sein. Das war von der Schulverwaltung durchaus nicht beabsichtigt und hätte auch nicht durchgeführt werden können, weil die Lehrerbildung jetzt an die Universität gekommen ist und kaum jemand von der ehemaligen LBA als Lehrer an der Universität infrage kommt.“[55]
Gustav Schmidt bezeugte, dass Geffert 1937 mit seinem Parteibeitritt „sich damals dem allgemeinen Druck fügte, den die Verwaltung und der Lehrerbund ausübte“.
Und er ergänzte: „Ich weiß aus eigener Kenntnis und aus manchem Gespräch, dass Geffert dem Nationalsozialismus durchaus abgeneigt war. Er hatte jedoch nicht die notwendige Härte, um sich dem Druck mit Erfolg zu widersetzen. Wie wenig nationalsozialistisch er damals gesonnen war, geht auch aus einem Gutachten der Partei vom 1. März 1937 hervor, das ihn für unfähig erklärte, Parteimitglied zu werden.“[56] Gemeint ist damit das oben erwähnte Gutachten von Schulleiter August Roock.
Gustav Schmidt verbürgte sich dafür, das Prof. Geffert „sich in Zukunft voll und ganz in die Gegenwart der Zeit hinein stellen wird und dass er ein wertvoller Gewinn für das hamburgische Bildungswesen sein wird“. Er erklärte, es sei beabsichtigt, ihn als Bibliothekar in einer wissenschaftlichen Bücherei zu verwenden.[57]
Die Britische Militärregierung akzeptierte Heinrich Geffert für die Arbeit in der Bibliothek, nicht aber in der Lehrerbildung.[58]
Und auch der Entnazifizierungsausschuss gab der Berufung statt, mit der Maßgabe, ihn als Bibliothekar zu beschäftigen.[59]
In einem anderen Gutachten hatte Gustav Schmidt präzisiert, wer Heinrich Geffert zum Eintritt in die NSDAP geraten hatte:
„In seiner ruhigen, gewissenhaften Art hielt er niemals damit zurück, dass er den Nationalsozialismus ablehnte. In den ersten Jahren nach 1933 gab er nicht klein bei; deswegen wurde er verleumdet und erfuhr in dem kleinen Vorort, in dem er wohnte, viel Feindschaft. Er galt hier als Pazifist und Gegner der NSDAP. Als der damalige Landesschulrat Schulz, der sein Jugendbekannter war, mit Klagen über Prof. Geffert überlaufen wurde, legte dieser Geffert dringlich nahe, in die Partei einzutreten, damit diese zermürbenden Angriffe aufhörten. Um zur Ruhe zu kommen, bewarb sich Prof. Geffert um Aufnahme. Er wurde aber infolge eines verleumderischen Gutachtens abgewiesen; der Landesschulrat räumte jedoch durch seinen Einfluss die Hindernisse aus dem Wege.“[60]

Fluch und Segen einer Jugendfreundschaft.
Auch der ehemalige Oberschulrat Carl Götze bescheinigte Heinrich Geffert einen lauteren Charakter und hielt ihm zugute, niemals ein politischer Mensch gewesen zu sein, „weder in seiner Anlage noch in seiner Bildung: seine Lebensarbeit war vielmehr wissenschaftlich und pädagogisch auf eine umfassende Reform des deutschen Sprachunterrichts gerichtet“.
Und auch Oberschulrat Fritz Köhne, der zu den fleißigen Leumundszeugnis-Schreibern gehörte, charakterisierte Heinrich Geffert so, wie man auch Köhne hätte beschreiben können:
„Dr. Geffert ist ein freundlicher, friedfertiger, hilfsbereiter Mensch, dem jeder Machtwille fehlt; der gewalttätige Nationalsozialismus ist seinem gütigen Wesen völlig fremd geblieben. In seinem Berufe war er ein tüchtiger Lehrer, der von seinen Mitarbeitern und Schülerinnen wegen seines fachlichen Könnens und seiner Menschenfreundlichkeit sehr geschätzt wurde.“[61]
Die vielen Personen, die Heinrich Geffert verehrten und nicht locker ließen, ihn zu unterstützen, traten dafür ein, dass Geffert, der seit dem 17.9.1946 in der IfL-Bibliothek seinen Dienst antrat, auch zur Lehrerbildung wieder zugelassen wurde und befördert werden konnte. So schrieb OSR Heinrich Schröder, dass „der Schulbehörde sehr daran liegt, dass Prof. Geffert, dem bisher eine Berufsbeschränkung auferlegt worden ist, möglichst bald seine Lehrtätigkeit aufnehmen kann“.[62]
Heinrich Geffert selbst hatte den Antrag gestellt, sein Verfahren wieder aufzunehmen und ihn „zur Lehrtätigkeit wieder zuzulassen“. Er verwies dabei auf ähnlich gelagerte Fälle, die zu einem positiven Ergebnis gekommen waren. Und er bekannte sich dazu, die Verbindung zu Willi Schulz genutzt zu haben:
„In der Nazizeit war es mein Bestreben, für die sozialistische Hamburger Schule und ihre Lehrer einzutreten, wo immer ich konnte. Diese Möglichkeit besaß ich, da der Landesschulrat mein Klassenbruder war.“[63]
Bemerkenswert ist, wie sich die drei Personen äußerten, die eine wesentliche Rolle in den Entnazifizierungsverfahren spielten und über einen präzisen Überblick verfügten, wie handelnde Akteure im Übergang der Weimarer Republik in die NS-Zeit agierten und einzuschätzen waren.
Schulrat Gustav Schmidt, der aus der Schulverwaltung auf Veranlassung des fanatischen Nationalsozialisten Albert Henze[64] ausscheiden musste, weil er sich weigerte, in die NSDAP einzutreten, klärte ein wichtiges Detail im Entnazifizierungsverfahren von Heinrich Geffert auf:
„Zum Beginn der Denazifizierung war ich Gutachter über alle Lehrkräfte der ehemaligen Lehrerbildungsanstalten in Hamburg. Damals war es üblich, mit dem Vertreter der Militärregierung anhand des Fragebogens über die einzelnen Personen mündlich zu verhandeln. In einer solchen Besprechung setzten ich und andere Schulräte sich für eine Bestätigung Dr. Gefferts ein, und der Vertreter der Militärregierung sagte sie zu, obwohl man schon damals von englischer Seite die Lehrkräfte der Lehrerbildungsanstalten sehr misstrauisch beurteilte. Leider wurde Dr. Geffert entgegen der mündlichen Zusage entlassen, weil inzwischen die Verordnung Nummer 24 des Kontrollrates erschienen war, die im 10. Abschnitt unter Nummer 63 als zwangsweise zu entlassende Personen auch ‚die Vorstände aller Lehrerbildungsanstalten‘ aufführte.“[65]
Von Gewicht war auch die Stellungnahme des Schulrates Kurt Zeidler, der von den Nationalsozialisten als Schulrat 1933 abgesetzt worden war und eine führende Rolle in den Entnazifizierungsausschüssen nach 1945 spielte. Er schrieb:
„Während der Nazizeit begegnete ich Geffert mehrere Male und hatte ausführliche politische Gespräche mit ihm. Zu meiner Freude konnte ich immer wieder erkennen, dass Herr Geffert in keiner Weise vom Nazigeist angekränkelt war; er war ganz der alte geblieben und gab seinem Abscheu gegen das Nazisystem unverhohlen Ausdruck. In unseren Kreisen war damals bekannt, dass Herr Geffert sein persönliches Verhältnis zu seinem ehemaligen Klassenkameraden, dem damaligen Landesschulrat Schulz, benutzte, um auf diesen in gutem und mäßigendem Sinne einzuwirken. Er hat ihm gegenüber kein Blatt vor den Mund genommen und ihm unverblümt gesagt, wie sehr der größte Teil der Hamburger Lehrerschaft ihn und sein System verachte und ist in dieser Offenherzigkeit und Schonungslosigkeit so weit gegangen, dass es zwischen den beiden zu einem völligen Bruch kam.“[66]
Dieses Detail ist bisher nicht bekannt gewesen. Weiter schrieb Kurt Zeidler:
„Die Tatsache, dass zum Zeitpunkt der politischen Überprüfung des Falles Geffert die Militärregierung, aufs Ganze gesehen mit vollem Recht, ein tiefes Misstrauen gegen die Leiter und Lehrkräfte der Lehrerbildungsanstalten hegte, hat dazu geführt, dass Geffert unvergleichlich viel strenger beurteilt wurde, als es vom heutigen Standpunkt heraus verantwortet werden kann. Man hat damals geglaubt, das Äußerste an Milde walten zu lassen, wenn man ihn in die Stelle eines wissenschaftlichen Bibliothekars versetzte, ihm aber jegliche Lehrtätigkeit verbot. Aufgrund meiner umfassenden Erfahrung als 2. Vorsitzender des Fachausschusses 6 b und meiner sehr intensiven Mitwirkung als Verbindungsmann des Fachausschusses zu den im Bereich der Schulbehörde tätigen Berufungsausschüssen muss ich erklären, dass ich diese Entscheidung auf die Dauer für untragbar und ungerecht halte. Es kann nicht angehen, eine so verdiente und politisch so makellose Persönlichkeit wie Herrn Geffert auszuschließen.“[67]
Und auch Fritz Köhne, der als letzter Verbliebener der Zeit vor den Nationalsozialisten in der Schulverwaltung auf Drängen seiner demokratischen und sozialdemokratischen Freunde geblieben war und somit über eine Binnensicht verfügte, würdigte Heinrich Geffert:
„Er galt bei den nationalsozialistischen Fanatikern des NSLB als ‚liberalistisch-demokratischer Typ‘, als ‚Götze-Freund‘, der die Personalpolitik des Landesschulrates nachteilig beeinflusste. Dr. Geffert hat in der Nazizeit die Verbindung mit Götze, Gustav Schmidt und mir nie gelöst, er blieb im Umgange der liebenswürdige, tolerante, geistig und pädagogisch interessierte Mensch, echt und natürlich, wie er vorher gewesen war.“[68]
Am 20.4.1949 tagte der Berufungsausschuss 17 unter Leitung des für milde Entscheidungen bekannten Rechtsanwalts Soll, im Beisein von Kurt Zeidler als Vertreter des Fachausschusses. Er gab der Berufung statt und entschied, dass Professor Geffert „die Lehrtätigkeit im vollen Umfange wieder aufnehmen kann und in Kategorie V eingestuft“ werde.[69]
Grundlegend für die Entscheidung des Berufungsausschusses war:
„Nach den Bekundungen zahlreicher, führender Persönlichkeiten im Schulwesen, deren Anti-NS-Einstellung dem Berufungsausschuss geläufig ist, ist Prof. Dr. Geffert im Jahre 1937 der NSDAP lediglich unter Zwang beigetreten aus der Befürchtung heraus, dass er wegen seiner bekannten pazifistischen und Anti-NS-Einstellung aus seinem Lehramt entlassen würde. Trotz seiner formalen Parteizugehörigkeit hat Prof. Dr. Geffert auch in der Folgezeit seine innere Einstellung gegen den Nationalsozialismus nicht aufgegeben. Wie sich aus Schriftstücken ergibt, ist Prof. Dr. Geffert wegen seiner auch nach außen hin bekundeten ablehnenden Haltung gegen den Nationalsozialismus angegriffen worden und hat seine Haltung trotz dieser Angriffe nicht geändert.“[70]
So geschah es dann auch. Heinrich Geffert wurde wieder eingestellt und war seit dem 1.4.1950 wieder Oberstudiendirektor. Im Ernennungsvorschlag hieß es:
„Prof. Dr. Geffert nimmt heute am Institut für Lehrerfortbildung eine Sonderstellung ein. Neben bedeutsamen Lehraufträgen werden ihm hauptsächlich wichtige Sonderaufgaben, die zum Teil außerhalb des Gebiets der Lehrerfortbildung liegen, übertragen.“[71]
Heinrich Geffert wurde am 4.4.1952 in den Ruhestand versetzt und arbeitete danach weiter mit Lehraufträgen am Pädagogischen Institut der Universität Hamburg. Nebenbei schrieb er noch einige Bücher zum deutschen Sprachunterricht. Sehr verbreitet ist sein deutsches Wörterbuch „Unser Wortschatz“, das im Westermann-Verlag in über 30 Auflagen bis in die 1970er Jahre erschien.[72]
Heinrich Geffert war mit einem langen Leben gesegnet. Er starb, fast 100-jährig, am 13.3.1987 in Hamburg-Groß Borstel.[73]
Text: Hans-Peter de Lorent

Anmerkungen
1 Lebenslauf in seiner Personalakte, StA HH, 361-3_A2242
2 Siehe die Biografie Willi Schulz, in: Hans-Peter de Lorent: Täterprofile Bd. 1, Hamburg 2016, S. 99 ff.
3 Alle Angaben laut Personalakte, a. a. O.
4 Lebenslauf in seiner Personalakte a. a. O. Seine Personalakte gibt keinen Hinweis auf seine militärische Stellung während des Krieges.
5 Ebd.
6 Thomas Hatry: Alfons Paquet. Held ohne Namen, Heidelberg 2014.
7 Lebenslauf in seiner Personalakte, a. a. O.
8 Ebd.
9 Siehe die Biografie Gustaf Deuchler, in: de Lorent 2016, S. 142 ff.
10 Personalakte a. a. O.
11 Biografie Schulz a. a. O.
12 Prüfungsprotokoll vom 31.7.1926, Personalakte a. a. O. Zu William Stern siehe das biografische Buch von Martin Tschene: William Stern, Hamburg 2010.
13 Personalakte a. a. O.
14 Siehe Biografie Deuchler, a. a. O.
15 Siehe dazu auch die Biografie Georg Anschütz in diesem Band.
16 Für den Unterricht an Hamburger Schulen, 1941 herausgegeben.
17 HLZ 9/1967, S. 268 f.
18 HLZ 9/1967, S. 269.
19 Siehe die Biografie Willi Schulz, a. a. O. Siehe dazu: Hans-Peter de Lorent: „Laßt hinter Euch die Welt des Intellekts“, Der Nationalsozialistische Lehrerbund, in: Reiner Lehberger/Hans-Peter de Lorent (Hg.). „Die Fahne hoch“. Schulpolitik und Schulalltag unterm Hakenkreuz, Hamburg 1986, S. 119 ff. und Hans-Peter de Lorent, Personalpolitik, ebenda, S. 203 ff.
20 Siehe die Biografie Albert Mansfeld, in: de Lorent 2016, S. 118 ff.
21 Siehe Annemarie Biedermann: Als Sekretärin beim NSLB, in: Lehberger/de Lorent 1986, S. 125 ff.
22 So der Leitende Regierungsdirektor Otto von Zerssen in einem Schreiben vom 4.3.1952 auf den Einspruch der Witwe Schulz gegen die Höhe der Hinterbliebenenrente, in: Personalakte Schulz: StA HH-Hochschulwesen – Dozenten- und Personalakten DPW I_376 Bd. 1. Die Darstellung von Zerssens korrespondiert mit der Aussage Kurt Zeidlers in seinen Erinnerungen: Kurt Zeidler: Pädagogischer Reisebericht durch acht Jahrzehnte, Hamburg 1975, S. 83.
23 Siehe auch: Uwe Schmidt: Lehrer im Gleichschritt: Der Nationalsozialistische Lehrerbund Hamburg, Hamburg 2006
24 Siehe dazu: Hans-Peter de Lorent: Max Traeger, Biografie des ersten Vorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (1887–1960). Weinheim 2017, S. 39 ff.
25 HLZ 27/1933, S. 383
26 Biografie Guido Höller, in: Hans-Peter de Lorent: Täterprofile Bd. 2, Hamburg 2017, S. 378 ff.
27 Biografie Heinrich Hehn, in: de Lorent 2017, S. 359 ff.
28 Biografie Erwin Gottsleben, in: de Lorent 2017, S. 369 ff.
29 Berlin Document Center, OPG I 83, Unterlagen für das Ausschlussverfahren gegen Pg. W. Schulz.
30 Ebd.
31 Ebd.
32 Hamburgisches Lehrerverzeichnis für das gesamte Stadt- und Landgebiet, Schuljahr 1935–1936, bearbeitet vom NSLB, Gau Hamburg, S. 133.
33 Siehe dazu: Reiner Lehberger: Der „Umbau“ der Hamburger Volksschulen. Eine Dokumentation schulpolitischer Maßnahmen in der Frühphase der NS-Zeit, in: Lehberger/de Lorent 1986, S. 15 ff.
34 Uwe Schmidt: Hamburger Schulen im „Dritten Reich“, Hamburg 2010, S. 110.
35 Entnazifizierungsakte Geffert, StA HH, 221-11_Ed 8013
36 Ebd.
37 Gutachten vom 26.1.1937, später als Beleg für die Skepsis der NSDAP gegenüber Heinrich Geffert in sein Entnazifizierungsverfahren eingebracht, Entnazifizierungsakte a. a. O.
38 Ebd.
39 Schreiben vom 1.3.1937, Entnazifizierungsakte a. a. O.
40 Ebd.
41 Personalakte a. a. O.
42 Siehe die Biografie Sophie Barrelet, in: de Lorent 2016, S. 352 ff.
43 Uwe Schmidt 2010, S. 508 f.
44 Schreiben vom 28.1.1944, Personalakte a. a. O.
45 Ernennungsurkunde zum Oberstudiendirektor vom 14.9.1944, Personalakte a. a. O.
46 Schreiben vom 8.6.1945, Personalakte a. a. O.
47 Einspruch vom 12.6.1945, Personalakte a. a. O.
48 Ebd. Entnazifizierungsfragebogen, ausgefüllt am 10.6.1946, Personalakte a. a. O.
49 Einspruch vom 12.6.1945, Personalakte a. a. O.
50 Ebd.
51 Ebd.
52 Ebd. Dass Geffert gezwungen war, die Schriftleitung niederzulegen war vermutet, aber bis dahin öffentlich nicht kommuniziert worden.
53 Ebd.
54 Schreiben von Ludwig Doermer vom 13.9.1945, Entnazifizierungsakte a. a. O.
55 Schreiben von Gustav Schmidt vom 5.7.1946, Entnazifizierungsakte a. a. O.
56 Ebd.
57 Ebd.
58 Empfehlung vom 7.8.1946, Entnazifizierungsakte a. a. O.
59 Empfehlung vom 7.8.1946, Entnazifizierungsakte a. a. O.
60 Schreiben aus dem November 1945, Entnazifizierungsakte a. a. O.
61 Schreiben vom 29.12.1945, Entnazifizierungsakte a. a. O.
62 Schreiben vom 18.2.1949, Entnazifizierungsakte a. a. O.
63 Schreiben an den Leitenden Ausschuss zur Ausschaltung von Nationalsozialisten vom 10.2.1948, Entnazifizierungsakte a. a. O.
64 Siehe die Biografie Albert Henze und darin die Auseinandersetzung mit Gustav Schmidt, in: de Lorent 2016, S. 162 ff.
65 Schreiben vom 22.1.1948, Entnazifizierungsakte a. a. O.
66 Schreiben vom 19.1.1948, Entnazifizierungsakte a. a. O.
67 Ebd.
68 Gutachten von Fritz Köhne vom 20.1.1948, Entnazifizierungsakte a. a. O.
69 Berufungsausschuss 17 für die Ausschaltung von Nationalsozialisten vom 20.4.1949, Entnazifizierungsakte a. a. O.
70 Ebd.
71 Ernennungsvorschlag vom 4.5.1950, Personalakte a. a. O.
72 Personalakte a. a. O.
73 Personalakte a. a. O.
 

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Stand Januar 2024: 914 Kurzprofile und 332 sonstige Einträge.

Diese Datenbank ist ein Projekt in Fortsetzung (work in progress). Eine Vollständigkeit ist niemals zu erreichen. Sie startete online im Februar 2016 mit rund 520 Profilen und mehr als 200 weiteren Einträgen und wird laufend ergänzt und erweitert werden. Wissenschaftliche Institute, Gedenkstätten, Universitäten und zum Thema forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können gern ihre erarbeiteten Profile in diese Datenbank stellen lassen.

Quellenangaben, die sich auf Webseiten beziehen, sind die zum Zeitpunkt der Recherche gefundenen. Sollten Sie veraltete Links oder Aktualisierungen bzw. Verschiebungen der Inhalte feststellen, freuen wir uns über Hinweise.

Vor etlichen Jahren hat die Landesszentrale für politische Bildung Hamburg die Stolperstein-Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de ermöglicht und gibt seit rund zehn Jahren gemeinsam mit dem Institut für die Geschichte der Deutschen Juden unter der Projektleitung von Dr. Beate Meyer und Dr. Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung die Publikationsreihe „Stolpersteine in Hamburg, biografische Spurensuche“ heraus. Mit dieser Datenbank „Die Dabeigewesenen“ möchte die Landeszentrale für politische Bildung nun den Blick auf diejenigen lenken, die das NS-System stützten und mitmachten. Denn:

Eine Gesellschaft, die sich eine offene und freie Zukunft wünscht,
muss [...] über eine Kultur verfügen, die nicht auf dem Verdrängen
und Vergessen der Vergangenheit beruht.“ (Mario Erdheim Psychoanalytiker) 1)

Diese aktuell immer noch so wichtige Aussage bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt dieser Datenbank. Sie enthält eine Sammlung mit Kurzprofilen über Menschen, die auf unterschiedlichste Weise an den NS-Gewaltverbrechen in Hamburg Anteil hatten, z.B. als Karrierist/innen, Profiteur/innen, Befehlsempfänger/innen, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Täter/innen. Aber auch sogenannte Verstrickte, die z. B. nach durchlittener Gestapo-Folter zum Spitzel wurden. Unter all diesen Dabeigewesenen gab es auch Menschen, die in keiner NS-Organisation Mitglied waren, die aber staatliche Aufträge - zum Beispiel als Künstler oder Architekt - annahmen und so von dem NS-System profitierten, im Gegensatz zu denen, die sich diesem System nicht andienten, deshalb in die Emigration gingen oder in Kauf nahmen, keine Karriere mehr zu machen bzw. kaum noch finanzielle Einnahmen zu haben.

Ebenso wurden solche Personen aufgenommen, die zum Beispiel vor und während der NS-Zeit den Idealen des Heimatschutzes und der Technik-Kritik anhingen und das NS-Regime dadurch unterstützten, indem sie staatliche Aufträge annahmen, die diesen Idealen entsprachen, da das NS-System solche Strömungen für seine Ideologie vereinnahmte.

Für die Datenbank „Die Dabeigewesenen“ wurden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie Medizin, Justiz, Bildung und Forschung, Verwaltung, Kirche, Fürsorge und Wohlfahrt, Literatur, Theater und Kunst, Wirtschaft, Sport, Polizei und parteipolitische Organisationen berücksichtigt.

„denn wir können (…) das ganze Phänomen des Mitmachens und des Ermöglichens, das ja in der NS-Zeit eine genauso große Rolle gespielt hat, wie die Bereitschaft, selbst aktiver Täter vor Ort zu sein - das alles können wir nur verstehen, wenn wir die verschiedenen Facetten der Täterschaft noch viel genauer betrachten, als das bisher geschehen ist." 2)

In vielen Profilen wird der weitverbreitete Enthusiasmus vieler Deutscher für den Nationalsozialismus, gegenüber „seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik, seine Architektur, seine Weltanschauung" 3) etc. deutlich. Und es zeigt sich, dass Menschen das NS-System stützten, indem sie z. B., ohne darüber nachzudenken und ohne zu hinterfragen, bereitwillig moralische und soziale Normen des NS-Staats übernahmen.

Mit Schaffung der „Ausgrenzungsgesellschaft“ war es für die „Mehrheitsgesellschaft“ möglich, u. a. NS-Rassentheorien praktisch umzusetzen.

Diese Erkenntnis ist angesichts heutiger aktueller gesellschafts-politischer Entwicklungen von Bedeutung. In einem Interview zum Thema Fremdenfeindlichkeit bemerkte der Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz auf die Frage, ob aus der Geschichte zu lernen sei. „Wir könnten schon. Wir könnten zum Beispiel lernen, dass der Fremde nicht schuld ist an dem Hass, der ihm widerfährt. Es scheint tatsächlich schwierig zu vermitteln zu sein, dass das Opfer nicht dafür verantwortlich ist, dass es totgeschlagen oder misshandelt wird. Juden werden nicht verfolgt, weil an ihnen etwas ist, was sie zu Opfern macht, sondern weil die Mehrheitsgesellschaft Opfer braucht, und zwar zur eigenen Identitätsstiftung. Zuwanderer, Fremde, Andersgläubige werden ausgegrenzt. Das stärkt das Selbstgefühl der Mehrheit.“ 4)

Mit der Datenbank soll eine Hamburg Topographie der „Dabeigewesenen“ entstehen, um somit konkrete Orte des NS-Geschehens sichtbar zu machen. Deshalb werden auch nur diejenigen Dabeigewesenen aufgenommen, die zwischen 1933 und 1945 in Hamburg mit seinen Grenzen nach 1937 gelebt/gearbeitet haben. Neben Personenprofilen sind auch Adressen von NSDAP-Organisationen und -Einrichtungen zu finden. Darüber hinaus gibt es für einzelne Stadtteile Einträge, die die NS-Aktivitäten im Stadtteil beschreiben. In der Datenbank kann nach Namen, Straßen, Bezirken und Stadtteilen gesucht werden, damit also auch nach den Wohnadressen und/oder Adressen der Arbeitsstätten (soweit recherchierbar). Durch Hinzuziehen der Stolpersteindatenbank (hier sind die Adressen der NS-Opfer aufgenommen, für die bisher Stolpersteine verlegt wurden) und der virtuellen Hamburg-Stadt-Karte (sie verzeichnet die Zwangsarbeiterlager und Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben) wird eindringlich deutlich, wie dicht benachbart Opfer und Dabeigewesene in Hamburg gelebt und gewirkt haben. Mit diesen Informationen ist es immer schwerer, die altbekannte Entschuldigung aufrecht zu erhalten; wir haben doch nichts davon gewusst.

In den vorgestellten Profilen liegt der Fokus auf Handlungen und Einstellungen zum NS-Regime. Privates wird nur erwähnt, wenn es für die Haltung zum NS-Regime von Relevanz ist. Recherchegrundlage für diese Datenbank waren bereits vorhandene wissenschaftliche Veröffentlichungen (z. B. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und dem Institut für Zeitgeschichte), Biographien, Sammelbände und Dissertationen zu Hamburg im Nationalsozialismus, aber auch in diversen Fällen Entnazifizierungsakten und andere Akten und Dokumente, die im Staatsarchiv Hamburg zur Verfügung stehen. Für die Adressenrecherchen wurden die digitalisierten Hamburger Adressbücher von 1933 bis 1943 der Staats- und Universitätsbibliothek genutzt. Trotz größter Sorgfalt beim Zusammentragen der Daten, ist es dennoch möglich, dass Schreibweisen von Namen variieren und Lebensdaten fehlerhaft sind. In den Profilen und den Beschreibungen der Funktionen sowie des „Wirkens“ des Dabeigewesenen konnte nicht komplett auf das NS-Vokabular – der Sprache der Täter – verzichtet werden, dennoch wurde versucht, diesen Anteil gering zu halten und neutralere Umschreibungen zu finden.
Die meisten der aufgeführten Personen wurden schnell nach Kriegsende durch die Entnazifizierungsstellen als entlastet eingestuft, sie mussten sich selten vor Gericht verantworten oder sie wurden aufgrund von Verjährung ihrer Taten nicht juristisch verurteilt. So stellt Can Bozyakali in seiner Dissertation z. B. zum Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht fest, dass auch in Hamburg bis Anfang der 1950er Jahre 63% aller Justizjuristen, die am Sondergericht tätig gewesen waren, wieder in den Justiz-Dienst eingestellt wurden. „[…] anhand dieser Werte [kann] von einer ‚Renazifizierung‘ gesprochen werden.“ 5)

Dr. Rita Bake, Dr. Brigitta Huhnke, Katharina Tenti (Stand: Anfang 2016)

1) Mario Erdheim: „I hab manchmal furchtbare Träume … Man vergißts Gott sei Dank immer glei...“ (Herr Karl), in: Meinrad Ziegler, Waltraut Kannonier-Finster: Österreichisches Gedächtnis. Über Erinnern und Vergessen der NS-Vergangenheit. Wien 1993.
2) Wolfram Wette: Deutschlandfunk-Interview am 20.11.2014, anlässlich seines neuen Buches: „Ehre, wem Ehre gebührt. Täter, Widerständler und Retter - 1933-1945“, Bremen 2015.
3) Raphael Gross: Anständig geblieben. Frankfurt a. M.  2010, S. 17.
4) Wolfgang Benz: „Ich bin schon froh, wenn es nicht schlimmer wird". Der Historiker Wolfgang Benz über die lange Geschichte der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland – und was neu ist an den Pegida-Märschen. Interview: Markus Flohr und Gunter Hofmann, in ZEIT online vom 21. Dezember 2015. www.zeit.de/zeit-geschichte/2015/04/wolfgang-benz-pegida-antisemitismus-fremdenfeindlichkeit
5) Can Bozyakali: Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht: Eine Untersuchung der NS-Sondergerichte unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge, Frankfurt/ Main 2005, S. 235.

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