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Wilhelm Scharenberg

(10.2.1899 Lockstedter Lager, Kreis Steinburg – 9.11.1971)
Oberstudiendirektor der Harburger Oberrealschule

Hans-Peter de Lorent hat über Wilhelm Scharenberg ein Portrait verfasst, das in Hans-Peter de Lorents Buch: Täterprofile. Die Verantwortlichen im Hamburger Bildungswesen unterm Hakenkreuz. Band. 3. Hamburg 2019 erschienen und im Infoladen der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg erhältlich ist. Hier der Text:  
„Er ist ein ebenso vorzüglicher Lehrer wie Erzieher. Seine Arbeit verrichtet er in dem Bewusstsein, den Jungen für ihr Leben zu dienen.“
Zu den befähigten Lehrern, die sich trotz guter Qualifikation lange bemühen mussten, eine feste Studienratsstelle im Hamburger Schulwesen zu bekommen, gehörte Wilhelm Scharenberg. Er war kein nationalsozialistischer Aktivist, aber sicherte sein berufliches Weiterkommen ab durch die Mitgliedschaft in nationalsozialistischen Organisationen. Am Ende gehörte er zu denen, die während des Krieges zu Oberstudiendirektoren befördert wurden. Eine neue Generation von Schulleitern, die nicht schon Offiziere des Ersten Weltkrieges waren.
Wilhelm Scharenberg wurde am 10.2.1899 als Sohn eines Eisenbahninspektors in Lockstedter Lager, Kreis Steinburg, geboren. Er besuchte die Schule in Kiel und bestand an der dortigen Oberrealschule am 14.6.1917 die Reifeprüfung. Danach studierte er in Kiel Mathematik und Naturwissenschaften von 1917 bis 1922, mit Unterbrechung von 1917 bis 1919 zu „Heereszwecken“, wie es in seiner Personalakte heißt.[1]
Wilhelm Scharenberg war höchst umtriebig. Er arbeitete von Sommer 1923 bis Oktober 1925 in der chemischen Industrie, danach als Assistent am wissenschaftlichen Laboratorium einer chemischen Fabrik in Harburg, um dann wieder das Studium an der Universität in Kiel aufzunehmen und seine Promotion abzuschließen.[2]
Am 24.3.1928 legte er seine wissenschaftliche Prüfung für die höheren Schulen in Kiel ab, vorher hatte er bereits Vertretungsunterricht an der Polizeischule in Kiel gegeben, wo ihm bescheinigt wurde, „dass er mit dem zu behandelnden Stoff vollkommen vertraut war und auch methodisch und didaktisch in fruchtbringender Weise zu arbeiten wusste. Seine Frische im Unterricht gewann ihm die Sympathie der Schüler, Schwierigkeiten in der Disziplin hat er nicht gehabt.“[3]
Das Vorbereitungsjahr absolvierte Wilhelm Scharenberg seit 1928 an der Hebbel-Schule in Kiel. Auch für die Arbeit dort erhielt er sehr positive Rückmeldungen:
„Herr Scharenberg hat ausgezeichnete pädagogische Anlagen, Liebe zu seinem Beruf und ein enges Verhältnis zu seinen Schülern. Er ist ein bescheidener Mensch, wissenschaftlich wie pädagogisch tüchtig, ein ausgeglichener und in jeder Weise zuverlässiger Charakter. An den Sitzungen nahm er regelmäßig teil und zeigte lebhaftes Interesse und selbständiges Urteil. Alle Anregungen nimmt er dankbar hin.
Er ist ein besonders befähigter Mensch und verspricht ein besonders guter Lehrer zu werden.“[4]
Sein Anleiter in Mathematik und Physik an der Hebbel-Schule, der Studienrat Dr. Weidemann, schrieb im Januar 1929:
„Eine offenbare unterrichtliche Begabung wurde durch Fleiß, Energie und den besten Willen von dem Ausbildenden zu lernen unterstützt. Bei sorgfältiger Ausführung aller Kleinarbeit verlor Herr Scharenberg nicht die methodischen großen Ziele, Arbeitsunterricht, individuelle Behandlung und die Erziehung der ganzen Klasse aus dem Auge. Sein Verhältnis zur Klasse war sehr erfreulich, auch dadurch, dass er sich gern freiwillig an den Wanderungen beteiligte. Der Unterrichtserfolg war gut. Da er bei seinen Anlagen ein lebhaftes Verlangen hat, sich pädagogisch allseitig auszubilden, verspricht er ein tüchtiger Lehrer und Erzieher zu werden.“[5]
Wilhelm Scharenberg absolvierte den zweiten Teil seines Referendariats in Plön an der Schleswig- Holsteinischen Bildungsanstalt. Auch deren Bericht belegte, dass er ein befähigter Lehrer war, bei dem man weitere Karriereschritte in der Schule absehen konnte: „Dr. Scharenberg bringt für seinen Beruf als Lehrer und Erzieher wesentliche Voraussetzungen mit: eine gründliche wissenschaftliche Vorbildung, ein natürliches Lehrgeschick, einen feinen erzieherischen Takt, ein frisches und lebendiges Wesen, sowie ein bestimmtes und doch freundliches Auftreten. In seinem Unterricht wusste er die Schüler auch für spröde Stoffe zu erwärmen. Mit einem fröhlichen Unterrichtstone verstand er, sie in straffer Denkarbeit dem Ziel seiner Stunde entgegenzuführen. Die Schüler hatten das Bewusstsein, bei ihm etwas Tüchtiges zu lernen. Ernste methodische Mängel waren kaum noch vorhanden.
Seiner erzieherischen Aufgabe nahm Dr. Scharenberg sich mit besonderer Liebe an. Aus seiner mehrjährigen Tätigkeit im praktischen Leben bringt er die innere Sicherheit mit, die dem Lehrer von vornherein die Achtung seiner Schüler verschafft.
Besonders anzuerkennen ist, dass Dr. Scharenberg sich der Schüler auch in ihrer Freizeit annahm. Hier fand er häufig in Gesprächen mit einzelnen Gruppen besonders das Vertrauen der älteren Schüler und wusste mit feinem menschlichem Verstehen auf ihre besondere seelische Lage einzugehen. In den pädagogischen Sitzungen standen seine Berichte auf beachtliche Höhe. Auch hier war seine Mitarbeit stets von seiner Begeisterung für den Beruf und für die Jugend getragen.“[6]
Ein anderer Anleiter berichtete:
„Seine Disziplin im Gesamtaufsichtsdienst war tadelfrei. Herr Scharenberg hat dabei  die Eigentümlichkeit, dass er Schwierigkeiten auf persönlichem Wege durch Beeinflussung des Einzelnen zu überwinden sucht; der Menge gegenüber ist er niemals laut und scharf in der Anwendung äußerer Zuchtmittel; er weiß sie mit Ruhe und gelegentlicher Verwendung von scharf beobachtendem Spott zu lenken.“[7]
Am 4.3.1930, nachdem er den Vorbereitungsdienst erfolgreich absolviert hatte, stellte er den Antrag, „in den Bereich des Provinzialschulkollegiums Hannover zu wechseln“, zu dem die Kerschensteiner-Oberrealschule in Harburg-Wilhelmsburg gehörte. Ihm war mitgeteilt worden, dass es in seinem Wohnort Kiel für ihn keine Stelle geben würde, andererseits hatte er das Angebot aus Harburg, „wo ich von meiner mehrjährigen Tätigkeit in der chemischen Industrie her bekannt war, mich um eine Studienratsstelle zu bewerben. Insbesondere wurde mir auch eine Wohnung, vielleicht sogar eine Dienstwohnung, fest in Aussicht gestellt. Da Harburg der Geburtsort meines Sohnes ist und Angehörige unserer engeren Familie dort wohnen, so liegen für mich nahe persönliche Bindungen vor. Während meines ersten Aufenthaltes in Harburg habe ich mich in kulturellen Bestrebungen (Chor- und Konzertwesen) leitend beteiligt.“[8]
Wilhelm Scharenberg war seit 1925 verheiratet und hatte mit seiner Frau mehrere Kinder.[9]
Das Angebot für Scharenberg aus Harburg-Wilhelmsburg führte am Provinzialkollegium Schleswig zu Verdruss, da man dort einer solchen Offerte nichts entgegensetzen konnte. Handschriftlich wurde am Rande vermerkt: „Gegen diesen Wettbewerb sind die staatlichen Anstalten machtlos. Die kleinen Orte in der Provinz werden von allen tüchtigen Kräften verlassen werden.“[10]
Aber auch im Bereich des Provinzialschulkollegiums Hannover waren die zur Verfügung stehenden Stellen im Zuge der ökonomischen Depression nach der Weltwirtschaftskrise rar. Wilhelm Scharenberg kam zwar an die Schule nach Harburg, blieb aber über einige Jahre noch Studienassessor. Daran änderte erst einmal nichts, dass er auch von dem Oberstudiendirektor der Oberrealschule in Harburg (Am Postweg) einen sehr guten Bericht erhielt:
„Scharenberg ist ein ebenso vorzüglicher Lehrer wie Erzieher. Seine Arbeit verrichtet er in dem Bewusstsein, den Jungen für ihr Leben zu dienen. Seine Teilnahme an der Aufrechterhaltung von Zucht und Ordnung in der Schule und der Durchführung allgemeiner Maßnahmen zum Besten des Ganzen ist jederzeit aktiv und seine Bereitwilligkeit mitzuhelfen lobenswert.“[11]
Scharenberg war zwar nach Harburg mit der Aussicht auf eine Studienratsstelle geholt und auch gewählt worden, ohne dass diese Beförderung vorerst allerdings Realität werden konnte. Inzwischen hatte die Machtübertragung an die Nationalsozialisten stattgefunden. Es änderte aber nichts an der Lage der begrenzten Stellenangebote.
Wilhelm Scharenberg war 1933 in den NSLB eingetreten, dem fast alle Lehrer angehörten. Er war schon seit 1930 im VDA organisiert, trat 1934 der NSV bei und 1937 dem Reichskolonialbund.[12]
Er war aber 1933 nicht Mitglied der NSDAP geworden, woraus zu schließen ist, dass er kein wirklich überzeugter Nationalsozialist war. 1937 trat Wilhelm Scharenberg in die NSDAP ein, mit einer Absicht, die noch zu beschreiben sein wird. Erst einmal hatte der Oberbürgermeister der Stadt Harburg-Wilhelmsburg am 9.4.1935 den Antrag gestellt beim Oberpräsidenten, Abteilung höhere Schulen, in Hannover, „nach der Aufhebung der Anstellungssperre für die Lehrkräfte an den höheren Schulen, den Studienassessor Dr. Scharenberg eine freie Studienrat-Stelle an der hiesigen Oberrealschule zu übertragen“. Zur Begründung wurde angeführt:
„Dr. Scharenberg ist Frontkämpfer und war bereits stadtseitig ab 1.4.1930 zum Studienrat gewählt, doch unterblieb seinerzeit der Anstellungssperre wegen die Bestätigung durch das Provinzialschulkollegium.“[13]
Vorher hatte Wilhelm Scharenberg von der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt in Berlin-Spandau das Angebot bekommen, als Studienrat dort beschäftigt zu werden. Es war allerdings an die Bedingung geknüpft, einen Tausch mit einem dortigen Studienassessor vorzunehmen, weswegen auch diese Berufung nicht realisiert werden konnte. Es führte aber dazu, dass Oberstudiendirektor Fritz Meinecke schriftlich tätig wurde, und um den Verbleib und die Beförderung von Wilhelm Scharenberg kämpfte. So hatte er am 30.1.1935 an den Deutschen Gemeindetag geschrieben und auf die Auswirkungen der Anstellungssperre an den höheren Schulen aufmerksam gemacht: „Mir liegt ein Fall vor, wo die starke Gefahr besteht, dass ein beamteter Studienassessor, der bislang an einer unserer städtischen höheren Lehranstalten tätig war, uns von den Nationalpolitischen Erziehungsanstalten weggezogen wird. Von Seiten der Erziehungsanstalten wird dem Assessor zugesagt, dass er bereits Ostern Studienrat an einer der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten werden kann für den Fall seines Übertritts. Der Assessor ist von der Stadt ebenfalls zur Beförderung zum Studienrat vorgesehen, kann aber aufgrund der Sperre von uns z. Zt. nicht befördert werden. Aufgrund des Vorsprungs, den die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten in der Beförderung haben, steht sonach zu befürchten, dass sich der begabte Assessor bewegen lässt, an eine dieser Anstalten zu gehen und dadurch aus der Stadt ausscheidet.“[14]
Bemerkenswert ist also, dass es auch in der NS-Zeit immer noch Anstellungssperren gab, ein Konkurrenzkampf um befähigte Pädagogen herrschte und Wilhelm Scharenberg bereit gewesen war, auch an eine NaPola (Nationalpolitische Anstalt) zu gehen, um endlich eine feste Anstellung als Studienrat zu bekommen.
Scharenberg blieb in Harburg, wurde als Studienrat bestätigt und erhielt noch ganz andere Perspektiven. In der Biografie Adolf Vogel in diesem Band wird beschrieben, welchen langen Weg dieser gehen musste, obwohl er schon am 1.5.1933 in die NSDAP eingetreten war, um auf eine Oberstudienratsstelle zu gelangen.
Als es dann endlich soweit war, 1938, berief man Adolf Vogel zum Leiter der Oberschule für Mädchen in Harburg und somit schien der Weg für Wilhelm Scharenberg frei, wie Oberstudiendirektor Meinecke an die Hamburger Schulverwaltung schrieb:
„Die Oberstudienratsstelle an der ehemaligen Oberrealschule, ist seit August 1934 nicht besetzt. Vorgesehen war dafür Herr Studienrat Vogel, der jetzt als Leiter der O. f. M. in Harburg berufen ist. Praktisch sind die Aufgaben dieser Stelle seit dem Tode des letzten Inhabers von Herrn Studienrat Dr. Scharenberg, soweit es die ehemalige Oberrealschule betraf, übernommen und mit größtem Fleiß auch erfüllt worden. Ich bitte, die Stelle so bald wie möglich zu besetzen. Ich schlage dafür Herrn Dr. Scharenberg vor, der sich von allen meinen Kollegen fachlich und erzieherisch am besten dafür eignet, und der auch schon durch seine bisherige Arbeit bewiesen hat, dass er für die besonderen Aufgaben des stellvertretenden Schulleiters die besten Voraussetzungen mitbringt.“[15]
Wilhelm Scharenberg war, wie erwähnt, 1937 in die NSDAP eingetreten, sodass auch politisch einer Beförderung nichts im Wege stand. Er hatte 1938 auch noch eine nebenamtliche Tätigkeit an der Heeresfachschule angenommen.[16]
In diesen Vorkriegszeiten ging dann alles relativ schnell. Der Oberstudiendirektor der Harburger Oberrealschule, Fritz Meinecke, war als Oberschulrat nach Hannover gewechselt, somit schien der Weg für den allseits geschätzten Wilhelm Scharenberg frei. Am 9.11.1939 unterschrieb Reichsstatthalter Karl Kaufmann die Ernennungsurkunde für Scharenberg zum Oberstudiendirektor. Sie konnte ihm nicht ausgehändigt werden, weil er seit September 1939 zum Kriegsdienst eingezogen worden war, sodass seine Ehefrau Gertrud Scharenberg sie entgegennehmen musste.[17]
Welch eine Groteske nach diesem langen Anlauf. Am 25.4.1940 schrieb OSR Wilhelm Oberdörffer an den „Gefreiten Scharenberg unter Feldpost-Nummer 30.878“:
„Auf Ihre freundlichen Zeilen vom 11. des Monats möchte ich Ihnen heute antworten. Ihren Vorschlag, einen FM-Antrag zu stellen, kann die Schulverwaltung leider nicht weiterverfolgen, weil solche Anträge nur gestellt werden dürfen für ganz besondere wehrwirtschaftliche Betriebe. Die Schulverwaltung kann nur UK-Anträge im Rahmen der Richtlinien stellen, die Anfang März den Schulen bekannt gegeben sind und die auch Ihren Fall ausdrücklich vorsehen. Ich hoffe daher, dass Ihre Entlassung aus dem Heeresdienst recht bald erfolgen wird, wie es auch schon im Fall Ihres Kollegen Köster in Blankenese gelungen ist. Köster tut bereits wieder Dienst als Oberstudiendirektor. Ebenso sind gerade in den letzten Tagen mehrere ältere Kollegen aus dem Heeresdienst entlassen und dem Schuldienst wieder zur Verfügung gestellt worden. Die Schwierigkeit in Ihrem Fall wird darin liegen, eine passende Ersatzkraft zu bekommen. Immerhin sollte das bei gutem Willen aller Stellen möglich sein. Ich bitte Sie jedenfalls, auf Befragen zu antworten, dass durch die immer zahlreicher werdenden Einberufungen in Hamburg Ihre Entlassung im Interesse der Aufrechterhaltung des Betriebes an der von Ihnen zu leitenden Schule als vordringlich genannt werden muss. Hoffentlich sehen wir uns bald zu gemeinsamer Arbeit wieder.“[18]
Laut Personalakte wurde Wilhelm Scharenberg am 3.5.1940 uk-gestellt.[19]
Erneut tauchte Wilhelm Scharenberg in den Akten der Schulverwaltung 1944 auf, als er nach dem Flieger-Angriff am 11.11.1944 den Brand im Gebäude der Oberschule für Jungen, Postweg, gelöscht und dadurch das Gebäude gerettet hatte. „Oberstudiendirektor Dr. Scharenberg begab sich nach dem Angriff zu seiner Schule, die verlassen war, und entdeckte dort, dass ein Klassenraum infolge von Brandbombenwurf in Flammen stand. Er hat zusammen mit seiner Ehefrau, erst allein, später unter Hinzuziehung von Passanten den Brand gelöscht. Ich habe ihm und seiner Ehefrau den Dank der Schulverwaltung ausgesprochen“, schrieb Justitiar Hasso von Wedel am 14.11.1944.[20]
Am 25.3.1945 wurde Scharenberg noch als Unteroffizier zum Landesschützensbataillon in Wandsbek eingezogen. Am 3.5.1945 kam er zurück nach Harburg, wo er wieder die Leitung der Schule übernahm. Scharenberg notierte: „Von dem Kollegium der Oberschule für Jungen sind zur Zeit 6 Mitglieder in Harburg. Zwei arbeiten in der Feststellungsbehörde und einer ist als Dolmetscher bei der Polizei tätig. Die übrigen 3 räumen im Schulhause auf und bereiten alles vor, damit der Unterricht unverzüglich zu dem befohlenen Zeitpunkt beginnen kann.“[21]
Wilhelm Scharenberg hatte am 12.7.1945 seinen Entnazifizierungsfragebogen abgegeben.[22] Erstaunlicherweise wurde er von Schulsenator Landahl am 7.9.1945 zum Schulleiter der Oberschule für Jungen in St. Georg berufen.[23]
Das Entnazifizierungsverfahren von Wilhelm Scharenberg verlief ungewöhnlich. Er gab keine Erklärungen ab, holte keine Leumundszeugnisse ein und zeigte somit, dass er sich selbst als völlig unbelastet ansah. Am 21.9.1946 antwortete Schulsenator Landahl auf ein Beschwerdeschreiben von einem Dr. Einecke, dem Landahl versicherte: „Ich bin fest entschlossen, Leiter oder Lehrkräfte, gegen die berechtigte Vorwürfe erhoben werden, aus ihren Stellungen zu entfernen.“[24]
Die offenbar gegen Scharenberg erhobenen Vorwürfe sind leider in der Personalakte nicht enthalten, allerdings ein Vermerk, in dem festgehalten wurde:
„Da gegen Scharenberg schon verschiedentlich anonyme Anzeigen eingegangen sind und auch von anderer Seite aus Hamburg Bedenken geäußert worden sind, dürfte es sich empfehlen, den Fall dem Beratenden Ausschuss zur Untersuchung zu übergeben. Mir scheint fraglich, ob Sch. unter diesen Umständen als Oberstudiendirektor bestätigt werden kann.“[25]
Wilhelm Scharenberg geriet nun offenbar in Schwierigkeiten. Das Wohnungsamt hatte Zimmer seiner Wohnung belegt, sodass sich Oberschulrätin Emmy Beckmann für ihn verwenden musste und den Präsidenten des Wohnungsamtes darum bat, für Wilhelm Scharenberg, seine Ehefrau und seinen „schwer kriegsbeschädigten und lungenkranken Sohn zweieinhalb Zimmer zuzugestehen“.[26]
Der Fachausschuss 6 hatte am 25.3.1947 vorgeschlagen, Scharenberg vom Oberstudiendirektor zum Studienrat zurückzustufen, worauf ihn die Schulverwaltung im Namen der Britischen Militärregierung am 8.4.1947 von der Leitung der Oberschule St. Georg entband.[27] Scharenberg wurde daraufhin der Oberschule für Jungen in Wilhelmsburg als Studienrat zugewiesen.[28]
Wilhelm Scharenberg wählte den Weg, über den Rechtsanwalt und Notar Friedrich Stahlbock aus Harburg, der mit dem Obersenatsrat in der Schulbehörde, Otto von Zerssen, befreundet war, zu versuchen, eine Änderung der Situation herbeizuführen. Stahlbock schrieb von Zerssen am 9.4.1951:
„Ich persönlich kenne Herrn Dr. Scharenberg sehr gut. Ich kenne ihn auch während der nationalsozialistischen Zeit. Herr Dr. Scharenberg gehört zu den wenigen, die in jeder Beziehung ihre Unabhängigkeit gegenüber diesem Regime bewahrt haben. Es wird nicht einen einzigen Harburger geben, der bestätigen könnte, dass Herr Dr. Scharenberg nicht immer Abstand von der Partei gewahrt hat. Daneben gilt er in Elternkreisen als ein außerordentlich tüchtiger Pädagoge. Die Schüler sind von seinem Unterricht begeistert.“[29]
Stahlbock erklärte, dass Scharenberg „in erster Linie seine Ehre als Lehrer wiederhergestellt haben möchte“ und „sich dieser in seiner Entnazifizierungsangelegenheit völlig übergangen fühle“. Außerdem meinte Stahlbock, dass die Entscheidung der Britische Militärregierung doch „heute nirgends mehr als verbindlich anerkannt wird, da bekanntlich die Militärregierung lediglich nach einem Schema Beamte aus ihrem Amt entfernte und sie zurückstufte“.[30]
Obersenatsrat Otto von Zerssen machte deutlich, dass die Untätigkeit von Wilhelm Scharenberg in seinem Verfahren, mit der er seine subjektive Unschuld demonstrierte, von Nachteil war. Er schrieb:
„Dr. Scharenberg hat nämlich gegen die Entnazifizierungsbescheide keine Rechtsmittel eingelegt, so dass es jetzt zu spät ist, sich noch mit Erfolg dagegen zu wenden. Du irrst nämlich, wenn Du meinst, dass bei Herrn Dr. Scharenberg kein Entnazifizierungsbeschluss vorliege. Sowohl die Anordnung der Militärregierung war eine rechtswirksame Entnazifizierungsentscheidung, an welche die Behörde auch jetzt noch gebunden ist, als auch der Bescheid des Fachausschusses, der damals die deutsche erste Entnazifizierungsinstanz darstellte. Zweifellos war es ein Nachteil und bedeutete oft eine Härte, dass in diesem Verfahren die zu Beurteilenden fast nie gehört wurden. Herr Dr. Scharenberg hat es aber versäumt, Berufung einzulegen. Er könnte nur im Wege einer Neubeförderung wieder Oberstudiendirektor werden.“[31]
Der Leitende Ausschuss befasste sich mit Wilhelm Scharenberg in seiner Sitzung am 11.8.1952 und stufte ihn in Kategorie V ein.[32]
In dem widersprüchlichen Berufsleben von Wilhelm Scharenberg gab es im November 1957 noch einmal einen positiven Höhepunkt, wie der Vermerk von Oberschulrat Prof. Möckelmann zeigt:
„Herr Oberstudiendirektor zur Wiederverwendung Dr. Wilhelm Scharenberg – Gymnasium Wilhelmsburg –wurde dem Findungssausschuss für die Bestellung eines Schulleiters an dem Gymnasium für Jungen in Harburg von dem Unterzeichnenden als Schulleiter vorgeschlagen. Herr Dr. Scharenberg hat rechtliche Ansprüche auf höhere Gehaltsbezüge nach der 2. Novelle zum Artikel 131 des GG. Herr Dr. Scharenberg wurde von den beiden Herren des Kollegiums abgelehnt. Gründe für die Ablehnung sahen die Herren erstens in dem Alter des Herrn Dr. Scharenberg, zweitens hielten sie Herrn Dr. Scharenberg auch seiner Persönlichkeit nach nicht für geeignet, die Schule zu leiten.“[33]
Die Tatsache, dass OSR Prof. Möckelmann, der selbst eine deutliche nationalsozialistische Vergangenheit hatte, wie ich in seiner Biografie in diesem Band beschrieben habe, Scharenberg zum Schulleiter vorschlug, ist schon bemerkenswert.[34]
Immerhin wurde Wilhelm Scharenberg am 24.6.1958 wieder zum Oberstudienrat befördert mit der wesentlichen Begründung, er würde Referendare ausbilden.[35]
Im März 1960 erlitt Wilhelm Scharenberg einen Herzinfarkt. Am 8.3.1961 wurde er dann pensioniert.[36]
Zu seinem 70. Geburtstag schrieb ihm Landesschulrat Wolfgang Neckel:
„Wie ich höre, halten Sie nach wie vor engen Kontakt zu Ihrer letzten Schule, dem Gymnasium in Wilhelmsburg, und sind häufig bei Veranstaltungen der Schule oder des Kollegiums anzutreffen. Sie werden sich freuen, bei solchen Gelegenheiten oder heute an ihrem Ehrentag bemerken zu können, dass man Ihr Wirken als Lehrer und Erzieher an dieser Schule in bester Erinnerung hat.“[37]
Wilhelm Scharenberg starb am 9.11.1971.[38]
Text: Hans-Peter de Lorent

Anmerkungen
1 Personalakte Scharenberg, StA HH, 361-3_A 1600
2 Ebd.
3 Zeugnis der Polizeischule Kiel vom 27.3.1928, Personalakte a. a. O.
4 Bericht von Oberstudiendirektor Franz von der Hebbel-Schule in Kiel, Personalakte a. a. O.
5 Personalakte a. a. O.
6 Bericht vom 4.10.1929, Personalakte a. a. O.
7 Bericht vom 28.9.1929, Personalakte a. a. O.
8 Antrag vom 4.3.1930, Personalakte a. a. O.
9 Ebd.
10 Ebd.
11 Bericht von Oberstudiendirektor Meinecke, Personalakte a. a. O.
12 Entnazifizierungsakte Scharenberg, StA HH, 221-11_Ed 1036
13 Schreiben vom 9.4.1935, Personalakte a. a. O.
14 Schreiben vom 30.1.1935, Personalakte a. a. O.
15 Schreiben vom 27.4.1938, Personalakte a. a. O.
16 Schreiben der Heeresfachschule vom 8.3.1938, Personalakte a. a. O.
17 Ernennungsurkunde vom 9.11.1939, Personalakte a. a. O.
18 Schreiben von OSR Oberdörffer vom 25.4.1940, Personalakte a. a. O.
19 Personalakte a. a. O.
20 Vermerk vom 14.11.1944, Personalakte a. a. O.
21 Schreiben vom 10.5.1945, Personalakte a. a. O.
22 Entnazifizierungsakte a. a. O.
23 Personalakte a. a. O.
24 Schreiben vom 21.9.1946, Personalakte a. a. O.
25 Vermerk vom 11.10.1946, Personalakte a. a. O.
26 Schreiben vom 18.9.1947, Personalakte a. a. O.
27 Entnazifizierungsakte a. a. O.
28 Personalakte a. a. O.
29 Schreiben vom 9.4.1951, Personalakte a. a. O.
30 Ebd.
31 Schreiben vom 13.4.1951, Personalakte a. a. O.
32 Beschluss vom 11.8.1952, Personalakte a. a. O.
33 Vermerk vom 18.11.1957, Personalakte a. a. O.
34 Siehe die Biografie Möckelmann in diesem Band.
35 Personalakte a. a. O.
36 Schreiben vom 7.2.1969, Personalakte a. a. O.
37 Personalakte a. a. O.
38 Personalakte a. a. O.
 

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Stand Januar 2024: 914 Kurzprofile und 332 sonstige Einträge.

Diese Datenbank ist ein Projekt in Fortsetzung (work in progress). Eine Vollständigkeit ist niemals zu erreichen. Sie startete online im Februar 2016 mit rund 520 Profilen und mehr als 200 weiteren Einträgen und wird laufend ergänzt und erweitert werden. Wissenschaftliche Institute, Gedenkstätten, Universitäten und zum Thema forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können gern ihre erarbeiteten Profile in diese Datenbank stellen lassen.

Quellenangaben, die sich auf Webseiten beziehen, sind die zum Zeitpunkt der Recherche gefundenen. Sollten Sie veraltete Links oder Aktualisierungen bzw. Verschiebungen der Inhalte feststellen, freuen wir uns über Hinweise.

Vor etlichen Jahren hat die Landesszentrale für politische Bildung Hamburg die Stolperstein-Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de ermöglicht und gibt seit rund zehn Jahren gemeinsam mit dem Institut für die Geschichte der Deutschen Juden unter der Projektleitung von Dr. Beate Meyer und Dr. Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung die Publikationsreihe „Stolpersteine in Hamburg, biografische Spurensuche“ heraus. Mit dieser Datenbank „Die Dabeigewesenen“ möchte die Landeszentrale für politische Bildung nun den Blick auf diejenigen lenken, die das NS-System stützten und mitmachten. Denn:

Eine Gesellschaft, die sich eine offene und freie Zukunft wünscht,
muss [...] über eine Kultur verfügen, die nicht auf dem Verdrängen
und Vergessen der Vergangenheit beruht.“ (Mario Erdheim Psychoanalytiker) 1)

Diese aktuell immer noch so wichtige Aussage bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt dieser Datenbank. Sie enthält eine Sammlung mit Kurzprofilen über Menschen, die auf unterschiedlichste Weise an den NS-Gewaltverbrechen in Hamburg Anteil hatten, z.B. als Karrierist/innen, Profiteur/innen, Befehlsempfänger/innen, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Täter/innen. Aber auch sogenannte Verstrickte, die z. B. nach durchlittener Gestapo-Folter zum Spitzel wurden. Unter all diesen Dabeigewesenen gab es auch Menschen, die in keiner NS-Organisation Mitglied waren, die aber staatliche Aufträge - zum Beispiel als Künstler oder Architekt - annahmen und so von dem NS-System profitierten, im Gegensatz zu denen, die sich diesem System nicht andienten, deshalb in die Emigration gingen oder in Kauf nahmen, keine Karriere mehr zu machen bzw. kaum noch finanzielle Einnahmen zu haben.

Ebenso wurden solche Personen aufgenommen, die zum Beispiel vor und während der NS-Zeit den Idealen des Heimatschutzes und der Technik-Kritik anhingen und das NS-Regime dadurch unterstützten, indem sie staatliche Aufträge annahmen, die diesen Idealen entsprachen, da das NS-System solche Strömungen für seine Ideologie vereinnahmte.

Für die Datenbank „Die Dabeigewesenen“ wurden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie Medizin, Justiz, Bildung und Forschung, Verwaltung, Kirche, Fürsorge und Wohlfahrt, Literatur, Theater und Kunst, Wirtschaft, Sport, Polizei und parteipolitische Organisationen berücksichtigt.

„denn wir können (…) das ganze Phänomen des Mitmachens und des Ermöglichens, das ja in der NS-Zeit eine genauso große Rolle gespielt hat, wie die Bereitschaft, selbst aktiver Täter vor Ort zu sein - das alles können wir nur verstehen, wenn wir die verschiedenen Facetten der Täterschaft noch viel genauer betrachten, als das bisher geschehen ist." 2)

In vielen Profilen wird der weitverbreitete Enthusiasmus vieler Deutscher für den Nationalsozialismus, gegenüber „seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik, seine Architektur, seine Weltanschauung" 3) etc. deutlich. Und es zeigt sich, dass Menschen das NS-System stützten, indem sie z. B., ohne darüber nachzudenken und ohne zu hinterfragen, bereitwillig moralische und soziale Normen des NS-Staats übernahmen.

Mit Schaffung der „Ausgrenzungsgesellschaft“ war es für die „Mehrheitsgesellschaft“ möglich, u. a. NS-Rassentheorien praktisch umzusetzen.

Diese Erkenntnis ist angesichts heutiger aktueller gesellschafts-politischer Entwicklungen von Bedeutung. In einem Interview zum Thema Fremdenfeindlichkeit bemerkte der Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz auf die Frage, ob aus der Geschichte zu lernen sei. „Wir könnten schon. Wir könnten zum Beispiel lernen, dass der Fremde nicht schuld ist an dem Hass, der ihm widerfährt. Es scheint tatsächlich schwierig zu vermitteln zu sein, dass das Opfer nicht dafür verantwortlich ist, dass es totgeschlagen oder misshandelt wird. Juden werden nicht verfolgt, weil an ihnen etwas ist, was sie zu Opfern macht, sondern weil die Mehrheitsgesellschaft Opfer braucht, und zwar zur eigenen Identitätsstiftung. Zuwanderer, Fremde, Andersgläubige werden ausgegrenzt. Das stärkt das Selbstgefühl der Mehrheit.“ 4)

Mit der Datenbank soll eine Hamburg Topographie der „Dabeigewesenen“ entstehen, um somit konkrete Orte des NS-Geschehens sichtbar zu machen. Deshalb werden auch nur diejenigen Dabeigewesenen aufgenommen, die zwischen 1933 und 1945 in Hamburg mit seinen Grenzen nach 1937 gelebt/gearbeitet haben. Neben Personenprofilen sind auch Adressen von NSDAP-Organisationen und -Einrichtungen zu finden. Darüber hinaus gibt es für einzelne Stadtteile Einträge, die die NS-Aktivitäten im Stadtteil beschreiben. In der Datenbank kann nach Namen, Straßen, Bezirken und Stadtteilen gesucht werden, damit also auch nach den Wohnadressen und/oder Adressen der Arbeitsstätten (soweit recherchierbar). Durch Hinzuziehen der Stolpersteindatenbank (hier sind die Adressen der NS-Opfer aufgenommen, für die bisher Stolpersteine verlegt wurden) und der virtuellen Hamburg-Stadt-Karte (sie verzeichnet die Zwangsarbeiterlager und Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben) wird eindringlich deutlich, wie dicht benachbart Opfer und Dabeigewesene in Hamburg gelebt und gewirkt haben. Mit diesen Informationen ist es immer schwerer, die altbekannte Entschuldigung aufrecht zu erhalten; wir haben doch nichts davon gewusst.

In den vorgestellten Profilen liegt der Fokus auf Handlungen und Einstellungen zum NS-Regime. Privates wird nur erwähnt, wenn es für die Haltung zum NS-Regime von Relevanz ist. Recherchegrundlage für diese Datenbank waren bereits vorhandene wissenschaftliche Veröffentlichungen (z. B. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und dem Institut für Zeitgeschichte), Biographien, Sammelbände und Dissertationen zu Hamburg im Nationalsozialismus, aber auch in diversen Fällen Entnazifizierungsakten und andere Akten und Dokumente, die im Staatsarchiv Hamburg zur Verfügung stehen. Für die Adressenrecherchen wurden die digitalisierten Hamburger Adressbücher von 1933 bis 1943 der Staats- und Universitätsbibliothek genutzt. Trotz größter Sorgfalt beim Zusammentragen der Daten, ist es dennoch möglich, dass Schreibweisen von Namen variieren und Lebensdaten fehlerhaft sind. In den Profilen und den Beschreibungen der Funktionen sowie des „Wirkens“ des Dabeigewesenen konnte nicht komplett auf das NS-Vokabular – der Sprache der Täter – verzichtet werden, dennoch wurde versucht, diesen Anteil gering zu halten und neutralere Umschreibungen zu finden.
Die meisten der aufgeführten Personen wurden schnell nach Kriegsende durch die Entnazifizierungsstellen als entlastet eingestuft, sie mussten sich selten vor Gericht verantworten oder sie wurden aufgrund von Verjährung ihrer Taten nicht juristisch verurteilt. So stellt Can Bozyakali in seiner Dissertation z. B. zum Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht fest, dass auch in Hamburg bis Anfang der 1950er Jahre 63% aller Justizjuristen, die am Sondergericht tätig gewesen waren, wieder in den Justiz-Dienst eingestellt wurden. „[…] anhand dieser Werte [kann] von einer ‚Renazifizierung‘ gesprochen werden.“ 5)

Dr. Rita Bake, Dr. Brigitta Huhnke, Katharina Tenti (Stand: Anfang 2016)

1) Mario Erdheim: „I hab manchmal furchtbare Träume … Man vergißts Gott sei Dank immer glei...“ (Herr Karl), in: Meinrad Ziegler, Waltraut Kannonier-Finster: Österreichisches Gedächtnis. Über Erinnern und Vergessen der NS-Vergangenheit. Wien 1993.
2) Wolfram Wette: Deutschlandfunk-Interview am 20.11.2014, anlässlich seines neuen Buches: „Ehre, wem Ehre gebührt. Täter, Widerständler und Retter - 1933-1945“, Bremen 2015.
3) Raphael Gross: Anständig geblieben. Frankfurt a. M.  2010, S. 17.
4) Wolfgang Benz: „Ich bin schon froh, wenn es nicht schlimmer wird". Der Historiker Wolfgang Benz über die lange Geschichte der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland – und was neu ist an den Pegida-Märschen. Interview: Markus Flohr und Gunter Hofmann, in ZEIT online vom 21. Dezember 2015. www.zeit.de/zeit-geschichte/2015/04/wolfgang-benz-pegida-antisemitismus-fremdenfeindlichkeit
5) Can Bozyakali: Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht: Eine Untersuchung der NS-Sondergerichte unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge, Frankfurt/ Main 2005, S. 235.

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