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Adolf Vogel

(22.6.1891 Hildesheim - 21.12.1971)
Studienrat Realgymnasium Harburg, Stellvertreter des Stresemann-Realgymnasiums, Leiter der Oberschule für Mädchen in Harburg
Homannstraße 9 (Wohnadresse 1954)

Hans-Peter de Lorent hat über Adolf Vogel ein Portrait verfasst, das in Hans-Peter de Lorents Buch: Täterprofile. Die Verantwortlichen im Hamburger Bildungswesen unterm Hakenkreuz. Band. 3. Hamburg 2019 erschienen und im Infoladen der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg erhältlich ist. Hier der Text:
„Er hat sich als ein ausgezeichneter Lehrer und Jugenderzieher bewährt, der wissenschaftlich und pädagogisch gleich tüchtig und ein vortrefflicher Charakter ist, von großem Arbeitswillen und von großer Energie.“ (1926)
„Die Betätigung in der Partei bestätigt seine politische Zuverlässigkeit.“ (1944)
Ein besonderer Fall ist der von Adolf Vogel, der als sehr qualifizierter Lehrer galt und dann den Weg über Aktivitäten in nationalsozialistischen Organisationen wählte, um in den höheren Schulen in Harburg-Wilhelmsburg Schulleiter-Karriere zu machen. Geradezu eine Posse war seine Bestellung zum Oberstudienrat, die der Oberbürgermeister von Harburg-Wilhelmsburg gegen den Oberpräsidenten der Provinz Hannover durchzusetzen versuchte. Machtspiele unter Nationalsozialisten mit Einschaltung des Reichsministeriums.
Adolf Vogel wurde am 22.6.1891 in Hildesheim geboren. Er besuchte das dortige humanistische Gymnasium und absolvierte nach der Reifeprüfung von 1910 bis 1911 das Einjährigen-Freiwilligen-Jahr, also seine Militär-Grundausbildung. Anschließend studierte er in Göttingen Deutsch, Philologie und alte Sprachen. Sein erstes Lehrerexamen konnte er im März 1913 ablegen, von 1914 bis 1918 war er im Kriegsdienst. Am 8.9.1919 bestand er die zweite Lehrerprüfung, um danach im höheren Schuldienst in Hildesheim und Hannover zu arbeiten. Im August 1923 kam er als Studienrat nach Harburg.[1]
Die Wertschätzung für die pädagogische Arbeit der Studienrats Adolf Vogel war groß. Am 30.6.1926 schrieb der Studiendirektors des Realgymnasiums Harburg, Dr. Schadow:
„Für die am Realgymnasium zu besetzende Studienratsstelle empfehle ich dem Magistrat, den Studienassessor Vogel zu wählen. Herr Vogel ist bereits jahrelang am Realgymnasium tätig und hat sich in dieser Zeit als ein ausgezeichneter Lehrer und Jugenderzieher bewährt, der wissenschaftlich und pädagogisch gleich tüchtig und außerdem ein vortrefflicher Charakter ist, von großem Arbeitswillen und von großer Energie. Mit diesen ausgeprägten männlichen Eigenschaften verbindet er eine sehr große Liebe zur Jugend und ein außergewöhnliches, durch eindringende wissenschaftliche Studien vertieftes Verständnis für die Jugend.“[2]
Die Wertschätzung für den zum Studienrat bestellten Adolf Vogel wurde nicht nur bei seinem Schulleiter deutlich, sondern auch bei dem Harburg-Wilhelmsburger Oberbürgermeister Dudek. Als Vogel einen Zuschuss für eine Studienreise nach Italien beantragte, schrieb Schulleiter Schadow an den Magistrat ein Gesuch für eine Unterstützung von Vogels Anliegen:
„Der Antragsteller ragt wissenschaftlich und pädagogisch weit über den Durchschnitt der Lehrer an höheren Schulen hinaus. Er ist vielleicht die stärkste Persönlichkeit im Lehrerkollegium des Realgymnasiums. Herr Vogel arbeitet ernsthaft und gründlich; seine ganze große Arbeitskraft kommt dem Realgymnasium zugute. Zur Erreichung der Bildungsziele eines Realgymnasiums erscheint es unerlässlich, dass einige Lehrer selbsterworbene Anschauung von den Kunstdenkmälern und der Kultur Italiens haben. Darüber hinaus dürfte es für das Geistesleben einer vorwiegend durch die wirtschaftlichen Notwendigkeiten bestimmten Stadt von einer gewissen Bedeutung sein, wenn einige Persönlichkeiten in lebendiger Fühlung mit den Quellen unserer klassischen Bildung sind. Herr Vogel ist ein ausgezeichneter Redner und kommt deshalb auch als Lehrer für die Volkshochschule in Betracht, an der er im letzten Winter bereits vorgetragen hat.“[3]
Ein gutes Beispiel für den Versuch einer gelungenen Personalentwicklung durch einen fortschrittlichen Schulleiter 1928. Und auch Oberbürgermeister Dudek reagierte mit Verständnis und Professionalität. Er notierte handschriftlich: „Welche Summe beantragen Sie? Ist das Kollegium gehört? Und was sagt es hierzu?“[4]
Zwei Tage später antwortete Dr. Schadow dem Oberbürgermeister. Dem Schulleiter schien eine Summe von 300 Reichsmark „bei einer Reise, die bis nach Süditalien führen soll, als angemessen“. Er berichtete dem Oberbürgermeister, dass er das Lehrerkollegium aufgefordert hätte, Anträge auf Studienreisen einzureichen mit der Bemerkung, dass „die Patronatsbehörde ebenso wenig wie der Staat sich das Recht nehmen lassen dürfe und werde, von dem Direktor ein Gutachten zu verlangen über die Tüchtigkeit, Leistungen und Hingabe des betreffenden Herrn in seinem Beruf“.[5]
Offenbar hatte nur Adolf Vogel einen solchen begründeten Antrag eingereicht. Und Direktor Schadow war erneut voll der Wertschätzung:
„Wenn ein Herr in dem Maße, wie Vogel, das Niveau der Erziehungsarbeit am Realgymnasium gehoben hat und hebt, kann ich sein Gesuch nur befürworten. Seine Überlegenheit wird von dem ganzen Lehrerkollegium rückhaltlos anerkannt; niemand ist gegen die Verleihung einer Beihilfe für ihn.“[6]
Der Direktor des Realgymnasiums zeigte im Weiteren einmal mehr, welch fortschrittlicher Vorgesetzter er war:
„Zur Erreichung der Bildungsziele des neusprachlichen Gymnasiums, das die moderne europäische Kultur aus ihren Grundlagen zu verstehen lehren soll, sind Reisen nach Italien ebenso wichtig wie nach Frankreich oder England. Ich bitte, grundsätzlich auch die Germanisten und Historiker aus vorhandenen Mitteln Studienreisen machen zu lassen. Deutsch ist das Zentralfach eines Realgymnasiums und für die Grundlegung einer modernen Weltanschauung bei unseren Primanern noch bedeutsamer als Französisch und Englisch.“[7]
Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen, erfolgte auch in Harburg und Wilhelmsburg ein Revirement in den Leitungspositionen. Am 26.4.1933 wurde für die nächste Magistratssitzung ein Beschlussentwurf vorgelegt, in dem Adolf Vogel als Stellvertreter des Stresemann-Realgymnasiums bestellt wurde. Gleichzeitig vermerkte dieser Beschluss, dass Direktor Schadow „bis zum 30. April des Jahres beurlaubt ist und dass seine Beurlaubung über den 1. Mai hinaus auf Antrag des Magistrats erfolgen wird. Es soll versucht werden, ihn mit einer geeigneten Lehrkraft einer auswärtigen Anstalt auszutauschen“.[8]
Im Klartext hieß dies, den vormaligen Studiendirektor Dr. Schadow, der Adolf Vogel gefördert hatte, abzusetzen und Vogel zu befördern. Neben der von seinem ehemaligen Direktor gepriesenen pädagogischen Qualifikation Vogels, spielte sicherlich eine entscheidende Rolle, dass Adolf Vogel am 1.5.1933 in die NSDAP eintrat, gleichzeitig im Reichsbund deutscher Beamter aktiv war als Kreisschulungsleiter und ebenfalls Mitglied des NSLB wurde und dort als Pressereferent fungierte, wie in seiner Personalakte vermerkt wurde.[9]
Tatsächlich berief der Magistrat von Harburg-Wilhelmsburg Adolf Vogel in seiner Sitzung am 26.4.1933 „mit sofortiger Wirkung zum stellvertretenden Anstaltsleiter für das Stresemann-Realgymnasium“.[10]
Als es dann darum ging, Vogel auch zum Oberstudienrat zu befördern, folgte ein Kompetenz- und Machtgerangel zwischen dem Oberbürgermeister von Harburg-Wilhelmsburg und dem Oberpräsidenten der Provinz Hannover, Abteilung für das höhere Schulwesen. Es geriet nahezu zur Posse.
Der Oberbürgermeister hatte Adolf Vogel eine Berufungsurkunde mit Wirkung vom 1.4.1935 zum Oberstudienrat am 16.3.1935 ausgestellt.[11]
An 6.6.1935 teilte der Oberpräsident der Provinz Hannover, Abteilung für das höhere Schulwesen, dem Harburg-Wilhelmsburger Oberbürgermeister mit, dass der Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung in Berlin „nach Einsichtnahme in die Personalakten des Studienrats Vogel die Bestätigung seiner Wahl zum Oberstudienrat abgelehnt“ habe. „Ich halte mich nicht für berechtigt, Gründe für die Ablehnung im Einzelnen bekanntzugeben.“[12]
Weiter teilte man dem Oberpräsident in Hannover mit:
„Durch Erlass vom 16. Mai schlägt der Herr Minister für die Wiederbesetzung der Oberstudienratsstelle am Realgymnasium in Harburg/Wilhelmsburg den Studienrat Friedrich Kloppe von der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt Potsdam-Neuzelle vor. Kloppe ist am 11.2.1891 in Radegast (Anhalt) geboren. Er besitzt die Lehrbefähigung in Geschichte, Philosophie, Deutsch und Religion und gilt als tüchtiger Lehrer. Seine politische Vergangenheit ist einwandfrei; er war lange Zeit Bundesführer des ‚Wehrwolf‘. Ich nehme an, dass Sie gegen den Vorschlag des Herrn Ministers nichts einzuwenden haben und bitte, mir die Berufungsurkunde für Studienrat Kloppe als Oberstudienrat im Amtsbereich der Stadt Harburg-Wilhelmsburg alsbald vorzulegen.“[13]
Das tat der Oberbürgermeister aus Harburg-Wilhelmsburg nicht, sondern wandte sich am 25.6.1935 an den Reichsminister in Berlin mit der Frage, „aus welchen Gründen der Wahl des Studienrats Vogel die Bestätigung versagt wurde. Ich glaube, ein Recht auf die Bekanntgabe dieser Gründe zum einen schon deshalb zu haben, weil Studienrat Vogel an einer Schule meines Patronats tätig ist und, liegen ernsthafte Einwände gegen eine solche Lehrkraft vor, ich hierüber unterrichtetet sein muss. Zum anderen leite ich diesen Anspruch aus meinem Recht, die in Rede stehende Stellung zu besetzen, ab. Findet meine Wahl nicht die erforderliche ministerielle Zustimmung, so erscheint es mir als eine selbstverständliche Folge des gebotenen vertrauensvollen Zusammenarbeitens zwischen Schulpatronat und oberster Schulaufsichtsbehörde, dass mir mitgeteilt wird, warum meine Wahl die Bestätigung nicht erlangt.“[14]
Der Oberbürgermeister vermerkte am nächsten Tag:
„Am 7. Juni Rücksprache mit Gauleiter Staatsrat Telschow in Anwesenheit des stellvertretenden Gauleiters Pg. Gakenholz über die Ablehnung der Wahl des Studienrats Vogel zum Oberstudienrat durch den Reichserziehungsminister. Der Gauleiter wird über den Stellvertreter des Führers der Angelegenheit nachgehen. Am 14. Juni Rücksprache mit Studienrat Vogel, der offiziell von der Ablehnung seiner Wahl zum Oberstudienrat in Kenntnis gesetzt wird. Vogel hat bereits durch Oberschulrat Fischer erfahren, dass der Minister seiner Wahl die Zustimmung versagt hat und einen anderen vorgeschlagen habe. V. teilt mit, dass die erforderlichen Unterlagen vom Gau angefordert seien und dass von dort aus Vorstellungen wegen der Ablehnung der Bestätigung erhoben würden.“[15]
Auch der Oberpräsident der Provinz Hannover ließ nicht locker und forderte den Oberbürgermeister auf, „unter Bezugnahme auf meine Verfügung vom 6. des Monats ersuche ich um alsbaldiger Einsendung der Berufungsurkunde für den zum Oberstudienrat an der dortigen Oberrealschule zu berufenden Studienrat Kloppe“.[16]
Nun wurde es ein offenes Machtgerangel. Der Harburger Oberbürgermeister verwies auf sein Schreiben an den Reichsminister und erklärte, nur auf ihm vorgeschlagene Bewerber eingehen zu können, „wenn mir nähere Unterlagen über die Bewerber zugänglich gemacht werden. Ich lege insbesondere Wert auf die Einsichtnahme in die Personalakten der Bewerber, wie die fachliche Fähigkeit und die dienstliche Eignung, Auskunft geben. Auf meine Anfrage an den Deutschen Gemeindetag über mein Recht, in die Personalakten solcher Bewerber Einsicht zu nehmen, hat mir der Deutsche Gemeindetag bestätigt, dass auch er diese Einsichtnahme als ein selbstverständliches Recht des Schulträgers ansehe.“[17]
Die Nationalsozialisten hatten zwar das Führerprinzip eingeführt, die Bürokratie war damit nicht abgeschafft und es gab durchaus Machtkämpfe und Interessenkonflikte.
Nun mischte sich auch der Schulleiter des Realgymnasiums in Harburg-Wilhelmsburg, Meinecke, ein, der reklamierte, dass der neue Oberstudienrat „vor allen Dingen die Lehrbefähigung im Englischen haben sollte, sehr erwünscht wäre dazu Turnen, und zwar als Hauptbefähigung“.[18]
Es wurde zur fast unendlichen Geschichte. Am 26.1.1937 teilte der Oberbürgermeister der Stadt Hamburg-Wilhelmsburg dem Oberpräsidenten der Provinz Hannover mit, „auf Vorschlag des Amtes für Erziehung – NS Lehrerbund – habe ich den am hiesigen Realgymnasium beschäftigten Studienrat Adolf Vogel erneut mit Wirkung vom 1.4.1937 zum Oberstudienrat ernannt und ihm die freie Oberstudienratsstelle an der hiesigen Oberrealschule übertragen. Ich erwähne hierbei, dass auch meine bisherigen Bemühungen, eine andere geeignete Lehrkraft für diese Stelle zu finden, trotz Ausschreibung der Stelle ergebnislos blieben.“[19]
Es wurde eine erneute Berufungsurkunde für Adolf Vogel mit Wirkung vom 1.4.1937 ausgestellt.[20]
Am 5.5.1937 stimmte nun auch der Reichsminister zu und bat, über Vogels Bewährung zu gegebener Zeit zu berichten.[21]
Zwischenzeitlich war nun Hamburg nach dem Groß-Hamburg-Gesetz seit dem 1.4.1937 für Harburg/Wilhelmsburg zuständig, sodass nunmehr auch der Gauleiter und Reichsstatthalter Karl Kaufmann dieser Beförderung zustimmen musste, was am 24.9.1937 erfolgte.[22]
Die endgültige Ernennung von Adolf Vogel zum Oberstudienrat hatte sich so lange hingezogen, dass mittlerweile der Oberstudiendirektor des staatlichen Oberlyzeums in Harburg-Wilhelmsburg in den Ruhestand versetzt worden war und Adolf Vogel für dessen Nachfolge infrage kam. Oberschulrat Wilhelm Oberdörffer schrieb am 17.3.1938 einen kurzen Befähigungsbericht über Vogel, in dem er bestätigte, dass der sich als kommissarischer Oberstudienrat „recht gut in seine neue Aufgabe hineingefunden habe. Ich habe ihn vor wenigen Tagen bei der Abnahme der Reifeprüfung als Prüfenden für die Fächer Deutsch und Geschichte kennen gelernt und einen recht günstigen Eindruck von seiner gründlichen und erfolgreichen Arbeit bekommen. Herr Oberstudiendirektor Dr. Meinecke, der Herrn Vogel seit geraumer Zeit kennt, hält ihn nach sachlichen und persönlichen Gesichtspunkten für die Übernahme der Leitung einer Vollanstalt in Harburg-Wilhelmsburg für geeignet. Ich empfehle, Herrn Vogel zunächst kommissarisch mit der Leitung der Oberschule für Mädchen mit Wirkung vom 30.3.1938 an zu betrauen.“[23]
Dies geschah dann auch zum 1.4.1938, vorher wurde Adolf Vogel endgültig zum Oberstudienrat ernannt.[24]
Bei der Frage, welche Hinweise 1935 dazu geführt hätten, dass der Oberpräsident der Provinz Hannover die Beförderung Vogels zum Oberstudienrat abgelehnt hatte, ging es offenbar, wie Adolf Vogel in seinem späteren Entnazifizierungsverfahren behauptete, um einen in seiner Personalakte aufgefundenen Revisionsbericht durch den damaligen Dezernenten der Schule, Dr. Franzmeyer, der am 15. und 16.1.1931 am Realgymnasium in Harburg den Deutschunterricht von Adolf Vogel in der Oberprima besucht und vermerkt hatte:
„Die Klasse erarbeitet seit einiger Zeit das Messias-Problem in der Literatur. Im Anschluss an einen Schülervortrag bringt die Diskussion das Problem der Rassen zur Erörterung. Der Lehrer greift in überlegener Weise in diese Debatte ein, zeigt die Entwicklung der entsprechenden Literatur von Gobineau bis Günther-Jena und bringt den vielen sicherlich nationalistisch eingestellten Schülern, die ihre innere Beteiligung bei dieser Frage zeigen, mit schneidender Abkühlung bei, dass an der völlig unwissenschaftlichen Haltung Günther-Jenas kein Zweifel erlaubt sein kann. Ein Lehrer, der von sich viel verlangt, und dessen Stunde als Niveau-Stunde den Schülern und jedem Gast in guter Erinnerung bleibt. Die Lehrer mit Niveau werden immer seltener.“[25]
Aus diesem Bericht über eine Unterrichtsstunde im Januar 1931 wurde möglicherweise abgeleitet, dass Adolf Vogel in der „Rassenfrage“ eine nicht nationalsozialistische Haltung vertrat.
Vogel wurde am 20.4.1939 zum Oberstudiendirektor befördert.[26]
Am 12.9.1945 teilte ihm Schulsenator Landahl im Auftrag der Britischen Militärregierung die Entlassung mit, wie allen Schulleitern, die seit dem 1.5.1933 Mitglieder der NSDAP waren.[27]
Adolf Vogel legte gegen die Entlassung am 17.7.1946 Einspruch ein mit einer relativ spärlichen Begründung, in der er darauf hinwies, „zwar von 1933 bis 1937 im Lehrerbund und in der Beamtenschaft mitgearbeitet zu haben, habe mich seit 1938, als ich die Menschen und die Absichten kennengelernt hatte, von der Mitarbeit zurückgezogen, gegen weitere Heranziehung passiven Widerstand geleistet, und soweit es mir möglich war, die Gegenwirkung unterstützt habe“.[28] Er behauptete auch, seine Stellung als Lehrer und später als Direktor nie benutzt zu haben, „um auf die Schüler oder deren Eltern einen Einfluss im nationalsozialistischen Sinne auszuüben“. Dafür konnte er einige Zeugnisse beilegen, insbesondere von Schülerinnen und zwei Superintendenten.[29]
Mit seinem Entnazifizierungsfragebogen legte Adolf Vogel einige Ergänzungen vor. Darin führte er Beiträge auf, die er als Hauptschriftleiter der Zeitung des NSLB, der Gaubeilage Ost-Hannover der „Nationalsozialistischen Erziehung“, geschrieben hatte. Einige Titel seiner Beiträge ließen politisch und ideologisch eindeutige Stellungnahmen im Sinne der Nationalsozialisten vermuten. So etwa bei den Themen:
„Die Erziehung des politischen Menschen; Geist und Wille; Der Gedanke des Führertums in der deutschen Geschichte; Das Italien Mussolinis; Deutschlands koloniale Forderung.“[30]
Dann führte Adolf Vogel aus, warum er Schwierigkeiten bei der Bestellung als Oberstudienrat gehabt habe. Neben dem von ihm vorgelegten Revisionsbericht aus dem Jahre 1931 soll nach seinen Angaben auch ein Lehrerkonferenz-Protokoll aus dem Jahre 1929 gegen ihn verwandt worden sein, in dem er den Vorschlag, das damalige Realgymnasium in Hindenburg-Realgymnasium umzubenennen, abgelehnt habe.[31]
Die Reaktionen der Entnazifizierungssausschüsse waren nicht durchweg positiv. Der Beratende Ausschuss für die höheren Schulen gab am 9.10.1946 ein Gutachten über Adolf Vogel ab, in dem es hieß:
„Vogel hat sich 1933 und in den folgenden Jahren aktiv im nationalsozialistischen Sinne betätigt, in der Schule sowohl wie im Lehrer- und Beamtenbund. Vogel gibt selbst diese aktive Betätigung zu in seinen Ergänzungen zum Fragebogen. So hielt er politische Vorträge im Beamtenbund und gab bis 1935 die Gaubeilage der Zeitung des NSLB heraus. Die beigebrachten Gutachten von Lehrern und Eltern beziehen sich fast alle auf Vogels Haltung in den letzten Jahren. Diese bezeugen übereinstimmend, dass Vogel sich besonders während des Krieges der Partei gegenüber zurückhaltend, ja sogar ablehnend gezeigt hat. Sie bestätigen damit die eigenen Angaben Vogels, dass er in den Jahren 1937–38 zur Erkenntnis gekommen und seitdem die nat. Politik abgelehnt habe. Der Beratende Ausschuss hält aber die Belastung durch seine aktive Tätigkeit in den ersten Jahren des Naziregimes, die zweifellos auch die Ursache seiner Beförderung war, für zu groß, als dass er seinen Einspruch befürworten könnte.“[32]
Der Berufungsausschuss 17 unter Leitung des Rechtsanwalts Soll, der häufig milde urteilte, entschied am 9.9.1947, Vogel im Angestellten-Verhältnis als Studienrat wieder zu beschäftigen und in Kategorie IV einzugruppieren. Er war zu dem Ergebnis gekommen, „dass Vogel, der vor 1933 offenbar politisch links eingestellt war, in der ersten Zeit nach 1933 sich vorübergehend im Sinne der NSDAP eingesetzt hat. Dies geschah weniger aus politischer Überzeugung, als zu dem Zweck, seine eigene berufliche Förderung sicherzustellen. Offenbar hat der Berufskläger sich jedoch in den Jahren 37/38 wieder von der NS-Richtung gelöst. Der Berufungsausschuss hatte jedoch Bedenken, selbst bei Aberkennung der erreichten Stellungen als Oberstudienrat und Oberstudiendirektor, den Berufungskläger sofort als Studienrat im Beamtenverhältnis einzustellen.“[33]
Dagegen legte nun Oberschulrat Heinrich Schröder für die Schulbehörde beim Leitenden Ausschuss Widerspruch ein und bat um Wiederaufnahme des Verfahrens. Schröder stellte fest:
„Vogel ist bereits 1933 in die NSDAP eingetreten und ist in den ersten Jahren ein sehr aktiver Nationalsozialist gewesen. Er war Kreisschulungswalter im Reichsbund der Deutschen Beamten und war Herausgeber einer nationalsozialistischen Lehrerzeitung. 1933 beteiligte er sich aktiv an dem Kesseltreiben gegen die damaligen Harburger Oberstudiendirektoren Schwesow und Merck, das zu der Amtsenthebung dieser Schulleiter führte. Diese Tatsachen sind anscheinend vom Berufungsausschuss nicht genügend gewürdigt worden. Vogel ist dann selbst Oberstudienrat und danach Oberstudiendirektor geworden aufgrund seiner politischen Zuverlässigkeit. Die Schulbehörde hält ihn für den Schuldienst im demokratischen Staat für nicht tragbar.“[34]
Heinrich Schröder hatte im Laufe der Verfahren festgestellt, dass insbesondere die Berufungsausschüsse unter Leitung von Rechtsanwalt Soll sich nicht sehr intensiv mit den Unterlagen über die zu Beurteilenden auseinandergesetzt hatten, etwa durch intensives Studium der Personalakten. Dann wäre zum Beispiel aufgefallen, dass Oberschulrat Karl Züge noch 1944 über Adolf Vogel festgestellt hatte: „Die Betätigung in der Partei bestätigt seine politische Zuverlässigkeit.“[35]
So wurde Adolf Vogel am 21.7.1948 an der Oberschule Wilhelmsburg wieder beschäftigt, seit dem 11.10.1949 war er wieder Beamter.[36]
Die Gesetzeslage zum Abschluss der Entnazifizierung erbrachte, dass Vogel Oberstudiendirektor zur Wiederverwendung wurde.
Oberstudiendirektor Dr. Arnold an der wissenschaftlichen Oberschule für Jungen und Mädchen in Wilhelmsburg bestätigte am 4.7.1955, dass Vogel „wegen seiner pädagogischen, methodischen, wissenschaftlichen und menschlichen Qualitäten ein sehr geschätzter Lateinlehrer“ gewesen sei. Allerdings kränkelte Vogel seit 1953 und beantragte am 22.2.1955, in den Ruhestand zu treten, was er dann am 26.8.1955 auch tat. Sein Wunsch war, die Bezeichnung „Oberstudiendirektor a. D.“ zu führen, was die Schulbehörde ihm gewährte. Und seine Pensionierung orientierte sich ebenfalls an der Besoldung eines Oberstudiendirektors.[37]
Adolf Vogel starb am 21.12.1971.[38]
Text: Hans-Peter de Lorent

Anmerkungen
1 Alle Angaben laut seiner Personalakte, StA HH, 361-3_A 1661
2 Gutachten vom 30.6.1926, Personalakte a. a. O.
3 Schreiben vom 21.5.1928, Personalakte a. a. O.
4 Ebd.
5 Schreiben vom 26.5.1928, Personalakte a. a. O.
6 Ebd.
7 Ebd.
8 Vermerk vom 26.4.1933, Personalakte a. a. O.
9 Entnazifizierungsakte Vogel, StA HH, 221-11_Ed 1048
10 Vermerk vom 26.4.1933, Personalakte a. a. O.
11 Berufungsurkunde vom 16.3.1935, Personalakte a. a. O.
12 Schreiben vom 6.6.1935, Personalakte a. a. O.
13 Schreiben vom 6.6.1935, Personalakte a. a. O.
14 Schreiben vom 25.6.1935, Personalakte a. a. O.
15 Vermerk vom 26.6.1935, Personalakte a. a. O.
16 Schreiben vom 26.6.1935, Personalakte a. a. O.
17 Schreiben vom 2.7.1935, Personalakte a. a. O.
18 Schreiben vom 24.11.1936, Personalakte a. a. O.
19 Schreiben vom 26.1.1937, Personalakte a. a. O.
20 Personalakte a. a. O.
21 Personalakte a. a. O.
22 Personalakte a. a. O.
23 Vermerk 17.3.1938, Personalakte a. a. O.
24 Ebd.
25 Auszug aus dem Revisionsbericht vom 15. und 16.1.1931, Personalakte a. a. O.
26 Personalakte a. a. O.
27 Personalakte a. a. O.
28 Entnazifizierungsakte a. a. O.
29 Entnazifizierungsakte a. a. O.
30 Anlage zum Fragebogen I. Entnazifizierungsakte a. a. O.
31 Anlage zum Fragebogen II, Entnazifizierungsakte a. a. O.
32 Beratender Ausschuss vom 9.10.1946, Entnazifizierungsakte a. a. O.
33 Berufung saust 17 Formen 19.9.1947, Entnazifizierungsakte a. a. O.
34 Schreiben von Heinrich Schröder vom 9.4.1948, Entnazifizierungsakte a. a. O.
35 Personalakte a. a. O.
36 Personalakte a. a. O.
37 Personalakte a. a. O.
38 Personalakte a. a. O.
 

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Stand Januar 2024: 914 Kurzprofile und 332 sonstige Einträge.

Diese Datenbank ist ein Projekt in Fortsetzung (work in progress). Eine Vollständigkeit ist niemals zu erreichen. Sie startete online im Februar 2016 mit rund 520 Profilen und mehr als 200 weiteren Einträgen und wird laufend ergänzt und erweitert werden. Wissenschaftliche Institute, Gedenkstätten, Universitäten und zum Thema forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können gern ihre erarbeiteten Profile in diese Datenbank stellen lassen.

Quellenangaben, die sich auf Webseiten beziehen, sind die zum Zeitpunkt der Recherche gefundenen. Sollten Sie veraltete Links oder Aktualisierungen bzw. Verschiebungen der Inhalte feststellen, freuen wir uns über Hinweise.

Vor etlichen Jahren hat die Landesszentrale für politische Bildung Hamburg die Stolperstein-Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de ermöglicht und gibt seit rund zehn Jahren gemeinsam mit dem Institut für die Geschichte der Deutschen Juden unter der Projektleitung von Dr. Beate Meyer und Dr. Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung die Publikationsreihe „Stolpersteine in Hamburg, biografische Spurensuche“ heraus. Mit dieser Datenbank „Die Dabeigewesenen“ möchte die Landeszentrale für politische Bildung nun den Blick auf diejenigen lenken, die das NS-System stützten und mitmachten. Denn:

Eine Gesellschaft, die sich eine offene und freie Zukunft wünscht,
muss [...] über eine Kultur verfügen, die nicht auf dem Verdrängen
und Vergessen der Vergangenheit beruht.“ (Mario Erdheim Psychoanalytiker) 1)

Diese aktuell immer noch so wichtige Aussage bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt dieser Datenbank. Sie enthält eine Sammlung mit Kurzprofilen über Menschen, die auf unterschiedlichste Weise an den NS-Gewaltverbrechen in Hamburg Anteil hatten, z.B. als Karrierist/innen, Profiteur/innen, Befehlsempfänger/innen, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Täter/innen. Aber auch sogenannte Verstrickte, die z. B. nach durchlittener Gestapo-Folter zum Spitzel wurden. Unter all diesen Dabeigewesenen gab es auch Menschen, die in keiner NS-Organisation Mitglied waren, die aber staatliche Aufträge - zum Beispiel als Künstler oder Architekt - annahmen und so von dem NS-System profitierten, im Gegensatz zu denen, die sich diesem System nicht andienten, deshalb in die Emigration gingen oder in Kauf nahmen, keine Karriere mehr zu machen bzw. kaum noch finanzielle Einnahmen zu haben.

Ebenso wurden solche Personen aufgenommen, die zum Beispiel vor und während der NS-Zeit den Idealen des Heimatschutzes und der Technik-Kritik anhingen und das NS-Regime dadurch unterstützten, indem sie staatliche Aufträge annahmen, die diesen Idealen entsprachen, da das NS-System solche Strömungen für seine Ideologie vereinnahmte.

Für die Datenbank „Die Dabeigewesenen“ wurden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie Medizin, Justiz, Bildung und Forschung, Verwaltung, Kirche, Fürsorge und Wohlfahrt, Literatur, Theater und Kunst, Wirtschaft, Sport, Polizei und parteipolitische Organisationen berücksichtigt.

„denn wir können (…) das ganze Phänomen des Mitmachens und des Ermöglichens, das ja in der NS-Zeit eine genauso große Rolle gespielt hat, wie die Bereitschaft, selbst aktiver Täter vor Ort zu sein - das alles können wir nur verstehen, wenn wir die verschiedenen Facetten der Täterschaft noch viel genauer betrachten, als das bisher geschehen ist." 2)

In vielen Profilen wird der weitverbreitete Enthusiasmus vieler Deutscher für den Nationalsozialismus, gegenüber „seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik, seine Architektur, seine Weltanschauung" 3) etc. deutlich. Und es zeigt sich, dass Menschen das NS-System stützten, indem sie z. B., ohne darüber nachzudenken und ohne zu hinterfragen, bereitwillig moralische und soziale Normen des NS-Staats übernahmen.

Mit Schaffung der „Ausgrenzungsgesellschaft“ war es für die „Mehrheitsgesellschaft“ möglich, u. a. NS-Rassentheorien praktisch umzusetzen.

Diese Erkenntnis ist angesichts heutiger aktueller gesellschafts-politischer Entwicklungen von Bedeutung. In einem Interview zum Thema Fremdenfeindlichkeit bemerkte der Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz auf die Frage, ob aus der Geschichte zu lernen sei. „Wir könnten schon. Wir könnten zum Beispiel lernen, dass der Fremde nicht schuld ist an dem Hass, der ihm widerfährt. Es scheint tatsächlich schwierig zu vermitteln zu sein, dass das Opfer nicht dafür verantwortlich ist, dass es totgeschlagen oder misshandelt wird. Juden werden nicht verfolgt, weil an ihnen etwas ist, was sie zu Opfern macht, sondern weil die Mehrheitsgesellschaft Opfer braucht, und zwar zur eigenen Identitätsstiftung. Zuwanderer, Fremde, Andersgläubige werden ausgegrenzt. Das stärkt das Selbstgefühl der Mehrheit.“ 4)

Mit der Datenbank soll eine Hamburg Topographie der „Dabeigewesenen“ entstehen, um somit konkrete Orte des NS-Geschehens sichtbar zu machen. Deshalb werden auch nur diejenigen Dabeigewesenen aufgenommen, die zwischen 1933 und 1945 in Hamburg mit seinen Grenzen nach 1937 gelebt/gearbeitet haben. Neben Personenprofilen sind auch Adressen von NSDAP-Organisationen und -Einrichtungen zu finden. Darüber hinaus gibt es für einzelne Stadtteile Einträge, die die NS-Aktivitäten im Stadtteil beschreiben. In der Datenbank kann nach Namen, Straßen, Bezirken und Stadtteilen gesucht werden, damit also auch nach den Wohnadressen und/oder Adressen der Arbeitsstätten (soweit recherchierbar). Durch Hinzuziehen der Stolpersteindatenbank (hier sind die Adressen der NS-Opfer aufgenommen, für die bisher Stolpersteine verlegt wurden) und der virtuellen Hamburg-Stadt-Karte (sie verzeichnet die Zwangsarbeiterlager und Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben) wird eindringlich deutlich, wie dicht benachbart Opfer und Dabeigewesene in Hamburg gelebt und gewirkt haben. Mit diesen Informationen ist es immer schwerer, die altbekannte Entschuldigung aufrecht zu erhalten; wir haben doch nichts davon gewusst.

In den vorgestellten Profilen liegt der Fokus auf Handlungen und Einstellungen zum NS-Regime. Privates wird nur erwähnt, wenn es für die Haltung zum NS-Regime von Relevanz ist. Recherchegrundlage für diese Datenbank waren bereits vorhandene wissenschaftliche Veröffentlichungen (z. B. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und dem Institut für Zeitgeschichte), Biographien, Sammelbände und Dissertationen zu Hamburg im Nationalsozialismus, aber auch in diversen Fällen Entnazifizierungsakten und andere Akten und Dokumente, die im Staatsarchiv Hamburg zur Verfügung stehen. Für die Adressenrecherchen wurden die digitalisierten Hamburger Adressbücher von 1933 bis 1943 der Staats- und Universitätsbibliothek genutzt. Trotz größter Sorgfalt beim Zusammentragen der Daten, ist es dennoch möglich, dass Schreibweisen von Namen variieren und Lebensdaten fehlerhaft sind. In den Profilen und den Beschreibungen der Funktionen sowie des „Wirkens“ des Dabeigewesenen konnte nicht komplett auf das NS-Vokabular – der Sprache der Täter – verzichtet werden, dennoch wurde versucht, diesen Anteil gering zu halten und neutralere Umschreibungen zu finden.
Die meisten der aufgeführten Personen wurden schnell nach Kriegsende durch die Entnazifizierungsstellen als entlastet eingestuft, sie mussten sich selten vor Gericht verantworten oder sie wurden aufgrund von Verjährung ihrer Taten nicht juristisch verurteilt. So stellt Can Bozyakali in seiner Dissertation z. B. zum Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht fest, dass auch in Hamburg bis Anfang der 1950er Jahre 63% aller Justizjuristen, die am Sondergericht tätig gewesen waren, wieder in den Justiz-Dienst eingestellt wurden. „[…] anhand dieser Werte [kann] von einer ‚Renazifizierung‘ gesprochen werden.“ 5)

Dr. Rita Bake, Dr. Brigitta Huhnke, Katharina Tenti (Stand: Anfang 2016)

1) Mario Erdheim: „I hab manchmal furchtbare Träume … Man vergißts Gott sei Dank immer glei...“ (Herr Karl), in: Meinrad Ziegler, Waltraut Kannonier-Finster: Österreichisches Gedächtnis. Über Erinnern und Vergessen der NS-Vergangenheit. Wien 1993.
2) Wolfram Wette: Deutschlandfunk-Interview am 20.11.2014, anlässlich seines neuen Buches: „Ehre, wem Ehre gebührt. Täter, Widerständler und Retter - 1933-1945“, Bremen 2015.
3) Raphael Gross: Anständig geblieben. Frankfurt a. M.  2010, S. 17.
4) Wolfgang Benz: „Ich bin schon froh, wenn es nicht schlimmer wird". Der Historiker Wolfgang Benz über die lange Geschichte der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland – und was neu ist an den Pegida-Märschen. Interview: Markus Flohr und Gunter Hofmann, in ZEIT online vom 21. Dezember 2015. www.zeit.de/zeit-geschichte/2015/04/wolfgang-benz-pegida-antisemitismus-fremdenfeindlichkeit
5) Can Bozyakali: Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht: Eine Untersuchung der NS-Sondergerichte unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge, Frankfurt/ Main 2005, S. 235.

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