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Hermann Frank

(1871–1941)
Unternehmer in Hamburg
Frankring , benannt seit 1957 in Hamburg Volksdorf nach den Brüdern Frank

Bruder: Paul August Frank
(3. Oktober 1878 Hamburg - 19. Mai 1951 Hamburg)
Architekt
wohnte 1946 Graumannsweg 24

Bauen vor 1933
Unter Leitung des bis 1933 als Oberbaudirektor in Hamburg tätigen Fritz Schumacher (1869-1947) war Paul Frank, dem „Neuen Bauen“ (dem so genannten Reformwohnungsbau, der stark von Schumacher geprägt war) verpflichtet, an Wohnsiedlungsbauten beteiligt, vor allem in der Jarresstadt (Laubenganghäuser) und in Dulsberg.
1925 gründeten die Brüder Frank eine gemeinnützige „Kleinwohnungsbaugesellschaft“. Anfang der dreißiger Jahre haben sie ein Büro im Bieberhaus.

Bauen ab 1933
Die Brüder Frank planen und bauen weiter Wohnhäuser.
Vor den Wahlen hatte Hitler jedem Arbeiter seine „Burg“ versprochen, aber trotz der Propaganda entstanden ab 1933 nicht mehr Wohnungen als zuvor, vielmehr wurde der Wohnungsbau zugunsten der Rüstung 1938 weitgehend eingestellt (vgl. Kähler 1988, S. 88).
Dem Ziel der „Burg“ versuchen die Brüder Frank mit ihren kleinen Wohnhäusern zu entsprechen. Beide sind von 1934 bis 1939 mit dem Bau der so genannten  Frank'schen Siedlung in Wellingsbüttel beschäftigt. Dafür gründen sie die „Hermann-und-Paul-Frank-Siedlungsbaugesellschaft“, die sich um die Verwaltung und Vermietung der Objekte kümmert und noch heute existiert.
In Kiel bauen die Brüder die Gartenstadt Elmschenhagen-Süd.

Das neue Walhall – Sonnenhall
Bereits am 5. Oktober 1933 wendet sich Hermann Frank an den Reichsstatthalter Karl Kaufmann. Er will ihn vorbereiten, auf „Gedankengänge, die auf dem praktischen Siedlungsgebiet liegen und die durchaus neu sind “. Er wolle diese aber schriftlich niederlegen und „bevor ich mit diesem Plan an die Öffentlichkeit gehe, die Angelegenheit mit Ihnen durchsprechen, wozu ich aber eine Stunde benötige.“ Unterschrieben mit „Heil Hitler  !“[1]

Im Dezember 1933 verbreitet Hermann Frank seine zwölf Seiten lange „Denkschrift“ mit dem Titel:
            „' SO N N E N H A L L'  

das Zukunftsdorf
                  der
Gartenbauern
auf gemeinwirtschaftlicher Grundlage“
[2]

Zunächst lobt Hermann Frank den „Führer“ für das, was dieser bereits geschafft habe: „ ‚Arbeit schaffen', lautet die Parole unseres grossen Führers.‚Gebt uns Arbeit und damit unserem Leben wieder einen Inhalt', ruft die Masse der aus ihrer Bahn Geworfenen. Gewaltiges und bis dahin Unerhörtes ist bereits geleistet worden. Millionen deutscher Volksgenossen haben wieder Arbeit gefunden. Und weitere Millionen harren in gläubiger Zuversicht auf den Führer, dass auch sie wieder Gelegenheit finden, für sich und ihre Familien Brot zu schaffen und das auch sie von dem auf ihnen lastenden Gefühl befreit werden, ohne Gegenleistung Kostgänger des Staates zu sein“ (Denkschrift, Seite 1).

Frank führt in der Folge sein politisches Bekenntnis noch aus, weiteres Lob auf den „Führer“ eingeschlossen: „Mit Recht sieht der Führer als sein höchstes Ziel die Wiedervereinigung grosser Volksmassen mit Mutter Erde (Denkschrift,  Seite 1). (…) Unser Führer treibt in weiser Voraussicht Bevölkerungspolitik“ (Denkschrift, Seite 2).
Frank denkt an vieles. Ausführlich verbreitet er sich über die Ernährung der Volksgenossen, gibt sich als Vertreter absoluter Autarkie zu erkennen, mit entsprechender politischer Wertung: „Der deutsche Markt wird mit ausländischem Gemüse geradezu überschwemmt, es wird gedankenlos gekauft, und - wenn dann das gleiche Gemüse deutschen Ursprungs auf dem Markt erscheint, ist es nur schwer und unter Erzeugungswert verkäuflich, weil man es sich bereits ‚übergegessen' hat“ (Denkschrift, Seite 2).
Sein eigentliches Konzept entwirft Frank ab Seite 3, schwer lesbar: über „Mutter Erde“, über Volksgenossen, die gutes Wohnen brauchen etc.: „ ‚Sonnenhall' ist eine neue Wortprägung und soll anklingen an Walhall, Gildenhall, in Verbindung mit der lebensspendenden Sonne. Das Wort soll Schutzmarke für den neuen Gedanken sein; Schutzmarke auch für die ‚Sonnenhall' – Erzeugnisse.“ (Denkschrift, Seite 3).
Seine „selbstständige Dorfgemeinde“ soll weitgehend auf einer „autokratischen Grundlage“ funktionieren, jedoch mit fester Anbindung an den Führer-Staat: „Die Leitung kann nur nach dem Führerprinzip erfolgen, also auf einer wohlwollend - autokratischen Grundlage. Der Oberleiter ist vom Führer der deutschen Arbeitsfront, jederzeit widerruflich, zu ernennen (…). Sonnenhall gleicht einem kleinen Staat im Staate, der versucht weitmöglichst alles in sich selber auszugleichen. Es ist vielleicht vergleichbar mit einem wohlwollenden Gutsherrn oder auch Anstalten in der Art von Bethel bei Bielefeld“ (Denkschrift, Seite 4).
Es folgen Phantasien über Wirtschaftsleistungen, Treibhauskulturen und solche über „Die Sonnenhall-Kultur-Leistung“ (Denkschrift Seite 7f) und „Sonnenhall-Rechtsleitung“, über „Schiedsgerichte“, (Denkschrift, Seite 8f).
„Die Rechtsleitung übt auf Sonnenhall die Polizeigewalt aus“ (Denkschrift, Seite 9).

Klar ist Frank in seinem patriarchalen Frauenbild: Die Rede ist von Siedlern und deren Frauen, für die Frank folgende Aufgabenteilung vorsieht: „In grossen Umrissen ist das Aufgabengebiet der Siedler bereits geschildert. Haus, Hof, Garten und Vieh dürfte das Aufgabengebiet der Frauen und etwaiger jugendlicher Kräfte sein, gelegentlich vom Manne unterstützt. Dem Manne liegt der Feldgemüsebau und die Glaskulturen ob. Die Familie darf nicht das Gefühl haben, lediglich in einem Arbeitsverhältnis zu Sonnenhall  zu stehen.“

Dann wird erneut und nur noch über den „Kleinbesitzer“ phantasiert, „der sich seine Arbeit und seine Arbeitszeit so einteilt, wie es für sein Fortkommen und seine Ernteergebnisse von Nöten ist. Er übernimmt mit dem Eintritt in Sonnenhall die Pflicht, sein ganzes Können zum Gedeih von Sonnenhall und damit seiner selbst einzusetzen. Er übernimmt die Verpflichtung, seine Ernteerträge lediglich und ausnahmslos an Sonnenhall abzuliefern, insbesondere keinen irgendwie gearteten Verkauf vorzunehmen. Er genießt dagegen die Rechte, die sich aus seinem Verhältnis zu Sonnenhall ergeben, in der Hauptsache sich als Pächter zu führen [? fühlen?], für den sein Leben lang gesorgt ist, solange er und seine Angehörigen ihre Pflichten treulich erfüllen“ (Seite 9).

Der letzte Punkt „Ausklang und Durchführung“ (Denkschrift, Seite 10-12) enthält viel Wiederholung, aber auch eine Mahnung an die künftig in Sonnenhall lebenden Frauen: „Gerade  mit der Abnahme der Arbeitslosigkeit wird sich die Kaufkraft der Massen so heben, dass, in Verbindung mit der nötigen Einwirkung auf die Hausfrauen, der Gemüse und Obstkonsum inländischer Erzeugung sich fast beliebig steigern lässt“ (Denkschrift, Seite 11).

Hermann Frank schließt seine „Denkschrift“ mit Emphase, die er als zu verbreitendes Modell verstanden wissen will:

„Möge der hier niedergelegte Sonnenhall-Gedanke erstmalig recht bald zur Tat werden, um dann als Vorbild, Studium- und Ausbildungsstelle für weitere Sonnenhalle zu dienen. Möge der Grundgedanke und Hauptzweck baldmöglichst erfüllt werden, möglichst vielen Volksgenossen, die aus ihrer Bahn geworfen wurden, ein neues sie befriedigendes Betätigungsgebiet zu schaffen, gleichzeitig weitere Kreise mit dem Boden wieder verbinden und die Kräfte dieser neu Anzusiedelnden sich zum Wohle unseres Vaterlandes auswirken.  H e i l  H i t l e r“(Denkschrift, Seite 12).
Ab 1934 wurde die Frank'sche Siedlung gebaut.

Auch in Kiel sind Hermann und Paul Frank aktiv, sie bauen ab 1939 die „Gartenstadt Elmschenhagen-Nord“. 
Aus der Gründungsurkunde: „Der Zweck der Errichtung der Gartenstadt Elmschenhagen-Nord ist, gesunde und behagliche Wohnungen für diejenigen Menschen zu schaffen, die in den Rüstungsbetrieben an dem Aufbau der Kriegsmarine mitarbeiten. In Heim und Garten sollen diese Volksgenossen die Ruhe und Erholung finden, die sie brauchen, um ihre schwere Aufgabe zu erfüllen zu können: Dem Führer des Deutschen Reiches und Volks Adolf Hitler eine starke Flotte zur Verteidigung des Vaterlandes zu schaffen. Kiel, am 4. April 1939“ [3].
Einiges von Hermann und Paul Frank Geplantes kam während des Krieges nicht mehr zur Ausführung: Das Gemeinschaftshaus, das HJ-Heim. [4]

Mitgliedschaften von Paul Frank in NS-Organisationen
Hermann Frank ist 1941 verstorben. Über seine Mitgliedschaften in der NSDAP bzw. anderen NS-Organisationen ist bisher nichts bekannt.
Für Paul August Frank liegt ein Fragebogen zur Entnazifizierung vor, unterschrieben am 17. Mai 1946. Er gibt an, „independent architect“ zu sein.
Zunächst gibt er nur an, im „NSV[Nationalsozialistische Volkswohlfahrt] 1937-1945“ und im „Bund deut. Technik 1937-45“ gewesen zu sein.
Kein Militärdienst.
Im Addendum zum Fragebogen schreibt er, 1933 „in may or summer“ die Mitgliedschaft für die NSDAP beantragt zu haben, aber „Akten vernichtet durch Feuer“.
Er sei vor 1933 Freimaurer sowie in der DVP [Deutsche Volkspartei] gewesen.

Weitere Mitgliedschaften:
„Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft“
, gibt Paul Frank in seinem Fragebogen im Mai 1946 an.
Das Action Sheet, das Formular der dokumentierten Maßnahmen der Militärbehörde, hält für den 9.8.1946 fest: „none  salient points unobjectionable“ (keine besonderen Punkte, unverdächtig).
Der zuständige Fachausschuss II a (zur Entnazifizierung) schließt sich dem am 22.8.46 an. Paul Frank wird ohne Kategorisierung entlastet.

AngegebenerGewinn aus freierArchitektentätigkeit nach 1933 [Siehe auch das Dokument NS-Löhne in der NS-Zeit]

  • 1934 RM   2.076    
  • 1934 RM   2.076
  • 1935 RM   5,883
  • 1936 RM   4.261
  • 1937 RM  38.011     
  • 1938 RM   1694
  • 1939        -
  • 1940        -
  • 1941        -
  • 1942 RM 19.922
  • 1943 RM  7.152
  • 1944 RM  5.964

Die angegebenen Gewinne erscheinen für die meisten Jahre relativgering, mit Ausnahme für 1937 und 1942, was auf öffentliche Aufträge zurückzuführen sein könnte. 

Bewertungen zu den Frank'schen Siedlungen
Die Frank'sche Siedlung hat in Hamburg seit 2011 den Status eines Kulturdenkmals und steht unter Denkmalschutz.
Der Bauhistoriker Gert Kähler kommentiert zur NS- Zeit: „Das heißt nicht, dass nicht auch in dieser Zeit qualitätsvoll erbaut werden konnte; die Siedlung Klein Borstel mit 547 Wohnungen ist ein hervorragendes Beispiel dafür (übrigens mit einem interessanten Eigentumsmodell: Haus und Garten blieben im Eigentum der Siedlungsgesellschaft, aber die Bewohner erhielten ein nicht kündbares und vererbbares Wohnrecht, das sie de facto zu Besitzern machte). Aber Bilder wie die Wohnidylle der‚Frankschen Siedlung' sind vergiftet. Eine rein ästhetische Betrachtung der Wohnbauten im Nationalsozialismus verbietet sich, denn man muss auch wissen, dass nur ein nach ‚rassischen' Gesichtspunkten ausgewählter Personenkreis, also keine Juden, die Häuser beziehen konnten (‚oberster Grundsatz hierfür ist die gemeinsame große Grundlinie staatspolitischer rassehygienischer und bevölkerungspolitischer Art', nach deren Maßgabe Menschen ausgesucht wurden die ‚gute Erbmassen' hatten und die nach den ‚persönlichen Gesichtspunkten: erwiesene Tüchtigkeit im Beruf, anständige Lebensführung und Freisein von Suff' ausgewählt wurden).“ [5].

Im Personenlexikon „Architekten-portrait“ (online) wird das Wirken der Frank Brüder während der NS-Zeit folgendermaßen beurteilt: „Die bis 1939 vollendete Frank'sche Siedlung basiert in ihren Grundzügen dabei auf den Reformidealen der Gartenstadtbewegung, die den neuen politischen Motiven entsprechend adaptiert wird. Die Gestaltung der Wohnhäuser mit Steildächern und Backsteinfassaden entspricht den konservativen architektonischen Idealen des Nationalsozialismus, ohne dabei aber in eine besonders traditionalistische Formensprache zu verfallen. Nach dem Schema dieser Wohnsiedlung entsteht bis 1940 in Kiel für Gefolgschaftsangehörige der Kriegsmarine auch die Gartenstadt Elmschenhagen, deren Gestaltung aber stärkere traditionalistische Züge trägt.“Verfasser des Eintrags: Jan Lubitz.[6]Im Personenlexikon „Hamburgische Biografie“ findet sich folgende Bewertung: „Während der NS-Zeit konnten die Brüder zunächst die Bautätigkeit fortsetzen. Anknüpfend an die Gartenstadtprojekte verfolgten sie unter anderem den neuen politischen Bedingungen den Kleinhausausbau. 1935 begann die  Errichtung der Reihenhausanlage in Klein-Borstel – im Volksmund die ‚Frank'sche Siedlung' genannt.“ [7]
Christa Geckeler, die 2014 verstorbene Historikerin des Stadtarchivs Kiel, Mitglied der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Expertin für NS-Vergangenheiten lokaler Politiker, kommt zu anderen Ergebnissen: Unter Angabe und Auswertung von Quellen und Literatur beurteilt Geckeler die in die deutsche Kriegsmarine überführte Gartenstadt Elmschenhagen (Kiel) im historischen Kontext. Ein Ausschnitt: Elmschenhagen-Nord, gelegen im Winkel zwischen Preetzer Chaussee und Ellerbeker Weg , wird vom Tiroler Ring umschlossen und hat in der Wiener Allee seine Mittelachse. Von ihr laufen versetzt Querstraße n ab. Alle Straßen und Plätze erhielten österreichische Namen, das 1938 als Ostmark annektiert worden war. Mittelpunkt der Siedlung bildet der Andreas-Hofer-Platz, an dem ein ‚Gemeinschaftshaus' mit Kino und Saal vorgesehen war, das aber nicht mehr zur Ausführung kam, ebenso wie das HJ-Heim und eine Kindertagesstätte. In der Festschrift für die Richtfeier der Gartenstadt Elmschenhagen-Nord heißt es:‚Im Mittelpunkt, gleichsam das Herz, das Gemeinschaftshaus, das für die Ausrichtung von Seele und Geist der Bewohner zu sorgen hat.' Das Haus diente also der Propaganda, der nationalsozialistischen Erziehung und sollte Ausdruck der Volksgemeinschaft sein. Die breite Wiener Allee und der Andreas-Hofer-Platz waren für Aufmärsche gedacht. An diesem Platz entstanden auch Geschäfte des täglichen Bedarfs.“ [8]

Politisches Wirken von Paul Frank nach 1945
Paul August Frank war nach 1945 Mitglied der FDP und Bürgerschaftsabgeordneter von 1946-1951.

Autorin: Dr. Brigitta Huhnke

Quellen:
Staatsarchiv Hamburg (StaA HH):
StaA HH 221-11_ I (B) 2066; StaA HH 353-3_0662.

Nachschlagewerke:
Hamburgische Biografie. Personenlexikon. Hrsg. Von Franklin Kopitzsch und Dirk Brietzke Band 1, Eintrag zu Paul Frank, Verfasser: Holger Martens. Göttingen 2001, S. 101.
Architekten-Portrait: Eintrag zu Paul Frank, Verfasser: Jan Lubitz, 2003, abrufbar unter:
www.architekten-portrait.de/paul_frank/.

Literatur:
Architektur
Dietmar Brandenburg, Gert Kähler (Hrsg.): Bauen in Hamburg seit 1900. Braunschweig 1988.
Christa Geckeler (2008) Kieler Erinnerungstag: Dezember 1938 - Beginn der Bauplanung für die Gartenstadt Elmschenhagen-Süd, abrufbar unter: (https://kiel.de/kultur/stadtarchiv/erinnerungstage/index.php?id=96

Zu NS-Organisationen:
Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (Hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus. Stuttgart 1997.


1 StaA HH 353-3_0662.
2 In: StaA HH 353-3_0662.
3 Zit. nach Christa Geckeler (2008) Kieler Erinnerungstag: Dezember 1938 - Beginn der Bauplanung für die Gartenstadt Elmschenhagen-Süd, abrufbar unter: (https://kiel.de/kultur/stadtarchiv/erinnerungstage/index.php?id=96
4 Vgl: Geckeler, a. a. O.
5 Dietmar Brandenburg, Gert Kähler (Hrsg.): Bauen in Hamburg seit 1900. Braunschweig 1988, S. 88. Vgl. dazu auch die Anmerkung 39: Gottfried Feder: Das deutsche Siedlungswerk. In: Zentralblatt der Bauverwaltung, 20 /1934, S. 266.
6 www.architekten-portrait.de/paul_frank/
7 Verfasser: Holger Martens
8 https://kiel.de/kultur/stadtarchiv/erinnerungstage/index.php?id=96
 

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Erklärung zur Datenbank

Stand Januar 2024: 914 Kurzprofile und 332 sonstige Einträge.

Diese Datenbank ist ein Projekt in Fortsetzung (work in progress). Eine Vollständigkeit ist niemals zu erreichen. Sie startete online im Februar 2016 mit rund 520 Profilen und mehr als 200 weiteren Einträgen und wird laufend ergänzt und erweitert werden. Wissenschaftliche Institute, Gedenkstätten, Universitäten und zum Thema forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können gern ihre erarbeiteten Profile in diese Datenbank stellen lassen.

Quellenangaben, die sich auf Webseiten beziehen, sind die zum Zeitpunkt der Recherche gefundenen. Sollten Sie veraltete Links oder Aktualisierungen bzw. Verschiebungen der Inhalte feststellen, freuen wir uns über Hinweise.

Vor etlichen Jahren hat die Landesszentrale für politische Bildung Hamburg die Stolperstein-Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de ermöglicht und gibt seit rund zehn Jahren gemeinsam mit dem Institut für die Geschichte der Deutschen Juden unter der Projektleitung von Dr. Beate Meyer und Dr. Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung die Publikationsreihe „Stolpersteine in Hamburg, biografische Spurensuche“ heraus. Mit dieser Datenbank „Die Dabeigewesenen“ möchte die Landeszentrale für politische Bildung nun den Blick auf diejenigen lenken, die das NS-System stützten und mitmachten. Denn:

Eine Gesellschaft, die sich eine offene und freie Zukunft wünscht,
muss [...] über eine Kultur verfügen, die nicht auf dem Verdrängen
und Vergessen der Vergangenheit beruht.“ (Mario Erdheim Psychoanalytiker) 1)

Diese aktuell immer noch so wichtige Aussage bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt dieser Datenbank. Sie enthält eine Sammlung mit Kurzprofilen über Menschen, die auf unterschiedlichste Weise an den NS-Gewaltverbrechen in Hamburg Anteil hatten, z.B. als Karrierist/innen, Profiteur/innen, Befehlsempfänger/innen, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Täter/innen. Aber auch sogenannte Verstrickte, die z. B. nach durchlittener Gestapo-Folter zum Spitzel wurden. Unter all diesen Dabeigewesenen gab es auch Menschen, die in keiner NS-Organisation Mitglied waren, die aber staatliche Aufträge - zum Beispiel als Künstler oder Architekt - annahmen und so von dem NS-System profitierten, im Gegensatz zu denen, die sich diesem System nicht andienten, deshalb in die Emigration gingen oder in Kauf nahmen, keine Karriere mehr zu machen bzw. kaum noch finanzielle Einnahmen zu haben.

Ebenso wurden solche Personen aufgenommen, die zum Beispiel vor und während der NS-Zeit den Idealen des Heimatschutzes und der Technik-Kritik anhingen und das NS-Regime dadurch unterstützten, indem sie staatliche Aufträge annahmen, die diesen Idealen entsprachen, da das NS-System solche Strömungen für seine Ideologie vereinnahmte.

Für die Datenbank „Die Dabeigewesenen“ wurden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie Medizin, Justiz, Bildung und Forschung, Verwaltung, Kirche, Fürsorge und Wohlfahrt, Literatur, Theater und Kunst, Wirtschaft, Sport, Polizei und parteipolitische Organisationen berücksichtigt.

„denn wir können (…) das ganze Phänomen des Mitmachens und des Ermöglichens, das ja in der NS-Zeit eine genauso große Rolle gespielt hat, wie die Bereitschaft, selbst aktiver Täter vor Ort zu sein - das alles können wir nur verstehen, wenn wir die verschiedenen Facetten der Täterschaft noch viel genauer betrachten, als das bisher geschehen ist." 2)

In vielen Profilen wird der weitverbreitete Enthusiasmus vieler Deutscher für den Nationalsozialismus, gegenüber „seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik, seine Architektur, seine Weltanschauung" 3) etc. deutlich. Und es zeigt sich, dass Menschen das NS-System stützten, indem sie z. B., ohne darüber nachzudenken und ohne zu hinterfragen, bereitwillig moralische und soziale Normen des NS-Staats übernahmen.

Mit Schaffung der „Ausgrenzungsgesellschaft“ war es für die „Mehrheitsgesellschaft“ möglich, u. a. NS-Rassentheorien praktisch umzusetzen.

Diese Erkenntnis ist angesichts heutiger aktueller gesellschafts-politischer Entwicklungen von Bedeutung. In einem Interview zum Thema Fremdenfeindlichkeit bemerkte der Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz auf die Frage, ob aus der Geschichte zu lernen sei. „Wir könnten schon. Wir könnten zum Beispiel lernen, dass der Fremde nicht schuld ist an dem Hass, der ihm widerfährt. Es scheint tatsächlich schwierig zu vermitteln zu sein, dass das Opfer nicht dafür verantwortlich ist, dass es totgeschlagen oder misshandelt wird. Juden werden nicht verfolgt, weil an ihnen etwas ist, was sie zu Opfern macht, sondern weil die Mehrheitsgesellschaft Opfer braucht, und zwar zur eigenen Identitätsstiftung. Zuwanderer, Fremde, Andersgläubige werden ausgegrenzt. Das stärkt das Selbstgefühl der Mehrheit.“ 4)

Mit der Datenbank soll eine Hamburg Topographie der „Dabeigewesenen“ entstehen, um somit konkrete Orte des NS-Geschehens sichtbar zu machen. Deshalb werden auch nur diejenigen Dabeigewesenen aufgenommen, die zwischen 1933 und 1945 in Hamburg mit seinen Grenzen nach 1937 gelebt/gearbeitet haben. Neben Personenprofilen sind auch Adressen von NSDAP-Organisationen und -Einrichtungen zu finden. Darüber hinaus gibt es für einzelne Stadtteile Einträge, die die NS-Aktivitäten im Stadtteil beschreiben. In der Datenbank kann nach Namen, Straßen, Bezirken und Stadtteilen gesucht werden, damit also auch nach den Wohnadressen und/oder Adressen der Arbeitsstätten (soweit recherchierbar). Durch Hinzuziehen der Stolpersteindatenbank (hier sind die Adressen der NS-Opfer aufgenommen, für die bisher Stolpersteine verlegt wurden) und der virtuellen Hamburg-Stadt-Karte (sie verzeichnet die Zwangsarbeiterlager und Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben) wird eindringlich deutlich, wie dicht benachbart Opfer und Dabeigewesene in Hamburg gelebt und gewirkt haben. Mit diesen Informationen ist es immer schwerer, die altbekannte Entschuldigung aufrecht zu erhalten; wir haben doch nichts davon gewusst.

In den vorgestellten Profilen liegt der Fokus auf Handlungen und Einstellungen zum NS-Regime. Privates wird nur erwähnt, wenn es für die Haltung zum NS-Regime von Relevanz ist. Recherchegrundlage für diese Datenbank waren bereits vorhandene wissenschaftliche Veröffentlichungen (z. B. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und dem Institut für Zeitgeschichte), Biographien, Sammelbände und Dissertationen zu Hamburg im Nationalsozialismus, aber auch in diversen Fällen Entnazifizierungsakten und andere Akten und Dokumente, die im Staatsarchiv Hamburg zur Verfügung stehen. Für die Adressenrecherchen wurden die digitalisierten Hamburger Adressbücher von 1933 bis 1943 der Staats- und Universitätsbibliothek genutzt. Trotz größter Sorgfalt beim Zusammentragen der Daten, ist es dennoch möglich, dass Schreibweisen von Namen variieren und Lebensdaten fehlerhaft sind. In den Profilen und den Beschreibungen der Funktionen sowie des „Wirkens“ des Dabeigewesenen konnte nicht komplett auf das NS-Vokabular – der Sprache der Täter – verzichtet werden, dennoch wurde versucht, diesen Anteil gering zu halten und neutralere Umschreibungen zu finden.
Die meisten der aufgeführten Personen wurden schnell nach Kriegsende durch die Entnazifizierungsstellen als entlastet eingestuft, sie mussten sich selten vor Gericht verantworten oder sie wurden aufgrund von Verjährung ihrer Taten nicht juristisch verurteilt. So stellt Can Bozyakali in seiner Dissertation z. B. zum Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht fest, dass auch in Hamburg bis Anfang der 1950er Jahre 63% aller Justizjuristen, die am Sondergericht tätig gewesen waren, wieder in den Justiz-Dienst eingestellt wurden. „[…] anhand dieser Werte [kann] von einer ‚Renazifizierung‘ gesprochen werden.“ 5)

Dr. Rita Bake, Dr. Brigitta Huhnke, Katharina Tenti (Stand: Anfang 2016)

1) Mario Erdheim: „I hab manchmal furchtbare Träume … Man vergißts Gott sei Dank immer glei...“ (Herr Karl), in: Meinrad Ziegler, Waltraut Kannonier-Finster: Österreichisches Gedächtnis. Über Erinnern und Vergessen der NS-Vergangenheit. Wien 1993.
2) Wolfram Wette: Deutschlandfunk-Interview am 20.11.2014, anlässlich seines neuen Buches: „Ehre, wem Ehre gebührt. Täter, Widerständler und Retter - 1933-1945“, Bremen 2015.
3) Raphael Gross: Anständig geblieben. Frankfurt a. M.  2010, S. 17.
4) Wolfgang Benz: „Ich bin schon froh, wenn es nicht schlimmer wird". Der Historiker Wolfgang Benz über die lange Geschichte der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland – und was neu ist an den Pegida-Märschen. Interview: Markus Flohr und Gunter Hofmann, in ZEIT online vom 21. Dezember 2015. www.zeit.de/zeit-geschichte/2015/04/wolfgang-benz-pegida-antisemitismus-fremdenfeindlichkeit
5) Can Bozyakali: Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht: Eine Untersuchung der NS-Sondergerichte unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge, Frankfurt/ Main 2005, S. 235.

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