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Hans Duncker

( Hans Heinrich Joachim Duncker )
(12.11.1904 Hamburg Reitbrook - 14.2.1974 Hamburg)
Landwirt in Reitbrook; Mitglied der Bezirksversammlung Hamburg Bergedorf, Bürgerschaftsabgeordneter
Hamburger Rathaus (Wirkungsstätte)
1980 wurde nach ihm im Bezirk Bergedorf, im Stadtteil Allermöhe die Hans-Duncker-Straße benannt

Hans Duncker war genau wie sein Vater Landwirt und Gartenbauer in Reitbrook. Nach der Volksschule besuchte er in Bergedorf die Realschule und anschließend die landwirtschaftliche Fortbildungsschule.[1] Im Alter von 19 Jahren übernahm er den väterlichen Hof in Reitbrook im Bezirk Bergedorf. 1932 trat er in die NSDAP ein, den Aufnahmeantrag hatte er zu Beginn des Jahres gestellt. [2] Ab Juni 1934 – nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten – war er zudem Mitglied der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV). [3] Bei der NSV handelte es sich um einen der NSDAP angeschlossenen Verband, der dem Hauptamt für Volkswohlfahrt bei der NSDAP-Reichsleitung unterstand sowie der Finanzaufsicht des NSDAP-Reichsschatzmeisters. Status und Aufgabe der NSV schrieb Hitler im Mai 1933 in einer Verfügung fest: „Die NS-Volkswohlfahrt (e. V.) wird hiermit als Organisation innerhalb der Partei für das Reich anerkannt. Sie ist zuständig für alle Fragen der Volkswohlfahrt und Fürsorge und hat ihren Sitz in Berlin.“[4] Die NS-Wohlfahrtspflege war unter anderem für das Hilfswerk „Mutter und Kind“, für Kindertagesstätten, die Jugendhilfe und das „Winterhilfswerk des Deutschen Volkes“ zuständig. Sie hatte die Erziehung der Bevölkerung zur „Volksgemeinschaft“ zum Ziel und war damit auch klar eugenisch orientiert. Dies formulierte der Leiter des NSV-Amtes für Wohlfahrtspflege und Jugendhilfe, Hermann Althaus, 1936 in seiner Schrift „Nationalsozialistische Volkswohlfahrt“ unmissverständlich: „Aus dieser weltanschaulichen Einstellung heraus ist eine Wohlfahrtspflege nationalsozialistischer Prägung grundsätzlich erbbiologisch und rassenhygienisch orientiert. (…) Sie übt keine aussichtslose, das Volksvermögen verschleudernde Fürsorge der Erbkranken, sondern eine aufbauende Vorsorge für die Erbgesunden. (…) Um der Gesunderhaltung unseres Volkes willen muss darum eine nationalsozialistische Volkswohlfahrt eine Befürwortung Minderwertiger ablehnen bzw. auf ein Mindestmaß einschränken unter gleichzeitiger Abdrosselung des kranken Erbstromes.“ [5]
Hans Duncker übte bei der NSV bis 1939 das Amt des Zellenwalters in Reitbrook aus [6] und war damit in der Hierarchie zwischen dem Orts- und dem Blockwalter angesiedelt, entsprechend der Parteieinteilung Reich/Gau/Kreis/Ortsgruppe/Zelle/Block.
Nachdem er sein Amt des NSV-Zellenwalters abgegeben hatte, gehörte Duncker von 1939 bis 1944 der Feuerschutzpolizei (ehemalige Berufsfeuerwehr) im Dienstgrad eines Rottwachtmeisters an.[7] Deshalb wurde er auch unabkömmlich gestellt und nicht zur Wehrmacht einberufen. Die Feuerschutzpolizei unterstand im NS-Regime der Ordnungspolizei, die wiederum seit Juni 1936 dem Reichsführer SS, Heinrich Himmler, unterstellt war. [8] Im Oktober 1944 wurde Duncker zur Polizeireserve eingezogen und bis April 1945 in dem von den Nationalsozialisten besetzten Dänemark eingesetzt. Wo genau und in welcher Funktion bliebe noch zu erforschen. Für seinen Einsatz erhielt er das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse. [9]
Nach dem Krieg engagierte sich Duncker in mehreren agrarischen Verbänden, sowohl in Hamburg, als auch auf Bundesebene. In Hamburg war er Mitbegründer, langjähriges Vorstandsmitglied und stellvertretender Präsident des Bauernverbandes, stellvertretender Vorsitzender des Verbandes Gemüse-, Obst- und Gartenbau, Mitglied des Verwaltungsausschusses beim Amt für Marktwesen sowie Delegierter beim Hauptausschuss für Landwirtschaft und Gartenbau. 1954 gründete er zudem die Veiling Versteigerungsgenossenschaft für inländisches Obst und Gemüse Hamburg. Auf Bundesebene war er Mitglied des Bundeshauptausschusses für Landwirtschaft und Gartenbau und des Bundesausschusses Obst und Gemüse sowie Vorsitzender im CDU-Agrarausschuss Bonn. [10]
1957 trat Duncker in die 1947 gegründete nationalkonservative Deutsche Partei (DP) ein. [11] Diese setzte sich vor allem für Kriegsopfer, ehemalige Soldaten und „Denazifizierungs-Geschädigte“ ein. [12] Sie lehnte die Entnazifizierung strikt ab und kooperierte auch mit Rechtsgruppen, in denen sich frühere Deutschnationale und Nationalsozialisten zusammengeschlossen hatten. Außerdem hatte sie bis zu deren Verbot 1952 enge Kontakte zur offen neonazistischen Sozialistischen Reichspartei (SRP) gepflegt [13], die sich selbst in der Tradition der NSDAP sah. Die DP war vor allem in Norddeutschland erfolgreich und in Hamburg von 1953 bis 1957 an der Landesregierung beteiligt. 1957 schloss sie sich mit der FDP-Abspaltung Freie Volkspartei zusammen. 1960 traten die DP-Bundesminister und die Mehrzahl der Abgeordneten zur CDU über. Daraufhin fusionierte die DP 1961 mit dem Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) zur Gesamtdeutschen Partei (GDP).
Von 1957 bis 1961 gehörte Duncker als DP-Abgeordneter der Bezirksversammlung Bergedorf an. Nach der Fusion wurde er 1961 Mitglied der GDP. Für diese kandidierte er noch im selben Jahr im Wahlkreis Bergedorf für den Bundestag, allerdings erfolglos. [14] Zu seinen Hamburger Mitkandidaten zählten unter anderem Dr. Rolf Bialas – bislang Vorsitzender der Jugendorganisation des BHE –, und das einstige NSDAP-Bürgerschaftsmitglied Wilhelm Krohn. [15] Später trat Duncker in die CDU ein, für die er von 1966 bis zu seinem Tod 1974 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft war. [16] Zugleich vertrat er die CDU von 1966 bis 1970 in der Bergedorfer Bezirksversammlung.
Ab 1969 gehörte er zudem dem Aufsichtsrat der Verkehrsbetriebe Hamburg- Holstein (VHH) an [17] und hatte sich als passionierter Jäger Mitglied sowohl der Jägergruppe Marschlande im Landesjagdverband Freie und Hansestadt Hamburg angeschlossen, dessen Präsidialmitglied er zugleich war [18], als auch dem Hegering Vier-und Marschlande e. V. [19]
Für seine lange ehrenamtliche Tätigkeit in den Vorständen verschiedener wirtschaftlicher und berufsständischer Verbände sowie als Vorsitzender von Fachausschüssen und weil er sich um den wirtschaftlichen Aufbau Hamburgs nach dem zweiten Weltkrieg besonders verdient gemacht hätte, erhielt Hans Duncker 1970 das Verdienstkreuz Erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. [20]
Text: Frauke Steinhäuser

Quellen:
1 Handbuch der Hamburgischen Bürgerschaft, Personalien 6. Wahlperiode, S. 69.
2 StaH 221-11 Staatskommissar für die Entnazifizierung und Kategorisierung 53710
3 ebd.
4 APK (Akten der Parteikanzlei der NSDAP) 117 05309, zitiert nach: Peter Hammerschmidt, Die Wohlfahrtsverbände im NS-Staat. Die NSV und die konfessionellen Verbände Caritas und Innere Mission im Gefüge der Wohlfahrtspflege des Nationalsozialismus, Opladen, 1999 (zugl. Diss. Universität Marburg, 1997), S. 154.
5 Hermann Althaus, Nationalsozialistische Volkswohlfahrt. Wesen, Aufgaben und Aufbau, Berlinb, 1936, S. 14–16, zitiert nach: Hammerschmidt, Wohlfahrtsverbände, S. 369
6 StaH 221-11 Staatskommissar für die Entnazifizierung und Kategorisierung 53710
7 ebd.
8 Herbert Diercks, Dokumentation Stadthaus. Die Hamburger Polizei im Nationalsozialismus, hrsg. v. d. KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Hamburg, 2012, S. 58 u. 65.
9 StaH 221-11 Staatskommissar für die Entnazifizierung und Kategorisierung 53710
10 Handbuch der Hamburgischen Bürgerschaft, Personalien 6. Wahlperiode, S. 69, und 7. Wahlperiode, S. 73.
11 Hamburger Abendblatt v. 7.9.1961.
12 Hermann Stubbe-da Luz, Die Deutsche Partei in Hamburg. Wurzeln, Anfänge, Umfeld, Erfolge und Niedergang, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, 79, 1993, S. 211–280, hier: S. 244.
13 Ingo Nathusius, Deutsche Partei (DP), auf: Konrad-Adenauer-Stiftung, Geschichte der CDU, www.kas.de/wf/de/71.9158/ (Zugriff 11.6.2016)
14 Hamburger Abendblatt v. 7.9.1961; „Hans Duncker“, in: M.d.B. – Die Volksvertretung 1946–1972, Online-Publikation der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien e.V., KGParl, www.kgparlde/online-volksvertretung/online-az.html (Zugriff 11.6.2016); Seite „Hans Duncker“, in: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie Bearbeitungsstand: 2. Juni 2014, de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hans_Duncker&oldid=130951369 (Zugriff 11.6.2016)
15 Stubbe-da Luz, S. 277 f.
16 Handbuch der Hamburgischen Bürgerschaft, Personalien 6. Wahlperiode, S. 69.
17 Hamburger Abendblatt v 22.2.1974.
18 Handbuch der Hamburgischen Bürgerschaft, Personalien 6. Wahlperiode, S. 69.
19 Hamburger Abendblatt v. 20.2.1974.
20 Hamburger Abendblatt v. 31.12.1970.
 

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NS-Dabeigewesene

Aufsätze

Erklärung zur Datenbank

Stand Januar 2024: 914 Kurzprofile und 332 sonstige Einträge.

Diese Datenbank ist ein Projekt in Fortsetzung (work in progress). Eine Vollständigkeit ist niemals zu erreichen. Sie startete online im Februar 2016 mit rund 520 Profilen und mehr als 200 weiteren Einträgen und wird laufend ergänzt und erweitert werden. Wissenschaftliche Institute, Gedenkstätten, Universitäten und zum Thema forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können gern ihre erarbeiteten Profile in diese Datenbank stellen lassen.

Quellenangaben, die sich auf Webseiten beziehen, sind die zum Zeitpunkt der Recherche gefundenen. Sollten Sie veraltete Links oder Aktualisierungen bzw. Verschiebungen der Inhalte feststellen, freuen wir uns über Hinweise.

Vor etlichen Jahren hat die Landesszentrale für politische Bildung Hamburg die Stolperstein-Datenbank www.stolpersteine-hamburg.de ermöglicht und gibt seit rund zehn Jahren gemeinsam mit dem Institut für die Geschichte der Deutschen Juden unter der Projektleitung von Dr. Beate Meyer und Dr. Rita Bake von der Landeszentrale für politische Bildung die Publikationsreihe „Stolpersteine in Hamburg, biografische Spurensuche“ heraus. Mit dieser Datenbank „Die Dabeigewesenen“ möchte die Landeszentrale für politische Bildung nun den Blick auf diejenigen lenken, die das NS-System stützten und mitmachten. Denn:

Eine Gesellschaft, die sich eine offene und freie Zukunft wünscht,
muss [...] über eine Kultur verfügen, die nicht auf dem Verdrängen
und Vergessen der Vergangenheit beruht.“ (Mario Erdheim Psychoanalytiker) 1)

Diese aktuell immer noch so wichtige Aussage bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt dieser Datenbank. Sie enthält eine Sammlung mit Kurzprofilen über Menschen, die auf unterschiedlichste Weise an den NS-Gewaltverbrechen in Hamburg Anteil hatten, z.B. als Karrierist/innen, Profiteur/innen, Befehlsempfänger/innen, Denunziant/innen, Mitläufer/innen und Täter/innen. Aber auch sogenannte Verstrickte, die z. B. nach durchlittener Gestapo-Folter zum Spitzel wurden. Unter all diesen Dabeigewesenen gab es auch Menschen, die in keiner NS-Organisation Mitglied waren, die aber staatliche Aufträge - zum Beispiel als Künstler oder Architekt - annahmen und so von dem NS-System profitierten, im Gegensatz zu denen, die sich diesem System nicht andienten, deshalb in die Emigration gingen oder in Kauf nahmen, keine Karriere mehr zu machen bzw. kaum noch finanzielle Einnahmen zu haben.

Ebenso wurden solche Personen aufgenommen, die zum Beispiel vor und während der NS-Zeit den Idealen des Heimatschutzes und der Technik-Kritik anhingen und das NS-Regime dadurch unterstützten, indem sie staatliche Aufträge annahmen, die diesen Idealen entsprachen, da das NS-System solche Strömungen für seine Ideologie vereinnahmte.

Für die Datenbank „Die Dabeigewesenen“ wurden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie Medizin, Justiz, Bildung und Forschung, Verwaltung, Kirche, Fürsorge und Wohlfahrt, Literatur, Theater und Kunst, Wirtschaft, Sport, Polizei und parteipolitische Organisationen berücksichtigt.

„denn wir können (…) das ganze Phänomen des Mitmachens und des Ermöglichens, das ja in der NS-Zeit eine genauso große Rolle gespielt hat, wie die Bereitschaft, selbst aktiver Täter vor Ort zu sein - das alles können wir nur verstehen, wenn wir die verschiedenen Facetten der Täterschaft noch viel genauer betrachten, als das bisher geschehen ist." 2)

In vielen Profilen wird der weitverbreitete Enthusiasmus vieler Deutscher für den Nationalsozialismus, gegenüber „seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik, seine Architektur, seine Weltanschauung" 3) etc. deutlich. Und es zeigt sich, dass Menschen das NS-System stützten, indem sie z. B., ohne darüber nachzudenken und ohne zu hinterfragen, bereitwillig moralische und soziale Normen des NS-Staats übernahmen.

Mit Schaffung der „Ausgrenzungsgesellschaft“ war es für die „Mehrheitsgesellschaft“ möglich, u. a. NS-Rassentheorien praktisch umzusetzen.

Diese Erkenntnis ist angesichts heutiger aktueller gesellschafts-politischer Entwicklungen von Bedeutung. In einem Interview zum Thema Fremdenfeindlichkeit bemerkte der Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz auf die Frage, ob aus der Geschichte zu lernen sei. „Wir könnten schon. Wir könnten zum Beispiel lernen, dass der Fremde nicht schuld ist an dem Hass, der ihm widerfährt. Es scheint tatsächlich schwierig zu vermitteln zu sein, dass das Opfer nicht dafür verantwortlich ist, dass es totgeschlagen oder misshandelt wird. Juden werden nicht verfolgt, weil an ihnen etwas ist, was sie zu Opfern macht, sondern weil die Mehrheitsgesellschaft Opfer braucht, und zwar zur eigenen Identitätsstiftung. Zuwanderer, Fremde, Andersgläubige werden ausgegrenzt. Das stärkt das Selbstgefühl der Mehrheit.“ 4)

Mit der Datenbank soll eine Hamburg Topographie der „Dabeigewesenen“ entstehen, um somit konkrete Orte des NS-Geschehens sichtbar zu machen. Deshalb werden auch nur diejenigen Dabeigewesenen aufgenommen, die zwischen 1933 und 1945 in Hamburg mit seinen Grenzen nach 1937 gelebt/gearbeitet haben. Neben Personenprofilen sind auch Adressen von NSDAP-Organisationen und -Einrichtungen zu finden. Darüber hinaus gibt es für einzelne Stadtteile Einträge, die die NS-Aktivitäten im Stadtteil beschreiben. In der Datenbank kann nach Namen, Straßen, Bezirken und Stadtteilen gesucht werden, damit also auch nach den Wohnadressen und/oder Adressen der Arbeitsstätten (soweit recherchierbar). Durch Hinzuziehen der Stolpersteindatenbank (hier sind die Adressen der NS-Opfer aufgenommen, für die bisher Stolpersteine verlegt wurden) und der virtuellen Hamburg-Stadt-Karte (sie verzeichnet die Zwangsarbeiterlager und Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben) wird eindringlich deutlich, wie dicht benachbart Opfer und Dabeigewesene in Hamburg gelebt und gewirkt haben. Mit diesen Informationen ist es immer schwerer, die altbekannte Entschuldigung aufrecht zu erhalten; wir haben doch nichts davon gewusst.

In den vorgestellten Profilen liegt der Fokus auf Handlungen und Einstellungen zum NS-Regime. Privates wird nur erwähnt, wenn es für die Haltung zum NS-Regime von Relevanz ist. Recherchegrundlage für diese Datenbank waren bereits vorhandene wissenschaftliche Veröffentlichungen (z. B. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und dem Institut für Zeitgeschichte), Biographien, Sammelbände und Dissertationen zu Hamburg im Nationalsozialismus, aber auch in diversen Fällen Entnazifizierungsakten und andere Akten und Dokumente, die im Staatsarchiv Hamburg zur Verfügung stehen. Für die Adressenrecherchen wurden die digitalisierten Hamburger Adressbücher von 1933 bis 1943 der Staats- und Universitätsbibliothek genutzt. Trotz größter Sorgfalt beim Zusammentragen der Daten, ist es dennoch möglich, dass Schreibweisen von Namen variieren und Lebensdaten fehlerhaft sind. In den Profilen und den Beschreibungen der Funktionen sowie des „Wirkens“ des Dabeigewesenen konnte nicht komplett auf das NS-Vokabular – der Sprache der Täter – verzichtet werden, dennoch wurde versucht, diesen Anteil gering zu halten und neutralere Umschreibungen zu finden.
Die meisten der aufgeführten Personen wurden schnell nach Kriegsende durch die Entnazifizierungsstellen als entlastet eingestuft, sie mussten sich selten vor Gericht verantworten oder sie wurden aufgrund von Verjährung ihrer Taten nicht juristisch verurteilt. So stellt Can Bozyakali in seiner Dissertation z. B. zum Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht fest, dass auch in Hamburg bis Anfang der 1950er Jahre 63% aller Justizjuristen, die am Sondergericht tätig gewesen waren, wieder in den Justiz-Dienst eingestellt wurden. „[…] anhand dieser Werte [kann] von einer ‚Renazifizierung‘ gesprochen werden.“ 5)

Dr. Rita Bake, Dr. Brigitta Huhnke, Katharina Tenti (Stand: Anfang 2016)

1) Mario Erdheim: „I hab manchmal furchtbare Träume … Man vergißts Gott sei Dank immer glei...“ (Herr Karl), in: Meinrad Ziegler, Waltraut Kannonier-Finster: Österreichisches Gedächtnis. Über Erinnern und Vergessen der NS-Vergangenheit. Wien 1993.
2) Wolfram Wette: Deutschlandfunk-Interview am 20.11.2014, anlässlich seines neuen Buches: „Ehre, wem Ehre gebührt. Täter, Widerständler und Retter - 1933-1945“, Bremen 2015.
3) Raphael Gross: Anständig geblieben. Frankfurt a. M.  2010, S. 17.
4) Wolfgang Benz: „Ich bin schon froh, wenn es nicht schlimmer wird". Der Historiker Wolfgang Benz über die lange Geschichte der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland – und was neu ist an den Pegida-Märschen. Interview: Markus Flohr und Gunter Hofmann, in ZEIT online vom 21. Dezember 2015. www.zeit.de/zeit-geschichte/2015/04/wolfgang-benz-pegida-antisemitismus-fremdenfeindlichkeit
5) Can Bozyakali: Das Sondergericht am Hanseatischen Oberlandesgericht: Eine Untersuchung der NS-Sondergerichte unter besonderer Berücksichtigung der Anwendung der Verordnung gegen Volksschädlinge, Frankfurt/ Main 2005, S. 235.

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