Namens-/Sachregister

Frauenbios

Charlotte Ackermann

( Marie Magdalena Charlotte Ackermann )
(23.8.1757 Straßburg – 14.5.1775 Hamburg)
Schwester: Dorothea Karoline Ackermann
Schauspielerin
Gänsemarkt 66-69, Comödienhaus
Ackermannstraße, Hohenfelde (1899): Konrad Ernst Ackermann (1.2.1712 oder 1710 Schwerin - 13.11.1771 Hamburg), Schauspieler, und seinen Töchtern Dorothea (12.2.1752 Danzig-21.10.1821 Altona) und Charlotte (23.8.1757 Straßburg – 14.5.1275 Hamburg) Ackermann, Schauspielerinnen
Idealisierter Stich von Charlotte Ackermann, der nach ihrem frühen Tod erschien., Bild: via Wikimedia Commons, unbekannt / gemeinfrei
Marie Magdalena Charlotte Ackermann war die Tochter von Konrad Ernst Ackermann und wurde von ihrem Halbbruder Friedrich Ludwig Schröder die „erste Schauspielerin Deutschlands“ genannt. Sie begann im Alter von vier Jahren in Kinderrollen aufzutreten. Als knapp Zwölfjährige spielte sie jugendliche Liebhaberinnen. Außerdem tanzte sie Solopartien in mimischen Balletten. Sie galt als schön, blond und schlank und „hatte im Gegensatz zu ihrer kleinäugigen Schwester [Dorothea Caroline] große, lebhafte Augen, die von Geist und Feuer sprühten“ [1]. Ihren größten Erfolg erzielte Charlotte Ackermann 1772 als Vierzehnjährige in der Titelrolle von Lessings „Emilia Galotti“. Damit feierte sie im Hamburger Comödienhaus große Erfolge.
Friedrich Ludwig Schröder beschrieb die Schwester: „Alles trieb sie bis zur Extravaganz. Sie biß wirklich in die Kette, und raufte sich wirklich das Haar aus, wenn der Dichter es vorgeschrieben hatte.“ [2]
(Ausschnitt aus dem Szenischen Rundgang: "Von machtvollen Frauen und weiblichen Körpern - Ein Rundgang durch das Hamburger Rathaus", (Sprecherinnen: Rita Bake, Beate Kiupel, Dieter Schmitt))
Und in einem Brief an die Mutter schrieb Charlotte Ackermann selbst über ihre Glanzrolle, die sie 1772 zuerst verkörperte: „Ich darf die Emilia Galotti nicht oft spielen, so gewaltsam wirket dieses Stück auf meine Empfindungen. Unter hundert Rollen bekomme ich kaum eine, worinn ich so wenig Schauspielerin zu seyn nöthig habe. Du weißt, daß ich die Emilia mache. Ich habe sie gestern gemacht und bin noch schwach davon. Ich habe den Gram der Emilia gefühlt, wie sie ihren Vater reizet, sie zu töten; ich habe den Dolchstoß gefühlt, wie er nicht schmerzte, wie er Labsal in meinem bedrängten Herzen war.“ [3]
Szene im Kaisersaal des Rathauses: Dieter Schmitt als Bürgermeister Mönckeberg, Birte Kretschmer als Charlotte Ackermann. Foto: Margret Tabel-Gerster
Allerdings wurde ihr „unweibliches“ Reiten „getadelt“, auf das ein Epigramm in Hamburg zirkulierte: „Das war Emilia, Galottis Tochter? Nein, es kann Emilia nicht sein. Sie, die jüngst andachtsvoll, Um sich nicht sehn’n zu lassen, Im Schleier hin zur Messe schlich, Setzt öffentlich aufs Pferd sich. Und reitet männlich durch die Gassen.“ [4]
Charlotte starb bereits im Alter von siebzehn Jahren. Ganz Hamburg trauerte. Selbst das Börsengeschäft wurde bei der Nachricht ihres Todes unterbrochen. Im Trauerhause im Opernhof wurde die Leiche aufgebahrt und eine Menge von leidtragenden und Neugierigen drängte sich zum Sarg. Nach ihrem Tod erschien eine nicht enden wollende Anzahl von Publikationen, so dass der Senat schließlich ein Verbot aussprach.
Den realen Tod der Charlotte Ackermann, über den unmittelbar danach Spekulationen einsetzten – von Anklagen wegen des unerbittlichen Schröders bis zur Selbsttötung wegen einer Schwangerschaft oder anderer Ursachen – erklärte die Familie mit einem Schlagfluss (Schlaganfall) infolge eines Sturzes vom Pferd wenige Monate zuvor. „Ein langes Lebensziel hätte sie ohnehin gewiß nicht erreicht, sie war zu nervös, zu reizbar, voll romanhafter Ideen“ [5] urteilte der Bruder. Zu den psychischen Anstrengungen waren die physischen gekommen. Das junge Mädchen hatte von 1771 bis zu ihrem Tod 116 neue Rollen gespielt, in denen letzten eineinhalb Jahren ihres Lebens allein 39.
Als das Hamburger Rathaus Ende des 19. Jahrhunderts gebaut wurde, sollten die Säulen in der Rathausdiele mit Medaillons berühmter Hamburger bestückt werden. Bürgermeister Johann Georg Mönckeberg setzte Charlotte Ackermanns Namen auf die Vorschlagliste für solch ein Medaillon, doch ließ er ihn später wieder streichen. Der Grund hierfür ist typisch für die damalige Sicht des Bürgertums auf den Stand der Schauspieler und insbesondere der Schauspielerinnen. Letztere entsprachen nicht nur nicht dem bürgerlichen Ideal von einer Frau, sie entsprachen auch nicht den bürgerlichen Vorstellungen von dem, was eine Frau geleistet haben müsse, damit man ihr in der Öffentlichkeit ein Denkmal setze. Frauen als Wohltäterinnen, das war etwas, was einem weiblichen Idealbild entsprach, denn in dieser Aufgabe kamen die weiblichen Eigenschaften wie das Aufopfern für Andere, Hilfsbereitschaft und Mütterlichkeit besonders gut zum Tragen. Die Verehrung, die das bürgerliche Publikum den Schauspielerinnen zu Teil werden ließ, reichte indes nicht für eine öffentliche Ehrung, denn eine Schauspielerin und ein Schauspieler waren weiter nichts als Personen, die dem Bürgertum einige Stunden auf eine angenehme Art zu vertreiben wussten. Bei den Schauspielerinnen erschwerend hinzu kam, dass sie vom Bürgertum sexualisiert wurden. Weil die Schauspielerin in der Öffentlichkeit agierte, was in Augen des Bürgertums für Frauen als unschicklich galt, erhielt sie das Stigma einer „leichtfertigen“, sexuell freizügigen Person. Mit ihrem Spiel sorgte sie also nicht nur für das Theatervergnügen, sondern das männliche Publikum fühlte sich oft auch in seinen Sinnesfreuden gereizt, was wohl gern „gelitten“ wurde, was aber nicht dem Moralkodex des Bürgertums entsprach. So schämten sich die Männer für ihre Gefühle und gaben den Schauspielerinnen die Schuld daran. Deshalb war in Augen des Bürgertums der Beruf der Schauspielerin kein ehrbarer und auf alle Fälle kein Verdienst, das öffentlich geehrt werden sollte, schon gar nicht in einem Rathaus.
Quellen:
1 Herbert Eichhorn: Konrad Ernst Ackermann. Emsdetten 1965.
2 Zit. nach Willy Krogmann: Wilhelm Meister in Hamburg. Ein Epilog zur Eröffnung des Hamburger Stadttheaters Ostern 1827. Hamburg 1965.
3 Ebenda.
4 Barbara Becker-Cantarino: Von der Prinzipalin zur Künstlerin und Mätresse. In: Renate Möhrmann (Hrsg.): Die Schauspielerin. Frankfurt a. M. 1989.
5 Zit. nach Willy Krogmann, a. a. O.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

Erklärung zur Datenbank

Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Zuletzt eingetragene Namen

März 2023: Traute Lafrenz, Astrid von Beckerath, Melanie Weist, Heike Mundzeck, Charlotte March

April 2023: Liesel Deidesheimer, Anny Breer, Meta Stölken

Wesentlich aktualisiert im Mai 2023: Hedwig Voegt

Juni 2023: Lea Manti, Erna Nakoinzer
August 2023: Gertrud Troplowitz, Irma Wulff, Isa von der Goltz, Minna Plambeck, Amtsvormundschaften für Frauen, Gisela Litz-Finkemeier, Christa Knauer
September 2023: Margarete Schweichler
Oktober 2023: Lore Peschel-Gutzeit, Maria Holst, Marianne Schuller, Mary Kid
Wesentlich aktualisiert im Oktober 2023: Gisela Trowe, Eva Maria Bauer

Dezember 2023: Helga Schwarz

Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae

Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons

März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann

Was erwartet Sie in der Frauenbiografie-Datenbank?

Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

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Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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