Namens-/Sachregister

Frauenbios

Vogeljette

( Vogeljette, Taufname: Lydia Adelheid Hellenbrecht geb. Köbner )
(geb.: 13.12.1844 in Hamburg - gest.: 30.1.1920 in Hamburg)
Garten der Frauen, Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (Erinnerungsstein)
Rostocker Straße 9 (Wohnadresse)
Im langen schwarzen Kleid, mit einem großen weißen gehäkelten Umschlagtuch darüber, das Gesicht durch einen hauteng getragenen weißen Schleier fast verdeckt, ein Häubchen auf dem Kopf, an einem Arm ein kleines viereckiges Spankörbchen darin Brotwürfel, am anderen Arm einen kleinen weiß emaillierten Eimer mit Wasser - so zog sie durch die Straßen des Stadtteils St. Georg und fütterte auf den freien Plätzen die Vögel, besonders gern Spatzen.
Vogeljette - in Anlehnung an die Zitronenjette - wurde sie genannt. Sie scheint dem Gespött nicht so sehr ausgesetzt gewesen zu sein wie die Zitronenjette. Hans Ross, der sie als Kind gekannt hatte, schreibt dazu: "Daß wir Jungens von damals, wenn die Vogeljette ihrem Körbchen die sorgfältig geschnittenen Brotwürfel entnommen hatte, sie dann mit einigen Spritzern aus dem kleinen Eimer angefeuchtet hatte, alles jedenfalls meistens, in Ruhe betrachteten, lag wohl an dem stillen Respekt, den die alte Frau genoß. Wenn es mal nicht so artig verlief und die Jungens die Spatzen verjagten, ging ein großes Donnerwetter über die Jugend los." () Hans Ross: Die Vogel - Jette. In: Blätter aus St. Georg, Nr.1. 1978.)
Für viele Bürgerinnen und Bürger war die Vogeljette unverständlich - und so musste für das von der Norm abweichende Verhalten eine Erklärung gefunden werden. Wie das in vielen Fällen üblich ist, war man schnell mit der Bezeichnung "verrückt" bei der Hand. Die Erklärung für ihr "Verrücktsein" wurde gleich mitgeliefert. Einige erzählten, dass die Vogeljette glaube, ihr verstorbener Mann sei als Spatz wiedergeboren worden. Andere verbreiteten die Mär, dass die Vogeljette davon überzeugt sei, dass ein Zauberer ihren Mann in einen Spatz verwandelt habe. Mit diesen "selbstgestrickten" Erklärungsversuchen legte sich die Verunsicherung, die Lydia Adelheid Hellenbrechts Verhalten unter der Bevölkerung ausgelöst hatte, und die Bevölkerung hatte eine Handhabe die Vogeljette als sonderliche Alte abzustempeln.
Lydia Adelheid Hellenbrecht war die Tochter eines Steuermannes, den sie bereits als Kind durch den Seemannstod verloren hatte. Im Alter von 30 Jahren heiratete sie den 20 Jahre älteren Schreiber und Boten Johann Heinrich Carl Gottlieb Hellenbrecht. 1883, nach nur neun Ehejahren, starb ihr Mann an der Cholera und fortan ging Lydia Hellenbrecht bis zu ihrem Tod in Trauerkleidung.
58 Jahre nach ihrem Tod versuchte Hans Ross sie von ihrem Image der sonderlichen Alten zu befreien: "Aus genauer persönlicher Kenntnis begründet mit manchem Gespräch mit Frau Hellenbrecht, muß ihr hier nachträglich aber eine kleine Ehrenrettung gegeben werden. Sie war bei ihrer sehr schlanken Figur nicht nur körperlich völlig gesund, sie war auch geistig restlos klar. Die Marotte des Vogelfütterns war ausschließlich ein Ausdruck ihrer Tierliebe, besonders zu den Gefiederten. Da auch ihr verstorbener Mann die gleiche tierfreundliche Einstellung hatte, glaubte sie bei ihrer Futterverteilung dem Andenken des Verstorbenen bestens zu entsprechen. Sie kannte die Nachrede und Erzählungen der Leute genau, hat sich aber, auch gestützt auf eine schlichte Frömmigkeit, nicht beirren lassen und bei sparsamster Lebenshaltung, da sie nur sehr geringe Einkünfte hatte, ihre vielbespöttelte Tätigkeit zum Segen der gefiederten Natur durch Jahrzehnte ausgeübt.
Frau Hellenbrecht wohnte mit uns im Hause Rostocker Straße 9. Sie war Untermieterin im 2. Stock bei Abeling. Ihre kleinen Einkünfte zwangen sie zur größten Sparsamkeit. So lange das Tageslicht es erlaubte, saß sie nachmittags und abends auf der Bodenetage unter dem großen einfallenden Licht und las in der Bibel." (ebenda.)
Text: Dr. Rita Bake
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

Erklärung zur Datenbank

Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Zuletzt eingetragene Namen

Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae
Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons
März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann
Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

Was erwartet Sie in der Frauenbiografie-Datenbank?

Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

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Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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