Namens-/Sachregister

Frauenbios

Alice Wosikowski

( Alice Wosikowski, geb. Ludwig )
(18.10.1886 in Danzig - 7.4.1949 Hamburg)
Mitglied (KPD) der Hamburgischen Bürgerschaft, Mutter der Widerstandskämpferin Irene Wosikowski
Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756: Grab-Nr.: Bn 73, 406 Geschwister-Scholl-Stiftung
Hamburger Rathaus, Rathausmarkt (Wirkungsstätte)
Simrockstraße 40 (Wohnadresse)
Siehe auch den Eintrag: Kommunistische Frauenbewegung
Alice Wosikowski, Foto: Staatsarchiv Hamburg
Alice Wosikowski wurde 1886 als Jüngste von vier Geschwistern in Danzig geboren. Nach dem Abschluss der Volksschule absolvierte sie eine zweijährige Ausbildung als Kindergärtnerin, die ihr der Vater, ein Schneidermeister, finanziell ermöglichen konnte und arbeitete in diesem Beruf bis zu ihrer Heirat im Alter von 21 Jahren (1907). Ihr Mann, Wilhelm Wosikowski, Dreher auf einer Werft, war aktiver Gewerkschafter und Sozialdemokrat, und auch sie wurde Mitglied der SPD.
Ein Jahr nach der Hochzeit kam Eberhard und zwei Jahre später Irene auf die Welt. 1911 zog die Familie nach Kiel, weil Alices Mann in Danzig wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Streikkomitee auf einer Danziger Werft keine Arbeit mehr fand. In Kiel konnte er auf der Germania Werft arbeiten.
Gleich zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde ihr Mann im Oktober 1914 als Soldat getötet. Die Kriegerwitwenrente war so knapp bemessen, dass Alice Wosikowski hinzuverdienen musste - ein Jahr lang verrichtete sie Heimarbeit, später arbeitete sie von 1915 bis 1921 als Fürsorgerin beim Magistrat der Stadt Kiel. Dennoch reichte das Geld für das Schulgeld nicht, und der Sohn musste vorübergehend die Mittelschule verlassen.
1921 zog Alice Wosikowski mit ihren Kindern nach Hamburg in die Seumestraße und heiratete Friedrich Johann Wosikowski (16.5.1886 Danzig - 10.12.1930 Hamburg), einen Bruder ihres verstorbenen Mannes. Nun brauchte sie nicht mehr erwerbstätig zu sein, ihr Mann, ein Ewerführer und Mitglied der KPD sorgte für das finanzielle Auskommen der Familie. Alice Wosikowski, die mittlerweile auch Mitglied der KPD geworden war, engagierte sich nun verstärkt im Frauenbereich.
Als Alice Wosikowskis zweiter Ehemann starb, musste sie wieder erwerbstätig werden und arbeitete von 1930 bis 1933 sowie von 1946 bis 1949 in der Buchhaltung der kommunistischen Hamburger Volkszeitung.
Über ihr politisches Engagement lässt sich ermitteln: Alice Wosikowski war von Januar 1927 bis zur Auflösung des Roten Frauen- und Mädchenbundes (RFMB) im Dezember 1930, Leiterin dessen Hamburger Ortsgruppe. Ziel dieser von der kommunistischen Frauenbewegung initiierten Vereinigung war es, hauptsächlich unorganisierte Arbeiterfrauen und Arbeiterinnen politisch zu aktivieren. Der RFMB war 1925 von der KPD als "Schwesternorganisation" des Roten Frontkämpfer-Bundes (RFB) gegründet worden. Vorsitzende wurde Clara Zetkin. Als Gegengewicht zu den bürgerlichen Frauenvereinen bot der RFMB "proletarische" Kultur und Unterhaltung an. In Hamburg gehörten allerdings nur knapp 3% aller weiblichen KPD-Mitglieder dem RFMB an. Die erste Vorsitzende war Maria Grünert, die 1927 von Alice Wosikowski abgelöst wurde. Der Schwerpunkt der RFMB, deren Mitglieder ca. 75% Arbeiterinnen waren, lang in der politischen Betriebsarbeit. Der RFMB forderte u. a. gleiches Recht auf Erwerbsarbeit für Mann und Frau, Verhinderung von Massenarbeitslosigkeit und Abschaffung des Paragraphen 218. Außerdem wandte er sich gegen den wachsenden Antifeminismus und das Frauenbild der NSDAP.
1929 wurde der RFB verboten, der RFMB daraufhin massiv behindert, seine Veranstaltungen verboten. Der RFMB arbeitete von nun an nur noch halblegal. Angesichts der drohenden Kriegsgefahr und des Einflusses der NSDAP beschloss der RFMB gegen Ende des Jahres 1933 seine Arbeit in "Frauen- und Mädchenstaffeln" des neu gegründeten "Kampfbundes gegen den Faschismus" fortzusetzen.
In dieser Zeit - von 1927 bis 1933 - war Alice Wosikowski Abgeordnete der KDP in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Nach 1933 beteiligte sie sich am Widerstand gegen das Hitlerregime. Sie wurde dreimal verhaftet und in Konzentrationslagern inhaftiert: 1933/34 in Fuhlsbüttel, 1936/37 in Moringen und von 1939 bis 1941 im KZ Ravensbrück. Auch ihre beiden Kinder wurden verfolgt, ihre Tochter Irene 1944 von den Nationalsozialisten hingerichtet.
Die Mutter erfuhr im Frühjahr 1944 von der Inhaftierung ihrer Tochter. In einer Erklärung vom 13.1.1948, die sie anlässlich des Prozesses gegen den Gestapomann Teege abgab, schrieb sie: "Im März 1944 erhielt ich von meiner Tochter Irene Wosikowski geb. am 9.2.10. die Nachricht, daß sie bei der Gestapo in Haft sei, und ich könnte sie dort besuchen. Ich war sehr überrascht, denn Irene war seit langer Zeit in der Emigration und im ganzen äußerst vorsichtig. Ich besuchte sie im Ziviljustizgebäude und konnte sie auch sprechen. Dort war der Gestapobeamte Teege, der die Vernehmung meiner Tochter durchgeführt hatte. (...)
Nachdem ich meine Tochter gesprochen hatte, bot Teege mir an, für die Gestapo zu arbeiten. Er meinte, ich könnte dadurch den Kopf meiner Tochter retten. Ich lehnte jedoch dieses Ansinnen ab, und nachdem Teege nach 14 Tagen mir das Angebot wiederholte, gab ich auch dieses Mal nicht meine Zustimmung. Teege stellte dann seine Bemühungen ein und schloß das Verfahren für die Staatsanwaltschaft ab. (...)"
In der Hamburger Volkszeitung vom 26.10.1946 ist zu lesen, dass Alice Wosikowski dem Gestapomann Teege mitgeteilt haben soll:" Meine Tochter würde mich verachten, wenn ich um solchen Preis ihren Kopf retten wollte." Ob oder wieweit sie diese Entscheidung verkraftet hat, ist nicht bekannt.
Infolge einer schweren Krankheit verstarb Alice Wosikowski im April 1949 im Alter von 63 Jahren. Sie wohnte zuletzt in der Simrockstraße 40 im Stadtteil Iserbrook.
(Vgl.: Ein tapferes Leben ist erfüllt. Trauerfeierlichkeiten für Alice Wosikowsky. In: Hamburger Volkszeitung, April 1949.)
Text: Dr. Rita Bake
Quelle:
Vgl.: Ein tapferes Leben ist erfüllt. Trauerfeierlichkeiten für Alice Wosikowsky. In: Hamburger Volkszeitung, April 1949.
und: www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363;-1424.html?ID=5454
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

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Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Januar 2024: Astrid Matthiae
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Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

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Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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