Namens-/Sachregister

Frauenbios

Charlotte Walner-von Deuten

( Charlotte Walner-von Deuten, geb. von Deuten )
(19.3.1906 in Hamburg - 7.11.1984 in Hamburg)
Rechtsanwältin und Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft (SPD), Vorsitzende des Hamburger Frauenrings
Fuhlsbüttler Straße 756, Ohlsdorfer Friedhof: Grab-Nr.: BM 63, 56
Hamburger Rathaus, Rathausmarkt (Wirkungsstätte)
Osterkamp 3 (Wohnadresse)
Alsterdorfer Straße 539 (Wohnadresse)
Charlotte Walner-von Deuten, Quelle: Parlamentarischer Informationsdienst der Hamburgischen Bürgerschaft
"Ihr Abitur war bereits eine Besonderheit," schreibt uns ihr Neffe Gerd Hagedorn. "Es war der erste Hamburger Arbeiter-Abiturienten-Kursus, den sie zusammen mit Paul Nevermann von 1923 - 1926 absolvierte." Nach dem Abitur studierte Charlotte von Deuten Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Hamburg, Genf und Grenobel. Sie gehörte als Studentin dem sozialistischen Studentenbund an. [1] 1929 absolvierte sie ihr erstes juristisches Staatsexamen, danach ging sie nach Hamburg in den Vorbereitungsdienst, legte 1932 ihre zweite juristische Staatsprüfung ab und begann 1933 als freiberufliche Rechtsanwältin zu arbeiten.
1936 heiratete sie den Maler und Grafiker Felix Walner und hieß von nun an Charlotte Walner-von Deuten.
Ihr gesellschaftspolitisches Engagement schlug sich in vielfältigen Aktivitäten nieder. So war sie von 1932 bis 1933 im Paritätischen Wohlfahrtsverband tätig, engagierte sich für Künstler und Künstlerinnen, so dass vor 1933 auf ihre Anregung hin die Nothilfe für die bildenden Künstler Hamburgs gegründet wurde.
In der NS-Zeit trat sie 1937 der NS-Frauenschaft bei und war dort bis 1943 Mitglied. [2] Die NS-Frauenschaft wurde am: „1.10.1931 als Zusammenschluß verschiedener Verbände von der NSDAP gegründet. Seit dem 29.3.1935 als offizielle Gliederung der NSDAP in die Partei eingeordnet, kam der N. die Aufgabe zu, Frauenarbeit im Sinne der NS-Ideologie zu leisten. (…) 1936 wurden die Bedingungen für die Aufnahme in die N. verschärft, um den Auswahlcharakter der Organisation zu erhalten. Seitdem wurden nur noch Frauen aufgenommen, die sich bereits im Sinne der Partei verdient gemacht hatten. Politisch blieb die N. ohne Bedeutung (…) und übte nur geringen Einfluß auf die NSDAP aus. Sie beschränkte sich vielmehr auf eine gezielte ideologische und praktische Schulung von Frauen innerhalb der ihnen zugeordneten häuslichen und familiären Welt.“ [3]
Auch gehörte Charlotte Walner-von Deuten dem NS Rechtswahrerbund an. [4] Dieser war: „aus dem 1928 gegründeten Bund Nat.soz. Dt. Juristen (BNSDJ) hervorgegangen. Die vom Reichsrechtsführer (Hans Frank, ab 1942 Otto Thierack) geführte, 1936 in NSRB umbenannte Fachorganisation der NSDAP (..) wuchs nach erfolgter Gleichschaltung der Juristenverbände bis auf 104000 Mitglieder an, verlor aber zunehmend an rechtspolitischem Einfluß.“ [5]
Charlotte Walner-von Deuten wurde in ihrem Entnazifizierungsverfahren in Kategorie V (entlastet) eingestuft.
Charlotte Walner-von Deuten war den Ideen und Zielen der bürgerlichen Frauenbewegung zugetan. Von 1948 bis 1950 übte sie den Vorsitz im Hamburger Frauenring aus und war Mitglied im Vorstand des Deutschen Frauenrings. Daneben nahm sie in wissenschafts- und rechtspolitischen Bereichen diverse Ämter an. So wurde sie Mitglied des Hochschulbeirates der Universität Hamburg, stellvertretendes Mitglied im Richterwahlausschuss Hamburg und Mitglied im rechtspolitischen Ausschuss beim Parteivorstand der SPD in Bonn. Als SPD Mitglied übte sie von 1953 bis 1966 ein Abgeordnetenmandat in der Hamburgischen Bürgerschaft aus. Die dort kühl und sachlich auftretende Akademikerin konnte den Rechtsstandpunkt der Frauen sachkundig vertreten. So z. B. in den 1950er Jahren, als der Artikel 3 Absatz 2, der die Gleichberechtigung von Mann und Frau verankert, diskutiert wurde. Diesem Recht standen familienrechtliche Paragraphen des BGB entgegen - so in Fragen des Güterrechts und der Vermögensverwaltung, bei denen der Mann die Entscheidungsbefugnis hatte. Außerdem beinhaltete der Paragraph 1354 BGB das alleinige Entscheidungsrecht des Mannes in allen das eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten (so genannter Stichentscheid), und die Paragraphen 1628 und 1629 des BGB sprachen die elterliche Gewalt in Entscheidungen über gemeinsame Kinder vorrangig dem Vater zu. Der Parlamentarische Rat hatte dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31. März 1953 gesetzt, um dem Gleichheitsgrundsatz entgegenstehendes Recht anzupassen. Bei Ablauf dieser Frist befand sich das Familienanpassungsgesetz noch in Vorbereitung. Aber eine Gesetzesvorlage, die am Stichentscheid des Mannes festhielt, hatte bereits im ersten Durchgang den Bundesrat passiert. Zu diesem Zeitpunkt kam in der Hamburgischen Bürgerschaft eine Große Anfrage der SPD zum Familienanpassungsgesetz zur Besprechung. Hamburger sozialdemokratische Juristinnen, so auch Charlotte Wallner-von Deuten, hatten sich mit diesen Fragen eingehend befasst und waren zu dem Ergebnis gekommen, dass die betreffenden Passagen des BGB eindeutig verfassungswidrig seien. Aber die Entscheidung einer Änderung lag nicht beim Hamburger Parlament, sondern beim Bund. Die Ländervertreter konnten nur über den Bundesrat ihre Meinung geltend machen, und der Hamburger Vertreter hatte in Bonn der Gesetzesvorlage widerspruchslos zugestimmt. Gegen dieses Verhalten richtete sich die Kritik der Sprecherin Charlotte Walner-von Deuten, denn ihrer Meinung nach, hätte durchaus die Möglichkeit bestanden, durch Einspruch eine den Frauen gerecht werdende Textformulierung zu finden.
Auch zum Thema Paragraph 218 sprach Charlotte Walner-von Deuten in der Bürgerschaft. Er wurde 1962 im Zusammenhang mit der in Vorbereitung befindlichen Großen Strafrechtsreform in der Bürgerschaft wieder neu diskutiert. Die Arbeitsgemeinschaft Hamburger Frauenorganisationen (ahf) hatte die weiblichen Abgeordneten der Bürgerschaft dazu veranlasst, einen interfraktionellen Antrag zu stellen, der Senat möge über den Bundesrat darauf hinwirken, dass bei der Ausarbeitung des Gesetzwerkes die Frage des Schwangerschaftsabbruchs bevorzugt behandelt werde. Es ging dabei jedoch lediglich um den Abbruch der Schwangerschaft nach Vergewaltigung, bei ethischer Indikation. Charlotte Walner-von Deuten unterstützte den Antrag nicht ohne Skrupel, hatte sie doch Bedenken: "keimendes Leben nicht zum Menschwerden kommen zu lassen". Wenn aber der Staat nicht in der Lage sei, die Frauen vor dem Verbrechen einer Vergewaltigung zu schützen, dann dürfe er ihrer Meinung nach nicht mit Strafe reagieren, wenn die Folgen dieser kriminellen Tat beseitigt wurden.
Neben all ihren politischen und juristischen Aktivitäten schrieb Charlotte Walner-von Deuten 1966 ein Buch mit dem Titel: "Handbuch der privaten und öffentlichen Sozial-, Jugend- und Gesundheitseinrichtungen Hamburgs".
"Ihr letzter großer Plan, das Lebenswerk ihres Mannes (ca. 2.000 Bilder, Gemälde, Grafiken und Holzschnitte) in geeigneter Weise der Nachwelt erhalten und präsentieren zu können, blieb ihr leider verwehrt," so Gerd Hagedorn. Charlotte Walner-von Deuten, die zuletzt am Osterkamp 3 im Stadtteil Marienthal wohnte, übertrug diesen Wunsch in ihrem Testament ihren Neffen. Sie gründeten 1990 die Charlotte Walner-von Deuten Stiftung. Der Zweck der Stiftung ist laut Satzung: "die Pflege und Dokumentation der Werke Wandsbeker Maler, insbesondere solcher, die zu Lebzeiten nicht selbst dafür sorgen konnten, sowie der Werke von Felix Walner. Dabei werden Maßnahmen wie Information, Kommunikation, Austausch und Präsentation von Werken Wandsbeker Maler angestrebt".
Text: Rita Bake
Quellen:
1 Staatsarchiv Hamburg, 221-11_75085
2 ebenda
3 Anja von Cysewski: NS-Frauenschaft, in: Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus. 2. Aufl. , München 1998, S.617f.
4 Staatsarchiv Hamburg, 221-11_75085
5 Michael Hensle: Nationalsozialistischer Rechtswahrerbund, in: Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus. 2. Aufl. , München 1998, S.609.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

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Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae
Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons
März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann
Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

Was erwartet Sie in der Frauenbiografie-Datenbank?

Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

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Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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