Namens-/Sachregister

Frauenbios

Martha Muchow

( Dr. Martha Marie Muchow )
(25.9.1892 Hamburg - 29.9.1933 Hamburg)
Psychologin, wissenschaftlicher Rat am Psychologischen Institut der Universität Hamburg, an der NS-Diktatur zerbrochen
Garten der Frauen, Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (Erinnerungsstein)
Psychologisches Inistitut (Wirkungsstätte)
Edmund-Siemers-Allee 1 (Hauptgebäude Universität Hamburg) Stolperstein
Bundesstraße 74 (Wohnadresse) Stolperstein
Namensgeberin für: Martha-Muchow-Weg in Hamburg Uhlenhorst seit 2010
Die Bibliothek der Fakultät 4 Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg Binderstraße 40 heißt Matha-Muchow-Bibliothek. An der Außenwand der Bibliothek zum Joseph-Carlebach-Platz hin befindet sich ein Graffiti des Portraits von Martha Muchow. Seit 2010 gibt es auch die Martha-Muchow-Stiftung. Sie dient der wissenschaftlichen Forschung mit Schwerpunkt zwischen Kindheitsforschung und Schulpädagogik.

Martha Muchow-Büste, Universität Hamburg; Bildquelle: Martha-Muchow-Bibliothek der Universität Hamburg, Künstlerin. Karin Bohrmann
Martha Muchow war die Tochter von Dorothee Muchow, geb. Korff, und ihres Ehemannes, des Zollinspektors Johannes Muchow. Das Ehepaar hatte noch ein weiteres Kind. Nachdem Martha Muchow 1912 das Abitur gemacht hatte, absolvierte sie eine einjährige Lehrerinnenausbildung. Danach war sie zwei Jahre in Tondern an einer Höheren Mädchenschule tätig. In ihrer Freizeit besuchte sie Vorlesungen von William Stern (geboren als Wilhelm Louis Stern) am Hamburgischen Kolonial-Institut (erste staatliche Hochschule vor Gründung der Universität Hamburg). Das Interesse für Psychologie erwachte, als sie sich ab 1917 an der Ausarbeitung von Beobachtungsbögen für Intelligenzprüfungen an Schulen beteiligte. 1919 nahm sie ihr Studium der Psychologie, Philosophie, der deutschen Philologie und Literaturgeschichte an der frisch gegründeten Hamburger Universität auf. In den Jahren davor hatte sie bereits im Hamburger Schuldienst als Volksschullehrerin gearbeitet. William Stern, Professor für Psychologie, wurde schnell auf die Studentin aufmerksam und erwirkte schon ein Jahr, nachdem Martha Muchow mit dem Studium begonnen hatte, bei der Schulbehörde ihre Beurlaubung aus dem Schuldienst, um sie als wissenschaftliche Hilfsarbeiterin am psychologischen Laboratorium der Universität einzustellen. 1923 promovierte Martha Muchow mit einer Arbeit über „Studien zur Psychologie des Erziehers“. Die Forschung auf dem Gebiet der Psychologie hatte in dieser Zeit eine große Wandlung genommen – weg von der zergliederten, von naturwissenschaftlich- experimentellen Methoden beeinflussten Forschung in Einzeldisziplinen hin zu einer Betrachtung des Menschen in seiner Gesamtheit. Zudem gewann William Sterns kinder- und jugendpsychologischer Forschungsschwerpunkt immer mehr an Bedeutung.
Beeinflusst von all diesen Forschungsansätzen arbeitete Dr. Martha Muchow u. a. darauf hin, dass in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung ein sozialpädagogisches Praktikum eingeführt wurde. „Seit 1926 war Martha Muchow ständige Mitarbeiterin der renommierten Fachzeitschrift ‚Kindergarten’. Parallel dazu hatte sie engen Kontakt zur Fröbel-Bewegung und zum Hamburger Fröbel-Seminar, wo sie Psychologie unterrichtete.“ [1]
Während ihrer Tätigkeit am Psychologischen Institut erhielt Dr. Martha Muchow die Gelegenheit, in den USA die amerikanischen Methoden der psychologischen Forschung kennenzulernen und dort in verschiedenen Großstädten über ihre eigene Arbeit zu berichten. Sie bekam mehrere Angebote, in den USA zu bleiben und dort zu forschen. So schrieb sie im November 1930 aus Washington: „Wenn ich nicht so tief in meiner Arbeit verwurzelt wäre, könnten mich vielleicht einige Angebote verlocken, hier zu bleiben, wenigstens für ein paar Jahre. Aber gerade hier merke ich doch, wie sehr kultur- und schicksalsverwachsen ich im Grunde bin, so daß selbst ungeahnte Mittel für ungeahnte Forschungsarbeiten mir nichts sagen können; meine ganzen Arbeitspläne für die kommenden Jahre sind unverpflanzbar (...).“ [2]
Als Dr. Martha Muchow nach Hamburg zurückkehrte, musste sie mit Schrecken die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten miterleben: Die Freiheit der Lehre und Forschung gab es nicht mehr, und die politische Entwicklung wirkte sich zunehmend bedrohlich und damit negativ auf die Arbeit am Psychologischen Institut aus. Es kam zu diversen Zusammenstößen mit der Landesunterrichtsbehörde, da Dr. Martha Muchow die von den Nationalsozialisten geforderten Erziehungsmethoden aus humanistischen Gründen nicht mittragen wollte. Ihr physischer und psychischer Zustand wurde immer schlechter; sie war überarbeitet, gönnte sich jedoch keine Erholungspause. Als dann am 9. April 1933 auch noch ihre Mutter starb, fühlte sie starke Verzweiflung und war am Ende ihrer Kräfte. Doch zur Trauer und zum Rückzug hatte sie keine Zeit, keine Möglichkeit. Täglich kamen verzweifelte Menschen zu ihr, Verfolgte und Geächtete.
„Als nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten ihr Lehrer William Stern entlassen wurde, denunzierte man sie in einem Brief vom 10. Juli 1933 als ‚Judengenosse’: ‚Fräulein Dr. Muchow, die engste Vertraute von Prof. Stern, die ihn auch heute täglich besucht und mit ihm alle Pläne ausarbeitet, ist die gefährlichste. Sie war aktives Mitglied des marxistischen ‚Weltbundes für Erneuerung der Erziehung’ (…). Ihr Einfluß ist unheilvoll und einer deutschen Staatsauffassung direkt zuwiderlaufend.’“ [3]
Zu ihrem 41. Geburtstag am 25.9.1933 erhielt Martha Muchow den Bescheid, das Institut, in dem sie als wissenschaftliche Rätin tätig war, zu verlassen und in den Schuldienst zurückzukehren. Zutiefst erschüttert äußerte sie zwar noch den Wunsch, eine Anfängerklasse zu übernehmen – aber in Wahrheit sah sie wohl keine Perspektiven mehr für sich. Zwei Tage nach ihrer Suspendierung wurde sie bewusstlos in ihrer Wohnung in der Bundesstraße 78 aufgefunden. Sie starb zwei Tage später im Jerusalem-Krankenhaus an den Folgen ihres Versuches, sich das Leben zu nehmen.
Quellen:
1 wikipedia: Martha Muchow, Stand: 6.8.2011.
2 Angela Bottin: Enge Zeit, Spuren Vertriebener und Verfolgter der Hamburger Universität. Berlin 1992.
3 wikipedia: Martha Muchow, Stand: 6.8.2011 und zitiert nach: Karl-Heinz Hitze: Martha Muchow und ihr Beitrag zur Erforschung der frühkindlichen Sozial-, Denk- und Bewusstseinsentwicklung. Unveröffentlichte Diplomarbeit. München 2001, S. 197.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

Erklärung zur Datenbank

Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Januar 2024: Astrid Matthiae
Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons
März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann
Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

Was erwartet Sie in der Frauenbiografie-Datenbank?

Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

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Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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