Namens-/Sachregister

Frauenbios

Camilla Fuchs

(1.2.1886 - Freitod am 24.10.1941)
Sopranistin
Dammtorstraße, Stadttheater (Wirkungsstätte)
Großneumarkt 56 (Wohnadresse)
Stolperstein vor dem Eingang zur Hamburgischen Staatsoper
Am 24. Oktober 1941 erschien der Hauswart aus dem ehemaligen Hertz-Joseph-Levy-Stift, Joseph Polak, auf dem Polizeirevier 34 und meldete den Tod der Schwestern Camilla Fuchs und Thekla Daltrop geb. Fuchs (28.5.1883, Freitod am 24.10.1941) in ihrer Wohnung in der zweiten Etage des Hauses Großneumarkt 56. In den Tagen zuvor hatte er die Schwestern vermisst, und da sie sich auf sein Klingeln hin auch nicht an der Wohnungstür gemeldet hatten, ließ er die Tür von einem benachbarten Schlosser öffnen. In der Küche fand er die beiden Frauen in Korbsesseln sitzend tot auf. Sie hatten die Fenster und Türen mit Lappen verstopft und vom Herd den Gasschlauch entfernt. Der Grund ihres Freitods war neben mehreren Urkunden am Küchenbüfett befestigt: die „Evakuierungsbefehle“ Nr. 416 und Nr. 1205.
Camilla und Thekla waren in Prag geboren. Ihre Mutter Helene Klemperer war mit Samuel Fuchs verheiratet und betrieb eine Geflügelhandlung. Die Schwestern besaßen die österreichische Staatsbürgerschaft und ließen sich etwa um 1912 in Hamburg einbürgern.
Camilla Fuchs wohnte 1925 im Durchschnitt 13, zog dann vom Grindelviertel in den Hernerweg 92 und lebte zuletzt am Hammer Berg 44 in Hamburg-Hamm. Vermutlich bezog sie schon Anfang 1930 eine 1 ½-Zimmer-Wohnung im Hertz-Joseph-Levy-Stift. Dieses Stift, 1854 gegründet, vergab Wohnungen gegen eine geringe Miete an mittellose Familien und alleinstehende Personen.
Sie blieb unverheiratet und sang bis zu ihrer Entlassung im Sommer 1931 als Sopranistin im Chor des Hamburger „Stadt-Theaters“. Nach der deutschen Besetzung der Gebiete Böhmen und Mähren am 15. März 1939 verlor Camilla Fuchs ihre deutsche Staatsbürgerschaft und galt aufgrund ihrer Prager Geburt nun als „Protektoratsangehörige“.
Ihre Schwester Thekla lebte vor ihrer Ehe in der Hamburger Altstadt am Brandsende 21. Am 27. Oktober 1927 heiratete sie den Hamburger Makler Hermann Daltrop, geboren 1879, der im „Guatemala-Haus“ in der Gerhofstraße 3-5 ein Büro für Finanzierungen, Geschäftsverkäufe und Teilhaberbeschaffungen betrieb. Das Ehepaar wohnte in einer gutbürgerlich eingerichteten 3-Zimmer-Wohnung im Rungestieg 3 in Hamburg-Barmbek. Als am 12. März 1938 Hermann Daltrop verstarb, lebte das kinderlose Ehepaar mittlerweile in der Kaiser-Wilhelm-Straße 23-31. Von dort zog Thekla in das Hertz-Joseph-Levy-Stift. Bis zu ihrer Pensionierung war sie als Verkäuferin tätig, aber, wie auf ihrer Kultussteuerkarte der Jüdischen Gemeinde am 25. November 1940 vermerkt ist, war sie später völlig mittellos.
Aus dem Hertz-Joseph-Levy-Stift, in dem die beiden Schwestern lebten, war mittlerweile ein so genanntes Judenhaus geworden, das vom Jüdischen Religionsverband zwangsverwaltet wurde. Hier erhielten die Schwestern am 21. Oktober 1941 ihre „Evakuierungsbefehle“ und sollten mit dem ersten Hamburger Transport am 25. Oktober 1941 nach Lodz deportiert werden. Die bevorstehende Deportation und die Aussicht auf ein Leben im Getto mochten sich die Schwestern wohl nicht zumuten. Sie zogen es vor, gemeinsam ihrem Leben ein Ende zu setzen.
Ein handgeschriebener Zettel ohne Unterschrift enthielt knapp ihren Letzten Willen: „Unser letzter Wunsch: Wir bitten, dass Frau Simon nicht unsere Leichen bewacht. Dann bitte die blaue Tasche, braunen Hut Herrn Harriel Elias für unsere Schwester Pauline Eckhard zu überreichen. Das Geld für die Beerdigung (ist) nach Ohlsdorf überwiesen. Dann möchte ich meinen Trauring anbehalten.“
Thekla Daltrops letzter Wunsch wurde nicht erfüllt. Ihr Ehering wurde mit dem noch verbliebenen Besitz der beiden Schwestern beschlagnahmt. Ihre Wertgegenstände hatten sie bereits lange vorher bei den staatlichen Stellen abgeben müssen.
Die erwähnte Schwester Pauline Eckhard wurde am 18. Mai 1867 ebenfalls in Prag geboren. Sie studierte nach Beendigung der Volksschule Gesang und war anschließend im Deutschen Theater in Prag als Chorsängerin beschäftigt. Am 12. Dezember 1897 heiratete sie den Dolmetscher Karl Eckhard. Die Ehe wurde früh geschieden. Ihr einziger Sohn Egon, geboren 1899, starb 1935 an einem Lungenleiden, das er sich im Ersten Weltkrieg zugezogen hatte. Von 1912 bis 1918 sang auch Pauline Eckhard im Hamburger „Stadt-Theater“ und wohnte im Lazarus-Gumpel-Stift in der Schlachterstraße 47 (heute Großneumarkt 38), in unmittelbarer Nähe des Hertz-Joseph-Levy-Stift. Hier erhielt Pauline Eckhard ihren „Evakuierungsbefehl“ und musste sich im Sammellager der Volksschule in der Schanzenstraße 105 einfinden. Am 19. Juli 1942 wurde sie in das Getto Theresienstadt deportiert. Dort wurde sie von der russischen Armee am 8. Mai 1945 befreit und kehrte nach Hamburg zurück. Pauline Eckhard starb im Alter von 91 Jahren am 31. Dezember 1958 im jüdischen Altersheim in der Schäferkampsallee 27.
Der Hauswart aus dem Hertz-Joseph-Levy-Stift Josef Polak, geboren 1899, wurde am 8. November 1941 nach Minsk deportiert und von dort weiter nach Auschwitz. Josef Polak überlebte Auschwitz nicht.
Vor der Hamburgischen Staatsoper liegt ein Stolperstein für Camilla Fuchs, ein weiterer Stolperstein für sie und ihre Schwester Thekla Daltrop liegt vor dem Haus Großneumarkt 56 (Hertz-Joseph-Levy-Stift).
Text: Susanne Rosendahl
 

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(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

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Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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