Namens-/Sachregister

Frauenbios

Elena Luksch-Makowsky

( Elena Luksch-Makowsky, geb. Makowsky )
(14.11.1878 in St. Petersburg - 15.08.1967 in Hamburg)
Russische Malerin und Bildhauerin
Grasweg 38 II (Wohnadresse)
Georg-Thielen-Gasse (Wohnadresse)
Garten der Frauen, Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (historischer Grabstein)
Die Malerin und Bildhauerin Elena Luksch-Makowsky vor ihrem Gemälde "Adolescentia". Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg.
Fotografin: Minya Diez-Dührkoop (gemeinfrei), via Wikimedia Commons
„Im Frühjahr 1900 bekannte ich mich zu meinem Schicksal, fast verzweifelt, zum Teil wegen meines Kummers um Mutter; nach einem Briefwechsel mit Richard Luksch fuhr ich mit meinem Bruder Sergej ins Ausland nach München und heiratete Richard Luksch, zuerst im Standesamt in Dachau, und dann ließen wir uns in der griechisch-othodoxen Kirche in München kirchlich trauen, als die Kastanien blühten, am 20. Juni 1900.“ [1]
Mit diesen Worten enden die Kindheits- und Jugenderinnerungen, die Elena Luksch-Makowsky um 1965, kurz vor ihrem Tod in Hamburg in ihrer Muttersprache Russisch aufschrieb. Abrupt und eigenartig befremdlich erscheinen sie besonders im Zusammenhang des gesamten Textes, der ausführlich und liebevoll die Kindheit und Jugend in Russland beschreibt. Woher dieser Bruch, der wie ein Sprung ins kalte Wasser wirkt?
Elena Makowsky wurde am 14. November 1878 in St. Petersburg geboren. Ihr Vater war Konstantin Makowsky, ein angesehener und erfolgreicher Maler, Günstling Alexanders II., die Mutter Julia, erheblich jünger als der Vater, eine Schönheit mit einer wunderbaren Singstimme, die ihren Mann liebte und verehrte. Elena wuchs zusammen mit ihren beiden Brüdern in glanzvollen aristokratischen Verhältnissen auf. Eine romantische Welt erfüllte ihre Kindheit. Die Sommer verbrachte man auf dem Land, die Winter in St. Petersburg. Unter der liebevollen Obhut der Mutter wurden die Kinder mit Büchern, Theater und Opern bekannt, aber auch mit dem russischen Volk, dessen Leben Elena zeitlebens faszinierte. Der Vater tauchte wie ein Meteor bald aus seinem Atelier in Petersburg, bald aus Paris auf. Gäste, die auf seinen Bildern wiederzufinden sind, erfüllten dann das Haus. Im Atelier und auf der nebenan gelegenen Bühne gaben die Eltern groß ausstaffierte Abende, bei denen lebende Bilder nach den Gemälden des Vaters nachgestellt wurden, und die Eltern gemeinsam sangen. „Der noch nicht überlebte Romantismus dieser Generation, der durch die Epoche der Opernbegeisterung unterstützt wurde, hat uns durch die Melodien der Petersburger Romanzen bezaubert und wirkte auf uns Kinder.“ [1]
Der wichtigste Teil der Welt aber, schreibt Elena in ihren Jugenderinnerungen, war das väterliche Atelier, „...wo diese wunderbare, sehr wichtige, alles umfassende Arbeit meines Vaters entstand. Es war schwer, dorthin zu gelangen, es wurde selten erlaubt...“ [1] Dessen ungeachtet, bestand der Vater auf einer malerischen Ausbildung seiner Kinder. Elena begann bereist im Alter von 71/2 Jahren, sich ernsthaft mit dem Zeichnen zu beschäftigen. „Das Zeichnen war bei uns Familientradition, eine Frage der Ehre – eine Frage großer Bedeutung.“ [1] „Bruder Sergej...zeichnete besser als ich... ‚Ganz einerlei’, sagte ich ruhig...,ich werde Künstlerin, aber Du nicht.“ [1] Sie behielt recht, der geliebte ältere Bruder wurde später Schriftsteller. Elena arbeitete so intensiv, dass der Vater lobte: „Elena ist erst 11 Jahre alt, aber sie arbeitet wie eine Zwanzigjährige.“ [1] Vorbild war und blieb der Vater, auch wenn sie künstlerisch bald eigene Wege ging: „Wieviel Kraft müßte man haben, um mit dieser gewaltigen Arbeit fertig zu werden, wieviel Energie musste man verschwenden während der Portraitsitzungen, mit Gesprächen und persönlichen Beziehungen mit den Auftraggebern. Für unsere zerquälte Zeit ist das kaum fassbar. Das gleicht schon wahrhaftig einem Format und einer Meisterschaft der Meister der Renaissance. Dabei war mein Vater wirklich noch sozusagen ‚Die Seele der Gesellschaft’, und es gelang ihm, ‚die Seele der Gesellschaft’ zu sein. So verschwenderisch brachte er mit seinem Temperament die persönliche Bezauberung in jede Gesellschaft.“ [1]
Als Julia Makowsky im Winter 1888/89 schwer erkrankte, begann eine vierjährige „Irrfahrt“ von Mutter und Kindern durch halb Europa, die mit der Trennung der Eltern endete. Der Vater hatte inzwischen eine neue Familie in Paris gegründet.
Bei allem Schmerz und der Sorge um die Mutter war diese Zeit für Elena von außerordentlicher Bedeutung für ihre Entwicklung. Die Reisen mit der Mutter führten sie nach Deutschland, Frankreich, Italien und in die Schweiz. Die Palette der Eindrücke und Erfahrungen reichte vom eher kleinbürgerlichen Leben in Bad Kissingen bis zum mondänen Hotelleben in Montreux, vom Meer bis zu den Bergen. Elena, oft sich selbst überlassen, nahm alles intensiv mit ihrem Zeichenstift wahr. Sie lernte Sprachen, so dass sie einen Großteil der Bücher der Weltliteratur im Originaltext las, und besuchte Museen. Den größten Eindruck machten ihr Florenz und Venedig: „Erregende Vertiefung in mich selbst, ich widme mich der Kunst, sie hat ganz von mir Besitz ergriffen, ist so tief in mein Empfinden eingedrungen, erfüllt es und versetzt es in Erregung. Italien! Ein wunderbarer Eindruck fürs ganze Leben.“ [1] Doch wo immer sie sich in diesen vier Jahren aufhielten, die Mutter richtete stets ein Eckchen mit Erinnerungen an die russische Heimat ein. Diese Verbindung bewahrte auch Elena zeitlebens: „Wie selbstverständlich ist mir heute dieser Drang, sein Ich zu bewahren, wenn man von seiner Vergangenheit und Tradition getrennt ist.“ [1]
Bei der Rückkehr nach Petersburg war Elena ganze 15 Jahre alt, und bei dem Pensum, das sie sich abverlangt hatte, liest man mit Staunen: „Es war der Beginn der eigentlichen Arbeit an sich selbst.“ [1]
Elena trat sofort in die Gesellschaft zur Förderung der Künste ein und durchlief im Winter 1893/94 sämtliche Klassen – Ornament, Gipsköpfe, Aquarell- und Federzeichnen, Ölmalerei – der „etwas langweiligen Schule“ [1].
Im Herbst 1895 besuchte sie das private Künstleratelier des kritischen Realisten Ilja Repin, um sich für die Akademie vorzubereiten, in die sie im Herbst 1896 aufgenommen wurde. Sie besuchte die Meisterklasse Repins zusammen mit drei Frauen und 23 Männern. Ihr zweiter Lehrer wurde der Bildhauer Wladimir Beklemischow. Jeden Morgen benutzte sie einen anderen Weg in die Akademie, „um mich von verschiedenen Seiten mit meiner wunderbaren Hauptstadt bekannt zu machen“1. Die Abende verbrachte sie zumeist lesend und arbeitend zu Hause an der Seite des Bruders Sergej. Mit ihm und der Mutter mietete sie auch im Sommer einfache Datschen, inmitten der Natur, von der sie sich jedes Mal nur schwer losreißen konnte. Die Eindrücke einer Reise auf der Wolga im Sommer 1897, die Begegnungen mit den einfachen Leuten auf dem Lande, die sie in einem Album festhielt, wurden für sie zu einer unerschöpflichen Quelle, die sie später in der Fremde benutzte: „Diese frühen Bilder sind wichtig für mich, weil sie einen weiteren Schritt in meiner Entwicklung bedeuten, zur Entstehung meines völkischen, epischen Kunststils.“ [1]
Zunächst einmal aber arbeitete sie mit Ilja Konjenkow an einem großen Relief, das die Schrecken des Krieges darstellt, eine Auftragsarbeit von H. Bloch, der auf der Weltausstellung in Paris einen Friedenspavillon aufbauen wollte, aber vorher starb. Als Bloch ihr ein Stipendium anbot, griff sie begeistert zu: „Bis zu dieser Zeit ließ ich es fast unerwähnt, daß in Verbindung mit dem düsteren und rauhem Klima in Petersburg, mit den Jahren eigensinniger Entwicklung und aus noch anderen Gründen, meiner physischen Unfähigkeit und Lebensschwäche, ein harter Kampf in mir entstand, der Drang, wegzugehen, mich zu befreien, eine ungerechte Beschuldigung meiner Umwelt.
Eine harte Qual, charakteristisch für die außergewöhnliche Jugend, jener Druck der Kräfte, mit dem man sich mit dem wahren, großen Leben messen will, außerhalb des verwünschten Famileinkreises! Ich träumte schon seit 1895 vom Weggehen, von meiner Arbeit, der Kunst – zu leben, zu Fuße, zu Pferd. Und ich habe mich sogar in so einer Wanderkleidung gezeichnet, einer nicht weiblichen, sondern eher männlichen, um keinerlei Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Einen praktischen Zugang zu dieser, meiner Sorge hatte ich nicht. Meine Schüchternheit und Verlegenheit – im Bewußtsein meiner weiblichen Stärke und eine große Zurückhaltung der begeisterten, weiblichen Natur, bewahrten mich gleichsam vor frühreifen Erfahrungen auf dem Wege der weiblichen Linie, alle Kräfte richteten sich auf Vergeistigung und Reifung meiner Begabung.“ [1]
1898 ging sie nach München und – verstrickte sich erneut ins Familienleben. Sie besuchte die private Kunstschule von Anton Azbè wie ihre Landsleute Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin, und zog wie viele Maler nach Deutenhofen, in die raue Landschaft des Dachauer Moores. Dort verliebte sie sich in den Wiener Bildhauer Richard Luksch und heiratete ihn im Jahre 1900.
Elena Luksch-Makowskys Erinnerungen enden hier, so dass über den Fortgang ihres Lebens bis auf einige bekannte äußere Fakten die Schlüsse aus ihrem Werk zu ziehen sind.
Richard Luksch und Elena Luksch-Makowsky, wie sie sich jetzt nannte, gingen nach Wien. Sie wurden Mitglieder der Wiener Sezession, Elena 1901 als erste Frau, und nahmen an deren Ausstellungen teil. 1902 beteiligten sie sich auch an der Klingers Beethoven-Denkmal gewidmeten Ausstellung der Sezession, dem Versuch eine Gesamtkunstwerkes, zu dem alle Mitglieder ihren Teil beitrugen. Seit der Gründung der Wiener Werkstätte intensivierten beide ihre kunsthandwerkliche Tätigkeit. Als Richard Luksch 1906 den Auftrag, Reliefs für die Fassade des Wiener Burgtheaters zu machen, aus Zeitgründen nicht ausführen konnte, gab er ihn an seine Frau weiter: In nur drei Monaten schuf sie eines ihrer Hauptwerke, drei große Melpomene-Reliefs, die sich heute im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe befinden. Eine andere Arbeit ist im Besitz der Hamburger Kunsthalle: sieben Blätter zu Rabelais’ Roman über die Abenteuer des Riesen Gargantua, die zwischen 1906 und 1908 entstanden. Sie haben die derbe Kraft, die sich schon in den Blättern mit russischen Motiven aus den Jahren 1902-1905 zeigt und die innerhalb der Sezession einzigartig ist.
Anfang des Jahres 1907 erhielt Richard Luksch einen Ruf an die Hamburger Kunstgewerbeschule (heute Hochschule für bildende Künste). Das Ehepaar zog mit seinen beiden Söhnen (Peter, 1901 geboren, und Andreas) nach Hamburg. Elena Luksch-Makowsky beschäftigte sich weiter mit dem volkstümlichen Leben ihrer Heimat. Es entstanden mehrere Reihen Volks-Bilderbogen. Als sie 1910 von Fritz Schumacher den Auftrag erhielt, ein Werk für den Hamburger Stadtpark zu getalten, arbeitete sie eine Fayenceplastik, die sie „Ein Frauenschicksal“ nannte. Die Plastik wurde später aus dem Stadtpark einfernt, um sie vor Vandalismus zu schützen und kam dann in die Hamburger Kunsthalle, wo sie jahrelang im dortigen Café Liebermann stand. Durch Initiative des Kunsthistorikers Dr. Christoph Schreiber konnte eine Replik dieser Plastik durch Spenden geschaffen werden, so dass die Replik im August 2019 im Stadtpark aufgestellt werden konnrte.Es handelt sich um: eine sitzende Frau, die den Kopf der künstlerischen Inspiration in Gestalt eines Kuckucks zuwendet, der auf ihrer Schulter sitzt, während drei Kinder – 1911 war Elenas dritter Sohn Dimitrij geboren – vorsichtig aus dem Schutz der herabfließenden Gewänder der Mutter herausblicken. Die Arm- und Handbewegungen der Frau gehen vom Kuckuck aus und zu ihm zurück und trennen schroff die beiden Welten voneinander.
Schumacher beschrieb sehr einfühlsam: „Durch diese Kinder ist die Frau fest am Boden gebunden. Sie kann nicht schreiten, wohin sie will, sie kann sich nicht bewegen, wie sie mag, das Leben der Mutter wird durch anderes Leben am Erdboden gefesselt. ... Ihr Haupt aber kann sich frei bewegen. Oben im Geistigen ahnen wir noch eine zweite Welt. Sie lauscht dem Vogel mit einer Gebärde voll entsagungsvoller Sehnsucht.“ Unmittelbar vorher hatte Elena Luksch-Makowsky ein Aquarell zum selben Thema gemalt: „Die Frau zwischen den Kindern.“ Mit dem „Frauenschicksal“ endet 1912 ihre künstlerisch produktivste Zeit. Sie ist zu diesem Zeitpunkt 34 Jahre alt.
Brunnen von Elenea Luksch-Makowsky in der Stadtteilschule Winterhude (früher: Volksschule Wiesendamm); Foto: Hans-Jürgen Schirmer
„War es das Frauenschicksal, war es die fehlende Inspiration durch den Wiener Künstlerkreis, war es die zunehmende Entfernung von der russischen Heimat, die dazu führten, daß die künstlerische Spannkraft nachließ?“ [2] fragt Helmut Leppien in seinem lesenswerten Beitrag „Elena Luksch-Makowsky. Zwischen Bilderbogen und Stilkunst“. Ich meine, es geht hier nicht um „entweder / oder“, sondern um „und“. Die eingangs zitierten Worte Elena Luksch-Makowskys machen ebenso wie die Nachzeichnung ihres Lebenslaufes deutlich, dass die von Leppien genannten Motive allesamt Bestandteile dessen sind, was Elena Luksch-Mankowsky Frauenschicksal nennt und was sich auch heute, einhundert Jahre später, kaum geändert hat. Noch immer ist es zumeist die Frau, die ihren Ort verlässt, sich den beruflichen Gegebenheiten des Mannes anpasst und für die Familie verantwortlich ist. Schon den Umzug nach Wien schloss Elena in ihr „Schicksal“ ein. Im Hamburg verschärften sich die Bedingungen nur noch. Die Familie war größer geworden und erforderte mehr Zeit und Kraft. Die Kaufmannsstadt Hamburg und der Kreis um Richard und Ida Dehmel, dem das Paar bald angehörte, konnten ihr weder die Heimat und ihre Menschen noch die künstlerischen Anregungen ersetzen. Zudem tauchte in den zwanziger Jahren eine zweite Frau in Richard Luksch Leben auf: die Tänzerin Ursula Falke.
Was als Frauenschicksal erscheint, ist in Wahrheit ein Frauendrama und damit nicht unabänderlich.
Text: Brita Reimers
Zitate:
1 Elena Luksch-Makowsky: Kindheits- und Jugenderinnerungen 1878-1900. Hamburg 1989.
2 Helmut R. Leppien: Elena Luksch-Makowsky. Zwischen Bilderbogen und Stilkunst. In: Joachim Heusinger von Waldegg/Helmut R. Leppien: Richard Luksch. Elena Luksch-Makowsky. Hamburg 1979.
 

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(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

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Dr. Rita Bake
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