Namens-/Sachregister

Frauenbios

Hamburger Frauenchor

Pastorenstraße 16 (ehemals)
Dem Bau der Ost-West-Straße (heute Willy-Brandt-Straße), der u. a. den historischen Zusammenhang von Großneumarktviertel und Michaeliskirchspiel zerstörte, fiel auch das nördliche Ende der Pastorenstraße zum Opfer. Nach Stadtplänen aus dem 19. Jahrhundert muss mitten auf der heutigen Ost-West-Straße das damalige Haus Pastorenstraße Nr. 16 gestanden haben.
Ausschnitt aus dem szenischen Rundgang "Noch mehr Theater mit den Frauen". Frauenchorsängerinnen gespielt von Beate Kiupel und Herma Koehn.

In diesem Haus wurde am 6. Juni 1859 der Hamburger Frauenchor gegründet. Anlässlich einer Hochzeit am 19. Mai 1859 in der St. Michaelis Kirche führten Friedchen Wagner und einige Kolleginnen aus Carl Grädeners Gesangs-Akademie für gemischten Chor seine Motette „Wo Gott sein Haus nicht selber baut“ auf. Dass Frauen in der Kirche sangen, war nicht immer selbstverständlich gewesen. Diese wichtige Stätte der Gesangsausbildung war Frauen bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts verschlossen gewesen. Gegen diesen Zustand protestierte der Musikschriftsteller und Komponist Johann Mattheson bereits im 18. Jahrhundert. Von ihm erfahren wir auch die Argumente, die diesen Ausschluss begründeten: „(...) a propos, vom Frauenzimmer! Es stehet nicht zu begreifen, warum man diesem schönen Geschlechte verbieten will, das Lob Gottes, an dem dazu gewidmeten Orte, öffentlich in seinem Mund zu führen. Sagt einer: die Person singt in der Opera: so singen ja die Männer auch allda. Sagt der andere: sie ist zu hübsch; so müssen nur alle artigen Gesichter aus der Kirche bleiben. Sagt der dritte: Sie singt gar zu lieblich; so hat man ja Ursache, Gottes Wunder in der Menschenstimme zu preisen.“ Bezaubert von dem Gesang der Frauen war auch Johannes Brahms, der sich im Mai 1859 in St. Michaelis unter den Hochzeitsgästen befand. Er fragte nach, ob die Damen mit ihm sein „Ave Maria für Frauenchor und Orchester- bzw. Orgelbegleitung“ op. 12 einstudieren würden. Friedchen Wagner (geb. 1831), seit 1855 seine Klavierschülerin, organisierte in ihrem Elternhaus in der Pastorenstraße 16 die erste Probe, zu der 28 Sängerinnen erschienen. Der Hamburger Frauenchor war geboren.
Mit Eifer ging man an die Arbeit. Die Choristinnen entwarfen ein Medaillon aus vier Kreiselementen mit den Buchstaben H F C für Hamburger Frauenchor und B für Brahms. Der Chorleiter verfasste ein als „Avertimento“ bezeichnetes Statut mit folgender Präambel: „Sonder weilen es absolute dem Plaisire fördersam ist, wenn es fein und ordentlich dabei einhergeht, als wird denen curieusen Gemüthern, so Mitglieder des sehr nutz- und lieblichen Frauenchors wünschen zu werden (...) jetztund kund und offenbar gethan, daß sie partoute die Clausuln und Puncti hiefolgenden Geschreibsels unter zu zeichnen haben ehe sie sich obgenannten Tituls erfreuen und an der musikalischen Erlustigung und Divertirung parte nehmen können“ [1]. Unterschrieben hatte er das Ganze mit „Der ich verharre in tiefster Devotion und Veneration des Frauenchors allzeit dienstbeflissener und schreibfertiger und taktfester Johannes Kreisler, Jun. alias: Brahms.“ [2] Zahlreiche Sängerinnen, unter ihnen auch Clara Schumann, die an den Chorproben teilnahm, wenn sie in Hamburg weilte, unterzeichneten das heitere Statut.
Unbeschwert und fröhlich ging es auch bei den Proben zu, die meistens bei Wagners, aber auch im Hause des Musiklehrers Johann Theodor Friedrich Avé-Lallemant stattfanden. Zunehmend traf man sich auch bei Auguste Brandt in der Böckmannstraße sowie bei den Schwestern Betty und Marie Völckers in Hamm und im Landhaus der Halliers in Eppendorf (damals zwischen Erika- und Tarpenbekstraße gelegen). Die gesellige Komponente hatte eben einen genauso großen Stellenwert wie die musikalische.
Über ihre erste Chorprobe am 1. August 1859 schrieb Franziska Meier: „Wir sangen Psalm 23 von Schubert und das Ständchen ‚Zögernd leis‘. Wir übten tüchtig, er ist prachtvoll genau beim Üben. Wenn die jungen Mädchen ihn doch alle ansehen möchten, würde das Dirigieren leichter sein.“ 1) Und Brahms schwärmte: „Mir gefällt der helle silberne Klang außerordentlich, und namentlich in der Kirche mit Orgel klingen die Frauenstimmen ganz reizend.“ 2)
Neben Werken von Schubert, Hasse, Mendelssohn und Schumann wurden die älterer Komponisten wie Palestrina und Isaac gesungen, die Brahms für Frauenchor bearbeitete. Einen erheblichen Raum nahmen seine für drei- oder vierstimmigen Frauenchor gesetzten Volkslieder ein. Vor allem aber regte der Chor Brahms zu eigenen Kompositionen an. Nach einem Sommer mit montagmorgentlichen Chorproben schrieb er am 30.9.1859 aus Detmold, wo er im Winter am Hof engagiert war, an Clara Schumann: „Ich sage Dir eine der lieblichsten Erinnerungen ist mir dieser Frauenchor. (...) Was werden nächsten Sommer da für Lieder kommen und für Freudenpsalmen! Eigentlich wird wohl schon etwas Cultus in Hamburg mit mir getrieben, das kann aber gar nichts schaden, denke ich. Ich schreibe wenigstens immer lustiger und es tönt in mir als müßte mit der Zeit Himmlisches herauskommen.“ [1] U. a. entstanden „Vier Gesänge für Frauenchor mit Begleitung von zwei Hörnern und Harfe“ op. 17. Dem ersten der vier Gesänge ist ein Gedicht von Friedrich Ruperti unterlegt: „Es tönt ein voller Harfenklang, den Lieb und Sehnsucht schwellen, er dringt zum Herzen tief und bang und läßt das Auge quellen.“
Die Ausschreibung der Einzelstimmen übernahmen die Sängerinnen in ihren Stimmheften häufig selbst. In ihnen sind nicht nur die meisten der von Brahms für den Chor komponierten Werke überliefert. Auch viele der gesungenen Volkslieder finden sich hier.
Ganz besonderen Spaß am Singen hatten offenbar die Damen Marie und Betty Völckers, Marie Reuter und Laura Garbe. Sie gründeten ein Quartett, das sich unter der Leitung von Friedchen Wagner auch im Winter traf. „Kleine Gesang-Republik“ nannte Brahms sie scherzhaft.
Als Brahms 1863 nach Wien ging, löste sich der Chor auf. Zusammenkünfte wie die bei Halliers existierten nur noch in der Erinnerung: „Die Damen hatten Papierlaternen mitgebracht, mit denen der Teich umkränzt wurde, während die Herren mit Feuerwerk die Gesangspausen ausfüllten. Der Chor hatte sich vor dem Tempel aufgestellt und Brahms, oft heiter bis zur Ausgelassenheit, bestieg einen der Bäume und dirigierte von da aus den Gesang. Schließlich ging die Gesellschaft in heiterster Stimmung, von den brennenden Laternen beleuchtet, singend durch das Dorf von dannen.“ [2]
Text: Brita Reimers
Anmerkungen:
1 zit. nach: Janina Klassen: Johannes Brahms: Werke für den Hamburger Frauenchor. In: „Heil über Dir Hammonia“. Hamburg im 19. Jahrhundert, Kultur, Geschichte, Politik. Hrsg. von Inge Stephan und Hans-Gerd Winter. Hamburg 1992.
2 Zit. nach: Hans A. Neunzig: Johannes Brahms in Selbstzeugnissen und Dokumenten. Hamburg 1973.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

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Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
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