Namens-/Sachregister

Frauenbios

Spinnhaus

Gefängnis
Ferdinandstraße/Ecke Alstertor (ehemals)
Siehe auch unter: Prostitution im Mittelalter
Siehe auch unter: Roggenkiste
(Ausschnitt aus dem Szenischen Rundgang "Immer wieder Theater mit den Frauen" (Sprecherinnen: Rita Bake, Beate Kiupel, Thomas Karallus))
1669 wurde an der heutigen Ecke Alstertor/ Ferdinandstraße, wo auch damals schon dichte Bebauung herrschte, schräg gegenüber vom an der Alster gelegenen Werk- und Zuchthaus das Spinnhaus errichtet. Hinter dem Spinnhaus lag an der Alster der Holzhof, ein großes unbebautes Terrain, auf dem Holz gelagert wurde.
Portal des ehemaligen Spinnhauses an der Alster, darüber Wappen des Stifterehepaares. Standort: Angebaut an das Hamburg-Museum (Westseite).
Das Spinnhaus war ein Gefängnis und bestand aus zwei rechteckigen Gebäuden, deren beidseitige Flügel einen Hof einschlossen. Im größeren Vorderhaus lag die Kirche, im hinteren Haus befanden sich, getrennt nach Geschlechtern, die Arbeits- und Schlafsäle der Gefangenen.
Ins Spinnhaus kamen in erster Linie Frauen, deren Lebensweise nicht den moralischen und sittlichen Vorstellungen der damaligen Zeit entsprach. Vor ihrer Aufnahme ins Spinnhaus waren sie bereits bestraft, z. b. an den Pranger gestellt und öffentlich ausgepeitscht worden. Das Spinnhaus diente auch als polizeiliche Entbindungsanstalt. Schwangere Frauen, die in der Frohnerei saßen, ohne Wohnung in der Stadt aufgegriffen worden waren oder als Prostituierte tätig waren, wurden zur Geburt ihres Kindes ins Spinnhaus geschickt. Die meisten im Spinnhaus inhaftierten Frauen waren schwanger oder befanden sich im Wochenbett.
Kupferstich: Ansicht von dem Innern eines Spinnhauses (nicht Hamburg), aus: Abraham a Santa Clara: Etwas für alle, Bd. 2. Würzburg 1711. Über dem Bild stand: Das Spinn=Haus, Der Fleiß verjagt, was Faule plagt. Unter dem Bild stand: "Werff Kinder aus dem Herzens=Haus den Laster Tand, die Venus Docken, und löschet mit dem vollen Rocken der Wollust geile Fackeln aus. Laßt in der Hand die Nadel gleißen, so könnt ihr Tugend-Töchter heißen." (Rocken: Stab, an den die Rohwolle gebunden wurde.)
1789 waren z. B. 31 Frauen und sieben Männer, letztere hatten Diebstahl begangen, inhaftiert. Prostitution, „liederlicher“ Lebenswandel, „übles“ Verhalten, „incorrigibler“ (nicht zu bessernder) Lebenswandel, uneheliche Schwangerschaft und Geburt eines unehelichen Kindes, all dies war für Frauen strafbar und wurde mit ein bis zwei Jahren Gefängnis bestraft. Während ihrer Strafzeit mussten die Frauen, gekleidet in grünem Fries, Wolle kratzen, spinnen und weben.
Spinnhaus, Bildquelle: Staatsarchiv Hamburg
Der Tagesablauf war genau vorgeschrieben: jeden Morgen wurden die InsassInnen durch das Läuten der Anstaltsglocke geweckt und in die Werkstube geführt. Dort begann nach dem Gebet die Arbeit. Die Frauen mussten spinnen, Wolle kratzen und weben. Die Arbeitszeit endete im Winter um 19 Uhr und im Sommer um 20 Uhr. Nach der Arbeit wurde mit dem Schulmeister der Abendsegen gesprochen, dann zu Abend gegessen, und danach wurden die Häftlinge wieder in ihre Kojen eingeschlossen. Im Sommer erhielten die Sträflinge alle acht Tage und im Winter alle vierzehn Tage ein sauberes Hemd und alle sechs Wochen ein reines Bettlaken. Als Nahrung wurde ihnen Brot, Hafer-, Buchweizen- und Graupengrütze, Erbsen, Bohnen und Kohl vorgesetzt.
„Widerspenstige“ Gefangene konnten auch unter Tags in ihren Kojen gehalten und bei geöffneten Kojentüren beschäftigt werden, da die Kojen in die Arbeitssäle eingebaut waren, von diesen auch Licht bekamen und mit kanalisierten Klosets versehen waren.
Bei Arbeitsverweigerung wurde beim ersten Mal eine Ermahnung ausgesprochen, bei weiteren Vergehen mit Nahrungsentzug und Schlägen gestraft. Eine sehr häufig verhängte Strafe war das Anschließen an den Block oder in das Halseisen, so z. B. wenn die Gefangenen sich geweigert hatten, zum Gebet zu erscheinen, am Essen etwas ausgesetzt, geflucht oder an den Sonntagen getanzt hatten.
Das Spinnhaus scheint im 18. Jahrhundert als Strafanstalt für Frauen gedient zu haben, die in ihrer Lebensführung nicht den moralischen und sittlichen Vorstellungen des damaligen Bürgertums entsprachen.
Werk- und Zuchthaus sowie Spinnhaus von oben gesehen; links: Spinnhaus, rechts: Werk- und Zuchthaus, Bildquelle: Staatsarchiv Hamburg
Ins Spinnhaus kamen sicherlich nicht schwangere ledige Bürgermädchen, dafür sorgten schon deren Familien. Sie konnten sich oft bösem Klatsch und strafrechtlicher Verfolgung durch einen verschwiegenen Aufenthalt auf dem Land entziehen, wo sie das Kind heimlich austrugen und weggaben. So waren es wohl in erster Linie ledige Schwangere der Unter- und Armutsschicht, die wegen der diversen für diese Gesellschaftsschicht verhängten Heiratsverbote oft noch nicht einmal die Möglichkeit erhielten, durch eine schnelle Eheschließung mit dem Kindsvater alles wieder ins Lot zu bringen.
Die harten Strafen, mit denen Unzucht belegt wurde, waren nicht unumstritten. Friedrich Wilhelm I. hatte bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erkannt, dass Unzuchtsstrafen nur der Abtreibung und dem Kindesmord Vorschub leisteten. Damit erschien ihm seine Politik des Bevölkerungswachstums gefährdet. Auch sein Nachfolger Friedrich der Große setzte sich für die Entkriminalisierung der Unzucht ein und plädierte für die Abschaffung der Bestrafung von außer- und vorehelichem Beischlaf und lediger Schwangerschaft. Trotzdem wurden die Strafen teilweise noch bis ins 19. Jahrhundert beibehalten. (Siehe auch „liederliche“ Frauen)

Ein fiktiver Lebenslauf einer Frau, die im 18. Jahrhundert ins Spinnhaus kam.

Aus dem Studium der Akten der Allgemeinen Armenanstalt und der Gefängnisverwaltung konnten typische Frauen“schicksale“ ermittelt werden.
Die Prostituierte Susanna Margaretha Dahl
Susanna Margaretha Dahl war 20 Jahre alt und lebte bei ihrer Mutter, welche von der Allgemeinen Armenanstalt unterstützt wurde. Die Mutter hatte nach jahrelanger Arbeit als Werkpflückerin auf dem freien Boden bei dem Unternehmer Greve auf dem Vorsetzen, so stark Gicht bekommen, dass sie nicht mehr arbeitsfähig war. Das Werkpflücken wurde auch im Winter auf einem freien Boden durchgeführt, so dass die Arbeiterinnen und Arbeiter stets ihre Feuerkiken (kleine hölzerne Behältnisse mit Henkel, in denen Holz zu einem kleinen Feuer entfacht wurde) mithatten, ohne die es sich bei der Arbeit vor Kälte nicht aushalten ließ, denn das Tauwerk musste auch noch bevor es bearbeitet wurde, im fließenden kalten Wasser eingeweicht werden.
Die Tochter Susanna Margaretha arbeitete in der Zwirnmanufaktur von Flickwier in der Beckergasse. Nach einiger Zeit wurde sie jedoch arbeitslos, so dass sie das Angebot, bei einer sogenannten Hurmutter auf dem Pilatuspool zu arbeiten, annahm, denn es bestand für sie wenig Aussicht auf dem freien Arbeitsmarkt Arbeit zu finden.
Nachdem sie am Pilatuspool einige Zeit als Prostituierte gearbeitet hatte, wurde sie eines Tages auf der Straße aufgegriffen und ins Spinnhaus gesteckt, denn Prostitution wurde strafrechtlich verfolgt.
Im Spinnhaus saßen damals im Jahr 1789 sch0n 31 Frauen. Susanna Margaretha wurde ein liederlicher Lebenswandel vorgeworfen, wofür sie zwei Jahre im Spinnhaus einsitzen musste. Dort musste sie Wolle kratzen. Susanna weigerte sich anfangs zum morgendlichen Gebet zu erscheinen. Daraufhin wurde sie in ihre Koje eingeschlossen, wo sie ihre Arbeit zu verrichten hatte.
Nach zwei Jahren wurde Susanna Margaretha aus dem Spinnhaus entlassen. Da sie nun das Stigma einer Prostituierten trug, musste sie wieder ihrer alten Tätigkeit als Prostituierte nachgehen, da sie auf dem Arbeitsmarkt nun überhaupt keine Chance mehr hatte, eine Arbeit zu bekommen.
Text: Rita Bake
Quelle:
Rita Bake: Vorindustrielle Frauenerwerbsarbeit. Arbeits- und Lebensweise von Manufakturarbeiterinnen im Deutschland des 18. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung Hamburgs. Köln 1984.
 

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(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae
Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons
März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann
Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

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Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

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