Namens-/Sachregister

Frauenbios

Marie Baum

( Dr. Marie Baum )
(23.3.1871 Danzig – 8.8.1964 Heidelberg)
Leiterin der Sozialen Frauenschule und des sozialpädagogischen Instituts in Hamburg
Moorweidenstraße 24 (Wirkungsstätte)
Marie Baum; (gemeinfrei) Quelle: Büro des Reichstags (Hg.): Reichstags-Handbuch 1920, I. Wahlperiode, Verlag der Reichsdruckerei, Berlin 1920
Hiltrud Schroeder schreibt in der Datenbank fembio über den Werdegang von Marie Baum: „In Marie Baums Familie wurden, trotz bescheidener Verhältnisse, nicht nur die Söhne, sondern auch die Töchter gefördert. Marie studiert Chemie an der ETH Zürich und beaufsichtigt – als 22jährige – bald 60 Männer im Laboratoriumssaal. (…).Nach der Promotion arbeitet Baum in einer Berliner chemischen Fabrik, wendet sich aber bald von der naturwissenschaftlichen Tätigkeit ab und der Sozialarbeit zu. Diese wird zum Zentrum ihres Lebens und macht sie zu einer der bedeutendsten Sozialpolitikerinnen der Weimarer Republik.
1902 wird Baum die erste Gewerbeinspektorin im Großherzogtum Baden. Sie beaufsichtigt in ganz Baden die Betriebe, die Frauen und Jugendliche beschäftigen, und stößt dabei auf Kinderarbeit und auf Frauen, die durch Fabrik- und Hausarbeit völlig überlastet sind. Sie versucht, bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen.
1907 wird sie Geschäftsführerin des Vereins für Säuglingsfürsorge und Wohlfahrtspflege in Düsseldorf: Mütterberatung, Familienfürsorge, Einrichtung von Kinderkliniken gehören nun zu ihren Aufgaben. Hier beginnt die enge Zusammenarbeit mit dem ‚Bund deutscher Frauenvereine‘ (…).“ [1]
1916 holte Gertrud Bäumer sie nach Hamburg an die neu gegründete Soziale Frauenschule und Sozialpädagogisches Institut, um mit ihr gemeinsam die Schule zu leiten.
Die Schule befand sich damals von 1919 bis 1927 in der Moorweidenstraße 24. Danach erhielt die Schule ein neues Domizil an den Mittelweg 35a.
Dr. Marie Baum übernahm die praktische Leitung, Gertrud Bäumer die wissenschaftliche Leitung.
Über ihre Zeit in Hamburg schrieb Marie Baum in ihrem Buch „Rückblick auf mein Leben“: „Mir lag die Leitung der praktischen Arbeit und eine ausgebreitete Lehrtätigkeit ob. (…) Mein Unterricht umfaßte auch Volkswirtschaftslehre und Sozialpolitik. In ihren Mittelpunkt stellte ich den arbeitenden Menschen und die Entwicklung der Arbeitsformen, worüber sich seit meiner Tätigkeit in der badischen Gewerbeinspektion ein großer Vorrat von Vorstellungen in mir angesammelt hatte, auf den ich nur zurückzugreifen brauchte. An Büchern halfen mir außer Fr. Naumanns ‚Neudeutsche Wirtschaftspolitik‘ ganz besonders Karl Büchers Werke, sowohl die ‚Wirtschaftsstufen‘ wie das schöne Buch über ‚Arbeit und Rhythmus‘. (…) Tagesausflüge in die Vierlande lehrten uns eine sehr hochstehende, eigenartige bäuerliche Kultur kennen. Einblick in die praktische sozialpflegerische Arbeit wurde durch Beteiligung an Beratungsstunden aller Art, in der Kriegsfürsorge, in Säuglingsheimen und allen sonst geeignet erscheinenden und zugänglichen Einrichtungen und Anstalten gewonnen. (…) Semesterarbeiten galten etwas der Darstellung eines Hamburger Stadtteils unter Berücksichtigung seiner Bauweise, der Zusammensetzung seiner Bevölkerung nach Beruf, Familiengröße, Einkommen, der Einrichtungen öffentlicher Hygiene, öffentlicher Erziehung und sozialer Fürsorge, der Lebensweise seiner Einwohner. (…)
Eine solche von Buch und Wort zu Augenschein und Miterleben führende Lehrweise ist zuerst von den Wohlfahrtsschulen systematisch ausgearbeitet, später von den Lehrerbildungsanstalten und erst in allerneuester Zeit auch von den Universitäten übernommen worden. nAuf unserer Hamburger Schule waren die auf 3 ½ Jahre ausgedehnte Dauer des Studienplans sowie der bewußte Verzicht auf Abschlußprüfungen besonders günstige Vorbedingungen für seine Durchführung.
Auch sonst war Lehren und Leben bei uns e i n e s, insofern Gertrud Bäumer und ich im vollen Sinne des Wortes das Leben mit unseren Schülerinnen teilten. Wanderungen und Feste, vor allem das Zusammensein in dem einige Stunden von Hamburg entfernt im Walde gelegenen Schullandheim füllten die Freizeit aus. (…)
Und doch, wie sehr ich an der Schule hing, so zog es mich doch wieder zur verwaltenden Arbeit zurück, gerade und umsomehr in einer Zeit, da alle Stützen zusammenzubrechen schienen und chaotische Verhältnisse nach neuer Formung riefen. (…)
Im zweiten Jahr unserer Lehrtätigkeit erfolgte der Zusammenbruch des deutschen Volkes, das so lange und so bewundernswert standgehalten hatte. Damals griff jeder, dem noch eigene Kräfte verblieben waren zu, wie man bei einem Brande löschen, bei Lawinensturz oder Erdbeben Menschenleben bergen hilft. So stand auch ich unversehens in der Reihe jener, die inmitten der gewaltigen Erschütterung einen Rest festen Bodens halten wollten, eine Stätte für den aufzufangenden Volkswillen, aus dem heraus eine neue Ordnung zu schaffen war. Was das bedeutete, das zu verstehen ist wohl für die heute lebenden jüngeren Menschen ebenso unmöglich, wie überhaupt die Atmosphäre jenes Herbstes 1918 nachzuerleben, da der verlorene Krieg und die ersten anstürmenden revolutionären Wogen die Grundvesten des Volkslebens erschütterten. (…) Die inneren Zustände forderten zwar in erster Linie Bändigung der illegalen Gewalten und Bekämpfung des von ihnen verübten Terrors; aber für uns, die wir Versäumnisse und Unterlassungssünden der scheinbar so unerschütterlich sicheren Vorkriegszeit zu kennen glaubten, boten sie zugleich einen sehr ernsten und dringenden Anlaß zur Selbstbesinnung. Der Weg dazu lag in der Einberufung einer Nationalversammlung, in der das Volk selbst über sein Schicksal entscheiden sollte. Da den Frauen während der kurzen Kanzlerzeit des Prinzen Max im Oktober 1918 das Stimmrecht verliehen war und sie sich somit im Besitz der vollen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten befanden, traf sie die volle Mitverantwortung. Aber nur zum kleinsten Teil waren sie bisher politisch geschult und die Gefahr lag nahe, daß sie im Gefühl innerer Unsicherheit in Massen der Wahl fernbleiben würden. Unabhängig von jeder Parteizugehörigkeit galt es daher zunächst, das Empfinden dafür und die Einsicht zu wecken, daß die sehr ernste Stunde auch von den Frauen die Ausweitung ihres persönlichen Pflichtgefühls zur Verantwortung für das Ganze fordere, und mit ihnen die daraus erwachsenen neuen Aufgaben in allen Einzelheiten durchzudenken und durchzuarbeiten. Ein überparteilicher Frauenwerbeausschuß, dem meines Erinnerns nur die eigene Wege suchenden Sozialdemokratinnen fernblieben, übernahm diese Aufgabe während zugleich die neu gebildeten Parteien den Einsatz für die Wahlen zur Nationalversammlung von uns verlangten. Wie Gertrud Bäumer hatte auch ich mich der Deutschen Demokratischen Partei angeschlossen und sah die neu zu schaffende Ordnung unter dem längst vertrauten Gesichtspunkt der national-sozialen Gedankengänge Friedrich Naumanns, an dessen schöpferische Kraft ich glaubte. War er in seiner Laufbahn als Pfarrer zunächst von der sozialen Seite her berührt und ergriffen worden, so hatte ihn die weitere Entwicklung, im besonderen Max Webers Einfluß, zur Anerkenntnis des Schwergewichts nationaler Selbstbehauptung unter den Völkern und des untrennbaren Zusammenhangs der sozialen mit den nationalen Fragen geführt. Diese beiden großen sind mir immer als die festen Träger national-sozialen Willens auf demokratischer Grundlage erschienen.“ [2]
1919 verließ Marie Baum die Schule und „ging in die Politik“. Sie war 1919/20 Mitglied der Weimarer Nationalversammlung. Außerdem wurde sie 1919 Referentin für Wohlfahrtspflege im badischen Arbeitsministerium Karlsruhe. Diese Arbeit übte sie bis 1926 aus. 1925 gründete sie u. a. mit Gertrud Bäumer, Alice Salomon und anderen in Berlin-Schöneberg die Deutsche Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit. Außerdem rief sie den „ Heuberg“, ein Kinder- und Jugenderholungsheim ins Leben. 1928 bekam sie einen Lehrauftrag für soziale Fürsorge und Wohlfahrtspflege an der Universität Heidelberg.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde ihr der Lehrauftrag entzogen, weil ihre Großmutter jüdischer Herkunft war.
Während der NS-Zeit half sie gemeinsam mit einem Heideberger Pastor, Menschen jüdischer Herkunft bei der Auswanderung..
1946 erhielt Marie Baum erneut einen Lehrauftrag an der Universität Heidelberg.,
Text: Rita Bake
Quellen:
1 Hiltrud Schroeder: Marie Baum, unter: www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/marie-baum/ abgerufen, 2.1.2020
2 Marie Baum: Rückblick auf mein Leben. Heidelberg 1950, S. 209-219.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

Erklärung zur Datenbank

Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Zuletzt eingetragene Namen

Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae
Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons
März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann
Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

Was erwartet Sie in der Frauenbiografie-Datenbank?

Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

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Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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