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Frauenbios

Bertha Dehn

(23.11.1881 Hamburg – 17.4.1953 Hamburg)
Geigerin, Opfer des Nationalsozialismus
Krohnskamp 5 (Wohnadresse)
Garten der Frauen, Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (Erinnerungsstein)
Dammtorstraße, Hamburgische Staatsoper (Wirkungsstätte)
1915 wurde Bertha Dehn ans Stadttheater verpflichtet. Als einzige Frau saß sie im Orchestergraben und spielte die Erste Geige.
Als sechstes von acht Kindern des Arztes Dr. Maximilian Moses Dehn und seiner Ehefrau Bertha geboren, lebte Bertha Dehn nach dem frühen Tod des Vaters (1897), der die Familie in finanzielle Schwierigkeiten brachte, bei einem Onkel in England. Spätestens ab 1909 war sie wieder in Hamburg und arbeitete als Musiklehrerin.
Dass für ihre Degradierung vom Ersten ans Zweite Pult bei der Umwandlung des Orchesters im Jahre 1932 und für ihre Kündigung im September 1933 ihre jüdische Herkunft ausschlaggebend war, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Dass es Bertha Dehn gelang, mittels zweier Gutachten ihre Kündigung in eine frühzeitige Pensionierung aus Krankheitsgründen umzuwandeln, spricht nicht dagegen, denn eine solche Lösung erwirkte der damalige Verwaltungs- und Operndirektor Albert Ruch auch für andere jüdische Mitglieder des Hauses. Ganz offenbar war Bertha Dehns Gesundheit zu diesem Zeitpunkt aber wirklich schwer angegriffen. Ein Cellist des Orchesters erinnerte sich, dass die Kollegin in den letzten Jahren ausgesprochen „unlustig“ gewesen sei, nichts sei von ihr ausgegangen, sie habe die Sternstunden des Orchesters nicht mitempfunden. „Wir haben ihr keine Träne nachgeweint!“ [1] lautete sein Resümée. Die Anfeindungen der Nazis mögen die Lebensenergie einer sensiblen Künstlerin, deren Familie keine enge Verbindung zum Judentum hatte, und die 1924 aus der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg ausgetreten war, in ganz besonderer Weise getroffen haben. Die Grabrede von Agnes Holthusen geht in diese Richtung: „Lässt sich zu solchem Herkommen ein schneidenderer Gegensatz denken als der, den die geschichtliche Stunde darstellte, die das Schicksal der Lebensspanne von Bertha Dehn zugeordnet hatte? Sie ist an diesen überpersönlichen Geschehnissen, die auch über sie gnadenlos hinweggingen, äußerlich betrachtet, zerbrochen. Hatte sie wohl früh schon ein starkes Ungenügen an der nüchternen Realität des Lebens gequält, so hüllte sich ihre sensitive Seele nun immer mehr in den Schatten einer tiefen Melancholie. Trotzdem wurde sie nie stumpf: ununterbrochen beschäftigten sich ihre Gedanken mit dem Ergehen der hiesigen Verwandten und der fernen Geschwister draußen in Übersee und sie trug mit an ihren Sorgen, fast verzehrt von dem Kummer, ihnen nicht aktiv mehr helfen zu können. Als ihr der Tod ihren Lieblingsbruder Max Dehn kurz vor dessen Besuch in der alten Heimat raubte [ 1952], hat dieser Schlag sie dem eigenen Ende noch näher gebracht“ [1].
Eine Zeit lang gab Bertha Dehn nach ihrer Pensionierung vereinzelt Privatstunden, im Rahmen des Jüdischen Kulturbundes Hamburg wirkte sie im 1934 von Edvard Moritz gegründeten Jüdischen Kammerorchester mit. Im Winter 1936/37 und in der darauffolgenden Saison war sie im Orchester des Jüdischen Kulturbundes Rhein-Main in Frankfurt engagiert.
Zwischen dem 13.10.1941 und dem 15.10.1941, wenige Tage, bevor durch einen geheimen Erlass des Reichssicherheitshauptamtes den Juden die Auswanderung aus dem Reich für die Kriegszeit verboten wurde, und wenige Tage vor der ersten Deportation am 25.10.1941 von Hamburg nach Lodz, für die sie laut Deportationsliste vorgesehen war, emigrierte Bertha Dehn nach Ecuador zu ihrem Bruder Georg. Da ihre musikalische Tätigkeit in Quito wenig Resonanz fand, ging sie nach Cuenca, wo sie mit Geigen- und Sprachunterricht ihren Lebensunterhalt verdiente und in einem Streichquartett spielte. Nach einem Schlaganfall, der vermutlich durch die extreme Höhenlage des Ortes begünstigt wurde, verbrachte Bertha Dehn die letzten beiden Jahre in Porto Alegre in Brasilien. 1948 kehrte sie mit einem schweren Augenleiden aus dem Exil nach Hamburg zurück, wo sie eine Wohnung im Jüdischen Altersheim bezog.
Noch in ihren letzten Lebensjahren musizierte Bertha Dehn regelmäßig bei ihrem Großneffen Thomas Brandis. Doch wie dieser berichtete, quittierte sie jeden Versuch einer Unterweisung mit der Bemerkung, ihr verehrter Lehrer Marteau habe das ganz anders gemacht.
Text: Brita Reimers
Zitate:
1 Ute Schomerus: Die Hamburger Geigerin Bertha Dehn. In: Zündende Lieder - verbrannte Musik. Folgen des Nazifaschismus für Hamburger Musiker und Musikerinnen. Hrsg. von Peter Petersen u.a. Hamburg 1995.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

Erklärung zur Datenbank

Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Januar 2024: Astrid Matthiae
Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons
März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann
Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

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Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

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Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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