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Frauenbios

Fanny David

(geb. 2.12.1892 in Berlin, am 23.6.1943 nach Theresienstadt deportiert, am 28.10.1944 nach Auschwitz weiterdeportiert)
Schwester: Irma Zancker geb. David
Mutter: Martha David geb. Brach
Leiterin der Hamburger Wohlfahrtsstelle im Stadtteil Barmbek
Haynstraße 5 (Wohnadresse) Stolperstein
Hamburger Straße 47, Sozialbehörde (Wirkungsstätte) Gedenktafel
Namensgeberin für: Fanny-David-Weg
Fanny wurde als ältestes Kind des Kaufmanns Max David und seiner Ehefrau Martha, geborene Brach, in Berlin geboren. Um 1900 siedelte die Familie nach Altona über, wo der Vater, wie bereits in Berlin, ein Geschäft für Wein- und Spirituosen-Import betrieb. Max David starb 1929.
Laut Adressbuch von 1933 wohnte Fanny David in Hamburg am Kämmererufer 10. Nun folgte ein Umzug in den Hauersweg 18 I, wo sie bis April 1939 zusammen mit ihrer Mutter lebte. Zum 5. April 1939 musste sie mit ihrer Mutter in ein „Judenhaus“ in der Haynstraße 5 umziehen; auch Fannys Schwester Irma zog zwangsweise in die zwei Zimmer im Parterre. Weitere Zwangsumzüge für die drei Frauen folgten: am 7. April 1942 ins „Judenhaus“ Ostmarkstraße 24 (heute Hallerstraße) und zum 1. September 1942 ordnete die Gestapo die Umquartierung in das „Judenhaus“ Beneckestraße 4 an. Seit dem 11. Juni 1943 standen die Bewohner des Gebäudekomplexes Beneckestraße 2-6 unter Hausarrest. Von dort wurden alle drei Frauen am 23. Juni 1943 mit dem 14. Transport nach Theresienstadt deportiert.
Fanny David, Bildquelle: Staatsarchiv Hamburg
Fanny, die in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen aufgewachsen war, engagierte sich „in der praktischen und politischen Wohlfahrtsarbeit und trat in das 1921 neu gegründete Wohlfahrtsamt Hamburg ein“. Für ihre verantwortungsvolle Aufgabe brachte sie laut Werner Jochmann „besondere Voraussetzungen mit: gute Menschenkenntnis, Geduld und Verständnis, sowie innere Ausgeglichenheit selbst in schwierigen Situationen und bei extremen Belastungen“. Aufgrund ihrer fachlichen und sozialen Kompetenz wurde sie bald zur Inspektorin ernannt und weiter befördert.
Die Beamtin des gehobenen und mittleren Verwaltungsdienstes Fanny David leitete als einzige Frau von 1930 bis 1933 die Hamburger Wohlfahrtsstelle im Stadtteil Barmbek. In dieser Position gehörte sie zum Beraterkreis des Präsidenten des Wohlfahrtsamtes. 1932 zur Oberinspektorin ernannt, war sie bei Bewohnerinnen und Bewohnern ihres Stadtteils äußerst beliebt, da diese „spürten, dass nicht nur ein Beamter vor ihnen saß, …sondern ein Mensch, der am Schicksal jedes einzelnen Anteil nahm…“.
Nach dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentum am 4. April 1933 wurde sie als Jüdin und Sozialdemokratin fristlos entlassen. Auf Bitten des Vorstandes der Jüdischen Gemeinde arbeitete sie in der Folge als „erfahrene und charakterstarke Frau“ in der neugegründeten Beratungsstelle. 1939 übernahm sie die Leitung des Wohlfahrtswesens in der Jüdischen Gemeinde Hamburgs. Als Stellvertreterin des Leiters der Hauptabteilung Fürsorgewesen übte sie seit Herbst 1939 „Arbeiten zur Zwangsüberleitung der gesamten öffentlichen Fürsorge für Juden auf den Jüdischen Religionsverband“ aus, als das NS-Regime Juden von staatlichen Leistungen ausschloss.
Nachdem alle jüdischen Organisationen aufgelöst worden waren, wurden am 23. Juni 1943 die letzten Angestellten des „Jüdischen Religionsverbandes“ nach Theresienstadt deportiert. Unter den Deportierten befanden sich auch Fanny, ihre jüngere Schwester Irma Zancker, sowie ihre Mutter Martha David. Auf den Kultussteuerkarten von Fanny und ihrer Mutter wurde vermerkt: „deportiert 23/6 43“, ein ungewöhnlicher Hinweis, da eigentlich der gewollt irreführende Vermerk „Abwanderung“ oder „Evakuierung“ gebräuchlich war. Aufgrund ihrer Tätigkeit war Fanny relativ gut über das weitere Schicksal der deportierten Juden informiert, das nun auch sie selbst, ihre Schwester und ihre Mutter traf.
In Theresienstadt wurde Fanny in unterschiedlichen Arbeitskolonnen, u. a. in der Putzkolonne eingesetzt, bis sie in der Lagerselbstverwaltung tätig war.
Die beiden Schwestern lebten mit ihrer Mutter unter „erbärmlichen Verhältnissen“, die sich noch verschlechterten, nachdem Fanny durch ihren „Aufstieg“ in die Lagerselbstverwaltung als „prominent B“ eingestuft wurde. Dieser „Ehrung“ folgte ein Umzug „in eine standesgemäße Ubikation“, die sich als „dunkles kleines Gelass“ erwies, welches die drei Frauen mit einer weiteren Person teilen mussten.
Käthe Starke beschrieb in ihrem Buch die Situation, als Fanny im Oktober 1944 den eigenen und den Namen ihrer Schwester auf der Transportliste nach Auschwitz gelesen hatte:.. „als sich die Tür erneut öffnete und Fanny David in bester Haltung aber ganz tonlos sagte:.. ‚wir sind dabei‘. – Das harte Licht zeichnete die Schatten des Zerfalls in ihre Züge, die wir anstarrten, während wir zu begreifen versuchten. ‚Wie gut, dass Mutter nicht mehr lebt‘, sagte sie. Fanny traf letzte Bestimmungen und übergab Käthe Starkes Schwester die Hamburger Transportlisten, die sie heimlich geführt und um Transport- und Todesdaten ergänzt hatte. ‚Ich sehe mich schon mit geschorenem Kopf‘, sagte Fanny und schluchzte ein einziges Mal trocken auf, ‚ich hab solche Angst.‘“ Am nächsten Morgen, dem 28. Oktober 1944, erfolgte der Abtransport. Die von Fanny geführten Listen konnten gerettet werden.

1964 wurde eine Straße in Hamburg-Lohbrügge nach Fanny David benannt.
Seit 1993 gibt es im Hamburger Stadtteil Groß Borstel einen Geschwister-Beschütz-Bogen
Text: Ulrike Graubner, unter: www.stolpersteine-hamburg.de
Quellen:
1; 2; 4; 7; 8; StaH 332-8 Meldewesen 2353; StaH 314-15 OFP, Fvg 5800; StaH 552-2 Jüd. Gemeinden, 992e2 Band 5; AB 1933; StaH 720-1 Nr.215 Da 160, Portraitfoto; Herzig/Rohde (Hrsg.) Juden in Hamburg, 1991; Martens/Tormin, Für Freiheit und Demokratie, Landesverband der SPD Hamburg, (Hrsg.) 2003; Sparr, Stolpersteine, 2008; Starke, Der Führer,1975; Lohalm in: Das Jüdische Hamburg, 2000, S.52f.; ders., Völkische Wohlfahrtsdiktatur, 2010, S. 27 u. 51, Meyer, (Hrsg.) Verfolgung, 2006.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen unter www.stolpersteine-hamburg.de.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
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März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

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Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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