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Frauenbios

Eveline Waschinsky

(22.7.1898 in Wien - deportiert am 23.6.1943 nach Theresienstadt, weiterdeportiert am 6.9.1943 nach Auschwitz, dort ermordet)
Artistin
Zesenstraße 11 (Wohnadresse) Stolperstein
Eveline und Melanie Waschinsky waren zwei von acht Geschwistern aus einer Wiener jüdischen Familie. Der 1868 geborene Vater Sigmund Waschinsky übte den Beruf des Friseurs aus und stammte aus Galizien. Er heiratete die ein Jahr jüngere Hanni Hermine Landau, die in Wien geboren war. Viele Kinder des Ehepaares waren künstlerisch oder artistisch begabt: zum Beispiel die 1901 geborene Gerda, die, angeregt durch ihren Ehemann, den Kabarettisten und Literaten Rudolf Weys, Schauspielerin und Autorin wurde, oder die Artistin und Ballettmeisterin Stella Waschinsky, geboren 1894.
Auch Melanie und Eveline Waschinsky waren Artistinnen. Sie sind vermutlich in den 1920er Jahren nach Hamburg gekommen, der Grund könnte die Heirat Melanies mit dem evangelischen Autohändler Eggert Nikolaus Peters gewesen sein. Die Ehe blieb kinderlos. Das Ehepaar lebte am Schrötteringksweg 10 in Barmbek-Uhlenhorst, auch Eveline Waschinsky wohnte zeitweilig bei ihnen. Letzterer gehörte ein Geschäft für "Gelegenheitskäufe" am Schulterblatt 86. Ob dies identisch mit dem Juweliergeschäft ist, das nach Auskunft der Familie von beiden Schwestern betrieben wurde, bleibt unklar. Auch Eggert Peters wird im Adressbuch von 1933 als Juwelier bezeichnet.
1927 wurde Eveline Mutter einer Tochter, deren Vater Eggert Peters war. Das Kind wurde einer protestantischen Familie zur Adoption übergeben und wuchs in Hamburg-Rahlstedt auf. Auch wenn sich Eveline Waschinsky nicht in der Lage sah, ihre Tochter Ingrid selbst aufzuziehen, blieb sie doch im Hintergrund präsent: Gemeinsam mit dem Vater finanzierte sie den Besuch einer Privatschule und kaufte auch ein Haus, das Ingrid später erben sollte. Ab und zu besuchte sie ihre Tochter, die sie als "Tante Eveline" kannte. Jeder Besuch wurde vorher, meistens per Postkarte, angekündigt, und sie bat stets darum, mit Ingrid und der Adoptivmutter allein sein zu dürfen. Die Tochter erinnert sich an sie als eine kleine zierliche Person, die immer sehr freundlich zu ihr war. Auch Melanie Peters und ihr Mann nahmen gelegentlich an den Besuchen teil.
Die "Mischehe" von Melanie und Eggert Peters hielt dem vielfältigen Druck nach der nationalsozialistischen Machtübernahme nicht stand und wurde nach 1933 geschieden. Eggert Peters starb etwa 1940. Die beiden Schwestern zogen zunächst ins Grindelviertel: Melanie lebte zeitweilig in der Grindelallee 25, Eveline wohnte in der Hochallee 12.
In den 1930er Jahren kamen kurzzeitig auch noch weitere Geschwister der Waschinsky-Familie nach Hamburg, für sie war die Stadt Durchgangsstation für die Auswanderung. So war die Schwester Stella 1933 in der Stadt, sie ging allerdings nicht nach Übersee, sondern ließ sich in Zagreb nieder. Der Bruder Erwin, 1896 geboren, lebte von 1932 bis 1935 in Hamburg. Er war Reisender von Beruf und stand wahrscheinlich in geschäftlicher Verbindung mit seiner Schwester Eveline, an deren Geschäftsadresse Schulterblatt 86 er auch gemeldet war. Er wanderte 1935 mit seiner Frau Bertha nach Palästina aus.
Zesenstraße 11, Foto: Beate Backhaus
Gegen Ende der 1930er-Jahre waren beide Schwestern in der Zesenstraße 11 gemeldet, laut Adressbuch hatte jede eine Wohnung gemietet, die eine im 3, die andere im 4. Stock. Zu diesem Zeitpunkt kann ihnen das Juweliergeschäft nicht mehr gehört haben: Jüdische Geschäfts waren ausnahmslos "arisiert" worden, und in der Kartei der jüdischen Gemeinde werden sie 1940 als einkommens- bzw. mittellos bezeichnet.
In den 1940er-Jahren mussten sie Zwangsarbeit leisten: Melanie Peters arbeitete 1941 in einer Konservenfabrik, Eveline Waschinsky in einer Fabrik für Schiffstaue. Etwa zu dieser Zeit mussten sie auch ihre Wohnungen aufgeben und in "Judenhäuser" ziehen: Melanie lebte zuletzt am Großneumarkt 56, Eveline in der Beneckestraße 2.
Am 11. Juli 1942 folgte Melanie Peters einem Deportationsbefehl und wurde vermutlich nach Auschwitz gebracht. Sie hat die Shoah nicht überlebt.
Eveline Waschinsky wurde am 25. Juni 1943 nach Theresienstadt und von dort am 6. September 1943 nach Auschwitz deportiert. Auch sie ist ermordet worden.
Stolperstein Evelyn Waschinsky und Melanie Peters, Foto: Beate Backhaus
Erst 1944 erfuhr Evelines Tochter, wer ihre Mutter war und dass sie auch deren slowakische Staatsangehörigkeit besaß. Sie hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt bei entsprechenden Nachfragen immer ruhigen Gewissens als "rein arisch und deutsch" bezeichnet. Als sie zum Arbeitsdienst eingezogen werden sollte, wurde dies zum ersten Mal überprüft und der unbewusste "Schwindel" flog auf. Die Adoptivmutter stellte gegenüber den Behörden klar, dass das Kind nichts über seine Herkunft gewusst habe und ersparte ihr so weitere Unannehmlichkeiten. Als "Halbjüdin" wurde Ingrid beim Arbeitsdienst nicht geduldet. Stattdessen fand sie aber eine kaufmännische Lehrstelle bei einem Arbeitgeber, der den Freimaurern nahestand. Das Haus, das die Mutter ihr hinterlassen wollte, wurde von der Adoptivfamilie verkauft – der erlöste Geldbetrag ging durch die Währungsreform 1949 fast völlig verloren.
Einige der Waschinsky-Geschwister überlebten die Verfolgung, so z. B. Gerda Weys, die 1990 verstarb, Fritz Waschinsky (geb. 1903), der mit seiner Frau Edith rechtzeitig nach New York gelangte und der nach Palästina ausgewanderte Erwin Waschinsky.
Die 1905 geborene Schwester Margarethe Schirer, wurde zwar 1941 in das polnische Getto Modliborzyce verschleppt, überlebte aber diese Zeit.
Die Schwester Leonore Harania, deren weitere Lebensdaten nicht bekannt sind, wurde von Wien nach Minsk verschleppt und im nahegelegenen Vernichtungslager Maly Trostinec ermordet.
Die Eltern der Geschwister wurden am 14. Juli 1942 von Wien nach Theresienstadt deportiert. Bereits am 23. Juli starb dort Hanni Hermine Waschinsky. Ihr Mann Sigmund wurde 1945 aus Theresienstadt befreit und lebte später in der Schweiz.
Text: Ulrike Sparr, aus: www.stolpersteine-hamburg.de
Quellen:
1; 4; 5; 8; Familienunterlagen und Gespräch mit der Tochter und der Enkelin von Eveline Waschinsky am 24.02.2008; StaHH 522-1 Jüdische Gemeinden 992 e 2 Bd. 5; Amtliche Fernsprechbücher Hamburg 1932–1943; AB 1933, 1934 (Bd. 1 u. 2), 1938, 1941 (Bd. 2).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen unter www.stolpersteine-hamburg.de.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

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Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

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Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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