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Frauenbios

Andrea Hennemann

(12.7.1957 Hamburg - 23.10.2000 Hamburg)
Lehrerin in der Erwachsenenbildung
Projekt "Frauen lernen im Stadtteil" (Neuwiedenthal) Rehrstieg 58 (Wirkungsstätte)
Im Ginsterbusch 44a (Wohnadresse)
Bestattet im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756
Andrea Hennemann, Foto: privat
Andrea K. Hennemann wurde am 12.7.1957 in Hamburg geboren und lebte bis zu ihrem Tod am 23.10.2000 in ihrer Heimatstadt, die sie wie ihre Westentasche kannte. 1976 machte sie am Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium ihr Abitur und studierte Germanistik, Geschichte und Pädagogik an der Universität Hamburg. Parallel dazu leistete sie ehrenamtlich Jugendsozialarbeit in einer Kirchengemeinde und war Mitbegründerin der Historikerinnen-Initiative zur Frauengeschichtsforschung. Sie bestand ihr 2. Staatsexamen für das Höhere Lehramt mit Auszeichnung. In Zeiten von Lehrerarbeitslosigkeit wurde sie trotzdem nicht in den Schuldienst übernommen und musste sich eine neue Perspektive schaffen. So wurde sie 1986 Psychodrama-Assistentin und Lehrerin in der Erwachsenenbildung. Zusammen mit anderen Frauen entwickelte sie im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ein Erwachsenenbildungskonzept speziell für Frauen in sozial benachteiligten Stadtteilen. „Frauen lernen im Stadtteil“ Neuwiedenthal mietete sich inmitten einer Hochhaussiedlung ein und wurde bald so gut angenommen, dass ein Umzug in neue Räume notwendig wurde. Der Kreis der Teilnehmerinnen erweiterte sich erheblich, das Spektrum der Kursthemen ebenso. Es reichte von Auffrischungskursen in Rechtschreibung über Deutsch für ausländische Frauen bis zu Reparaturen im Haushalt, zum deutschen Steuersystem, zu Wahlrecht, Weltreligionen und Gesundheitsthemen. Hinzu kamen Gesprächskreise und Stadterkundungen, vorbereitete Theaterbesuche und Kurse in freier Rede, die es vielen Teilnehmerinnen leichter machten, sich Behörden, Politikern, dem HVV gegenüber zu artikulieren und für ihre Anliegen einzutreten.
Seit 1993 ein Sonderprojekt der Hamburger Volkshochschule, war „Frauen lernen im Stadtteil“ einerseits eine Vorzeige-Einrichtung mit Kinderbetreuung, internationalen Begegnungen und bis zu tausend Anmeldungen pro Semester, andererseits galt all dies für die Leitung der VHS zunehmend als „zu teuer“. Andrea Hennemann war mittlerweile Koordinatorin des Projekts und reiste im Namen der VHS zu Bildungskongressen in Tallinn und Stockholm, um das erfolgreiche Konzept vorzustellen, während sie sich zuhause mit immer weitergehenden Stellenkürzungen konfrontiert sah. Die enorme Arbeitsverdichtung, der Kampf um Qualitätserhalt in der Frauenbildung und um die Bereitstellung der dafür erforderlichen Mittel erschöpften sie schließlich sehr, zumal sich politisch der Wind gedreht hatte und in den neunziger Jahren frauenemanzipatorische Politik und Frauenbildungspolitik zu untergeordneten, da betriebswirtschaftlich nicht lukrativen Nebenschauplätzen degradiert worden waren. „Gender mainstreaming“ geriet zum unseligen Totschlagargument gegen Frauenprojektarbeit.
Die Abwicklung von „Frauen lernen im Stadtteil“ nach über 20 Jahren erfolgreicher Arbeit erlebte Andrea Hennemann nicht mehr. Ein trotz regelmäßiger Vorsorge-Untersuchung weit fortgeschrittener Eierstock-Krebs wurde im Sommer 1999 diagnostiziert und operiert. Trotz sehr schlechter Prognose lebte sie noch 16 Monate und setzte sich noch einmal intensiv mit ihrer Familiengeschichte auseinander. Ein (zunächst vor ihr verleugneter) Suizid in der Familie während ihrer Pubertät und die darauffolgende Scheidung der Eltern, Wut, Verlustgefühle, Trauer, Loyalitäts- und Abgrenzungskonflikte hatten tiefere Spuren hinterlassen als erwünscht und erwartet. Ihr Leben lang war sie bestrebt, „starke teams“ zu bilden, die ihr als Jugendlicher gefehlt hatten - bei der Arbeit, im Sport, beim Musikmachen.
Gut ein Jahrzehnt später erschütterte sie der Suizid der Historikerin Sigrid Matzen-Stöckert, die von der Historikerinnen-Initiative stark unterstützt worden war bei ihrer - erfolglosen - Bewerbung um eine Professur. Die Hoffnung zerschlug sich, Frauengeschichtsforschung aufzuwerten, ihr einen festen Platz in der Hochschularbeit zu schaffen und die in der Initiative begonnenen Forschungsprojekte längerfristig weiterführen zu können. Andrea z. B. hatte sich intensiv mit den Möglichkeiten der ´oral history` befasst, und die ausführlichen Interviews mit ihrer Großmutter und mit der Widerstandskämpferin Käthe Jacob sollten nur der Anfang ihrer weiteren Frauenforschung sein.
Ihre politische Sozialisation war zunächst geprägt von der sozialdemokratischen Familientradition – ihre Großmutter väterlicherseits trat als junge Frau nach dem Ersten Weltkrieg in die SPD ein – und später der Studentenbewegung, der Anti-AKW-Bewegung und der neuen Frauenbewegung. Schon in ihrer Schulzeit hatte sich Andrea heftige Debatten mit Lehrern und mit rechtsradikalen Mitschülern geliefert, war dabei schlagfertig und redegewandt gewesen. Sie hatte ein gutes Gespür für politische Interessen und Strategien, bürstete Nachrichten grundsätzlich gegen den Strich und klopfte sie auf ihren emanzipatorischen Gehalt ab (der ihr häufig fehlte). „Macht macht mächtig Spaß!“ kommentierte sie oft spöttisch, wenn etablierte Politiker offensichtlich nur noch ihre Karriere und Wiederwahl im Blick hatten, statt weitsichtig die Weichen zu stellen zum Wohle der Gesamtgesellschaft, die ja bekanntermaßen zu mehr als der Hälfte aus Frauen besteht.
Von Jugend an war Sport in jeglicher Form ein wichtiger Ausgleich zu ihrem beruflichen und politischen Engagement. Dabei verweigerte sie sich konsequent und oft zum Leidwesen der Vereine dem Leistungssport, wechselte dann eher mal den Verein und die Sportart, als sich in ihrer Freizeit unter Druck setzen zu lassen. Paddeln, Skifahren und alle Ballsportarten von Baseball bis Tennis konnten sie begeistern. Den kleinen roten Lederball, mit dem sie als Schülerin Hamburger Schlagballmeisterin geworden war, hob sie ihr ganzes Leben lang auf. Viele Jahre spielte sie in einer gemischten Mann/Frauschaft in einem der Spaßteams des HEBC, zuletzt als Torwartin mit zehn männlichen Mitspielern.
Auch Spiele hatten einen wichtigen Platz in ihrem Leben. Sie traf sich regelmäßig mit anderen spielbegeisterten Frauen zu Spieleabenden, brachte ihren Paten(t)kindern Spiele bei und erfand oft spontan Spiele für und mit Kindern.
Musik bedeutete ihr viel, bot sie doch die Möglichkeit, den unterschiedlichsten Stimmungslagen Ausdruck zu verleihen, von traurig bis kämpferisch mit allen Grau- und Bunttönen dazwischen. Sie hörte Wagner- und Mozartopern, sang viele Lieder der Frauen- und Arbeiterbewegung, von Sting und den Comedian Harmonists auswendig, spielte Gitarre zuhause und Klarinette in einer Frauenbigband. Bei der Gründung des Hamburger Frauenmusikzentrums war sie aktiv dabei.
Andrea Hennemann war auch Rutengängerin; sie hatte diese Gabe und ließ sich, darauf aufbauend, zur Radiästhetin und Baubiologin ausbilden. Sie klärte im Rahmen dieser Tätigkeit über Elektrosmog auf, untersuchte Schlafplätze und Bauplätze auf Störzonen und erforschte die Bedeutung und Wirkung alter Symbole. So wurde sie zu einer meisterlichen Labyrinthbauerin. Als sie zum letzten Mal die Wohnung für einen Ausflug verlassen konnte, verabschiedete sie sich von der Ostsee und bedankte sich für viele erholsame Stunden an ihren Ufern, indem sie ein – vergängliches – Labyrinth in den Sand am Strand zeichnete.
Sie verabschiedete sich auch bewusst von ihren Teilnehmerinnen und Kolleginnen, dann von Freundinnen und Freunden. Weder Krebs noch Sterben sollten ein Tabu sein. Sie starb zuhause, wie sie es sich gewünscht hatte, und ließ ihre Lebensgefährtin und eine Sterbeamme bis kurz vor ihrem letzten Atemzug teilhaben an ihrem Weg in die Anderswelt und ins Licht. MitbewohnerInnen des Hauses konnten sie hinausgeleiten, nachdem ihr Körper im Flur in den Sarg gelegt worden war. Im gerade gegründeten Garten der Frauen war ihre Urnenbestattung die erste überhaupt. Sie wurde gestaltet mit einem für Andrea passenden und von ihr gewünschten schamanischen Totenritual.
Text: Ingrid Stoll, Lebensgefährtin von Andrea Hennemann, Februar 2013
 

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Datenbank Hamburger Frauenbiografien

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

Erklärung zur Datenbank

Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Dr. Rita Bake,
Rita.Bake@hamburg.de

Zuletzt eingetragene Namen

Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae
Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons
März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann
Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

Was erwartet Sie in der Frauenbiografie-Datenbank?

Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

Wie nutzen Sie die Datenbank?

  • Sie kennen den Namen einer Frau – und möchten mehr wissen?
    Dann geben Sie den Namen ein. Sie finden: Wohn- bzw. Wirkungsstätte und mehr oder weniger ausführlich biografische Daten, ggf. mit Hinweisen auf weitere Veröffentlichungen, Webseiten.
  • Sie möchten wissen, wer in einer bestimmten Straße oder einem bestimmten Stadtteil/Bezirk gewohnt hat? Dann geben Sie den Straßennamen ein oder wählen einen Stadtteil oder Bezirk aus.
  • Sie interessieren sich für bestimmte Themen, Berufsgruppen, Orte/Gebäude, Vereine oder Institutionen, die im Zusammenhang mit Frauen eine Rolle spielen? Dann nutzen Sie das Schlagwortregister, die freie Suche oder das Namens-/Sachregister.

Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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