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Hildegard Wohlgemuth

( Hildegard Wohlgemuth, geb. Skedzun )
(11.3.1917 Eickel oder in Wanne/jetzt Herne/NRW - 23.4.1994 in Osterholz-Scharmbeck/Niedersachsen)
Schriftstellerin, Lyrikerin
Haakestraße 95, Heimfeld (Amtl. Fernsprechbuch, Bd. 2, Ortsnetz HH, Ausg. 1973/74: 1258)
Dietrich-Schreyge-Straße 9, Bergedorf (Amtl. Fernsprechbuch, Bd. 2, Ortsnetz HH, Ausg. 1977/78:1297 + 1981/82: 1497)
Hildegard Wohlgemuth, geb. Skedzun war die Tochter eines Lokomotivführers [1]. „Nach der Volksschule besuchte sie eine Handelsschule, anschließend wurde sie in Aufbauklassen zur Schulhelferin [2] ausgebildet. Nach ihrer Heirat folgte sie ihrem Mann nach Ostpreußen, wo sie als Dorfschullehrerin arbeitete. 1945 floh sie nach Schleswig-Holstein. Später ging sie nach Bonn, wo sie vier Semester Kunstgeschichte studierte. In den 1960-er Jahren lebte sie als freie Schriftstellerin in Siegburg bei Bonn und wurde Mitglied der Gruppe 61. Die „Dortmunder Gruppe 61“ hatte das Ziel, schriftstellerisch tätige Frauen und Männer, d.h. vor allem Industriearbeiter auf der einen – und Lektoren, Kritiker und Journalisten auf der anderen Seite zusammenzubringen [3]. 1970 zog die Schriftstellerin Hildegard Wohlgemuth nach Hamburg und wohnte bis 1983 in Heimfeld/Harburg und dann in Bergedorf. Mit der Malerin Hildegard Wohlgemuth teilte sie den gleichen Vor- und Zunamen. Deshalb wurden sie mit einander verwechselt, was ihre Lebenswege in der Hamburger Zeit unabsichtlich miteinander verband. So wurden Gedichte aus den zahlreichen Anthologien, in denen Verse der Poetin veröffentlicht wurden, wie z.B. „Wer nach Bethlehem fliegen will“ oder „Kätzchen hat den Spatz gefangen“, von Freunden und Förderinnen der Malerin abgeschrieben und für Texte ihrerseits gehalten [4]. Ob sie sich je begegneten – die bettelnde Malerin und die sozialistische Schriftstellerin – ist unbekannt. Seit 1984 hatte die Autorin Hildegard Wohlgemuth in der Nähe von Bremen ihren Wohnsitz.
Die junge Schriftstellerin Hildegard Wohlgemuth war in erster Linie Lyrikerin. Ihre frühen Werke zählen zu der von der Gruppe 61 in den Sechzigerjahren propagierten „neuen Industriedichtung“. In den späteren Gedichten überwiegen dagegen persönliche Töne. Sie war Mitglied der Ökumenischen Textautoren- und Komponisten-Gruppe der Werkgemeinschaft Musik e. V. und der AG Musik in der Evangelischen Jugend e. V., heute Textautoren- und Komponistengruppe TAKT [5]. Ihre Texte standen in engem Bezug zur Friedens- und Anti-Atom-Bewegung – und zeigten so Verwandtschaft zu den entsprechenden Bewegungen in der evangelischen Kirche und der Ökumene. Sie schrieb auch Kinderbücher, ihre Literatur ist vielfach in Sammelbänden und Schulbüchern erschienen.
Zwei Beispiele zeigen die Spannweite ihrer schriftstellerischen Leistung:
Industriestadt sonntags abends (1971)
Sie bürstet das Rauchhaar nach oben,
reckt den Schlothals ins Sternbild Schwan
und die Luftröhre über die Langeweile.

Sie verdeckt unter dem Neontrikot
Risse und Narben
und schnürt den Grüngürtel enger
gegen Lichthunger.

Sie glättet den Faltenwurf
schwarzer Sorgen
in die Feierabendmimik
und stülpt eine Sternensehnsucht
unters Flutlicht des Fußballplatzes.

Sie holt den Stundenfrieden
aus dem Taubenschlag
und aus dem Kiosk
die Lottozahlenhoffnung [6]

Bethlehem
Wer nach Bethlehem fliegen will
In den Stall
und wer meint
dort Ist auf jeden Fall
der Frieden billig zu kriegen
der sollte woanders hin fliegen

Wer nach Bethlehem reisen will
zu dem Sohn
und wer glaubt
dort Ist die Endstation
mit Vollpension für die Seelen
der sollte was anderes wählen

Wer nach Bethlehem gehen will
zu dem Kind
und wer weiß
dass dort der Weg beginnt
ein jedes Kind nur zu lieben
der könnte es heute schon üben [7]

Und so näherte sich ihr 2011 die Journalistin und Schriftstellerin Yvette Vivien Kunkel, Geburtsjahrgang 1979: „Die Autorin Hildegard Wohlgemuth von der Gruppe 61 äußerte einem Journalisten gegenüber, dass sie es ablehne, biographische Angaben über sich mit drucken zu lassen. ’Uninteressante Tatsachen’, sagte sie. ‚Auf das Gedicht kommt es an.’ Dieser Aussage folgend verzichte auch ich auf Fakten über sie. Sie sei die ‚avantgardistische Lyrikerin’ der Gruppe 61 gewesen – ‚Iyrisch-linke Literatur’ und ‚Arbeiterdichterin’ sind weitere Stempel, die ich auf ihren Texten und Büchern finde. Ich weiß, dass diese Schlagworte nichts aussagen: aber es ist der erste Eindruck, den ich von ihr bekomme. Vorsichtig und skeptisch nähere ich mich ihr, Schritt für Schritt und mit gespitzten Ohren.
Ein wenig ist es so, als hätte man den Auftrag bekommen, gemeinsam mit einer anderen Autorin einen Text zu schreiben. Einer Autorin, die man nicht kennt, nur wenige Fakten, nur ein Umriss. Jetzt sollen wir uns zusammen setzen und zusammen arbeiten; wie das wohl wird? Man kann nicht sagen, dass wir auf den ersten Blick Freundinnen geworden wären; wir sitzen dort und ich lese ihre Gedichte, kleine, einfache Zeilen, aussagekräftig und handwerklich gelungen, thematisch kreisen sie alle um Schlote und Schornsteine, so scheint es mir, und ich müsste lügen, würde ich sagen, und sei es nur für die Zeitung, dass ich von ihren Gedichten angetan wäre - aber dann erwischt es mich doch: ich lese einen Prosatext.
‚Monolog an der Theke’ heißt er und beginnt mit: .Leckt mich doch alle. Klar hab ich Haltung: Der Mann sitzt dort, sinniert über seine Vergangenheit und darüber, dass ‚seine Alte’ jetzt arbeiten geht. ‚Meine Alte, die spinnt. Für zwei-fuffzig die Stunde. Für die Jungens, sagt sie und lässt uns ganztags verkommen:
Ein vierzig Jahre alter Text, aktuell und modern wie nur was. Plötzlich sehe ich mich nicht mehr einer Fremden gegenüber: plötzlich ist sie eine Frau Mitte Dreißig, die mit einer großen Tasse Milchkaffee in den Händen vor mir sitzt und über die Ungerechtigkeiten der Welt spricht. Engagiert, klug und ein bisschen zornig. Es folgt eine Geschichte über den Fabrikarbeiter Worms, der eines Tages die Sonne anschreit, sie solle doch reinkommen in seine Halle, und gegen Fenster und Türen schlägt und schließlich in der Psychiatrie landet: Nun schwimmt ihre Stimme (die der Krankenschwester, Anm. der Lesenden) weiter, ein Spruchband, ein Tonband auf dem Flur, dem Fließband von Zimmer zu Zimmer. Gute Nacht. Schnell. Schneller. Werkstück. Schematisch. Gute Nacht. Auspfiff für den Tag. Jenen, diesen. Einzelteile. Ins Leben entlassen. Schnell. Auf dem Fließband. Nacht. Gute Nacht. Heute. Nun. Aufhören! Abstellen!"
Jetzt lächeln wir uns an. Lyrik? Nein. Aber ganz sicher Dichtung. Ver-dichtung der Sprache und die Beschäftigung mit den Outsiders, gesellschaftlichen Randerscheinungen; denen, die immer da sind, die aber niemand hört und niemand sieht. Verprügelte Kinder, die dann auch im Heim nicht zurechtkommen, Kinder, die Angst vor der Erde und den Blumen haben, weil dort drin ‚schlagende Wetter’ wohnen ...
Jetzt lächeln wir uns an. Beugen uns über unser Papier und beginnen mit den Notizen“. [8]
Werke von Hildegard Wohlgemuth
– Ko-Autorin mit Hans Schulz: Jugend setzt sich mit neuer Lyrik auseinander, Hagen 1964
– Gedichte, Recklinghausen 1965
– Vom Brötchen, das ein Hochzeitskuchen werden wollte und andere Erzählungen, Recklinghausen 1969
– Wen soll ich nach Rosen schicken, Wuppertal 1971
– Industriestadt sonntags abends, 1971
– Auch ich, auch du (= Schritte, Band 29). Berlin 1975
– Geschichten aus dem Hut zum Vorlesen, Reinbek bei Hamburg 1987 (beliebtestes Kinderbuch!)
– Bibel, Babel, Bebel, München 1990
– An meiner Seite, Gedichte (= VS-Edition, Band 9018), Strube, München 1992
Als Co-Herausgeberin:
– mit Wolfgang Beutin: Die Liebe liegt tiefer, irgendwo (= Hamburger Stadtteilschreiber), herausgegeben vom Literatur-Zentrum e.V. Gespräche mit Künstlern in Eppendorf, M-und-K-Hansa-Verlag, Hamburg 1980. Diese Aufzeichnungen sind entstanden im Rahmen des von der Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg ausgeschriebenen und geförderten Stadtteilschreiber-Projekts, im Auftrag der Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg
– Frieden: mehr als ein Wort = rororo-Rotfuchs, Band 287, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1981
Weblinks
de.wikipedia.org/wiki/Hildegard_Wohlgemuth_(Schriftstellerin)
– Literatur von und über Hildegard Wohlgemuth im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
– Suche nach Hildegard Wohlgemuth im Portal SPK digital der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
– Artikel „ Hildegard Wohlgemuth “ in „Lexikon Westfälischer Autorinnen und Autoren 1750 bis 1950; lwl.org/literaturkommission/alex/index.php?id=00000003&letter=W&layout=2&author_id=00001750
Vgl. dort auch den Artikel zum Bergmann und Schriftsteller Otto Wohlgemuth, mit dem ihr Mann möglicherweise verwandt oder verschwägert war? lwl.org/literaturkommission/alex/index.php?id=00000003&letter=W&layout=2&author_id=00002388
Text: Dr. Cornelia Göksu (CG)
Anmerkungen
1 Zur gesellschaftlichen Stellung des väterlichen Berufes „Lokomotivführer“ vgl. etwa: „Der Flurname „Wanne“ war eine Kompromisslösung anlässlich der Benennung des gemeinsamen Bahnhofs an der 1847 eröffneten Köln-Mindener Eisenbahn. Dieser Bahnhof entwickelte sich zum größten Rangierbahnhof des mittleren Ruhrgebiets, der übrigens als einziger im Ruhrgebiet alle vier Betriebsarten vereinte: Neben der erwähnten Funktion als Rangierbahnhof war er auch Heimatbahnhof für über 300 Lokomotiven und Triebfahrzeuge, Güterbahnhof und Passagierbahnhof. Heute noch besitzt er als Hauptbahnhof die verkehrlich wichtige Bedeutung als Kreuzung der Ost-West-Verbindung Dortmund – Oberhausen mit der Nord-Südverbindung Münster (Westfalen) – Essen. (...) Am 1. April 1926 wurden die beiden Ämter Wanne und Eickel zur kreisfreien Stadt Wanne-Eickel vereinigt. Im Zweiten Weltkrieg wurde Wanne-Eickel – einerseits aufgrund seines großen Bahnhofs, der einen Knotenpunkt für die Versorgung der Westfront bildete, andererseits wegen der Herstellung von synthetischem Benzin in den „Treibstoffwerken“ in Eickel – durch alliierte Bombenangriffe stark zerstört.“ = Zitat aus: de.wikipedia.org/wiki/Wanne-Eickel
2 Da in vielen Regionen während des 2. Weltkriegs Lehrermangel herrschte, wurden in Schnellverfahren sogenannte Schulhelfer_Innen ausgebildet, „die mit minimalen pädagogischen didaktischen Kenntnissen in die Schulen geschickt wurden“ und meist sehr großen Klassen verschiedener Jahrgänge gegenüberstanden. Dazu vgl. zum Beispiel den Erfahrungsbericht auf der Website des „Geschichtsvereins Prümer Land“ mit dem Titel: „Als Schulhelfer im Kreis Prüm“ von Hans Kees, Vorwort von Prof. Dr. Erwin Schaaf, unter gvpl.de/archiv/LB_03-12_Artikel Kees
3 Die „Gruppe 61“ wurde am 31. März 1961 von dem Dortmunder Stahlarbeiter und späteren Direktor der dortigen Stadtbüchereien, Fritz Hüser (vgl. de.wikipedia.org/wiki/Fritz-Hüser-Institut), gegründet sowie dem Schriftsteller Max von der Grün, dem Gewerkschafter Walter Köpping und weiteren Schriftstellern. Die Gruppe setzte es sich zum Ziel, schriftstellerisch tätige Frauen und Männer, d.h. vor allem Industriearbeiter auf der einen – und Lektoren, Kritiker und Journalisten auf der anderen Seite zusammenzubringen und ‚dem Fehlen der schriftstellerischen und künstlerischen Auseinandersetzung mit der Arbeitswelt und ihren sozialen Problemen entgegenzuwirken’. Der Gruppe gehörten unter anderem Josef Reding, Günter Wallraff, Angelika Mechtel, Peter-Paul Zahl, Willy Bartock und Hans K. Wehren, Wolfgang Körner an“. Einzelne Mitglieder wie Josef Büscher und Peter Schütt riefen auch in Gelsenkirchen und Hamburg Literarische Werkstätten ins Leben. Informationen und Zitate sind der Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Dortmunder_Gruppe_61 entommen.
4 Hierzu erläuterte Frau Dr. Heike Schulz in ihrer E-Mail von v. 3. März 2017 an CG: "Es gibt ja sehr viele Anthologien und andere Publikationen mit Veröffentlichungen der Schriftstellerin. Möglicherweise war es der Band ‚Deutsche Lieder’, Texte und Melodien, ausgewählt von Ernst Klusen. Insel TB. Aus diesem Buch hat z. B. Elisabeth Ediger die Gedichte ‚Wer nach Bethlehem fliegen will’ und ‚Kätzchen hat den Spatz gefangen’ abgeschrieben und an Freunde der Malerin weitergegeben, weil auch sie annahm, es gäbe nur eine Hildegard Wohlgemuth. In der letzten Ausstellung vor dem Tod der Malerin im Herbst 2003 in der Eidelstedter Elternschule wurden etliche Gedichte der Schriftstellerin gerahmt neben Bilder der Malerin gehängt, und wir alle (auch ich) dachten, sie stammen von derselben Person. Da ich mich nach dem Tod der Malerin ausgiebig auch mit deren Tagebüchern beschäftigte, kamen bald Zweifel, dass die Gedichte von der Malerin stammen können. Die Malerin verfügte nicht annähernd über eine Sprachkompetenz, mit der sie solche Gedichte hätte hervorbringen können, wenngleich die Tagebücher m.E. durchaus als ein Stück Outsider-Literatur gewürdigt werden sollten". Vgl. hierzu Kurzbio der Malerin Hildegard Wohlgemut in dieser Datenbank.
5 werkgemeinschaft-musik.de/Verein + andere Links zu den angegebenen Verbänden
6 laternennacht.wordpress.com/2012/11/30/die-funfzehnte-nacht-industriestadt-sonntag-abends/
7 Gefunden unter dem www.ghs-neuffen.de/site/upfiles/File/Weihnachtsbrief_Eltern_2013.pdf; abger. 2.3.2017
8 derwesten.de/stadte/dortmund/autorin-hildegard-wohlgemuth-engagiert-klug-und-etwas-zornig-id4379369.html, geschrieben von Yvette Vivien Kunkel am 7.3.2011; abgerufen 2.3.2017
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

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stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

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