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Frauenbios

Marie Thierfeldt

(20.2.1893 Frankenhof - 31.12.1984 Hamburg)
Handweberin
Garten der Frauen, Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (Historischer Grabstein)
Mittelweg 145 (Hinterhof)
Marie Thierfeldt, Foto: privat
Geboren wurde Marie Thierfeldt auf dem väterlichen Hof in Frankenhof, Kreis Gumbinnen, in Ostpreußen. Sie hatte zwei Brüder und eine äItere Schwester. Ihre Mutter war bereits verstorben, als im Ersten Weltkrieg das Elternhaus zerstört wurde. Den Auftrag für den Wiederaufbau des Hauses bekam der damals noch junge und unbekannte Architekt Hans Scharoun. Er, der später ein bedeutender Architekt wurde, war es, der Marie Thierfeldt, die eine Weblehre mit Gesellen- und Meisterprüfung an der höheren Textilschule in Berlin absolvierte, riet, nach Weimar zu gehen und dort am Bauhaus zu studieren. Marie Thierfeldt folgte dem Rat und studierte zwischen 1924 und 1925 am Bauhaus in Weimar und 1926 am Bauhaus in Dessau.
„Gropius vermittelte mir das Gefühl für den Raum, Kandinsky die Fläche, Klee die Farbe“, erzählte sie später. (Heinrich Scharienorth: Sie schuf einen Wandteppich für die Hamburgische Staatsoper. Besuch bei der ostpreußischen Webmeisterin Maria Thierfeldt – das ‚Mischen’ der Farben ist eine Kunst. In: Das Ostpreußenblatt vom 22.3.1969.)
Nach dem Studium „ging Marie Thierfeldt nach Ostpreußen zurück, wo sie in Insterburg eine Weberei übernahm. Der damalige Landrat Overwerg hatte sie eingerichtet, um die Not nach dem Russeneinfall zu lindern. ‚Vom einfachen Flickerteppich bis zum anspruchsvollen Wandbehang wurde einfach alles gewebt, aber nur aus reinem Material’, erinnerte sich die Weberin. Und bald klapperten zwölf Webstühle in der Werkstatt.
1930 legte Marie Thierfeldt als erste Webmeisterin Ostpreußens ihre Meisterprüfung ab. In einem humorvollen Trinkspruch wurde ihr in der nachfolgenden Feierstunde bekundet: ‚Nach vierzig Jahren der erste Prüfling – und dazu noch ein Fräulein.’“ (Erinnerung an die Webmeisterin Marie Thierfeldt. In: Das Ostpreußenblatt 1998. www.webarchiv-server.de/pin/archiv98/607o98.htm. Stand: 12.3.2011.)
1927 wurde sie als außerordentliche Lehrerin an der Königsberger Kunstakademie berufen, wo sie bis 1933 tätig war. „’Nachdem ich Dozentin war, bin ich doch auch ein wenig Lehrmeisterin geworden’, (…). Einige nüchterne Zahlen mögen diese Aussage unterstreichen. Aus der Werkstatt Marie Thierfeldts gingen nach dem Krieg sieben Landes- und drei Bundessieger hervor.“ (ebenda.)
1941 ließen die nationalsozialistischen Behörden die Werkstatt schließen. Marie Thierfeldt wurde dienstverpflichtet. Silvester 1944 floh sie nach Schleswig-Holstein, wo sie als Jute-Weberin ihren Lebensunterhalt verdiente. Später übernahm sie in Ahrensburg eine kleine Weberei. 1949 begann sie in einem Hamburger Keller mit geliehenen Webstühlen mit einem selbstständigen Betrieb. Ein Jahr später schon zog sie an den Mittelweg 145, wo sie im Hinterhof eine Werkstatt errichtete. Dort standen drei große Webrahmen. Ein Webrahmen erlaubte sogar Spannbreiten bis zu drei Metern. Über ein Holztreppchen ging es zur Wohnwerkstatt. Auch hier standen Spinnräder und ein Webstuhl. Die Wohnung teilte sie sich mit ihrer älteren Schwester Lina Bartschat (26.7.1888 - 2.10.1970), die den Haushalt führte und auch die Angestellten – eine Weberin und zwei Lehrlinge – bekochte. (ebenda.)
Marie Thierfeldt beschäftigte sich vor allem mit der Mischung und Abstufung der Materialfarben. Für einen Teppich in der St.-Petri-Kirche in Hamburg verwendete sie die Farbe Rot in 40 Varianten.
Das „Mischen der Farben (..) ist die eigentliche Kunst in der Weberei. Mit den Grundtönen der sorgfältig ausgewählten, zum Teil aus Frankreich und der Schweiz herangeholten Wolle begnügt sich die Künstlerin nicht. Sie dreht verschiedenfarbige Wollzwirne zusammen, mischt Leinenstreifen, Seiden- und sogar Goldfäden unter das Webmaterial.“ (Ebenda)
Ihre Arbeiten waren und sind in vielen öffentlichen Gebäuden und Museen zu finden, so im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Sie stellte u. a. Wandteppiche für das Gemeindehaus Langenhorn, das Gemeindehaus Geesthacht, den Sitzungsraum der Großmarkthalle und für die Deutsche Botschaft in Stockholm her. Für die Hamburgische Staatsoper schuf sie den Wandteppich „Petruschka“, der heute im Ballettzentrum hängt. Der künstlerische Entwurf hierzu kam von dem Künstler Peter Boll. „Die zähe Entwicklungsarbeit zwischen dem ersten, noch recht statischen und blässlich wirkenden Klebeentwurf des jungen Hamburger Künstlers Peter Boll zum Petruschka-Teppich und dem lockeren Formenspiel, der leuchtenden, aber harmonischen Farbigkeit der endgültigen Webvorlage nahm mit der Materialbeschaffung vier Jahre in Anspruch. Das Weben des 2,70 Meter hohen und 3,80 Meter breiten, einen Zentner schweren Teppichs selbst dauerte ‚nur’ fünf Monate. Eine Weberin und eine Zuarbeiterin halfen dabei. Sie selbst, erklärt Frau Thierfeldt ihre Arbeit, stehe nur ‚wie eine Hexe dabei und mische die Farben’. (…) Achtundvierzig Farben sind im Teppich enthalten, darunter achtzehn Grüntöne, elf verschiedene Rot- und sieben Blauabstufungen.“ (Heinrich Scharienort, a. a. O.)
Für den Wandteppich, den sie für das Gästehaus der Deutschen Bank herstellte, erhielt sie 1966 den Preis der Hamburger Kulturbehörde.
Text: Dr. Rita Bake
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

Erklärung zur Datenbank

Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Zuletzt eingetragene Namen

Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae
Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons
März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann
Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

Was erwartet Sie in der Frauenbiografie-Datenbank?

Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

Wie nutzen Sie die Datenbank?

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Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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