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Hanna Glinzer

( Hanna Emilie Glinzer )
(23.2.1874 Hamburg - 1.4.1961 Hamburg)
Direktorin der Schule des Paulsenstiftes
Witts Allee 21 (Wohnadresse)
Garten der Frauen, Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (Historischer Grabstein)
Bülowstraße 20, Schule des Paulsenstiftes (Wirkungsstätte)
Hanna Glinzer; Quelle: privat
Am 23.2.1874 wurde Hanna Glinzer in der von ihrer Pflegegroßmutter Emilie Wüstenfeld gegründeten Gewerbeschule für Mädchen geboren, deren Leiterin von 1868 bis 1878 Hannas Mutter, Marie Glinzer geb. Hartner - die Pflegetochter Emilie Wüstenfelds - war. Hannas Vater, Dr. phil. Ernst Glinzer, war ebenfalls Lehrer und arbeitete von 1867 bis 1919 als Lehrer für Naturwissenschaften an der Gewerbe- und Bauwerkschule.
Hanna Glinzers Bildungsweg steuerte auch auf die pädagogische Laufbahn hin: Acht Jahre besuchte sie die private höhere Mädchenschule von Dr. Theodor Zimmermann. Zwischen ihrem 17. und 19. Lebensjahr belegte sie Abendkurse bei Herrn Pracht, um sich auf das Lehrerinnenexamen vorzubereiten. 1893 legte sie diese Prüfung am Seminar der Klosterschule ab. Im selben Jahr begann sie als Lehrerin an der höheren Mädchenschule von Antonie Casali im Hamburger Stadtteil St. Pauli zu arbeiten. Drei Jahre später erhielt sie eine Vertretungsstelle an der Schule des Paulsenstiftes. Stets betonte sie, dass dies nicht durch Beziehungen erfolgt sei. Mit 23 Jahren ging sie für ein Jahr nach Frankreich, hörte Vorlesungen an der Sorbonne und am Collège de France und arbeitete zwei Monate als Erzieherin in einer normannischen Adelsfamilie. Ein Jahr später kam sie an die Schule des Paulsenstiftes zurück. Gleichzeitig bereitete sie sich auf ihr Studium in Deutsch und Geschichte vor, das sie ab 1901 in Berlin begann. 1904, im Alter von 30 Jahren, legte sie das Oberlehrerinnenexamen ab und ging wieder zurück an die Schule des Paulsenstiftes. Zwei Jahre später (1906) schaffte sie die Vorsteherinnenprüfung am Seminar der Klosterschule. Im Alter von 37 Jahren, im Jahre 1911, übernahm sie von ihrer Vorgängerin Anna Wohlwill die Leitung der Schule des Paulsenstiftes. Ab dieser Zeit mussten Schulleiterinnen die gleichen Qualifikationen - nämlich den Nachweis der Vorsteherprüfung und eines Studiums - erbringen wie ihre männlichen Kollegen. Hanna Glinzer erfüllte diese Voraussetzungen - gehörte sie doch schon der Generation von Frauen an, denen das Studium an einer Universität und der Besuch eines höheren Lehrerinnenseminars erlaubt war.
Bis 1937 war Hanna Glinzer Direktorin der Schule des Paulsenstiftes. Diese Position konnte sie deshalb einnehmen, weil es sich bei der Schule um eine private Lehranstalt handelte. An staatlichen Schulen waren ausschließlich Männer als Schulleiter vorgesehen. Die Erziehungswissenschaftlerin Elke Kleinau schreibt dazu: „In Preußen werden 88% aller privaten höheren Mädchenschulen von Frauen geleitet. Die öffentlichen Schulen haben dagegen zu 91% einen männlichen Leiter. In dieser Hinsicht ist die Paulsenstiftsschule mit ihrer Entscheidung für eine Schulleiterin ganz der Privatschultradition verhaftet. Nun handelt es sich aber bei der Paulsenstiftsschule um eine staatlich anerkannte, halböffentliche höhere Mädchenschule. Von daher ist es ungewöhnlich, dass an ihr fast ausschließlich Frauen beschäftigt sind" [1]. Solch eine - wie damals oft verlautete - Kuriosität hatte Programm. Schließlich war die Schule des Paulsenstiftes von dem Hamburger „Frauenverein zur Unterstützung der Armenpflege" gegründet worden, der sich nicht nur um einen höheren Frauenanteil in den Lehrkörpern bemühte, sondern in seiner Schule ausschließlich Frauen beschäftigen wollte. Und Hanna Glinzer setzte sich als Schulleiterin für die Durchsetzung dieser Forderung ein.
Als 1908 im Zusammenhang mit der preußischen Mädchenschulreform ein Gesetz erlassen wurde, dass die Stellen für die pädagogischen Kräfte geschlechtsparitätisch zu besetzten seien, löste dies im Schulvorstand der Schule des Paulsenstiftes heftige Debatten aus, war man doch gerade im Begriff, um eine staatliche Anerkennung zu ersuchen - damit wäre die Schule aber unter dieses Gesetz gefallen. Dennoch beschloss der Schulvorstand 1910, die staatliche Anerkennung zu beantragen, um damit seinen Schülerinnen bessere Berufschancen zu ermöglichen. 1912 erhielt die Schule die Lyzealberechtigung und damit gleichzeitig die Vorgabe, in Zukunft ein Drittel männlicher Lehrkräfte einzustellen. Der Schulvorstand wusste sich aber zu helfen: Er stellte zwar entsprechend viele männliche Lehrkräfte ein - diese aber nur nebenamtlich. Elke Kleinau erklärt dazu: „Dieses Verfahren, männliche Lehrkräfte ausschließlich nebenamtlich zu beschäftigen, wird möglich durch die Verknüpfung zweier Vorschriften über die Zusammensetzung des Lehrerinnen- und Lehrerkollegiums in privaten Mädchenschulen. Neben der Quotenregelung für männliche Lehrkräfte legen die Bestimmungen fest, dass nebenamtliche Kräfte engagiert werden können, die von ihnen erteilten Unterrichtsstunden aber nicht mehr als ein Drittel der Gesamtstunden betragen dürfen. Diese Regelung wird von der Schule bis Ostern 1932 praktiziert, d. h. bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Staat den Lehrerinnen und Lehrern generell die Ausübung nebenamtlicher Tätigkeiten untersagt" [1].
Unter Hanna Glinzers Leitung konnte die Schule in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts zur Oberrealschule ausgebaut und außerdem als zweiter Oberbau eine dreijährige Frauenschule angegliedert werden.
Neben ihrem Lehrerinnenberuf betätigte sich Hanna Glinzer auch stände- und frauenpolitisch. Sie wurde eines der führenden Mitglieder in den Hamburger Ortsgruppen des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins und des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins. Helene Lange wollte sie sogar für eine Kandidatur zur Hamburgischen Bürgerschaft gewinnen, was darauf schließen lässt, dass Hanna Glinzer zur Deutschen Demokratischen Partei tendierte. Aber Hanna Glinzer lehnte wegen ihrer Arbeitsbelastung als Schulleierin ab.
Hanna Glinzer gehörte zu denjenigen, die den Machtantritt der Nationalsozialisten und eine restriktive Politik vorausgesehen hatten. Als sich ihre Befürchtungen verwirklichten, sah sie die einzige Möglichkeit, ihre Schule zu retten, in der völligen Verstaatlichung. Dies geschah 1937 und bedeutete gleichzeitig das Ausscheiden Hanna Glinzers aus dem Schuldienst. Denn sie weigerte sich, den Treueeid auf Hitler zu schwören - ließ sich lieber zwei Jahre zu früh pensionieren.
Im Zweiten Weltkrieg wurden die Schule und auch Hanna Glinzers Wohnung ausgebombt. Hanna Glinzer musste Hamburg verlassen. Lange hatte sie nicht die Kraft, eine zielgerichtete Arbeit aufzunehmen, erteilte dann aber doch wieder Unterricht - und zwar Flüchtlingskindern. Erst 1949 konnte sie nach Hamburg zurückkehren und erhielt eine Wohnung in einem Blankeneser Gartenhaus.
Text: Rita Bake
Zitate:
1 Elke Kleinau: Die Hochschule für das weibliche Geschlecht und ihre Auswirkungen auf die Entwicklung des höheren Mädchenschulwesens in Hamburg. In: Zeitschrift für Pädagogik 36, 1990, Nr.1.
Trauerrede für Hanna Glinzer an der Beisetzungsfeier am 7. April 1961, Privatarchiv Dr. Rita Bake
 

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(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

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Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
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