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Frauenbios

Katharina Corleis

( Katharina Corleis, geb. Engelke )
(15.12.1877 Groß-Fredenbeck bei Stade – 24.7.1935 Suizid im KZ Hamburg-Fuhlsbüttel)
Opfer des Nationalsozialismus
Öjendorfer Weg 41 (Wohnadresse)
Neuer Wall/ Stadthausbrücke 8 (dort gefoltert)
Öjendorfer Weg 9 (Gedenkstein)
Bestattet auf dem Schiffbeker Friedhof, Schiffbeker Weg 144. Die Grabstelle wurde aufgelassen.
Katharina Engelke wurde am 15. Dezember 1877 in Groß-Fredenbeck bei Stade geboren. Ihr späterer Mann, Friedrich Corleis, kam am 23. April 1879 in Deinste, einem Dorf in der Nähe, zur Welt. Nach ihrer Heirat erwarben sie in Schiffbek ein Grundstück am Öjendorfer Weg 41, wo sie in den dreißiger Jahren ein Eigenheim bauten. Das Ehepaar Corleis bekam zwei Töchter und drei Söhne. Friedrich Corleis arbeitete bei den Gaswerken und nach Feierabend ebenso wie seine Frau und die Kinder in ihrer kleinen Gärtnerei. Der Garten lieferte Obst, Gemüse und Blumen, die die Mädchen in Hamm verkauften. Katharina und Friedrich Corleis waren in der SPD organisiert, außerdem in der Konsumgenossenschaft der "PRO".
Nach dem Verbot der SPD 1933 arbeiteten einige Genossen in Billstedt illegal weiter. Sie vertrieben umfangreiches Material, in dem vor dem Nationalsozialismus und einem durch ihn inszenierten Krieg gewarnt wurde, und stellten es zum Teil auch selbst her. In der Nacht vom 17. auf den 18. Juni 1935 wurden 48 Billstedter Frauen und Männer verhaftet. Unter den acht verhafteten Frauen befanden sich die alte Genossin Benthien, Katharina Strutz, geb. Mehrens, und Katharina Corleis.
(Ausschnitt aus dem szenischen Rundgang zu den drei Hauptkirchen, Sprecherinnen: Rita Bake, Thomas Karallus)
In seinen Erinnerungen vom 30. Januar 1946 berichtete Friedrich Corleis: "Meine Frau, Katharina Corleis, wurde um 4 Uhr morgens von der Gestapo in ihrem Haus im Öjendorfer Weg 41 verhaftet. Sie erhob mutig gegen ihre Verhaftung Einspruch und wurde daraufhin in meiner Gegenwart angepöbelt. Man sagte ihr, dass bekannt sei, was sie auf dem Kerbholz habe, denn sie bekleide in der verbotenen SPD einen wichtigen Posten. Außerdem sei sie im Besitz von illegalen Schriften und verteile diese trotz des Verbots weiter." Corleis warf ein, dass sie nur gewöhnliche Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei gewesen seien. Seine Frau wurde ins Polizeigefängnis Stadthaus und von dort ins Konzentrationslager Fuhlsbüttel überführt. Am 26. Juni 1935 bekam Corleis die Mitteilung, seine Frau habe sich in der Nacht zum 25. Juni 1935 in ihrer Zelle erhängt.
Stadthausbrücke und Neuer Wall in Hamburg-Neustadt im Jahre 1892; Bild: via Wikimedia Commons, Friedrich Strumper († 1913) / gemeinfrei
Zum 27. Juni wurde er ins Stadthaus bestellt. Dort wurde ihm u. a. mitgeteilt, seine Frau sei in eine größere verbotene SPD-Organisation verwickelt gewesen, die seit Weihnachten 1934 von der Gestapo beobachtet worden sei. Diese Kolonne (Gruppe) habe unausgesetzt Gelder für die SPD gesammelt und daran habe seine Frau maßgeblichen Anteil gehabt. Sie habe mit Sicherheit ein schlechtes Gewissen gehabt und sich deshalb erhängt. Den anderen Verhafteten warf das Hanseatische Oberlandesgericht "Vorbereitung zum Hochverrat" vor. Sechs von ihnen wurden zu Haftstrafen zwischen 15 Monaten und drei Jahren verurteilt.
Friedrich Corleis durfte seine Frau nicht in Billstedt beerdigen, damit die Beerdigung nicht zu Propagandazwecken genutzt werden konnte. Die Verbrennung der Leiche fand im Ohlsdorfer Krematorium statt; bei der vorangegangenen Leichenschau durfte die Familie die Tote nur von Ferne betrachten. Ausdrücklich wurde ihr das Nähertreten verboten. Die Asche wurde Friedrich Corleis zur Beerdigung ausgehändigt. Katharina Corleis wurde auf dem Schiffbeker Friedhof beigesetzt, unter der Bedingung, dass kein Gefolge daran teilnehme.
Katharina Corleis’ Enkelin, Helga Witt, war damals zu Besuch bei den Großeltern. Als sie am nächsten Morgen ihre Großmutter nicht vorfand, erfuhr sie von ihrem Großvater, man habe die Großmutter abgeholt.
Die Mitangeklagte Katharina Strutz erklärte später eidesstattlich, "dass die im Konzentrationslager Hamburg-Fuhlsbüttel ums Leben gekommene Frau Corleis, wohnhaft gewesen Hamburg-Billstedt, Öjendorfer Weg, mit mir zusammen in der Nacht vom 17. auf den 18. Juni 1935 durch die Gestapo verhaftet wurde. Wir wurden am 18. Juni 1935 gegen Mittag vom Stadthaus aus nach Fuhlsbüttel gebracht, wo wir (insgesamt 8 Billstedter Frauen) in Einzelhaft kamen. Der Tod von Frau Corleis wurde mir Anfang Juli bekannt, als ich zur ersten Vernehmung im Stadthaus war Eine mir unbekannte Mitgefangene, die in Gemeinschaftshaft war, teilte mir mit, dass Frau Corleis bereits seit mehreren Tagen tot sei."
Katharina Corleis war die erste Frau, die im Konzentrationslager Fuhlsbüttel ums Leben kam. Sie hatte in Billstedt im Rahmen des "illegalen antifaschistischen Widerstandskampfes" der SPD NS-Gegnerinnen und -Gegner sowie Angehörige von Verfolgten zum Beispiel durch kleine Geldbeträge unterstützt. Mit den Spenden, die sie sammelte und verteilte, half sie Not zu lindern. Einige Menschen konnten dadurch ihre Wohnung behalten, andere bekamen etwas zu essen oder konnten Medikamente oder ein Schulheft für ihr Kind kaufen. Besonders die Menschen, die sich gegen das NS-System stellten, mussten viel entbehren. Oft verloren sie ihre Arbeit und damit ihr Einkommen So waren die kleinen Hilfen für sie ein Segen. Katharina Corleis wusste, worauf sie sich einließ und was ihr deshalb passieren konnte. Trotzdem tat sie, was sie tat.
Text: Christiane Chodinski
Quellen:
Kola-Fu Gedenkbuch; StaH 351-11 AfW, 4443; Gedächtnisprotokoll vom 30.01.1946 von Friedrich Corleis; mündliche Mitteilungen von Angehörigen.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae

Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons

März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

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Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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