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Frauenbios

Ursula Querner

(10.5.1921 Dresden – 23.6.1969 Hamburg)
Bildhauerin
Marseiller Straße 7, Planten un Blomen: Plastiken
Holitzberg 89 (letzte Wohnadresse, Altenheim)
Namensgeberin für: Ursula-Querner-Straße
Ursula Querner arbeitet am Wachsmodell der Maga Circe, 1964, Bildquelle: via Wikimedia Commons / Copyrighted free use
Betritt man das Gelände von Planten un Blomen vom Fernsehturm aus, so sind es nur wenige Schritte die Stufen hinunter, und man steht neben der Göttin der Morgenröte: ein schmaler Mädchenkopf mit Pferdeschwanz, ein kräftiger jugendlicher Leib, der in noch kräftigere, beinahe stromlinienförmige Beine übergeht, die an die göttliche Herkunft der Gestalt erinnern mögen. „Mit Rosenfingern den Schleier der Nacht aufhebend“, [1] wie Karl Philipp Moritz in seiner „Götterlehre“ erzählte, hat auch diese Aurora um Po und geöffnete Arme und Hände locker einen Schleier geschlungen, den Blick nach Osten dem Sonnenaufgang zugewandt.
Bei der 1953 für die IGA geschaffenen Plastik stand die Bildhauerin Ursula Querner noch ganz unter dem Einfluss ihres Lehrers an der Landeskunstschule in Hamburg Edwin Scharff. Nach Jahren der durch Kriegsumstände bedingten Stagnation ihrer künstlerischen Entwicklung und Tätigkeit, war sie 1946 seine Schülerin geworden. [Ergänzung von Rita Bake: In der NS-Zeit war Ursula Querner am 1.9.1940 in die NSDAP aufgenommen worden, den Antrag hatte sie am 10.4.1940, kurz vor ihrem 19. Geburtstag gestellt. Mitgliedsnummer: 7693467. (BArch (Bundesarchiv) R 9361-IX Kartei 33480863)]
Glücklich und voller Anspannung schrieb sie am 1.10.1946 in ihr Tagebuch: „Seit dem heutigen Tag bin ich ‚Kunstjüngerin‘ an der Landeskunstschule zu Hamburg. (...) Ich mußte mich anmelden für das Studium, es war für mich höchste Zeit, daß ich wieder zu einem wirklich intensiven und konzentrierten Lernen komme, daß meine Arbeiten einer ständigen, strengen Kritik unterstehen (die letzte Zeit in Eutin war schlimm, vor all den vielen Erledigungen kam ich zu keinem regelmäßigen Arbeiten mehr, vor allem fehlte mir so ganz das Alleinsein können. Nun bin ich Freiherrin – ja, lange habe ich nicht mehr dies freie gelöste gespürt, das mich heute bis in die Fingerspitzen erfüllt.) Wie möchte ich diese herrliche kostbare Zeit nützen, um weiterzukommen, künstlerisch und menschlich – ich bin nun so ganz offen für alles und bereit, aufzunehmen, ganz in mich selbst alles zu nehmen, was ich sehe, was ich arbeite, was erlebe!) Alles ist so voller Spannung, voll inneren Lebens, dieser dumpfe reglose Zustand in Eutin war wie eine Talsperre und nun stehe ich kurz vorm Wehr und der Druck ist fast unerträglich – – – wird es geöffnet werden und alles in Fließen geraten?“ [2]
Trotz der kurzen Lebenszeit, die Ursula Querner bemessen war, schuf sie eine große Anzahl von Werken, wobei ihre Hauptauftragsfelder „Kunst am Bau“ und Kirchenausstattungen waren. Vom „Eselsreiter“ (1956/57) im Park der Grindelhochhäuser, über „Daphnis und Cloe“ (1957) an der Goethestraße, den Brunnen „Drei Knaben“ (1958) an der Berner Au und „Orpheus und Eurydike“ (1958) in der Parkanlage Alstervorland in Harvestehude entwickelte die Bronzebildhauerin eine eigene Formensprache.
Ihre Themenwahl aus der antiken Mythologie basiert zum einen auf einer allgemeinen internationalen Tendenz nach dem Zweiten Weltkrieg. Da die Avantgarde der 20-er Jahre gescheitert war, der Faschismus Thematisches und Formales unmöglich gemacht hatte, suchte man Inspiration bei den Werken der Antike. Diese Neigung erklärt sich wohl aber auch aus einer glücklichen persönlichen Anlage der Künstlerin, die die Heiterkeit in Werken der Antike unmittelbar empfand. Von einer Studienreise nach Italien und Griechenland schrieb sie am 27.4.1957 an ihre Mutter, Annemarie Querner: „(...) dann die Akropolis – – ganz anders, als man es nach all den Fotos erwartet, gar nicht ‚erhabene Klassik‘, gar keine ‚edle Einfalt‘, es packt einen wirklich ganz unmittelbar und mit solcher Gewalt, wie ich’s bisher nur bei ganz expressiven Dingen der Kunst erlebt habe. Alles ist Plastik, jeder Säulentorso, jedes Kapitell, das wie zufällig daliegt, jeder behauene, verwitterte, patinierte Stein des Mauerwerks, es ist alles ganz gegenwärtig (...) was mich immer wieder frappiert, ist die wundervolle Sensibilität, die Zartheit bis ins kleinste Detail und diese große Heiterkeit, die von allen Plastiken, auch wenn sie nur in Bruchstücken da sind, ausstrahlt.“ [2] Für den Kunsthistoriker Gottfried Sello, der sie gut kannte, gehörte Ursula Querner „zu den glücklichsten Menschen, denen ich begegnet bin.“ [2] So gelang es der seit 1953 mit dem Glasmaler Claus Wallner verheirateten Ehefrau und Mutter zweier Töchter auch einigermaßen problemlos, das Leben einer Künstlerin mit den klassischen Rollen einer Frau zu vereinbaren.
Während eines Aufenthalts in der Villa Massimo in Rom lernte Ursula Querner das Arbeiten mit Wachs kennen. Auf Grund seiner weichen und gleichzeitig festen Beschaffenheit kann Wachs, anders als Ton, der auf ein stützendes Gerüst aufgetragen werden muss, von innen heraus modelliert werden. Zudem erlaubt es andere Möglichkeiten der Modellierung der Oberflächenstruktur. „Vormittags liegende Figur in Wachs geformt, sehr schönes Gefühl, die Form so von innen nach außen zu treiben. Kommt meinem Empfinden sehr entgegen“, [2] notierte sie am 3.4.1959 in ihr Tagebuch. Wachs wurde „das Material, in dem sie ihre skulpturalen Vorstellungen am besten realisieren konnte“, [1] urteilte Claus Wallner. Auch große Arbeiten baute sie in Wachs auf und ließ sie im Wachsausschmelzverfahren gießen. Arbeiten im öffentlichen Raum, die unter dem Eindruck ihres Aufenthalts in Rom standen, sind Plastiken wie „Zwei Faune“ (1961) in der Straße Fahrenort, „Pan“ (1962) in der Gartenanlage Schüslerweg, „Ceres“ (1961) bei der ehemaligen Frauenklinik Finkenau, „Ballonmann I“ (1961/62) bei der Schule Schierenberg in Hamburg-Berne und „Zwei Mädchen mit Tuch“ (1965) in der Steinickestraße.
1961 ließ sich das Ehepaar Querner/Wallner in Italien auf einem der Insel Ponza vorgelagerten Felsen ein Sommeratelier bauen. Hier beschäftigte sich Ursula Querner mit Felsformationen und entdeckte die Unterwasserwelt: „Für mich ist Italien der Inbegriff der Plastizität. Wo ich hingucke, hier in Ponza, ob ich eine Höhle, einen Felsen oder einen Hügel sehe, alles ist Plastik. – Auch der Mensch ist hier viel mehr Plastik, finde ich. (...) Ich sah diesen Menschen, der sich, wenn er die Maske aufsetzt, verwandelt, anonym wird, ins Wasser geht und dann ein völlig anderes Wesen wird; und ich habe versucht, das darzustellen, erst statisch noch, und dann aber, als ich selbst begann zu tauchen, habe ich diese ganze neue Atmosphäre, das Schwebende, in die andere Atmosphäre gehende, versucht, darzustellen. (...) Es ist im Grunde das alte Symbol der Maske – da schließt sich der Kreis, die antike Welt ist hier genau so lebendig für mich wie die moderne.“ [3] Ein Beispiel aus dieser Phase ist der „Oceanaut“ (1965) im Freizeitbad Hamburg-Niendorf.
Ursula Querners Orientierung an Marino Marini, über den sie bereits 1953 in einem Brief an ihren Mann schrieb, dass er derjenige sei, der ihr am meisten imponiere, und an Alberto Giacometti ist an ihren Arbeiten im Umkreis der Zeit in der Villa Massimo besonders deutlich zu spüren. Später meint man auch den Einfluss von Henry Moore zu erkennen, wie bei der „Gruppe der fünf Sitzenden“ (1966/67) im Sonnenland in Hamburg-Billstedt. Aber auch wenn sich die Künstlerin mit abstrakten Darstellungsformen und abstrakten plastischen Kategorien des Raumes und mit Oberflächenstrukturen beschäftigte, wie sie für die informelle Malerei von Bedeutung waren, blieb sie eine Bildnerin figuraler Skulpturen.
Seit 1985 gibt es in Hamburg Bergedorf eine Ursula-Querner-Straße.
Text: Brita Reimers
Zitate:
1 Karl Philipp Moritz: Götterlehre, hrsg. V. Horst Günther. Frankfurt a. M. 1999.
2 Zit. nach: Die Bildhauerin Ursula Querner 1921-1969. Mit Beiträgen von Gottfried Sello und Helga Jörgens-Landrum. Hamburg 1991.
3 ZDF-Interview vom 20.11.1966.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Januar 2024: Astrid Matthiae
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Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

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Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

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