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Frauenbios

Mary Warburg

( Mary Warburg, geb. Hertz )
(13.10.1866 - 04.12.1934)
Malerin, Bildhauerin und Ehefrau des Kulturhistorikers Aby Warburg
Heilwigstraße 116 (Wohnadresse und Atelier)
Ohlsdorfer Friedhof Grab Nr. Y 10, 78-98
„Die Kämpfe, die sie innerhalb der ,guten Gesellschaft’ hatte durchzufechten gehabt, um zu wirklichem Studium der Kunst zu kommen, sind für die Nachwelt nicht ohne Humor; daß sie nicht locker ließ, zeigt eben doch, daß es ihr sehr ernst war. Es ist müßig zu fragen, ob es ihr als Ehefrau möglich gewesen wäre, ein deutliches Eigenleben als Künstlerin zu führen.“ [1]
Diese Worte von Wilhelm Hertz anlässlich des Todes seiner Schwester Mary benennen den Kernpunkt des Lebens einer Frau, die als selbstständige junge Künstlerin begonnen und als Ehefrau Aby M. Warburgs, des bedeutendsten Kulturhistorikers des 20. Jahrhunderts, kaum mehr Raum für eine eigenständige Existenz hatte.
Mary Hertz wurde am 13. Oktober 1866 als Tochter des Senators und Reeders Adolf Ferdinand Hertz und seiner Ehefrau Marie Hertz geb. Gossler geboren. Mit ihren drei Brüdern, dem um ein Jahr älteren Adolf Jakob und den um zwei und sieben Jahre jüngeren John Nikolaus und Wilhelm, wuchs sie in einem großbürgerlichen Haus auf. Im Sommer lebte man im Abendrothweg in Eppendorf, im Winter in der Ernst-Merck-Straße. Mary besuchte wahrscheinlich die „Private Mädchenschule am Holzdamm“ und erhielt wohl ab 1882 Zeichen- und Malunterricht bei den Hamburger Malern Adolf K. H. Mosengel, Johann Theobald Riefesell, Friedrich W. Schwinge und Hans von Bartels. Dass Mary Hertz mehr als dilettierende Tochter sein wollte und ihrem Anspruch auf Professionalität zielstrebig verfolgte, belegen nicht nur die Worte ihres Bruders Wilhelm, sondern auch die folgende Anekdote: Als Mary Hertz eine Reise nach Paris machte, steckte Ferdinand Hertz seiner Tochter ein zusätzliches Taschengeld für ein besonderes Mitbringsel zu. Er dachte dabei sicherlich an andere Dinge als an das Skelett, das Mary Hertz kaufte, um anatomische Studien betreiben zu können.
Mary zeichnete mit Bleistift und malte in Tusche, Pastell, Aquarell und Deckfarbe. Auf den Reisen, die sie mit ihrem Vater in der Zeit von 1882 bis zu ihrer Heirat im Jahre 1897 machte, entstanden zahlreiche Skizzenbücher, in denen sie Landschaften, regional-typische Architekturformen und Physiognomien von Menschen festhielt. In Hamburg malte sie vornehmlich die Natur. Von den 90er-Jahren an wandte sie sich, vermutlich angeregt durch die Ideen Lichtwarks, auch der Graphik, der Bildhauerei und dem Kunstgewerbe zu. Sie war Mitglied der 1893 gegründeten „Gesellschaft Hamburgischer Kunstfreunde“ und beteiligte sich an deren Ausstellungen. Im ersten Jahrbuch der Gesellschaft (1895), das im Wesentlichen Katalog der Jahresausstellung war, ist Mary Hertz mit insgesamt 13 Werken in den Abteilungen Malerei und Skulptur vertreten. Für spätere Jahrbücher und die Jugendstilzeitschrift „Pan“ entwarf sie Zierleisten und Vignetten, für das von ihrer Großmutter Emma Dina Hertz geb. Beets über die „Urgrosseltern Beets“ geschriebene Buch zeichnete sie sämtliche Kopfleisten und Schlussstücke. Es erschien 1906 in der „Hamburgischen Hausbibliothek“, einer Reihe, die ebenso wie das Jahrbuch der „Gesellschaft Hamburgischer Kunstfreunde“ von Lichtwark angeregt worden war und „zur Pflege der Bibliothek im Hamburger Haus“ gedacht war.
Am 08. Oktober 1897 heiratete Mary Hertz den Kunst- und Kulturhistoriker Aby M. Wartburg, den ältesten Sohn der seit dem 17. Jahrhundert in Hamburg ansässigen vermögenden Bankiersfamilie, fast zehn Jahre nachdem sie sich in Florenz kennen gelernt hatten. Beide Familien hatten sich dieser Ehe zwischen einer Christin und einem Juden hartnäckig widersetzt.
Begeistert hatte Aby Warburg seiner Mutter von der Begegnung in Florenz berichtet, wo bei er besonders die künstlerische Anlage von Mary Hertz hervorhob: „Frl. Hertz, die vortrefflich malt, hat so erstaunlich viel einfaches und dabei tiefgehendes Interesse für alles, was Kunst heißt, daß ich das Fremdenführen wirklich mit Freude besorge: sonst wie Du weißt, nicht meine Passion.“ (Brief vom 12.12.1888) [2]
Doch was so harmonisch begann, gestaltete sich im Laufe der Jahre zunehmend schwierig. Zunächst zog das junge Ehepaar für vier Jahre nach Florenz, wo Mary mit Adolf von Hildebrand zusammenarbeitete. Nach ihrer Rückkehr nach Hamburg arbeitete sie zeitweilig mit Georg Wrba. Obwohl sie in ihrem Wohnhaus in der Heilwigstraße ein kleines Zimmer als Atelier besaß, kümmerte sie sich nach Aussagen ihrer jüngeren Tochter Frede in erster Linie um ihre Pflichten als Hausfrau und Mutter ihrer drei Kinder Marietta (11.01.1899), Max Adolf (11.07.1902) und Frede Charlotte (23.11.1904). Auch gegenüber ihrem Mann stellte sie die eigenen Ansprüche zurück. Sie, der es bei einem Handkuss kalt über den Rücken lief und die sich selbst immer im Freien sah und von der Aby Warburg gesagt haben soll, Mary genüge ein mittelgroßes Rhabarberblatt und ein Skizzenblock, um glücklich zu sein, ertrug seine Bücherleidenschaft, die das Wohnhaus zunehmend in eine Bibliothek verwandelte, wo auch Vorträge und Gesprächskreise gehalten wurden, mit Fassung: „Die feinsinnige Gattin, die eigentlich für ihre Arbeiten als begabte Bildhauerin Platz hätte haben müssen, nahm dies elementare Geschehen mit rührender Geduld auf sich, aber die heranwachsenden Kinder blickten voll Ingrimm auf den Siegeszug der verhaßten Bücher.“ Die räumliche Lage entspannte sich, als 1926 die Bibliothek in das eigens für sie erbaute Nebenhaus umzog, wo Mary im Dachgeschoss ein Atelier erhielt.
War die Stellung neben einem von seiner Arbeit besessenen Wissenschaftler schon nicht einfach, so wurde die Situation noch schwieriger, als Aby Warburg unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges 1918 zusammenbrach und bis zu seiner Genesung 1924 sein Leben in Heilanstalten verbringen musste. Ein Photo von Mary und den Kindern aus der Zeit um 1924 zeigt deutlich die Spuren, die diese Jahre hinterlassen haben.
Mary Hertz starb am 04. Dezember 1934 während einer Operation. Eine schlichte Säule auf der rechten Seite der von ihr für ihre Familie entworfenen Grabmalwand, in deren Mittelfeld ein großes Kreuz vor einer Glorie erscheint, erinnert an sie und ihren Mann.3 Ihren Nachlass vermachte sie der Hamburger Kunsthalle, als Dauerleihgabe. Er wurde 1985 erstmals ausgestellt. [4]
Mary Hertz verblieb mit ihrer Kunst im konventionellen und geübten Motiv- und Themenkreis des 19. Jahrhunderts; der soziale und künstlerische Umbruch des 20. Jahrhunderts schlägt sich in ihrem Werk nicht nieder, obwohl sie sich auf gedanklicher Ebene mit der zeitgenössischen Kunst beschäftigte und auch ihrem Mann Zugang dazu verschaffte. Inwieweit eine andere künstlerische Entwicklung hätte stattfinden können, muss dahingestellt sein. „Daß für Marieken die Lösung nur in dem Verzicht auf Geltendmachung ihres Eigenwesens bestehen konnte, ist wohl deutlich“, sagte ihr Bruder Wilhelm in seinem Nachruf und fuhr fort: „Selbstbehauptungsversuche sind wohl nicht ernstlich unternommen worden; sie hätten den Rahmen der Ehe sprengen müssen. Was sie damit hinnehmen mußte, ist im einzelnen ihr sicher schmerzlich gewesen; deutlich ausgesprochen hat sie es kaum und ihre Zähigkeit und Tapferkeit gegen sich selbst werden ihr geholfen haben, alles mit sich selbst abzumachen und nicht zum Mittelpunkt eines Seelendramas zu werden.“ [1]
Text Brita Reimers
Quellen:
1 Zitiert nach: Sabina Ghandchi: Die Hamburger Künstlerin Mary Warburg geb. Hertz. Hamburg 1986. Unveröffentlichte Magisterarbeit. Kunsthistorisches Seminar der Universität Hamburg.
2 Zitiert nach: Ernst H. Gombrich: Aby Warburg. Eine intellektuelle Biographie. Hamburg 1992.
3 Mary Hertz entwarf auch das Grabmal für Kohann Nicoluas Hertz und Maria Maddalena Hertz geb. Benemann sowie das Grabmal für Adolph Jacob Hertz auf dem Ohlsdorfer Friedhof.
4 Vgl.: Georg Syamken: Zur Sache 11. Mary Warburg. Hamburger Kunsthalle. Hamburg 1985.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae

Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons

März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann

Was erwartet Sie in der Frauenbiografie-Datenbank?

Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

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Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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